Mobiles Setup und CIEM
Seit über einem Jahr höre ich vermehrt mit Kopfhörern, meistens über mein stationäres Setup zu Hause, aber auch mobil auf Dienstreisen und zu Hause auf dem Sofa. Beim mobilen Setup verwende ich seit Jahren in-ears, deren Dämpfung von Außengeräuschen ich sehr schätze. Das ist vor allem bei Reisen (z.B. im Flieger) ein Vorteil, entkoppelt mich aber auch bestens, wenn ich mal einfach Ruhe haben möchte.
Die letzten 10 Jahre
Die letzten etwa zehn Jahre habe ich als mobilen Zuspieler einen iPod nano (sehr klein, sehr lange Laufzeit, schneller Prozessor, aber mittelmäßiger Klang) und einen iPod Video (mittlere Akkulaufzeit, mehr Speicherplatz, besserer Klang) betrieben. Die iPods habe ich gekauft, weil ich die open source Firmware
rockbox darauf spielen konnte. Zum einen konnte ich mit
rockbox meine musepack Audiodateien abspielen, die für mobile Zwecke über lange Zeit die beste Wahl waren, weil sie hohe Qualität bei moderater Kompression erzielen und im Vergleich zu mp3/aac mit deutlich weniger Prozessorleistung dekodiert werden können, was die Laufzeit der Player dramatisch erhöht. Zum anderen konnte ich mich bei
rockbox auch selbst einbringen, was ich dann über mehrere Jahre auch mit viel Freude im Bereich Audiocodecs/iPod/Treiber gemacht habe.
Mittlerweile sind die iPods aber in die Jahren gekommen und zeigen deutliche Alterserscheinungen wie z.B. nicht mehr passende Spaltmaße, abgenudelte Multifunktionsknöpfe und reduzierte Akkulaufzeit. Dazu kommt, dass Flashspeicher mittlerweile so günstig geworden ist, dass ich musepack und eine reduzierte Titelauswahl nicht mehr brauche -- alle meine Titel passen mit entsprechender Erweiterung per SD-Karte als flac auf einen einzigen Player.
Das langjährige Setup
Angetrieben durch verstärkte Reisetätigkeit und dadurch intensivere mobile Nutzung kam der Wunsch nach einem Update des Kopfhörers auf. Ich habe dann kurzentschlossen und rückblickend nach zu wenig Probehören meinen Sennheiser CX-300 II durch einen Shure SE425 ersetzt. Der SE425 war zwar ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem CX-300 II, aber machte auch die Probleme der iPods sehr deutlich hörbar: Grundgeräusche, Verzerrungen. Dazu kam, dass mir vor allem wegen des SE425 bei vielen Titel der Tiefbass und die Brillianz fehlten, die ich nur durch gezielten Einsatz von parametrischem EQ kompensieren konnte. Insgesamt unzufrieden habe ich mich dann zunächst auf die Suche nach einem Player gemacht, der meine Anforderungen erfüllt. Anschließend wollte ich mich mit diesem Player als Grundlage nach neuen IEMs umschauen.
Das DAP Update
Meine nicht verhandelbaren Anforderungen an den Player waren eine lange Akkulaufzeit (>20 h), Wiedergabe von flac, vernünftige Bedienung (Suche über Album Künstler/Album/Genre, Anzeige aller embedded cover arts, korrekte Zusammenfassung von Alben mit mehreren CDs), gapless Playback, Aufspielen von Titeln ohne Spezialsoftware (kein iTunes oder andere Hersteller spezifische Software Programme), großes Touchdisplay, manueller EQ und nicht zuletzt eine mich ansprechende Optik und Haptik. Leider gibt es offenbar kaum Möglichkeiten sich höherwertige DAPs in Ladengeschäften anzuschauen und anzuhören. Ich habe die üblichen Kandidaten von FiiO, Astell&Kern und Sony per Internetrecherche und Rückfragen bei Besitzern verglichen, mich dann entschieden und zugeschlagen.
Im Ergebnis höre ich hier seit Januar mobil über einen Sony WM1A mit einer zusätzlichen SD-Karte zur Erweiterung auf 256 GB. Die im Netz diskutierten Probleme mit zu geringer Lautstärke habe ich nicht und habe deswegen auch von der möglichen Umkodierung des Sonys abgesehen. Meine in-ears sind so empfindlich, dass ich üblicherweise weit unterhalb der maximalen Lautstärke höre. Der Player erfüllt alle meine Anforderungen und ist wertig verarbeitet. Einziges kleineres Ärgernis war, dass ich alle embedded progressive jpgs in normale jpgs wandeln musste, weil der Sony keine progressive jpgs anzeigt. Als nicht klangveränderndes Zubehör kam noch eine praktische Kunststoffhülle und eine Panzerglasfolie für das Display dazu.
WM1A in der Totalen und in Nahaufnahme
Der Weg zum CIEM
Nachdem der Player vorhanden war ging die Suche nach einem in-ear weiter. Mit dem SE425 als Basis wusste ich schon an welchen Stellen ich Veränderung wollte: mehr Tiefbass, mehr Hochton aber langzeittauglich. Auch war ich interessiert an custom in-ears, weil ich mir davon eine bessere Ausblendung von Umgebungsgeräuschen und einen besseren Tragekomfort versprochen habe. Ich habe dann viel im Internet nach Herstellern, Tests und vergleichbaren Messungen gesucht, um mir einen Überblick der Hersteller und Typen zu verschaffen. Klar war für mich, dass ich für den Fall von Problemen mit dem neuen in-ear keinen Import aus den USA oder China riskieren wollte. Zur Eingrenzung auf zu hörende Kandidaten hat mir vor allem die Seite
headflux.de sehr geholfen. Dort gibt es vergleichbare Messungen vieler für mich interessanter in-ear Modelle. Einer der Mitbetreiber veröffentlicht auch Messungen zum Impedanzverhalten und dessen Auswirkung auf den Frequenzgang bei Betrieb an unterschiedlichen Ausgangimpedanzen (wobei der Sony mit etwa 0,9 Ohm eher unkritisch ist).
Zum finalen Hörvergleich habe ich dann einen abendlichen Termin bei einem kleinen aber feinen Unternehmen in der Pfalz gemacht. Dort konnte ich über meinen DAP und vorausgewählte Titel mehrere Stunden Modelle der Hersteller InEar, Ultimate Ears und Vision Ears hören, wobei sich recht schnell herauskristallisierte wohin die Reise geht. Viele der Modelle hatten einen für mich unangenehmen und anstrengenden Mittel-/Hochton oder zu starken Bass. Der erste für mich spontan passend klingende Hörer war ein InEar SD4, richtig lang hängen geblieben bin ich beim InEar PP8, UltimateEars UE-11 und Vision Ears VE6. Ein (noch) höherpreisiger UltimateEars UE-18 konnte mich gar nicht überzeugen. Letztlich entschieden habe ich mich für den Vision Ears VE6 X2. Am gleichen Abend wurden die Ohrabdrücke gemacht und nach etwa 3 1/2 Wochen kam der Hörer an. Das Einsetzen und Herausnehmen braucht noch etwas Übung, aber eingesetzt sitzen die Teile wie angegossen. Sie dichten hervorragend ab, auch bei Kieferbewegung, und hören sich so an wie ich das in Erinnerung und gewollt habe: schön tiefer trockener Bass, wenn er vorhanden ist, Brillianz im Hochton und langzeittauglich, wobei schlechte Aufnahmen auch schon mal unangenehm scharf klingen. Der VE6 ist kein Schönfärber, das bin ich von meinem Heim-Setup aber auch so gewöhnt.
Einziger Nachteil ist die extrem hohe Empfindlichkeit -- ich höre tatsächlich wieder das vorher nicht wahrnehmbare weiche Grundrauschen meines Sony. Aber das lässt sich über einen passenden Adapter wieder in den Griff bekommen und ist nicht akut.
VE6 X2
Damit bin ich insgesamt jetzt hier gelandet und denke, dass ich das mit diesem Setup die nächsten Jahre sehr gut aushalten werde:
Setup für die nächsten 10 Jahre?
Ist zwar ein sehr langer Beitrag geworden, war aber auch insgesamt eine jahrelange Reise.
Viele Grüße,
Andree