Da mich schon viele auf meinen Hoerraum angesprochen haben, bzw. dieser in anderen threads immer mal wieder Thema ist, hier ein paar Worte zu meinen Hoerpreferenzen und dem Raum.
Ich hatte frueher kleinere Hoerraume (ca. 25qm und ca. 45qm) zur Verfuegung und teilweise professionell akustisch aufbereiten lassen. Diese nun stark bedaempften Raeume fuehrten bei mir zu einem grossen Unwohlsein, ich mochte mich in einem solchen Raum nicht weiter aufhalten, geschweige denn entspannt Musik hoeren. Es stellte sich auch mit der Zeit kein Gewoehnungseffekt sein. Ich hatte zu dieser Zeit auch viel im akustischen Forschungslabor unserer Firma, einem schalltoten Raum zu tun gehabt. Die hat bei mir sogar ein richtiges koerperliches Unwohlsein ausgeloest, so dass ich mich in diesem Raum immer nur kurz aufhalten konnte/wollte.
Ich hatte zu dieser Zeit 2 blinde Kaeufer von Hifi Geraeten bei mir, die sich beide nur sehr ungerne in diesen speziell praeparierten Raum begeben haben, da es ihnen unmoeglich war, sich in diesem zu orientieren, da die ueblichen unterschiedlichen Reflektionen von Fenster, Tueren usw. fehlten. Ich habe mich damals entschlossen, den Raum wieder zurueckzuruesten und dabei versuchen festzustellen, welche raumakustischen Maßnahmen mir wichtig sind und auf welche ich persoenlich verzichten kann.
Dazu muss man sagen, dass ich oefters meine LS wechsle und somit mal stark buendelnde StudioLS, mal aber auch Dipole verwende. Meine Erkenntnisse waren wie folgt:
Ich reagiere sehr stark auf "Eckaufladungen", d.h. habe ich nichts daempfendes in den Ecken, empfinde ich diese Reflektionen schon fast als eigene Schallquelle, die mich daran hindert eine gute Raeumlichkeit wahrnehmen zu koennen. Also wird man bei mir immer Michael Green Corner Tunes und ASC Tube Traps finden.
Weiterhin kann ich nicht mit Flatterechoes. Daher haben sich bei mir Michael Green Echo Tunes als das rechte Mittel zur Bekaempfung selbiger schnell als zwingend notwendig erwiesen.
Als sehr stoerend fuer die raeumliche Praezsion empfinde ich Reflektionen der Stirnwand, so dass dort immer Diffusoren der Firma VM acoustic oder Gryphon plaziert sind.
Weiterhin nutze ich einen kleinen Spiegel, um mich stoerende Wandreflektionen mit einem Diffusor abzuschwaechen. Diese verwende ich auch hinter dem Hoerplatz. Am liebsten nehme ich als Diffusor aber ein CD oder Plattenregal.
Fuer mich ist wichtig, dass ich nur die extremsten Echoes und erst Reflektionen angehe, da ich moeglichst viel Energie im Raum lassen will. Wenn man den Raum betritt, ist mir wichtig, dass sich mein eigenes Sprechen sowie das Sprechen der Besucher anhoert, als wuerde man in einem "normalen" Wohnzimmer stehen.
So habe ich dann einige Jahre in einem 25qm und einem 45qm Raum Musik hoeren koennen.
Der Wechsel in meinen aktuellen 60qm Hoerraum brachte erst einmal die Situation mit, dass ich nicht mehr ca 2 bis 3m von den Lautsprechern entfernt sitze, sondern 6 bis 7m , die hinter meinem Sofa befindlichen Hoerplaetze haben entsprechend ca 7-8m Hoerabstand.
Die Folge dieses Hoerabstandes ist, dass ich nicht mehr im Near/Mid field der LS sitze sondern auf jeden Fall Reflektionen von Decke, Boden und Waenden mitbekomme.
Meine Decke ist abgehaengt, meine Rueckwand ist eine Trockenbauwand, beides schluckt per Definition erst einmal Bassenergie.
Ich habe in dem Raum bereits mit vielen verschiedenen Lautsprechern gehoert. Fakt ist, dass eine solche Hoerentfernung eine grosse Umstellung bedeutet. Setze ich mich in dem Raum vor ein paar Studiolautsprechern mit geringem Abstand ist alles wie gehabt und gewohnt aus anderen Zimmern, eher besser, da die Waende weiter weg sind. Doch dafuer hat man kein grosses Zimmer ...
Da mein Ziel ist, irgendwann mit einem wirklich grossen Lautsprechersystem Musik zu hoeren, z.B. das 4-säulige Gryphon System, muss ein Hoerabstand >5m moeglich sein, da solche LS einfach Hoerabstaende ab 5m brauchen um eine vernueftige Performance bieten zu koennen.
Entsprechend meiner Erfahrungen habe ich das Zimmer nach meinen Beduerfnissen akustisch gestaltet:
- Tube traps und VM Black holes in allen Ecken, zusaetzliche Michael green Echo&Corner tunes in den Ecken
- Klatschend den Raum abgegangen und an den Extremstellen echo tunes von Michael Green angebracht.
- Auf Hoehe der LS hat mein Raum einen Versprung, der zu einer wahrnehmbar anderen Nachhallzeit gefuehrt hat, an dieser Stelle ist ein Basotecabsorber angebracht.
- Eine Raumecke ist die ehemalige Kneipentuere, die im 45grad Winkel die Ecke schneidet, diese hat durch ihre Reflektionen die Balance des Gesamtsystems verschoben. Vor der Tuere steht nun ein Regal mit "Kram" sowie 3 VM Diffusoren.
- Die Rueckwandreflektioen liessen die raeumliche Dimension einer Aufnahme nicht richtig erkennen, so dass nun ein BLu Ray / CD Regal sowie ein VM Diffusor die Rueckwand beruhigt.
- Zwischen den LS ist ein Trockenbaukoffer angebracht, der verschiedenste Effekte erzeugt...,
nun gibt es einen VM Diffusor sowie diverse Michael Green Produkte, die den mir wichtigen Bereich zwischen den LS beruhigen
- Ueber 50% der Waende sind Fensterflaechen in traditionellen Nischen, davor stehen meine Hifi-"Regale", als daempfender Ausgleich lagern an den gegenueberliegenden Seitenwand meine CDs und LPs. Dies gemeinsam fuehrt dazu, dass ich auf dem Sofa sitzend nicht merh so krass den Unterschied zwischen rechtem und linken Lautsprecher wahrnehme.
Wie man lesen kann, sind in dem Raum verschiedene raumakustische Elemente eingeflossen, ohne dass diese den Raum zu stark bedaempfen.
Es gibt in meinem Hoerraum keine zueinander paralle stehenden Waende, teilweise laufen die Waende stark auseinander (speziell Vorder- und Rueckwand), so kommt es , dass die LS mit unterschiedlichem Rueckwandabstand gestellt werden muessen.
Eine weitere wichtige Erfahrung war die Integration und Interaktion verschiedender Lautsprecher im Raum. Da auf dieser Hoerentfernung immer mit Reflektionen zu rechnen ist (z.B. ausgepraegt von meinem Sofatisch), hoere ich nicht nur Direktschall sondern auf jeden Fall Reflektionen.
Eine weitere Eigenschaft ist, dass dieser grosse Raum viel tiefer in den Bassbereich runtergeht und entsprechend auch ganz andere Moden anregt als ein kleiner Raum.
Mit diesem Sachverhalt habe angefangen mich mit dem Themenkreis der Lautsprecher/Raum Interaktion in einfachen Wohnraeumen zu befassen. Gefallen haben mir dabei Entwickleransaetze, die den sogenannten "out of axis" Frequenzgang Ihrer Produkte in den Vordergrund stellen. Davon ausgehend, dass es auf jeden Fall Reflektionen geben wird, sollen diese in Ihrem Frequenzgang dem Direktschallfeld naeherungsweise entsprechen.
Bei vielen LS ist der Frequenzgang der 1. Reflektion stark nicht linear, da die abstrahlung des LS "out of Axis" bereits stark nicht linear ist. Kommen diese Schallwelen beim Hoerer zusammen (bzw leicht zeitversetzt) an, fuehrt dies zu einem unruhigen und instabilen Klangbild.
Ensprechend habe ich mich bemueht, einen LS zu probieren, der eine ausgeglichene Rundum-Abstrahlung hat. Dies ist mit der YG ganz gut gelungen, Zumindest stoeren mich die Reflektionen nun tonal nicht mehr. Als Nebeneffekt habe ich nun die Moeglichkeit auch ausserhalb des idealen Hoerplatzes gut Musik hoeren zu koennen.
Da ich viele Besucher zum Musik hoeren habe, sind nun sehr interessante Reaktionen zu beobachten, speziell lassen sich 2 Gruppierungen klassifizieren:
- Typus "Nutzer grosser Kopfhoerer" (ist nicht negativ gemeint!) mag ich mal all die Hoerer von StudioLautsprechern im Nah- oder Midfield (Geithain, Neumann, Genelec, KS Digital usw.) nennen, d.h. Hoerer die im direkten Schallfeld ihrer LS hoeren, der Raum ist nach Moeglichkeit praepariert, sodass das direkte Schallfeld durch nichts gestoert wird, bzw. der LS ist in seiner Schallkeule so ausgelegt, dass er sich durch nichts stoeren laesst. Diese Hoerer haben in meinen alten Zimmern noch ganz gut Musik hoeren koennen, da zumindest die Direktschallprioritaet gegeben war, auch wenn die vorhandenen Reflektionen als stoerend empfunden worden sind. In meinem neuen Raum fuehlen sich diese Hoerer zumeist voellig verloren, da sich statt direktem Schallfeld mehr eine : Zitat " Wall off Sound" vor einem abspielt. Die LS Interaktion mit dem Raum wird als diffuses und nicht mehr stressfrei zu geniessendes Klangbild beschrieben. Speziell im Bassbereich wird das "viel an Bass im grossen Raum" als stoerend wahrgenommen.
- Typus "Nutzer grosser Schallsysteme" mit entsprechendem Hoerabstand.
Diese Hoerer haben sich frueher in meiem Hoerraum eher unwohl gefuehlt, das nur an einem sweet spot hoeren koennen wurde als starke Einengung empfunden, das "Atmen der Musik im Raum" wurde komplett vermisst. In meinem neuen Raum kommen diese Hoerer (Infinity Beta, Duntech Sovereign, Avalon Isis, Wilson MAXX usw) nun auf ihre Kosten. Es wird explizit set up und Raum gelobt, da weniger flatterechoes und Bassueberhoehungen als bei den eigenen Lautsprechern, man ueberlegt nun teilweise ebenfalls Staenderwerk Zwischenwaende zu verwenden. Speziell die stabile Raeumlichkeit aus verschiedenen Hoerpositionen macht diesem Hoerertypus viel Freude, die Musik sein "im Raum angekommen", man koennte sich im Raum auch mal bewegen, die Musik wuerde mit viel Energie wiedergegeben und wuerde nicht so "trocken" spielen, wie in meinem alten set up mit z.B. der B&M 35.
ich finde es auf jeden Fall spannend, diese Reaktionen zu hoeren und manchmal auch zu lesen.
Ich habe fuer mich auf jeden Fall einen Raum gefunden, der aktuell gut zu meiner Art Musik zu leben passt, ich werde diesen bestimmt noch an einigen Stellen weiterveraendern und optimieren.
Wichtig ist mir auf jeden Fall, dass sich der Raum in seiner Signatur fuer mich so weit zuruecknimmt, dass er mir ermoeglicht Klangunterschiede von Komponenten auch in einer groesseren Hoerergruppe zu erfahren.
Der Kampf um den "sweet spot" ist nicht zwingend erforderlich um einen guten Klangeindruck mitzunehmen.
So ertappe ich mich auch immer wieder, dass ich auch mal auf einem Seitenplatz meines Sofas eine Plattenseite durchhoere ..., was ich sehr angenehm finde.
Gruss
Juergen