Bernd Peter (Dynaudio Focus 60 XD)

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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Bernd Peter hat geschrieben: 29.01.2022, 17:25 wie gewohnt am Samstag nun die nächsten beiden Einspielungen der Sonate D960 von Franz Schubert.
Hallo Bernd Peter

ich habe schon gespannt darauf gewartet :cheers:
Ist ja wie Bundesliga: warten auf die Ergebnisse am Samstag ;-)
Bernd Peter hat geschrieben: 29.01.2022, 17:25 PS: Ich bin ein großer Verehrer von Clara Haskil, als Künstler und als Mensch, aber hier hatte sie wohl einen schlechten Tag.
Auch ich mag diese Pianistin recht gerne hören.
Clara Haskil hat in den 50er Jahren die meisten ihrer Konzerte mit der Sonate D960 beendet. Deine Aufnahme von 1957 hier kenne ich nicht. Dafür aber eine aus dem Jahre 1951 - und die ist mMn ganz ausgezeichnet ;-)

Die ursprünglich als Geigerin ausgebildete Pianistin spielt hier die Melodiebögen wunderbar liedhaft und mit einer inneren Ruhe. Das Scherzo ist dann auch wirklich con delicatezza

Beste Grüße
Jörg
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Jörg,

stell doch bitte das Cover ein, damit ich mich daran orientieren kann.

Danke.

Bernd
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Guten Morgen, Bernd Peter

ich meinte diese Aufnahme hier:

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Hmmm ... in die von dir erwähnte Aufnahme habe ich kurz reingehört, da ich sie auf Qobuz gefunden habe. Hört sich recht ähnlich zu meiner aus 1951 an. Offenbar habe ich einen anderen Geschmack oder Zugang zu dieser Musik.
Aber wie schon mal erwähnt: mir gefällt ja auch das Spiel von Frau Uchida ;-)

Ich mache eine ähnliche Erfahrung gerade beim Abhören der Klaviersonaten von Beethoven. Vereinfacht ausgedrückt: die Interpretationen, die alles so spielen, wie es sich nach Lehrmeinung anhören müsste, habe ich seit Jahren "durch". Meine ehemaligen Lieblingsaufnahmen höre ich inzwischen kaum noch. Mich interessiert jetzt mehr, welche alternativen Spielweisen es dazu geben könnte.
Da Schubert noch im gleichen Jahr starb, kann die D960 mit dem Nimbus eines „Schwanengesangs“ oder gar eines "kompositorischen Vermächtnisses" aufgefasst werden (eine Sichtweise, wie sie von Robert Schumann geprägt wurde). Andererseits war er gerade erst 31 Jahre alt und hat neben Tod & Trauer bis zuletzt auch Skuriles, Groteskes, Doppelbödiges in seinen Sonaten verarbeitet.

Ein begnadeter Pianist wie Krystian Zimerman spielt diese Sonate öffentlich seit fast 40 Jahren - hat es aber erst vor wenigen Jahren "gewagt" (eigene Aussage), eine Aufnahme davon zu machen.

Das ist das Schöne an der Klassik aus meiner Sicht: es gibt nicht den heiligen Gral, dafür jede Menge alternative spannende Zugänge.

Beste Grüße
Jörg
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Jörg,

es geht uns ja um die bewußte Beschäftigung mit Musik bzw. deren Qualität bei der Ausführung.

Was bei der Meinung des anderen interessiert, ist natürlich die Begründung, warum dies oder das gefällt oder nicht.

Daraus entsteht der Abgleich mit sich selbst, das ist immer wieder spannend. :cheers:

Es grüßt

Bernd Peter
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Horse Tea
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Beitrag von Horse Tea »

alcedo hat geschrieben: 30.01.2022, 09:28 ...die Interpretationen, die alles so spielen, wie es sich nach Lehrmeinung anhören müsste, habe ich seit Jahren "durch". Meine ehemaligen Lieblingsaufnahmen höre ich inzwischen kaum noch. Mich interessiert jetzt mehr, welche alternativen Spielweisen es dazu geben könnte.
Hallo Jörg, hallo Bernd-Peter,

genau unter diesem Gesichtspunkt hat mir die Aufnahme mit Valery Afanassiev gefallen:

https://www.qobuz.com/de-de/album/schub ... 2894627072

Viele Grüße
Horst-Dieter
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Horst-Dieter

neugierig habe ich mir bei Qobuz die Aufnahme mit Afanassiev direkt gespeichert (Qobuz ist einfach eine wunderbare Fundgrube) und kurz reingehört. Sie ist richtig spannend :cheers: Werde ich mir heute Abend in Ruhe anhören
Afanassiev ist immer interessant - und ein sehr eigenwilliger Künstler. Pianist, Dirigent, Schauspieler, Autor von mehreren Theaterstücken und Dutzenden Romanen (in mehreren Sprachen geschrieben) sowie zahlreichen Gedichten und Essays. Meines Wissens schreibt er auch alle Booklet-Texte selbst.
Danke für diesen Tipp

PS: auch die von Bernd Peter erwähnte Aufnahme mit Curzon war für mich neu und hat mir ausgezeichnet gefallen 👍

Viele Grüße
Jörg
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

heute kommen die Künstler aus Ungarn, es sind zwei der bekanntesten Pianisten aus dem Heimatland Franz Liszts.

So wurde ich über die h-Moll Sonate neugierig, wie das wohl bei Schubert klingt.
Zuerst hören wir Martin Urteil:

Deszö Ranki:

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Eine trockene Aufnahme ohne Raumklang.

Das Klavier ist sehr hell aufgenommen. Der Anschlag hat eine eigentümliche Farbe. Im Diskant klingt es fast fiepsig. Auch im Forte eher unangenehm anzuhören.

Im ersten Satz bin ich mir nicht sicher, ob der Interpret sich immer über über die Länge der Töne bewusst war. Manchal macht er zuviel Tenuto für meinen Geschmack, dadurch klingt es stellenweise breiig. Aber insgesamt ist der erste Satz sehr spannend und mit Tiefgang gespielt.

Im zweiten Satz spielt O bei der Steigerung in Takt 9-12 wie auch bei den ähnlichen Steigerungen später den 8 tel Auftakt zur nächsten Eins permanent zu früh, er kann die Spannung des 3/4 Taktes einfach nicht halten. Das ist nicht nur unrhytmisch, sondern raubt der Musik auch die Spannung.

Man vergleiche dazu einmal, wann ein gewisser Alfred B. diese 8tel spielt.



Andras Schiff:

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Der Raum ist schön eingefangen, aber das Klavier klingt in den Mitten und dem Diskant recht eng. Im Forte fällt das weniger auf.

Die Rubati finde ich zu gross geraten. Das wirkt übermusikalisch- aufgesetzt. Die linke Hand ist bisweilen etwas undeutlich.

Im 2. Satz wird das Auftakt- 32tel zum 2ten 4 tel des 3/4 tel Taktes in der bohrenden Bedeutung nicht erkannt und zu flüchtig gespielt. Es wirkt dadurch oberflächlich.

Man vergleiche dazu einmal, wie ein gewisser Alfred B. diese 32 tel spielt.

Ab Takt 14 ist die eins immer zu spät, dadurch erstarrt der Musikfluss. Ob das Absicht ist?

Im 3. Satz fällt der nasale Klang besonders auf. Der Satz ist aber schön weich und flüssig gespielt.

Mit der gemütlichen, leierkastenartigen Kaffeehausmusik im 4. Satz kann ich garnichts anfangen.

Mein Eindruck:

Deszö Ranki läßt uns einen waschechten Schubert hören. Noten und Kompositionsvorgaben sind das Eine, Musik und Ausdruckswille das Andere.

Wir hören die Komposition eines 31 jährigen Junggesellen, der zwischen Melancholie, Zweifel, aber auch Lebensfreude und Neugierde auf das Unbekannte seine Musik niedergeschrieben hat. Und das bringt Ranki in all seine Facetten ganz großartig rüber.

Ein Werk, das dem Pianisten einiges mehr als pure Technik und Disziplin abverlangt, ein Werk, das ein Verständnis für die Lebenssituation des Komponisten einfordert.


Bei Andras Schiff gefällt mir sein Geschmack bei der Auswahl des Klaviers. Nicht der allseits eingesetze Steinway, sondern der Bösendorfer Imperial wird hier bespielt, etwas weniger Nüchternheit, etwas mehr weicher Klang.

Das hat was in manchen Passagen des Werkes, insgesamt aber nicht mehr als eine lohnenswerte Alternative zum üblichen Vortrag.

Schiff spielt sehr gut, aber er spielt mehr Klavier als Schuberts Musik.


Es grüßt

Bernd Peter

PS: Schiffs Appassionata sollte man kennen.
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

heute kommt die letzte Einspielung zur Sonate D960:
Martin schreibt;

Hallo Bernd,

das Beste zum Schluss?

Obgleich ich kein Freund gross aufgenommener Flügel bin: hier ist der Anschlag der Hämmer und der Klangcharakter des Instruments für meine Ohren schlichtweg perfekt eingefangen.

Zur Interpretation: Hier tat ich mich wirklich schwer, im Analysemodus zu hören- zu bezwingend klar, geschmackvoll, alle Nuancen auskostend, irritationsfrei, technisch brilliant ist die Sonate gespielt.

Unglaublich welches Gespür für "Timing", welchen Überblick der Interpret hat. Man wird in jeden Satz förmlich hineingesaugt.

Ein absoluter Hochgenuss, meisterhaft!
Meine Meinung:

Wir haben hier einige hervorragende Aufnahmen zur D960 schon gehört, die gesammelten Erfahrungen damit schaffen eine große Vertrautheit mit dem Werk.

Man weiß, welche Fehler der Ausführende nicht machen sollte und ob sich trotz der großen Stimmungsschwankungen in der Komposition ein geschlossenes Gesamtbild einstellt.

All das erfüllt der Pianist bzw. die Pianistin und auch der Aufnahmeleiter steht dieser gezeigten hohen Qualität in nichts nach.

Es ist hier wie bei einer sehr gut austarierten Hifianlage, man achtet sehr bald nicht mehr auf dies oder das, man gibt sich der Musik hin.


Es grüßt

Bernd Peter

PS: Auflösung am Samstag
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Bernd Peter

du bist nun schon der Dritte im Forum, der in den letzten Tagen einen Cliffhangar einbaut.
Wird das jetzt zur Pflicht oder ist das ein neues Stilmittel? :lol:
Zumindest ich bin doch schon sssooooo gespannt wer eure favorisierte Aufnahme der D960 eingespielt hat.
Und soll noch 4 Tage darauf warten ...

Viele Grüße
Jörg
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Jörg,

gegen die richtigen Lottozahlen zum Samstag gibts schon jetzt die Lösung (beides über PN).

Vorausgesetzt ich finde das CD Cover noch.

Es grüßt

Bernd Peter
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Jörg,

gemerkt habe ich mir nur, daß der/die/das Künstler/in den Clara-Haskil-Wettbewerb gewinnen konnte.

Es grüßt

Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

das ist er, vielen sicherlich unbekannt, aber ein ganz Großer unter den aktiven Pianisten unserer Zeit:

Richard Goode

mit der Aufnahme von 1978 in AAD:


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siehe:

https://crosseyedpianist.com/tag/richard-goode/

Es grüßt

Bernd Peter
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Nun ist das Rätsel gelöst, Bernd Peter

Danke für diese tolle Besprechungs-Reihe.
Offenbar fand auch Qobuz deine Empfehlung so gut, dass sie diese nun flott auch als 24bit-192kHz Ausgabe herausgebracht haben ;-)
https://www.qobuz.com/de-de/album/schub ... 5597958263

Beste Grüße
Jörg
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Gute Abend,

für alle Klassikfreunde, die an der B-Dur Klaviersonate D960 von Schubert interessiert sind, hier noch ein Link zu einem sehr guten, fundiert recherchierten Übersichtsaufsatz von Manfred Voss, veröffentlicht im "Tamino Klassikforum":

https://www.tamino-klassikforum.at/inde ... n-zelenka/

Natürlich sind auch einige der hier besprochenen Aufnahmen dort vorzufinden.

Viel Spaß bei Nach-Lesen,
Jörg
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Jörg,
Martin schrieb:

Das war jetzt die 14 te Einspielung, die ich hören durfte. Wenn ich 14 verschiedene Interpretationen der selben Mozart- oder Haydn Sonate anhören müsste - da kommt dann doch ein gewisses Sättigungsgefühl auf. Nicht so bei Schubert. Die ständigen subtilen Stimmungswechsel, das Aufbäumen, das Unerwartete, die Depression, die Doppelbödigkeit, das Liedhafte, das fast Immergleiche-hypnotische, mit einem Wort: die Tiefe der Schubertschen Musik lässt aber niemals Langeweile aufkommen. Spiele ich direkt nach dem Hören der Sonate irgend einen Titel, sagen wir aus dem Genre "Jazz-Fusion" ab, dann falle ich bisweilen in ein tiefes Loch und denke nur: ohjemine....das sind echt andere (sehr flache) Welten.
Mir ging es auch so. :o

Dieses wochenlange intensive Beschäftigen mit Klaviermusik brachte aber noch eine weitere Erfahrung mit sich.

Ich habe mir immer die CD besorgt und diese über meine speziell konfigurierten Audio PCs (Dante bzw. RME HDSP) auf CD Rom Laufwerken abgespielt. Es ging ja über einen sehr langen Zeitraum innerhalb dieses Winterhalbjahres, das hat - verbunden mit der erforderlichen Konzentration bei der Beurteilung der Interpretationen - zu einer ausgesprochen tiefsitzenden Hörgewohnheit geführt.

Nach Abschluß der Testreihe habe ich - weil eine der CDS nicht auffindbar war - ohne jegliche Erwartungshaltung die parallel auf Festplatte des Audio PCs abgespeicherten WAV Files abgespielt und war verblüfft.

Bei den vorgestellten Einspielungen sind ja Pianisten von Weltrang vertreten, deren Instrument vorher noch fachmännisch abgestimmt wird.

Ein solcher Klavierklang läßt daher so gut wie keine Zweifel an der Qualität aufkommen, er eignet sich verläßlich für eine Beurteilung.

Da höre ich also das gleiche (penibel gerippte File) in der sonst identischen Hifikette und schon nach wenigen Tastenanschlägen merke ich auf.

Da ist etwas anders, da gefällt mir was überhaupt nicht. Als wenn da was fehlt.

Die Töne schwingen zu kurz aus. :(

Es grüßt

Bernd Peter
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