FoLLgoTT hat geschrieben:
Der Vorteil des kleinen Gehäuses schwindet, da man zu allen Begrenzungsflächen Abstand halten muss, damit die Abstrahlung funktioniert.
Hallo Nils,
(zu Kardioid Charakteristik allg., nicht auf Kii THREE speziell bezogen)
im Zusammenhang mit Kardioiden wird öfters so argumentiert, insbesondere mit dem Abstand der LS zur Frontwand (aber auch den Seitenwänden), der in der Praxis der Aufstellung bei vielen Hörern dann leider recht klein wird. In Teilaspekten stimmt diese Argumentation natürlich:
Schiebt man einen Kardioid z.B. "mit dem Rücken dicht an die Frontwand", dann unterscheidet er sich nicht mehr vom "Halbraumstrahler" mit Bündelungsmaß 3dB (ein "idealer" Kardioid hat 4.7dB).
Man kann aber auch völlig anders argumentieren und dabei noch zwei Sichtweisen unterscheiden:
(1)"Otto Normalhörer", bei dem sich die Platzierung der LS im Raum weitestgehend praktischen Gesichtspunkten unterzuordnen hat.
(2) Der "High End Hörer", der grundsätzlich das Optimum herausholen will.
Daß viele Hörer sich irgendwo dazwischen bewegen, fällt jetzt der Einfachheit halber mal "unter den Tisch" ...
Kardioid und (1):
Der Kardioid ist
der bessere LS für Hörer (1) (im Vergleich zum Monopol), weil er u.a. mit der Frontwand des Raums wenig interagiert und im schlimmsten Fall - selbst wenn er "völlig unsachgemäß" direkt davor gestellt wird - lediglich sein Bündelungsmaß von 4.7dB auf 3dB herabsetzt und
in keinem der möglichen Abstände "dazwischen" mit gröberen Auffälligkeiten u.a. im Frequenzgang reagiert:
Der Kardioid hat damit eine größere Toleranz gegenüber Fehlplatzierung (hier nur gegenüber der Frontwand betrachtet) als der Monopol (und auch der Dipol) und ist daher das richtige Konzept für Hörer, die der Aufstellung ihrer LS eine eher untergeordnete Priorität einräumen.
Kardioid und (2):
Der Kardioid ist
ein sehr viel besserer LS für Hörer (2) (im Vergleich zum Monopol), weil dieser Hörer durch "gute" Aufstellung(*) im Raum gezielt den Einfluss von Raumanteil oberhalb der Schröderfrequenz bis in den Mittelton vermindern kann und so ein Klangerleben mit weniger Verdeckung(**) herstellen kann. Er profitiert gezielt vom höheren Bündelungsmaß bei tiefen Frequenzen bis in den Mittelton und (bei guter Konstruktion des LS) auch von einem insgesamt gleichmäßiger verlaufenden Bündelungsmaß insgesamt über alle relevanten Oktaven.
Der Schlüssel dazu liegt bei den tiefen Frequenzen, und hier ist "Bündelung" eben etwas teurer: Dort wo es hingegen wenig kostet, beherrschen mittlerweile sehr viele die Kontrolle des Bündelungsmaßes ...
FoLLgoTT hat geschrieben:
... sicherlich ein interessanter Lautsprecher, allerdings viel zu teuer.
Hier werde ich mich zwar nicht direkt äußern, jedoch allgemein im Hinblick auf Lautsprecher mit "Nieren-" also Cardioidcharakteristik im Tiefton und (unteren) Mittelton:
Wievele gibt es davon in den jeweiligen Preis- bzw. Größenklassen ?
Ich könnte zwar einige Hersteller nennen, die werden jedoch dem Gros der Hörer bis auf Ausnahmen unbekannt sein. Dieses LS Prinzip zählt bisher eher (noch) zu den Exoten im High-End Bereich - weniger technisch, jedoch hinsichtlich ihrer Marktpräsenz - und die konventionell monopolar abstrahlenden LS haben die o.g. Vorteile im Tiefton und im Mittelton nicht zu bieten, die sich natürlich über geringere gehörmäßige Verdeckung auch auf das Erleben des Mittel- und Hochtonbereiches auswirken.
Damit greifen jedoch
zwangsläufig auch marktwirtschaftliche Prinzipien: Wer will den "Hechten im Karpfenteich" denn ihr Dasein vorwerfen ?
Ein Cardioid LS mit deutlich "mehr Dynamikreserven" und evt. auch weiter in den Tiefton ausgedehnter Cardioid Charakteristik müsste nach allgemeiner "Marktstruktur" im High-End Sektor allerdings
noch wesentlich teurer als eine Kii THREE werden:
Die viel größeren unverzerrten Verschiebevolumina, die im Tiefton bei Cardioid (und Dipol ...) LS benötigt werden, würden sich auch die Hersteller konventionell monopolar abstrahlender Boxen bei ihrem jeweils größeren Modell "adäquat" entlohnen lassen: Auch hier ist der Preis übrigens nicht immer "proportional" zum Verschiebevolumen des LS, wenn man sich versch. Modellpaletten ansieht.
Erhöhtes Bündelungsmaß im Tiefton ist zwar ein Weg zum besseren Klang, aber das Beschreiten dieses Weges ist nicht umsonst (weder in der Entwicklung noch in der Herstellung noch für den Hörer ...). Wem ein Produkt "zu teuer" erscheint, dem steht es frei, auf Mitbewerber auszuweichen oder sich auf dem Selbstbaumarkt umzutun ...
Grüße Oliver
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(*) Dabei Wellenlängen und "Ankunftszeiten" früher Reflexionen sowie Stereo-Symmetrie berücksichtigend ...
(**) Aber auch tendenziell weniger Modeneinfluss im Tiefton gegenüber einem Monopol,
wenn die Kardioid-Charakteristik weit genug in den Tiefton ausgedehnt wird. Denn der Kardoid regt Raummoden sowohl in Schnelle- als auch in Druckmaxima des Raums an, was dazu beitragen kann, die Varianz von Raumfrequenzgängen im Tiefton zu verringern. Allerdings müssen auch hier Aufstellung und Ausrichtung beachtet werden.