Holger (Aktives, trinaurales Setup mit DIY 6-Wege-Hörnern und 4-Wege-Center)

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schoko-sylt
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Beitrag von schoko-sylt »

Hallo Andreas,

erst einmal vielen Dank für die von Dir verlinkten Arbeiten, die ich zwar noch nicht kannte, die aber mit meinem Hornsystem und den mit meinem Raum verbundenen Erfordernissen nichts zu tun haben, wie schon aus dem ersten Absatz der letztgenannten Arbeit hervorgeht. Ich zitiere: "Die Entwicklung moderner Beschallungsanlagen stellt eine höchst komplexe Aufgabe dar. Neben der Erzielung maximaler Wirkungsgrade und einem linearen Schalldruckfrequenzgang auf Achse, muss ein moderner Beschallungslautsprecher in der Lage sein einen genau definierten Raumwinkelbereich zu beschallen. Erst so kann eine Clusterbildung, das Kombinieren mehrerer Lautsprecher zur Beschallung eines größeren Raumwinkels, ohne Interferenzbeeinträchtigung durchgeführt werden. Aber auch die Entwicklung von Line-Arrays, Lautsprecheranordnungen mit dem Verhalten einer Linienquelle, erfordert ein genau definiertes Verhalten der einzelnen Strahler."

- Ich betreibe bei mir kein Cluster, möchte auch nicht mehrere Lautsprecher kombinieren oder Line-Arrays entwickeln. Ich betreibe mein Hornsystem artig und allein bei mir zuhause und nicht im knapp vier Kilometer entfernten Volkspark-Stadion. Ich möchte demzufolge auch nicht Menschenmassen breitflächig beschallen, sondern als einzelne Person im Sweet spot sitzen, dort dann aber einen Logenplatz haben. Auch wenn ich es im Gegensatz zu Dir daher leider nicht "hoch interessant" finde, weil es mich einfach nicht betrifft, gehe ich weiter unten trotzdem noch auf einige in dieser Arbeit postulierten Erkenntnisse/Erfordernisse für einen Hornlautsprecher ein.

Bei all meinen Erläuterungen beziehe ich mich explizit auf JMLC-Hörner (E-JMLC, "normale" JMLC und von Jean-Michel Le Cléac'h neu gerechnete Iwata-Hörner), von CD-Hörnern war bisher nirgendwo in meinem gesamten Thread die Rede, weil mich deren vermeintliche "Vorteile" trotz der heute allgemein üblichen Anwendung bei Studiomonitoren bezogen auf mein eigenes, sehr spezielles Anforderungsprofil nicht überzeugt haben, da dieses von dem Lastenheft der industriellen Hersteller professioneller Monitore erheblich abweicht. Da ändern auch die von Dir verlinkte Dissertation und der Artikel zur Hornoptimierung insbesondere deswegen nichts, weil sich die diesen Arbeiten zugrundeliegenden Gedanken und Annahmen nicht auf meine Erfordernisse (z.B. Sweet Spot als Einzelperson, kein den Klang erheblich beeinflussendes Mischpult vor der Nase, keine Einschränkung hinsichtlich der Gestaltung des Raumes und daher Verwendung großer, in Studios nicht einsetzbarer Hornsysteme etc.) als nicht professioneller Anwender beziehen.

Es gab hinsichtlich der Vorteile/Nachteile von JMLC-Hörnern versus CD-Hörnern schon ellenlange Diskussionen zwischen Jean-Michel Le Cléac'h und Earl Geddes im Thread https://www.diyaudio.com/community/thre ... ns.140190/, in dem es zwischen den beiden Herren teilweise hoch herging. Dieser Thread ist 91 Seiten lang und umfasst pro Seite ca. 20 Posts, die Argumente pro und contra sind ziemlich abgegrast. Die von Jean-Michel Le Cléac'h angeführten Vorteile von JMLC-Hörnern gegenüber den von Earl Geddes propagierten CD-Hörnern haben mich davon überzeugt, für mein Projekt die entsprechenden JMLC-Hörner zu verwenden, die in Anlehnung an schon lange bekannte Kugelwellenhörnern mit einer von Jean-Michel Le Cléac'h eingeführten Methode neu berechnet wurden: "In fact my contribution should be looked more as a method to calculate horns than rather a new expansion."

Dein angeführtes Argument, dass die meisten professionellen Monitore heutzutage nur drei Wege und davon nur einen Weg oberhalb 700 Hz verwenden, hat ja auch etwas mit dem speziellen Anforderungsprofil professioneller Anwender zu tun: Man ist eben gezwungen, mit so wenig Wegen wie möglich ein homogenes Schallfeld im Near- oder Midfieldbereich des Studios zu erzeugen und dem Ideal der Punktschallquelle zu entsprechen. Ich aber höre an exakt einem Punkt, dem Sweet spot und habe einen Raum vor mir, den ich im Rahmen der vorgegebenen Architektur und des Familienfriedens völlig frei gestalten kann. Ich habe also kein Studio und brauche daher auch keinen Studiolautsprecher. Wohl habe ich, wie auch Du und viele andere in diesem Forum, einen akustisch behandelten Raum, der hervorragende Nachhallzeiten innerhalb der EBU-Norm für Studios hat, aber es ist trotzdem ein Wohnzimmer.

Ich bin auch keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Horngrößen und ggf. damit einhergehenden Kohärenzproblemen unterworfen, wie von Dir angeführt, auf die ich übrigens an mehreren Stellen meiner Texte eingegangen und von denen ich explizit gesprochen habe: Je mehr Wege, desto mehr Probleme, mein Reden. Ich sage auch nicht, dass ein Lautsprecher mit drei Wegen nicht "funktioniert" und keine Freude bereitet. Ich sage lediglich, dass ein 6-Wegehornsystem mit mehreren "JMLC"-Wegen und ergänzendem 469 cm langem Eckhorn und Midbass-Horn mit einer Größe des Hornmundes von 74,5 cm H x 118 cm B und einer Tiefe von 140 cm bei einem Gewicht von ca. 180 kg, so sie denn kompromisslos untergebracht werden können, noch etwas besser funktioniert als ein 3-/4-/5-Wegehornsystem. Und ich vermute, dass sich diese Aussagen auch auf andere Horntypen übertragen lassen, kann aber diesbezüglich keine verlässliche Aussage machen, weil ich diese eben nicht ausprobiert habe! Eben gerade, weil im Internet so viel erzählt wird und oft keine Vergleichbarkeit vorliegt, habe ich bekanntermaßen verschiedene Horntypen und Setups eigenhändig ausprobiert, um mir mein eigenes Urteil zu bilden. Durch mein "Basteln" hatte ich eben die Option, verschiedene Konstellationen zu erproben und war daher nie auf Fertigprodukte eines Herstellers angewiesen. Und außerdem hatte ich das große Glück, hinreichende Unterstützung durch kompetente Menschen zu erfahren, die ich im Verlauf der Zeit kennengelernt habe.

Und da interessieren mich heute (industriell gefertigte) "Fertigprodukte", die immer irgendwelchen Kompromissen folgen müssen und die ich natürlich auch Jahrzehnte besessen habe, relativ wenig. Das mag vielleicht für den einen oder anderen überheblich klingen, aber es entspricht der Tatsache. Theoretische Vorstellungen und Dissertationen sind das eine, die abgeleitete Praxis ist das andere. Du bist gern eingeladen, das Hornsetup mit den theoretisch bestehenden Schwierigkeiten eines 6-Wegesystems, die aber in der Praxis mit entsprechender Fleißarbeit zu lösen sind, einmal in realitas anzuhören! Constant directivity hin oder her, the proof is in the pudding.

Die aus der Korrektur abgeleitete eigentliche Sprungantwort des ganzen Hornsetups, die auch die Kohärenz des ganzen Systems trotz der vielen Treiber/Chassis widerspiegelt, hält am Hörplatz auf 350 cm Abstand zur Mundöffnung des Midbasshorns und 550 cm zur Mundöffnung des Tieftonhorns bezogen, meines Wissens jeder Gegenüberstellung zu vergleichbaren anderen Lautsprechern stand.

Zeitkorrigierte Sprungantwort des 6-Wegehornsystems nach Testconvolution:

Bild



Auch das bis auf den Tiefbass linearisierte Phasenverhalten stellt sich harmonisch dar:

Bild


Lauthörer hat geschrieben: 22.04.2022, 11:40Dort laufen die CD-Hörner alle so ab ca. 700 - 800 Hz bis oben durch, natürlich mit passendem FIR-Filterdesign. Ich habe bei mir noch nie Probleme mit der Directivity festgestellt, weder gemessen noch gehört. In soweit würde ich deinen Beitrag so nicht allgemeingültig stehen lassen.

Es gilt das oben Gesagte: Die Aussagen beziehen sich auf eigene Erfahrungen mit JMLC-Hörner. Wie Du weißt, ist die Directivity aus dem Frequenzgangverlauf am Sweet spot gemessen auch nicht ableitbar, sie wäre es aber, wenn wir Messungen unter verschiedenen Winkelgraden durchführen würden. Führst Du diese wirklich immer durch? Dann Chapeau. Könntest Du uns eine Deiner derartige Messungen und ggf. auch noch die Sprungantwort dazu bitte mal in Deinem Thread zeigen? Ich kann es leider nicht, da das gesamte Setup aufgrund der Abmessungen dafür nur äußerst schlecht geeignet ist, und ich es für meine Konstellation auch gar nicht für nötig halte, da ich allein im Sweet spot sitze. Und meiner Ansicht nach ist nur das vergleichende Hören A-B entlarvend und nicht das Hören eines Lautsprecherpaars. Außerdem, wenn alles perfekt und man superzufrieden ist, muss man nichts ändern. Glückwunsch Dir und anderen Musikliebhabern, die das erreicht haben! :cheers:


Nun möchte ich noch, wie oben versprochen, auf einige Punkte der zweiten Arbeit des Herrn Michael Makarski aus dem Institut für Technische Akustik der Uni Aachen eingehen. Ich zitiere jeweils wortwörtlich und antworte direkt darunter:


"So ist es Aufgabe des Entwicklers durch den Einsatz geeigneter Horntrichter die Directivity zu formen, um den Lautsprecher für den jeweiligen Einsatzzweck nutzbar zu machen."

Stimmt, sehe ich auch so. Ich bin zwar kein Entwickler, sondern nur Bastler, aber die gewünschte Directivity am Sweet spot und damit der Einsatzzweck ist perfekt erreicht.


"Analytische Berechnung
Zweifelsohne wäre die analytische Berechnung die exakteste und mächtigste Beschreibung eines Trichters alle akustischen Eigenschaften aus einer Formel in Abhängigkeit der Geometrie ableiten lassen könnten. Lösungen der Differentialgleichung zur Berechnung der Wellenausbreitung sind jedoch nur für rotationssymmetrische Trichter bei bestimmten Wuchsmaßen (konische Trichter, Exponentialtrichter, hyperbolische Tricher, Kugelwellenhorn, etc.) bekannt."

Und eben die verwende ich bekanntermaßen.


"Ziel bei der Entwicklung von Beschallungsanlagen im professionellen Bereich ist eigentlich immer in einem möglichst großen Frequenzbereich ein Maximum an Wirkungsgrad zu erzielen."

Ich habe keinen professionellen Bereich, aber ein Maximum an Wirkungsgrad ist bei einem Hornsetup mit vier Kompressionstreibern und Wirkungsgraden zwischen 105 dB - 112 dB/Watt und zwei mit Konustreibern bestückten langen Hörner für den Midbass und den Tiefbass sicherlich gegeben. Der Übertragungsbereich ist auch ausreichend, wie nachfolgende Grafik zeigt.

Bild



"Betrachtet man die Quellimpedanzen verschiedener Horntreiber in Abbildung 4.4, so ist ersichtlich, dass eine optimale breitbandige Anpassung nur näherungsweise zu erreichen sein wird, oder nur in einem schmalen Frequenzband der maximale Wirkungsgrad erreicht werden kann."

Dem kann ich mich anschließen. Unter anderem deswegen arbeite ich mit mehreren Wegen.


"7. Hornoptimierung mit BEM
Wird als Ausgangspunkt für eine Entwicklung ein bereits existierendes Horn mit bekannten Eigenschaften verwendet und durch gezielte Modifikationen an der Geometrie eine bestimmte Eigenschaft verbessert, so spricht man von Hornoptimierung. Als Beispiel dient im Folgenden der Kugelwellentrichter, der bekanntermaßen ab einer unteren Grenzfrequenz eine perfekte Anpassung an das Schallfeld bietet. Dies zeigt sich im geraden Verlauf der Hornhalsimpedanz (Abbildung 7.1) und einer von Einbrüchen und Überhöhungen völlig freien Schalldruckübertragungsfunktion."

Die von mir verwendeten Hörner werden sogar meist erst eine Oktave oberhalb dieser unteren Grenzfrequenz eingesetzt (siehe meine Posts weiter oben), weil sie dort perfekt laden.


"Leider ist die Directivity des Kugelwellenhorns aufgrund der Rotationssymmetrie für viele Anwendungsfälle nicht gut geeignet. Ziel der hier beschriebenen Hornoptimierung ist es, die Directivity zu manipulieren, ohne die gute Anpassung an das Schallfeld zu zerstören. In einem ersten, kleinen Entwicklungsschritt sollte zunächst die Mundfläche von rund auf quadratisch verändert werden."

Für meinen speziellen Anwendungsfall ist sie aber perfekt geeignet (siehe oben) und der "kleine Entwicklungsschritt" von rund auf eckig ist zum Glück nicht notwendig.

Lauthörer hat geschrieben: 22.04.2022, 11:40Was die Anzahl der Wege anbelangt, so ist es für mich auch kein Zufall, v.a. aber auch kein Sparzwang, dass man sich bei allen o.g. Monitoren für nur einen Weg oberhalb von 700 Hz entschieden hat. Mangelndes Knowhow wird es nicht sein. Es ist, wenn man mit Fachleuten spricht, ein Optimierungsproblem. Viele Wege haben spezifische Vorteile, dagegen sprechen aber Konsistenz und Kohärenz. Eine einzige Punktschallquelle oberhalb von 700 Hz scheint in der professionellen Entwicklung von hochwertigen Studiomonitoren auf Hornbasis ein dominierendes Kriterium zu sein.Auf Grund meines Anwendungsgebietes mit dezidiertem Sweet Spot habe ich mich für JMLC-Hörner entschieden.

Eben, weil es ein Optimierungsproblem für den spezifischen Fall in einem Studio, aber nicht für zuhause ist. TAD- und GPA-Treiber sind hochgradig konsistent, wie Du aus meinem Vergleich zwischen zwei TAD-Treibern TD-2002 erkennen konntest. Die Kohärenz ist am Sweet spot sicher nicht so schlecht, wie das nette Treffen mit u.a. den Tonmeistern des NDR gezeigt hat, die übrigens sowohl im Studio als auch in der Elphie mit Neumann Monitoren KH 420 arbeiten. Sonst hätten wir auch Markus Wolff gar nicht einladen dürfen! :wink:


Viele Grüße

Holger
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Lauthörer
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Beitrag von Lauthörer »

Hallo Holger,

zunächst einmal eines vorweg. Ich bitte meine Einlassung nicht als Kritik an deinem Gesamtsystem zu verstehen. Ganz im Gegenteil. Ich habe großen Respekt davor, dass du als nicht professioneller Entwickler dich an so eine Aufgabe herangewagt hast. Ich traue mir das nicht zu und ich würde das auch nicht können, auch nicht mit fachlicher Unterstützung, die du ja im Rücken hattest. Ich wollte nur deine Aussagen zur Directivity und zum Beaming nicht so pauschal stehen lassen.

Doch nochmal zur Sache. Directivity hat eigentlich nichts mit dem Sweetspot zu tun. Eine ungleichmäßige, frequenzabhängige Directivity bezieht den Raum frequenzabhängig ein. Die Raumantwort ist je nachdem, ob der Lautsprecher bei bestimmten Frequenzen mal breiter, mal schmaler abstrahlt auch im Sweetspot unterschiedlich. Auch ich höre, wie du ja an meinen Raumfotos sehen kannst, im Sweetspot. Einschnürungen im Abstrahlverhalten bei Mehrwegesystemen kommen auch und besonders ab dem MT-Bereich durch Interferenzen zwischen den Treibern zu Stande. Das lässt sich bei Mehrwegesystemen nicht wirklich verhindern. Ob das klanglich stört, ist eine ganz andere Sache.

Zu unseren Messwerten muss man generell ganz deutlich sagen, dass aussagekräftige Messwerte nur in einem RAR entstehen können. Messen wir bei uns zu Hause, spielt immer der Raum mit. Außer die Ortsanpassung, die muss natürlich im Hörraum am Hörplatz gemacht werden.

Messwerte von mir, z.B. die Sprungantwort, findest du in meinem Thread auf Seite 4. Aber ich sende dir gerne nochmal welche, auch die, die ich hier nicht veröffentliche.

Deine Messwerte sehen sehr gut aus, aller Achtung. Das lässt auf ein schlackefreies, dynamisches Klangbild schließen.

Wenn ich interessante Lautsprecher höre, stelle ich mir nie die Frage nach besser oder schlechter. Ich konnte in der Vergangenheit so machen interessanten Lautsprecher hören, so z.B. Bohne BB 15, Meyersound Bluehorn System, Wisdom Sage 150 oder Magnepan 20.7. Diese Lautsprecher könnten unterschiedlicher nicht sein, aber ich wäre nicht in der Lage, hier eine Reihung vorzunehmen. Es kommt eben darauf an, was man selbst bevorzugt.

Auf deine Einladung zu einem Hörtermin komme ich gerne zurück. Alles Weitere demnächst als PN.

Viele Grüße
Andreas
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schoko-sylt
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Beitrag von schoko-sylt »

Hallo Andreas,

ich denke auch, man sollte es entspannt sehen. Es ist eben nur HiFi. :cheers: Es gibt kein bestes Lautsprechersystem für alle Hörer, wie Du zurecht anmerkst. Ob nun Hornsystem, Flächenstrahler, konventioneller Lautsprecher oder was auch immer, der Klang muss einem ganz einfach gefallen und "gut ist", wie Uli als überaus begeisterungsfähiger Westfale immer zu sagen pflegt. Ich mag z.B. neben Hörnern auch Elektrostaten sehr gern, die insbesondere bei Stimmenwiedergabe nach meinem Geschmack grandios aufspielen. Nur dass mit dem Tiefton und dem Pegel ist immer etwas schwierig.

Das Abstrahlverhalten von JMLC-Hörnern und auch deren Directivity ist schon vielfach im Netz dokumentiert. Auch zu E-JMLC-Hörnern wurde schon etliches veröffentlicht ( = elliptische JMLC-Hörner, die eine andere Abstrahlcharakteristik mit Ausweitung der horizontalen Abstrahlung unter Einschränkung der vertikalen Abstrahlung aufweisen). Natürlich nie mit Messungen im reflexionsarmen Raum, da es sich oft um DIY-Produkte handelt, deren Entwickler, Bastler etc. logischerweise keinen Zugang zu derartigen Räumen haben. Erschwerend kommt hinzu, dass Hörner oftmals auch von den Abmessungen her nur schwer zu händeln sind. Nun erzeugen Hörner prinzipbedingt weniger Reflexionen als z.B. konventionelle Lautsprecher und produzieren mehr Direktschall und einen vergleichsweise geringeren Anteil Diffusschall durch verminderte Reflexionen. Zudem kann man gezielt den Anteil des Rückwurfes von den reflektierenden Wänden und damit auch die frequenzabhängige Raumantwort durch adäquate akustische Maßnahmen mittels fachkundiger Beratung durch einen Akustiker mit Absorbern, Diffusoren etc. beeinflussen, deren Frequenzabhängigkeit Du oben angesprochen hast.

Das Schallfeld in akustisch kleinen Räumen (und das sind unsere Räume definitionsgemäß) setzt sich im wesentlichen aus Direktschall und frühen Reflexionen (üblicherweise zwischen 15 ms - 100 ms nach dem primären Schallereignis, je nach Literaturstelle) zusammen und ist gerichtet. Dabei gilt es, die ganz frühen Reflexionen innerhalb der ersten 10 - 20 ms zu vermeiden (Darstellung in der Early-Time-Curve "ETC", entsprechende Grafik siehe weiter unten). Als Ergänzung der bisher dokumentierten Messungen folgen hier der unkorrigierte Frequenzgang des gesamten Hornsetups, d.h. keinerlei Linearisierung der Treiber oder Anwendung von PEQ-Filtern sowie die Darstellung der ETC. Der Hochtonabfall wurde an die am Hörplatz gewünschte und in der Grafik abgebildete Target angelehnt, indem die Pegel der einzelnen Treiber bei der Messung an den gewünschten Hochtonabfall von -5,7 dB von 1000 Hz - 44.100 Hz adaptiert wurden. Die gering ausgeprägten Reflexionen sind u.a. auch Ergebnis der empfohlenen akustischen Maßnahmen.

Ungeglätteter und unkorrigierter Frequenzgang des gesamten Hornsetups mit neuem JMLC-1000-Hochtonhorn und Early-Time-Curve (ETC):

Bild

Und das Ganze dann noch einmal für die ersten 20 ms der ETC:

Bild

Über die gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Hörner in Form von Interferenzen können wir beide nur fabulieren, insbesondere dann, wenn diese teilweise von den akustischen Zentren her sehr weit voneinander entfernt sind. Wie ich schon sagte: The proof is in the pudding - Man kommt glücklicherweise um das Hören nicht herum. 8)

Den Begriff und Effekt des Beamens habe ich in Zusammenhang mit meinen JMLC-Hörnern erläutert und durch ein Beispiel anhand meines großen JMLC-200-Hornes erläutert. Aus meinen Messungen abzuleiten war der Effekt für mich nicht, wohl aber deutlich zu hören. Ob das nun auch für CD-Hörner einschließlich verwendetem Treiber gilt, kann ich nicht beurteilen, ohne mich zu belesen. Wenn aber die Wellenlänge der abgestrahlten Frequenz kleiner als die Membran des Treibers ist, findet meines Erachtens doch immer eine Bündelung statt. Warum soll das bei CD-Hörnern anders sein? Vielleicht kannst Du mich aufklären.


Viele Grüße

Holger
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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo Holger,

die ersten Arbeitstage sind rum und ich komme mal dazu von meinem Besuch in HH zu berichten.
Vielen Dank für die vielen Stunden, die wir gemeinsam gefachsimpelt oder auch einfach nur der Musik gelauscht haben.
Es ist immer schön so konsequent entwickelte Setups zu hören, das ist Dir richtig gut geglückt, Glückwunsch.

Zuerst ist man ein wenig erschlagen, nicht nur von der imposanten Erscheinung der Hörner, sondern auch von allen anderen Maßnahmen, die zur Akustik das ihre beitragen. Und dazu braucht es einiges, denn die Hörner schieben ordentlich Luft in den Raum. Ich bin kein ausgemachter Hornliebhaber und brauchte ein wenig länger als bei anderen Setups, um mich einzuhören.
Dann haben wir ein wenig mit und ohne rückwärtigem Hochtöner gehört. Der Effekt ist wirklich schön, also war ohne keine Option, aber mir war es ein wenig zuviel. Kein Problem, Holger hat einfach diesen Weg im Acourate Convolver um (ich glaube) 0,5 dB zurückgenommen.
Passt. Da soll noch einer sagen, man könne 0,5 dB nicht deutlich hören.

Schee wars, wie man hier in Bayern sagt, danke Holger.

Grüsse Jürgen
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schoko-sylt
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Trinaurales Setup und (leider) mal kein Schlußverkaufs-Angebot in der Sommerflaute

Beitrag von schoko-sylt »

Da dieses Wochenende nach längerer Pause wieder einmal die Norddeutschen HiFi-Tage stattfinden, also mein Freund Uli zu Besuch kommt und außerdem der Sommer nicht nur aus Radfahren im Ausdauer-/Tempo- oder Laktatbereich besteht, sondern vielmehr bei Herren in meinem Alter auch ein besonderes Augenmerk auf die Regeneration zu legen ist (zumal der Triathlonwettbewerb in Hamburg beendet ist, auch ich bin inzwischen glücklicherweise im Ziel angekommen!), bietet es sich an, in dieser körperlichen Erholungsphase etwas für Geist und Seele zu tun und an der Anlage zu basteln. Das neue Projekt lautet trinaurale Wiedergabe und ist, wie auch am Aufbau "on the fly" ersichtlich, erstmal ein Versuchsballon, allerdings nicht ohne entsprechenden fundierten technischen Hintergrund, der von Uli als untersuchungswürdig befunden wurde.

Zum Einstieg in das Thema einige Photos aus der Vorbereitungsphase des Setups, die gern zum Nachbauen freigegeben sind.

Übersichtliche "trinaurale" Einstellung des AcourateConvolvers für ein Winkelmaß von 55° (mit irgendeinem Winkel muß man schließlich beginnen):

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Bild des Setups mit unverändertem 6-Wege-Hornsystem plus ergänzenden mittig lokalisierten Mittelhochton- und Hochtonhörnern:

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Ideengeber wie immer Uli, Modifikationen und schweißtreibende Ausführung des Testverfahrens im Class A-Verfahren und Schleppen der Aluschwerlastprofile als Adlatus durch meine Wenigkeit. - Uli behauptet, dass er eben lieber denkt und rechnet und schiebt Lieferschwierigkeiten seiner neuen Hörner als Vorwand vor, dass er den Versuch nicht selber aufgebaut hat! Angeblich seien seine nach Bielefeld adressierten Pakete nun schon zum zweiten Mal von DHL nach England versendet worden. Was so ein Brexit doch alles macht, das kann man sich kaum vorstellen. :lol:

Ein erster Höreindruck "quick and dirty" liegt auch bereits vor, bei dem die Delays und Pegel allerdings noch nicht perfekt angepasst waren. Wegen der Gefahr übermäßiger Euphorie und Befangenheit eines über viele Jahre geprägten typischen Stereohörers folgen weitere Informationen erst später nach dem Abhören durch drei (weil trinaural) weitere Forumskollegen, die allerdings allesamt Hornliebhaber sind. Vorsicht ist also geboten. 8)

Viele Grüße

Holger
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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo Holger,

kein Wunder, dass es bei Uli mit den Paketen nicht klappt, bekanntlich gibt es Bielefeld ja auch nicht. :D
Glücklicherweise stehst Du ihm zur Seite, so dass wir von erfolgreichen Versuchen profitieren können.

Grüsse Jürgen
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bastelixx
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Beitrag von bastelixx »

Hallo Holger,

welche Formel für die Signalberechnung habt ihr angewendet
Spannendes Thema!

Gruesse
Stanislaw
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wgh52
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Einige Trinaural Details

Beitrag von wgh52 »

bastelixx hat geschrieben: 20.08.2022, 10:12...welche Formel für die Signalberechnung habt ihr angewendet
Spannendes Thema!...
Hallo Stanislaw,

Trinaural ist wirklich interessant! Es gibt dazu ein AES paper von 1996: "An optimum linear-matrix stereo imaging system", das wirklich aufschlussreich ist und immernoch gilt :wink: :

Optimale Matrixeinstellung ergab sich mit:
1. Drei gleiche(!) Lautsprecher (oder sehr ähnliche, siehe unten)
2. L und R in 90° Winkel zueinander (also in jeweils 45° vom Center)
3. Centerlautsprecher in gleicher(!) Entfernung zum Hörplatz wir L und R (LMR bilden also einen Viertelkreis um den zentralen Haupthörplatz)
4. Die Signalmatrix bei obiger Aufstellung:
Lout = Lin - 0,5 x Rin
Rout = Rin - 0,5 x Lin
Center-out = (1 - 0,5) x (Rin + Lin)
Wobei 0,5 = Matrixfaktor ist

Während für Sweetspothörer wenig Unterschied der Stereobühnenabbildung festgestellt wurde, war für Hörer ausserhalb des Sweetspots eine deutliche Verbesserung der Bühnenabbildung nachweisbar.

Hinzu kommt noch eine praktische Erfahrung: Der Centerlautsprecher wird zum wichtigsten und am stärksten "belasteten" Lautsprecher (er übernimmt ja die "Phantommitte"), die Seitenlautsprecher müssen weniger leisten (als bei Stereo, weil sie die Phantommitte "nicht miterzeugen"), sollten aber tonal (oberhalb des Tiefbassbereiches) möglichst identisch zum Center sein!

Ich persönlich empfinde Trinaural als sehr angenehm, aber weil der mittlere Hauptlautsprecher im WoZi vor dem Fernseher stören würde, habe ich Trinaural bei mir zu Hause nicht in Betrieb. Hat man einen dedizierten Musikhörraum, wo der dritte Lautsprecher nicht stört, kann Trinaural eine gute Alternative, hauptsächlich beim Gruppenmusikgenießen sein.

just my 2cents worth...

Grüße,
Winfried

5338
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bastelixx
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Beitrag von bastelixx »

Hallo Winfried,

danke für Deine 2 Cent. Das Thema für mich ist absolutes Neuland. Ich habe auf der Seite Einiges gefunden:
https://www.nubert-forum.de/nuforum/vie ... 0&start=10
Zum Teil deckt sich es mit deinen Infos. Wie du richtig schreibst über WoZi ist bei mir auch die ähnliche Situation und zum mal Ausrobieren ist Aufwand eindeutig zu hoch. Irgend ein Centrum bringt kein echten Vergleich, ich musste einen Box bauen, was an sich wäre nicht so problematisch, da ich identische Mittel- und Hochtöner als Ersatz für meine Boxenchassis vorrätig habe. Den Fernseher aus dem WoZi zu verbannen und Centerlautsprecher aufstellen wird auf Grosses Unverständnis meiner Frau stossen. :cry:
Bleibt nur darauf hoffen, dass ich vom Holger für eine Trinaural Hörsession eingeladen werde :D

Grüße,
Stanislaw
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nelson
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Trinaurales Über-Horn-Setup

Beitrag von nelson »

Very Big Horn goes trinaural!

Ich war dabei! Eine epische Nacht!

Vorgeschichte: Uli und Holger setzen ja häufig gemeinsam seit langer Zeit Verbesserungen im Umgang mit Acourate und der Klangqualität um.
Uli hat regelmäßig Verbesserungsideen und realisiert diese in Acourate und Holger ist an der vordersten Front dabei, die Dinge als erster umzusetzen und zu bewerten. Uns allen immer einen Schritt voraus!

Welches Setup uns Freitag erwartete, kann man auf dem Bild oben erkennen.

Trinaurale Musikwiedergabe ist ein Thema mit dem sich dieses Forum schon vor langer Zeit ausführlich beschäftigt hat.
(Siehe hier: viewtopic.php?f=28&t=535&sid=48249bcc85 ... 34b27c5cbd )

Wenn ich das "Stereoproblem" einmal auf den "fehlenden" Punkt bringen darf:
Wir waren vor einigen Wochen bei jemanden zu Besuch und hörten einen Klassiker: Lou Reed - Walk on the wild side
Danach diskutierten wir untereinander, ob die Stimme nun aus der Mitte, von links oder rechts kommt. Es war schwierig, sich auf eine eindeutige Raumabbildung zu einigen.
Warum?
Wenn die Stimme in Mono aufgenommen ist, kommt sie im Stereo-Setup identisch aus beiden Lautsprechern (L und R) und ist deshalb nicht lokalisierbar.
(Vereinfacht ausgedrückt: "Lou Reed" hat einen großer Mund, der vom linken zum rechten Lautsprecher reicht. Je nachdem ob der Kopf dann eher links oder rechts vom sweet spot ist, ist die Ortung eine andere.)
Die Wiedergabe der Stimme von Lou Reed steht damit ganz im Kontrast zu der des Chors ("And the colored girls go..."), der definitiv räumlich wiedergegeben wird.

Ja, so sind wird dann am Freitag bei Holger zum Hören gewesen: Uli, Hauke und ich haben uns das Trinaurale-Setup zunächst angehört, ohne dass die mittleren Kanäle eingemessen waren.
Trotzdem klang es schon sehr gut. Wir waren alle begeistert.
Wir schalteten häufig zwischen dem Stereo- und dem Trinauralem-Setup hin und her.
Das trinaurale klang immer besser, Monosignale bekamen einen lokalisierbaren Ort in der Mitte. Die Räumlichkeit nahm insgesamt erheblich zu.
Es klang trinaural definitiv besser.
Die Unterschiede waren so groß, dass man sie sofort wahrnahm.
Man musste die Differenzen nicht mit der Lupe suchen (Wie manchmal beim High-End), um sich eine Meinung zu bilden.
Wir waren richtig "angefixt"!

Beim Abendessen (-> "Vielen Dank an Katrin. Es war köstlich.") enspann sich dann zwischen Holger und Uli folgende Diskussion.
Uli sinngemäß: "Dann lass uns doch mal eben schnell das System einmessen und sehen, was da noch möglich ist. Wir brauchen höchstens eineinhalb Stunden."
Holger sinngemäß: "Ich weiß doch, wie das immer ist. Es wird Stunden dauern und unter Druck könnten fatale Fehler entstehen!"
In der Theorie ist ja vieles einfach, aber wenn man es mit 14 Treibern, 7 Stereo-Verstärker, 14 Kanälen im DAC, AoIP-Kanal-routing und 20Kanälen im Acourate Convolver zu tun hat, dann kann einiges schief gehen, bis man am Ziel ist.
Uli hatte sich schon einen konkreten Plan des Vorgehens überlegt, aber Holger sollte trotzdem Recht behalten: Erst so gegen halb eins war alles eingemessen und die ersten Töne des eingemessenen trinauralen Horn-Setups konnten erklingen. Sofort zauberten sie bei uns allen ein breites Grinsen ins Gesicht.
Bis zwei Uhr nachts haben wir dann dann noch Musik gehört.
Wir konnten nur schwerlich aufhören und waren extrem angetan von der Entwicklung des Klangbildes:
Neben den üblichen Horneigenschaften (pure Dynamik, sehr transparent, Darstellung kleinster Details...) kam nun eine phantastische, plastische Mitte dazu.
Lou Reeds Stimme kam jetzt vom messerscharf festzulegendem Punkt und die "colored girls" zeichneten mit ihren Stimmen eine beeindruckende Räumlichkeit um ihn herum in die Luft.

Atemberaubend!

Ich lag dann völlig glücklich gegen drei in meinem Bett.

Torsten
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Jupiter
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Beitrag von Jupiter »

Hallo Torsten,
schöner Bericht von Dir, eigentlich muss man es sich anhören, oder.
Allein schon von den Bildern her muss es ein super Teil sein. :D
Meine Vorstellung vom Klang erreicht sicherlich nicht die Empfindung die sich ergibt, würde ich selbst davor sitzen.

Ist schon eine super Anlage in der sehr sehr viel Liebe zur Musik und Enthusiasmus steckt. :cheers:


Gruß Harald
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Grundüberlegungen zum Thema siehe auch viewtopic.php?p=222666#p222666

Grüsse
Uli
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Michael
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Beitrag von Michael »

nelson hat geschrieben: 21.08.2022, 13:45(Vereinfacht ausgedrückt: "Lou Reed" hat einen großer Mund, der vom linken zum rechten Lautsprecher reicht. Je nachdem ob der Kopf dann eher links oder rechts vom sweet spot ist, ist die Ortung eine andere.)
Die Wiedergabe der Stimme von Lou Reed steht damit ganz im Kontrast zu der des Chors ("And the colored girls go..."), der definitiv räumlich wiedergegeben wird.
Obwohl meine "Anlage" wohl in nichts mit dieser Anlage zu vergleichen ist, begeistert mich bei mir eben gerade die Darstellung von Stimmen doch sehr, weil häufig sehr fokussiert aus der MItte kommend!

Hier kurz die Eckdaten:
2 alte Klipsch Heresy Typ E von wohl Ender der 70ger Jahre, liegend (jawohl!!!) mit nach innen zeigenden HT und MT Hörnern, Basisbreite der MT Hörner (wohl von 800Hz -4KHz gehend ob 6 oder 12 dB Flankensteilheit kann ich nicht sagen) mit 2,10m Abstand zueinander bei 2,90m Hörabstand (bevorzuge tendenziell geringere Basisbreiten) Boxen etwas eingewinkelt, ich kann gerade noch die Innenseiten sehen, stehen direkt vor der Rückwand, auf Ohrenhöhe, re und links noch knapp 1,50m zu den Seitenwänden

Bei dem geschilderten Stück "Walk on the wilde side", ich beziehe mich auf die Version von der Transformer Platte (Qobuz Stream), erscheint mir, vorzugsweise bei geschlossenen Augen, weil dann für mich eindeutiger, es wie folgt:

Bass mittig
Gitarre nur rechts und links von der Mitte, nicht aus dieser
Stimme mittig, aber nicht ganz so fokussiert wie z.B. hier und da bei z.b. J. Cash, also tendenziell nicht ganz so scharf abgegrenzt, aber immer noch nicht breit.
Der "Colored" Chor kommt anfangs von scheinbar weit hinten und weit aussen und kommt zunehmend weiter nach vorne und in die Mitte rückend, dabei wirkt er zunehmend "direkter", auch wird er lauter.
Das Saxophon kommt wieder mittig und von recht weit vorne

Gerne wüsste ich, wie es bei Dir, Holger aber auch bei anderen, wahrgenommen wird.

Falls von Interesse:
Der Song "The only living boy in New York" von Simon and Garfunkle vom Album "Bridge over troubled water" ist meiner Meinung nach bzgl. Positionen von Sängern und Instrumenten recht eigenwillig / interessant.

Schöne Grüße
Michael (aus Bonn)

P.S.: Obwohl ich oben schrieb, Bass kommt aus der Mitte:
Zusätzlich zu den tiefbassschwachen Heresies (unter 60 Hz gehts steil abwärts) steht ca 1,50 m rechts von der rechten Klipsch noch ein Velodyne DD15 Sub, ja, in der Ecke für höhere Reserven, aber ohne irgendwelche Überhöhungen ziemlich linealgerade bis unter 20Hz gehend, und trotzdem
kommt der Bass bei Walk on....scheinbar nur aus der Mitte !!!
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schoko-sylt
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Trinaural: Alles schon einmal dagewesen oder doch nicht

Beitrag von schoko-sylt »

Natürlich sind die grundsätzlichen Gedanken und die Umsetzung der trinauralen Wiedergabe nichts weltbewegend Neues. In der Literatur finden sich diesbezüglich sehr positiv beschriebene Arbeiten renommierter Autoren schon weit in das letzte Jahrhundert zurückreichend, aber die trinaurale Reproduktion hat sich trotzdem nicht durchsetzen können. Ein typischer Effekt in Analogie zu High Com von Telefunken im Analog- oder Sonys Betamax im entsprechenden Videobereich Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts? Zwar technisch besser als andere Verfahren, aber nicht mit der entsprechenden Lobby versehen? Oder ganz einfach technisch zu kompliziert umsetzbar?

Das neue, noch zu veröffentlichende Acourate Update/Upgrade bietet hinsichtlich des leichteren Handlings einer trinauralen Wiedergabe eine außergewöhnlich komfortable und einzigartige softwaremäßige Option: So kann anhand der auszuwählenden Parameter des Pegelverhältnisses zwischen den schon vorhandenen "alten" Stereolautsprechern (resp. Hörnern mit Treibern) und dem "neuen" Centerlautsprecher (resp. Hörnern mit Treibern) völlig frei und dem eigenen Empfinden nach übergangslos zwischen einem herkömmlichen Stereo-Setup und einem trinauralen Setup gewählt und gleichzeitig ein absolut zeit- und phasenkorrigiertes System für alle verwendeten Lautsprecher (Treiber) aufgebaut werden! Diese Option gab es meines Wissens nach bisher softwaremäßig nicht und ist daher in Anlehnung an den Songtext der Söhne Mannheims zu betrachten: "Das hat die Welt noch nicht gesehen".

Weiterhin wird es voraussichtlich eine Möglichkeit geben, die Breite der trinauralen Wiedergabe in Anlehnung an die Arbeiten von Gerzon in einem vordefinierten Rahmen einzustellen. Ob die letztgenannte Option weitere zusätzliche klangliche Vorteile bringen wird, habe ich allerdings "am eigenen Leibe" bisher nicht eruiert, obwohl ich mit Ulis Betaversion des neuen Acourate die Möglichkeit hätte. Aber so weit bin ich noch nicht, vielmehr habe ich noch massiv mit der für mein eigenes Setup erforderlichen "Grundoptimierung" und den damit einhergehenden Überlegungen zu tun und bin daher voll ausgelastet:

1. Muss man wirklich einen absolut identischen dritten Lautsprecher in die Mitte stellen (wie mancherorts in den entsprechenden Arbeiten postuliert) oder reichen auch Einzelchassis mit naturgemäß einhergehender Beschränkung des abgestrahlten Frequenzbereichs (wie angewendet)? Wenn Einzelchassis reichen, welcher Frequenzbereich ist dann für eine ziemlich perfekte Wiedergabe zwingend erforderlich, oder ab wann unterschreitet der Benefit den Aufwand, klar wissend, dass die Menschen unterschiedlich anspruchsvoll oder leidensfähig sind?

2. Wenn die Beschränkung auf einen gewissen Frequenzbereich zutreffen sollte, kann man dann eventuell auch Hörner unterschiedlicher Größe, aber mit ähnlichem Abstrahlverhalten einsetzen oder muss man unbedingt und ohne Ausnahme gleichgroße Hörner verwenden?

Dass völlig identische Hörner und Treiber dem Klangerlebnis eines trinauralen Setups nicht unbedingt abträglich wären, ist mir natürlich nach all den Jahren des "Bastelns" und Messens klar. Aber selbst in meinem ansonsten relativ kompromisslos aufgebauten Setup ergäbe die zusätzliche Verwendung eines 96 cm großen JMLC 200 Horns auch in der Mitte (wie links und rechts seitlich verwendet) eindeutig Platzprobleme. Die dahinter verschwindenden Verstärker, Computer, Clocks etc. könnten dann ggf. nur noch mit Steigeisen aus der Bergwelt erklommen und eingestellt werden. Als Hamburger und noch dazu mit einem hohen, allerdings noch locker zweistelligen Körpergewicht :wink: komme ich verständlicherweise mit Bergen nicht ganz so gut zurecht, wie ich dieses Jahr u.a. anläßlich der frei befahrbaren Bergetappe des Giro hinauf zum Blockhaus schmerzlich erfahren habe. Vielleicht entwickle ich pathophysiologisch gesehen auch eine spezielle Unterart der Höhenangst, eine gewisse Vermeidungsstrategie, wie bei meinen gelegentlichen Radtouren durch Blankenese hinauf zum Waseberg, den Wout van Aert gerade am vergangenen Wochenende im Rahmen des UCI WorldTour Rennens in Hamburg so eindrucksvoll und locker bezwungen hat und den ich oft durch Befahren anderer Wege zu vermeiden suche. Andererseits, wer sich verbessern möchte, "hoch hinaus will", muss auch leiden können, in Analogie zu Udo Bölts Ausspruch gegenüber Jan Ullrich 1997: "Quäl dich, du Sau", wo wir gerade beim Radsport sind. Also doch ein aufwendiger Versuch mit Haukes bisher nicht installiertem großen JMLC 200-Horn? - Wie sieht es aus, lieber Hauke, müssen wir (uns) das (an)tun, zumal Du ja auch keine richtige Bergziege bist? Müssen wir da bildlich gesprochen hoch? Mit oder ohne Sherpas oder unbedingt und zwingend nur mit Sherpas? Wer holt die Trinkflaschen für uns und wer fährt im Wind? Auch hier nichts als Fragen.

Vorsichtshalber habe ich den "Kompromiss in der Mitte" schon mal relativiert und im Gegensatz zum obigen Photo des Setups im Rahmen des trinauralen Versuchsballons das dort für die Mitte verwendete eigentlich "falsche" Hochtonhorn JMLC 1400 (da zu klein) gegen eine Leihgabe von Hauke (JMLC 1000, leider nicht silberfarben lackiert oder anders gesehen, der Übersichtlichkeit halber für die geneigten Forenten aber extra weiß markiert/lackiert und freundlicherweise genau gleich groß wie die äußeren Hörner, weil derselbe Typ!) ersetzt, so dass es zumindest von 2300 Hz bis 8000 Hz perfekt passt. Das in der Mitte eingesetzte Mittelhochton-Horn JMLC 350 spielt nebenbei in der zur Kontrolle erfolgten Nahfeldmessung mit lediglich geringem Pegelverlust gegenüber einem großen JMLC 200 locker bis 500 Hz hinab. Der verwendete Treiber ist auch identisch zu den Treibern in den "großen" seitlichen JMLC 200-Hörnern (um etwaigen Fragen zuvorzukommen, auch der Hochtontreiber ist das gleiche TAD-Chassis).

Photo des leicht abgewandelten Setups:

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Ungeglätteter Frequenzgang des TAD TD-4003 im JMLC 350:

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Geglätteter Frequenzgang (FDW 15) nach Testconvolution des gesamten trinauralen Setups:

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3. Müssen die Hörner auf einem Kreisbogen liegend angeordnet sein oder kann man die Hörner in der Mitte (Center) noch weiter nach hinten plazieren (WAF 8) ) und den Entfernungsunterschied einfach mit einem anderen Delay ausgleichen? Ändert sich dann die überragend freie trinaurale Stimmendarstellung oder wandert die Stimme ebenfalls nach hinten?

Zu diesem einfach erscheinenden Versuch möchte ich kurz bemerken, dass Uli und ich, noch leicht übermüdet, das gesamte System am Samstag komplett neu eingemessen haben (nach unserer phänomenalen nächtlichen Hörsession bis in die frühen Morgenstunden mit Torsten und Hauke). Hierbei erfolgte auch eine entsprechende perfekte Korrektur des kleineren Mittelhochton-Hornes JMLC 350 (Durchmesser 59,5 cm) einschließlich Nahfeldmessung und darauf abgestimmter reversierter Allpassbildung, die sich natürlich auf Grund der unterschiedlichen unteren Grenzfrequenz von der des großen Mittel-Hochtonhornes JMLC 200 unterscheidet, die aber "in the heat of the night" noch nicht erfolgt war. - Die kleine Session am Samstag dauerte trotz Ulis relativ gutem Grundwissen 8) über Acourate zarte 6 Stunden, die allerdings von einer guten Tasse Kaffee und jeweils zwei Stücken selbstgebackenem Pflaumenkuchen mit Sahne als Belohnung aufgehellt wurden. So what, was soll das ganze Gejammere?

Also, Fragen über Fragen und schon fällt mir eine weitere ein:

4. Gibt es einen optimalen Winkel für die Einwinkelung der Lautsprecher? Beschrieben sind u.a. das herkömmliche Stereodreieck, aber auch weniger eingewinkelte Setups. - Trinaural ist eben doch nicht trivial.

Nebenbei, wie klingt es denn nun? Nach Aussage aller Delinquenten ohne Beeinflussung durch Stimmungsaufheller etc. nicht nur marginal, sondern schon deutlich besser als jemals zuvor! Und das schon vor der abschließenden Einmessorgie mit Uli. Ist die normale Stereowiedergabe so noch "zu ertragen"? Ja, denn so schlecht war die nun auch wieder nicht. Und hübscher aussehen tut sie auch. Außerdem muss man nicht so auf das Gewicht und die Figur achten, um die Verstärker einzuschalten, man kommt auch in höherem Alter einfach besser ran.

Aber dazu beim nächsten Mal mehr, weil einige Fallstricke auf den interessierten Musikliebhaber lauern, denen es auszuweichen gilt, damit die trinaurale Wiedergabe mehr Musikgenuß vermittelt als die herkömmliche Stereofonie. Einem Medium, mit dem wir sozusagen groß geworden sind, sozialisiert wurden und dessen alte, zielführende, aber auch ausgetretene Pfade wir daher nach all den Jahren nur ungern verlassen, denn sicher ist sicher! - Schafft schon mal Platz! Wir gehen auf Wanderung. Einen Versuch ist es allemal wert. Keine Angst, Ihr könnt ja jederzeit zurück, wir machen eine reversierte Schnitzeljagd.


Grüße

Holger
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Holger

Danke für deinen sehr kurzweiligen (Zwischen-)Bericht :cheers:

So macht mir das Lesen als absolutem Hörner- und Trinauralunwissenden sehr viel Spaß. Hoffentlich werde ich dennoch davor bewahrt, es euch nachzumachen :lol:

Beste Grüße
Jörg
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