3sat Mediathek: Architekten des Klangs

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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treble trouble
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3sat Mediathek: Architekten des Klangs

Beitrag von treble trouble »

Hallo,

ich finde den Bericht sehr interessant. Vor allem, dass in den Konzertsälen der Nachhall verlängert werden muss, während es im Wohnzimmer ja eher darum geht, in zu verkürzen...

http://www.3sat.de/page/?source=/musik/ ... index.html

Schöne Grüße
Gert
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Schorsch
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Beitrag von Schorsch »

Hallo Gert,

Danke, ein schöner Beitrag!

Der Dirigent Paavo Järvi beantwortet die Frage, was einen guten Konzertsaal ausmache, mit: "Er lässt Dich besser klingen als Du bist."

Gute Orchester können sich in ihrer Spielweise an die akustischen Eigenschaften des jeweiligen Saales anpassen, sie nähern sich z.B. den dynamischen Grenzen des Raumes an oder gleichen einen zu langen oder zu kurzen Nachhall durch mehr oder weniger starke Akzentuierung aus.

Der Akustiker Meyer erzählt: "In der Berliner Philharmonie war Karajan nicht zufrieden mit der Stärke der Bässe. Daraufhin hat man die Scheinwerfer auf die Bässe gerichtet und der Erfolg war, dass man zufriedener war."

Für Popkonzerte kann in einem Saal durch Umbau der Absorberelemente die Nachhallzeit verkürzt werden, weil dies für Popmusik als günstiger erachtet wird gegenüber klassischer Musik.

Am Ende beantwortet der Akustiker Yasuhisa Toyota die Frage: "Was also ist das Geheimnis einer guten Akustik?" mit: "Ich denke nicht, dass die Akustik geheimnisvoll ist, aber die Musik ist es auf jeden Fall."

Wunderbare Denkanstöße!

Die Frage, "wie klingt es richtig?" stellt sich demnach nicht erst zu Hause im Musikraum, sondern schon ein wenig im Konzertsaal. Auch der Konzertsaal ist nicht "objektiv", er kann und darf verbessern, er darf schön zeichnen. Und das Auge isst mit - Farbe und Wärme des Lichtes beeinflussen uns in der Wahrnehmung des Klanges.

Die "Referenz" Konzertsaal gibt es insofern nicht, auch er spielt nur "subjektiv richtig" - so wie die Anlage zu Hause - Hauptsache es gefällt. :-)

Viele Grüße
Georg
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Jupiter
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Beitrag von Jupiter »

Hallo Gert,
vielen Dank fürs teilen.

Tja, je gelungener die Raumakustik um so emotionaler die Musik.

Bemerkenswert die Selbswahrnehmung der Orchestersmitglieder beim spielen, eigentlich logisch.
Nachdem der Blickwinkel hierauf gelengt wurde sofort verständlich.

Hab wieder einiges zum Musikverständnis hinzugelernt.

Nochmals Danke Gert, solche Beiträge sind wie das Salz der Suppe fürs Forum, gerne mehr.

Gruß Harald
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Dezibel
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Beitrag von Dezibel »

Hallo Gert.

Durch die Sinne zum Sinn.........?

Danke für den Hinweis!

Dir und allen anderen Teinehmern schon mal ein „wohltemperiertes“ 2019

Grüße Bernd
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Jupiter hat geschrieben:Bemerkenswert die Selbswahrnehmung der Orchestersmitglieder beim spielen, eigentlich logisch. Nachdem der Blickwinkel hierauf gelengt wurde sofort verständlich.
Hallo,

ich habe das Video noch nicht über die ersten 7 Min hinaus gesehen, eigentlich zu früh, das zu kommentieren.

Ein Jahr nach Eröffnung stellen die Musiker bereits erste Veränderungen des Saals fest (4:20): Jens Plücker sagt (bei 4:25) dass die ELPHI zunächst sehr hell und klar klang, ein Jahr später ist sie für ihn und seine Ohren auch dunkler geworden, Ekkehard Beringer erklärt danach, der Boden habe sich verändert, scheint sich auf die Schwingungen eingestellt zu haben ... Sehr spannend, Elphi lebt! Ein Dirigent erklärt, er bräuchte Jahre, sein Orchester im Spiel an die Akustik anzupassen, und eine Fussbewegung am Dirigentenpult sei überall zu hören ...

Das kommt mir doch alles irgendwie krank vor, ein besseres Wort fällt mir nicht ein. Und weil anders als gewohnt, wird es, wenn auch zögerlich, bejubelt. Aber das ist vielen Hifiasten vertraut: das Anderssein wird gern zunächst mit Besser gleichgesetzt.

Im KKL Luzern mit ankoppelbaren Volumen/Hallkammern und drehbaren Türen dazu, deren beide Seiten schallhart bzw. absorbierend wirken, um die Nachhallzeit den jeweiligen Erfordernissen von Sprache bis zur sinfonischen Musik anzupassen.

Jürgen Meyer (einst Leiter des Labors für Musikalische Akustik, PTB) kann viele Anekdoten erzählen, seine Vorlesungen sind ein vielfältiges Erlebnis - er hat mit Klaus Wogram (seinem Nachfolger, Vater von Nils Wogram) einige Bücher verfasst. Meyer propagiert lange Nachhallzeiten für Konzertsäle, er hat selbst ein Orchester geleitet.

Peter Burkowitz schätzte kurze Nachhallzeiten im Bassbereich, ebenso Truesound. Das ist jedem vertraut, der ein Raumkorrektursystem benutzt, um etwas gegen seine Raumresonanzen zu tun.

Alle Musiker, die ich kenne, schätzen lange Nachhallzeiten Konzertsälen und bedauern, dass in Theatern diese zu kurz ausfallen (um die Sprachverständlichkeit zu fördern).

Toyotas Sounddesign passt gut mit dem höhenlastigen japanischen HiFi-Verständnis zusammen. Die Musiker hingegen müssen sich umstellen.

Grüße
Hans-Martin
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