nelson hat geschrieben:Lieber Holger,
ich höre immer wieder gern Deine herausragende Anlage.
Weltklasse!
Dass Du nicht bei Martion Orgon stehen geblieben bist, sondern immer weiter nach neuen Herausforderungen suchst, sollte jedem klar sein.
Danke, dass Du mich inspiriert hast, es auch aktiv zu versuchen.
Gruß Torsten
Lieber Torsten,
ich freue mich, dass Du die Anregungen als inspirierend empfunden hast. Ich habe mir daher jetzt einmal die Mühe gemacht, ein Update meines Vorstellungsthreads zu erstellen und bitte die Moderation, die Überschrift meines Vorstellungsthreads auf Holger (Aktives DIY 5-Wege Horn) zu ändern.
Update Hornlautsprecher
Liebe Forenmitglieder, liebe Hornjunkies,
inzwischen hat sich über die Jahre in meinem Musikwiedergabesystem einiges geändert, so dass ich einmal ein Update in meinem persönlichen Thread nachreichen wollte. Nicht immer ging es während der langen Zeit voran, es gab auch etliche Rückschläge, die tage- und wochenlange Arbeit zunichtemachten, aber so ist das nun mal beim Basteln, wie jeder von euch sicherlich schon mal leidlich erfahren hat.
Zunächst einmal habe ich im Herbst 2014 den Akustiker Frank Chilinski mit seiner Firma Nordakustik betraut, meinen Raum und seine Wiedergabemöglichkeiten zu untersuchen und ihn mit einem entsprechenden Gutachten zur Verbesserung der Raumakustik beauftragt. Er ist als leitender Akustiker für den Norddeutschen Rundfunk tätig und verfügt über eine mehr als zwanzigjährige Expertise mit unzähligen Projekten, wie auf seiner Homepage
https://www.nordakustik.de zu sehen ist. Frank und ich sind mittlerweile befreundet und genießen gemeinsames Musikhören sowie andere Freuden des Lebens. Außerdem hilft er mir bei vielen meiner Fragen (Danke, lieber Frank!)
Frank hat mir dann in seinem Gutachten kurz zusammengefasst mehrere Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, wie in meinem Wohnzimmer die Akustik zu verbessern wäre. Seine Simulationen waren klar und deutlich und auch für den interessierten Laien verständlich. Er überließ mir die Wahl, ob ich die von ihm empfohlenen raumakustischen Maßnahmen eigenhändig oder von einer Fremdfirma umsetzen lassen wollte. Ich entschloss mich zum „Selberbasteln“ und baute zunächst die von ihm empfohlenen und simulierten Absorber und stellte sie an den definierten Stellen in meinem Wohnzimmer auf. Messungen zeigten eine hervorragende Korrelation der Simulationen und der aktiv umgesetzten akustischen Umbauten.
Da keine Simulation so gut sein kann, dass sich in der Realität nicht noch etwas verbessern ließe, baute ich im Laufe der Zeit insgesamt mehr als 50 Absorber, die ich explizit auf die Problembereiche des Raumes abzustimmen versuchte (unterschiedliche Foliendicken, Absorbermaterialien, Absorbertiefen), wobei einige Berechnungstools aus dem Internet gute Dienste leisteten. Die Nachhallzeiten exportierte ich zum Teil der besseren grafischen Übersicht wegen in Excel-Dateien. Die zum Messen verwendete Software ist in erster Linie das in diesem Forum allen bekannte Acourate von meinem Freund Uli Brüggemann (Danke, lieber Uli für Deine Hilfe über all die Jahre!). Bei Bedarf wurden Daten nach Excel, ARTA und REW exportiert. Großen Wert legte ich auf ein gutes Abklingverhalten des Raumes, so zeigt die ETC (early time curve) in Acourate einen Abfall des Schallpegels innerhalb der ersten 20ms von -25 bis -40 dB und die Vergrößerung der Pulse über die ersten 230ms betrachtet einschließlich des Vorschwingens ein schnelles Abklingen der Pulse mit nur geringen Reflektionen. Bilder 1a und 1b
1a. ETC Hornsystem 3-2019:
1b. Zeitverhalten der gemessenen Pulse über die ersten 230ms:
Auch die Raumreflektionen sind gering, die Nachhallzeit liegt bis zum erfassten Messbeginn bei 30 Hz unter 0,45s. Dieser Tatsache ist u.a. sicherlich die nach meinem Dafürhalten gute Auflösung des gesamten Hornsystems zu verdanken (siehe auch
http://www.sengpielaudio.com/DasVernach ... dament.pdf), das eben nicht auf Grund eines nachklingenden, alles erdrückenden Basses die Feinheiten zudeckt. Bilder 2a (Primäre Nachhallzeit vor Raumkorrekturmaßnahmen) und 2b (Aktuelle Nachhallzeit 3-2019)
2a. Primäre Nachhallzeit vor Raumkorrekturmaßnahmen:
2b. Aktuelle Nachhallzeit 3-2019:
Der eigentliche Hornlautsprecher, die Orgon von Heiner Basil Martion, wurde zunächst nur mit anderen Treibern, später auch mit sogenannten Le Cléac'h Hörnern ergänzt, respektive schließlich ersetzt. Die einzelnen, unzähligen Zwischenstufen möchte ich nicht weiter aufführen, der Text ist ohnehin schon lang. Zunächst wurde im Mitteltieftonbereich ein Konuslautsprecher TAD TM-1201, später dann ein Vintage Kompressionstreiber Yamaha JA6681B aus den 80er Jahren verwendet, der bis heute den Mitteltieftonbereich übernimmt. Messungen zeigen sehr deutlich die unterschiedlichen Frequenzgangverläufe der einzelnen Treiber in den entsprechenden Hörnern, deshalb fiel die Wahl letztendlich auf den Yamaha JA6681B. Bild 3
3. Unsmoothed logsweep compression-driver Yamaha JA-6681b vs. TAD TM-1201 vs. Orgontreiber:
Da im Internet zwar unzählige Threads zu Hörnern und Treibern bestehen, man sich aber auf Grund der vielen Spekulationen ohne entsprechende Messungen kein genaues Bild machen kann, habe ich versucht, für mich selbst im Laufe der Jahre ein Hornsystem zu entwickeln, das zum einen die typischen horneigenen Eigenschaften wie Dynamik, niedrige Verzerrungen und Explosivität und zum anderen gleichzeitig eine akkurate Feinzeichnung, Linearität und gute räumliche Darstellung beinhaltet. Grundvoraussetzung ist nach übereinstimmender Meinung aller „Hornisten“ ein nicht zu großer Übertragungsbereich der einzelnen Treiber, d.h. leider auch, dass es ein großes, nicht wohnraumfreundliches 5 Wege-Hornsystem ist, das für viele allein schon aus optischen Gründen nicht in Frage kommt. Da ich diesbezüglich und hinsichtlich der akustischen Maßnahmen im Raum aber keine Kompromisse eingehen musste (Danke, liebe Katrin!), bin ich meinem Traum der Musikwiedergabe schon ziemlich nahegekommen, auch wenn das Wohnzimmer früher netter ausgesehen hat! Bild 4
4. Aktuelles Hornsystem 3-2019:
In den letzten Jahren habe ich dann u.a. auch verschiedene Horntypen ausprobiert, teilweise über mehrere Monate gehört und oft auch wieder zwischen den Treibern und Hörnern hin- und her getauscht, um mir ein Bild zu verschaffen und die für mich richtige Entscheidung zu treffen. Zu den Versuchskaninchen gehörten u.a. die gut beleumundeten Iwata-Hörner, breit abstrahlende E-JMLC Hörner und die entsprechenden runden Pendants von Jean-Michel Le Cléac'h. Auch den Superhochtöner ET-703 von TAD habe ich sowohl als Schlitzstrahler (werksseitig) in verschiedenen Positionen (siehe auch Vox Olympian), als auch mit einem Le Cléac'h Horn betrieben (Danke, lieber Heiner!). Primär habe ich das Bassgehäuse der Orgon weiterbenutzt, allerdings mit einem 18“ großen TAD TL-1801 Konuschassis bestückt. Für eine bessere Basswiedergabe bin ich dann Mitte 2015 nach vielen Gesprächen mit Freunden (Danke, lieber Dietmar!) auf David Haigner aus Wien gestoßen, der mir ein auf meine räumliche Situation angepasstes, mittlerweile 4,69 m langes, gefaltetes Basshorn simuliert und dann in dreimonatiger Arbeit (Danke, lieber David!) letztendlich auch gebaut hat, dass bis heute seinen Dienst versieht und seinen -3dB-Abfall links bei 24Hz und rechts bei 27Hz erreicht (Die unterschiedliche untere Grenzfrequenz ist dem Raum geschuldet, der asymmetrisch ist). Der auf der Ursprungsmessung beruhende simulierte Amplitudenverlauf nach Korrektur mit Acourate (Testconvolution) zeigt den entsprechenden Frequenzgangabfall und den Gesamtfrequenzgang. Bild 5
5. Test Convolution 3-2019:
Die Verzerrungen sind trotz großer Schalldruckpegel horntypisch auf niedrigem Niveau. Ein zwischenzeitlicher Versuch mit 4 Neumann Subwoofern, die als DBA eingesetzt und eingemessen waren, wurde wieder ad acta gelegt, da die Neumänner im Vergleich zum Basshorn um ca. 25dB - 30dB größere Verzerrungen aufwiesen. Bild 6
6. Klirr K1 bis K5 mit Sampleratekonvertierung:
Letztendlich spielt heute ein Musikwiedergabesystem mit 5 Hörnern, wobei alle Hörner, bis auf den Bass, lediglich einen Bereich von ca. 2 Oktaven bestreichen. Der Bassbereich wird vom Haignerhorn, der Mitteltieftonbereich vom Yamaha JA6681B, der Mitteltonbereich vom TAD TD-4003, der Hochton vom TAD TD-2002 und der oberste Hochtonbereich vom TAD ET-703 wiedergegeben. Mit Ausnahme des Basses sind zur Zeit alle Hörner vom Le Cléac'h Typ. Abspielsoftware ist JRiver, die Wiedergabe erfolgt über den Acourate Convolver (phantastisch viele Filterbänke zum direkten Vergleich unterschiedlicher Filter). Das Musiksignal wird dann über eine Dante-Karte upgesampled auf 88.1kHz aus dem PC zu einer Focusrite RedNet geleitet und von dort an zwei PrismSound-Wandler ADA-8X weitergegeben. Dort erfolgt die Digital-Analog-Wandlung und das Routen der Kanäle zu den 5 Class A Endstufen.
Vielen Dank für das Lesen des doch langen Textes!
Holger