warum tun sich viele so schwer mit Klassik, ist es wirklich nur Musik für einen elitären Kreis?
Liest man Kritiken über Klassikeinspielungen, wird man nicht selten mit Begriffen und Vokabular wie aus einer anderen Welt konfrontiert.
Das schreckt ab, das zeigt dem interessierten Neuankömmling deutlich seine Grenzen auf und er lässt es sein.
Sicher, es ist nachvollziehbar, daß Musikschaffende und Fachleute über die technische Ausführung und die Einhaltung der Vortragsangaben bei der Komposition diskutieren.
Aber Musik ist mehr, auch oder gerade in der Klassik.
Sie kann uns berühren, sie kann uns begeistern, sie kann die Seele streicheln und fast wie Medizin wirken.
Wer solcher Musik wirklich zuhört, wer sich aus der modernen Sucht des Multitasking frei machen kann, wer die technischen Aspekte des Hifiklanges hinter sich lässt, wird belohnt.
Das funktioniert jedoch nicht mit einer Best of ... Klassik CD. Da kennt man danach zwar einige Stücke, die einem gut gefallen haben, mehr ist aber nicht.
Was funktioniert, ist der Vergleich eines Werkes von unterschiedlichen Interpreten.
Im Vergleich erkennt selbst der Anfänger recht einfach, wie unterschiedlich eine Komposition in ihrer Grundauslegung erklingen kann.
Harmonisch oder nervig, heller oder dunkler, in Passagen zu laut oder leise, ein gezieltes Hinführen zu einem Höhepunkt oder ein strukturloses Klangevent usw..
Ein gutes Einstiegsbeispiel ist dafür Schuberts Sonate D 960, gespielt von Alfred Brendel bzw. Radu Lupu.
![Bild](https://abload.de/img/brendelhdk9x.jpg)
![Bild](https://abload.de/img/lupuwekby.jpg)
Beides Könner ihres Faches, bei beiden CD Aufnahmen wird aus dem Klavierspiel lebendige Musik, die einen mitnimmt.
Und doch gibt es Unterschiede.
Brendels Flügel hat einen kräftigeren Grundton, wirkt etwas dunkler, im Motorsport würde man sagen, hat mehr Hubraum.
Lupus Instrument wirkt schlanker, was aber keinen negativen Einfluß auf die Helligkeit des Klanges hat.
Nein, beide haben trotz dieser Unterschiedlichkeit einen schönen weichen Klang, der auch bei den dynamischen Passagen und dem schnellen Anstieg der Lautstärke rund und leicht glänzend bleibt.
Brendels Spiel wirkt auf mich kerniger und gelegentlich fast kraftstrotzend, Lupu hält sich da mehr zurück, die eruptiven Ausbrüche im Werk kommen leichtfüßiger daher.
Beide Interpreten schaffen aber auch die große Hürde dieser Sonate, einen gelungenen Übergang vom 2ten auf den 3ten Satz.
Der 2.Satz besticht ja durch ein insgesamt langsames Dahingleiten, das - wie einer schrieb - das Zeitempfinden des Hörers praktisch aufhebt.
Das könnte immer so weitergehen, mancher Ersthörer erschrickt wohl regelrecht, wenn der 3.Satz urplötzlich so leichtfüßig und lebendig loslegt.
Ja, das ist eine Aufgabe und Kunst, die vom Temperament so unterschiedlichen Satzpaare 1/2 und 3/4 irgendwie in Einklang zu bringen.
Das kann man bei späteren Aufnahmen recht gut erkennen.
Teil 4 folgt.
Gruß
Bernd Peter