Vor- & Nachteile der Gegenkopplung bei Endstufen

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Sebabe
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Vor- & Nachteile der Gegenkopplung bei Endstufen

Beitrag von Sebabe »

Hallo liebe Gemeinde,

ich bin derzeit ein wenig auf der Such nach einer neuen Endstufe.
Dabei lese ich sehr oft das Wort Gegenkopplung. Oft wird die Gegenkopplung explizit als positiv herausgestellt (zB. AudioNet)
- manchmal mit deren Abwesenheit (z.B. Pass).

Ich selbst bin hier totaler Anfänger - was sind denn die Vor und Nachteile einer Gegenkopplung?

Viele Grüße
Sebastian
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shakti
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Beitrag von shakti »

hier gibt es zB was zu lesen:

https://www.fairaudio.de/hintergrund/ne ... ung-6-dwt/

Gruss
Juergen
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo Jürgen, vielen Dank! Genau wonach ich gesucht habe.

Und die Pass Endstufen sind mir auch gleich wieder ein Stück sympathischer geworden :-)
Viele Grüsse Sebastian
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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo Sebastian,

es ist wie immer, dogmatische Ansätze helfen nicht weiter. Natürlich hat Nelson Pass hier seine Sicht der DInge vorgetragen, aber nicht jeder schafft es einen verzerrungsfreien Verstärker zu bauen, wie er das im letzten Absatz andeutet. Das ist nämlich auch nicht trivial.
Es kommt immer drauf an, wie man etwas umsetzt. Also sollte man am besten sein Ohr entscheiden lassen und für alles offen bleiben.

Grüsse Jürgen
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Audiophon
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Beitrag von Audiophon »

Sebabe hat geschrieben: 19.01.2022, 17:26 Und die Pass Endstufen sind mir auch gleich wieder ein Stück sympathischer geworden :-)
Hallo Sebastian,

man könnte glauben, dass hier gilt: je mehr Gegenkopplung, desto höher der Dämpfungsfaktor bei gleichzeitig niedrigeren Verzerrungen, und daher automatisch besser. Das stimmt aber leider nicht, oder zumindest nicht immer, da nicht alle Lautsprecher oder Chassis hier "strenge Führung" durch den Verstärker auch klanglich goutieren.

Bei meinen Gauder Akustik Lautsprechern mit Keramik Chassis habe ich die Erfahrung gemacht, dass weniger Gegenkopplung und damit auch ein niedriger Dämpfungsfaktor sich durchaus positiv auf den Klang und insbesondere auf den Bassbereich auswirken kann. Bei meinen "alten" Gauder Cassiano hatte ich unter anderem Mal ein paar Parasound JC1 Monos mit extrem viel Kraft und einem angegebenen Dämpfungsfaktor von 1000 (bei wieviel Hz weiß ich nicht mehr). Der bass war extrem straff, staubtrocken, aber nicht besonders tief und auch nicht perfekt in den Grundton eingebunden. Nach 2-3 Jahren habe ich sie dann verkauft und mit ein Paar Pass XA 100.5 gekauft. Wow... schon deutlich besser im Bass: deutlich mehr Substanz, subjektiv tiefer und auch besser an den Grundton angebunden - trotz deutlich weniger Watt und einem Dämpfungsfaktor von rd. 160 (wenn ich mich nicht irre). Pass benützt zwar keine Über-alles-Gegenkopplung, sehr wohl aber eine lokale Gegenkopplung.

Nach ein paar weiteren Jahren und dem Umstieg auf die Gauder Berlina, hatte ich probeweise mal die Grandinote Demone zu Hause und konnte sie direkt gegen die Pass hören. Und wieder war der Bass deutlich besser: deutlich konturierter und straffer als mit den pass, aber trotzdem sehr tief und auch perfekt an den Grundton angebunden. Grandinote nutzt überhaupt keine Gegenkopplung und hat (trotzdem) einen guten Dämpfungsfaktor von 260 (alles aus dem Gedächtnis... ich hoffe ich liege richtig :wink: ). Für mich die ideale Wahl.

Bei Gauder habe ich genau meine Lautsprecher dann auch mal mit den dortigen McIntosh Monos gehört... und, welche Enttäuschung: der bass war extrem aufgeweicht und hatte überhaupt keinen Punch. Auch logisch bei einem Dämpfungsfaktor von nur 60.

Für mich habe ich daraus gelernt: die Kombination aus Lautsprecher und Endstufe muss passen. Weder ist viel Gegenkopplung automatisch gut, noch ist wenig immer schlecht.

Viele Grüße
Martin
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo Jürgen und Martin,

Danke euch - so langsam komm ich hier ins Thema.
Mir ist schon klar das viele Wege nach Rom führen - daher geht nichts übers hören.
Ich lese immer von der besonderen "Musikalität" der Pass Verstärker und kann mir nun zumindest vorstellen, dass eine starke Gegenkopplung zu guter Kontrolle und guten Messwerten führt - aber eben mit einem Preis der am Ende vielleicht den "Fluss" etwas bremst.

So ein Pass XA 25 könnte etwas für mich sein..

Noch eine Anfängerfrage: Bisher höre ich mit einer Linn Akurate 2200 Endstufe.
Wo ordnet sich denn so eine Endstufe hier ein?

Viele Grüße
Sebastian
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

shakti hat geschrieben: 19.01.2022, 16:00hier gibt es zB was zu lesen:
https://www.fairaudio.de/hintergrund/ne ... ung-6-dwt/
Hallo,
da ziehe ich aber den Originaltext vor:https://www.passdiy.com/project/article ... dbacdoch k
Pass gibt sich dort nicht die Blöße, einen Source-Widerstand R4 zu zeigen und seine Gegenkopplungseigenschaften zu unterschlagen.
Stattdessen zeigt er von der Röhre über Transistor und FETs 4 Schemen ohne Widerstand zwischen aktiver Komponente und Signalmasse.

In der klassischen Schaltung legt der Kathoden- oder Emitter- oder Sourcewiderstand den DC-Arbeitspunkt fest, und weil das nicht ohne negative Gegenkopplung abgeht, wird dort ein Elko parallelgeschaltet, der wechselspannungsmäßig einen Kurzschluss darstellt und den volle AC-Verstärkungsfaktor ermöglicht, sofern der nicht durch andere Komponenten definiert wird.
In den meisten Röhrenverstärkern wird die Gegenkopplung vom (positiven) Ausgang auf die Kathode zurückgeführt.
Eine Ferritperle über der Leitung zur Signalmasse reduziert die HF-Bandbreite, auch ein Kondensator zwischen Kollektor und Basis, jeweils am 1. Transistor nach dem Eingang (nach Telefunken Unterlagen, Servicehinweise gegen HF).
Grüße
Hans-Martin
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meldano
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Beitrag von meldano »

Sebabe hat geschrieben: 19.01.2022, 18:57
So ein Pass XA 25 könnte etwas für mich sein..
So eine habe ich hier ;)
An meinen Magnepan 1.7i spielt die XA25 hervorragend.
An den größeren Magnepan eines Freundes grausam!
Eine First Watt J2 macht in der Zweitanlage an kleinen Speaker Heaven Network 2.5 viel Spaß - an den Maggies so garnicht.
Ich habe noch viele andere Pass Konzepte gehört, und oft ähnliches erlebt:
Hier muss der Lautsprecher noch einmal mehr zur Endstufe passen. Außerdem hat jede Pass gegenüber ihren Schwestern Vor- und Nachteile. Pass versteht es jedem Konzept einem gewissen Charakter zu vermitteln.
Wir hatten mal an einem Tag 5 verschiedene Pass/First Watt verglichen. Mit jeder Endstufe alleine hätte ich glücklich werden können, auch wenn die eine oder andere ihre eigenen Stärken hatte.

Daniel
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hans-Martin hat geschrieben: 19.01.2022, 19:44da ziehe ich aber den Originaltext vor:https://www.passdiy.com/project/article ... dbacdoch k
Korrektur Link: https://www.passdiy.com/project/article ... d-feedback
Sorry, Grüße
Hans-Martin
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

meldano hat geschrieben: 19.01.2022, 20:46
Sebabe hat geschrieben: 19.01.2022, 18:57
So ein Pass XA 25 könnte etwas für mich sein..
So eine habe ich hier ;)
An meinen Magnepan 1.7i spielt die XA25 hervorragend.
An den größeren Magnepan eines Freundes grausam!
Eine First Watt J2 macht in der Zweitanlage an kleinen Speaker Heaven Network 2.5 viel Spaß - an den Maggies so garnicht.
Ich habe noch viele andere Pass Konzepte gehört, und oft ähnliches erlebt:
Hier muss der Lautsprecher noch einmal mehr zur Endstufe passen. Außerdem hat jede Pass gegenüber ihren Schwestern Vor- und Nachteile. Pass versteht es jedem Konzept einem gewissen Charakter zu vermitteln.
Wir hatten mal an einem Tag 5 verschiedene Pass/First Watt verglichen. Mit jeder Endstufe alleine hätte ich glücklich werden können, auch wenn die eine oder andere ihre eigenen Stärken hatte.

Daniel
Hallo Daniel - interessant.
Ich habe gehört die Kombination Wilson Audio WP8 passt wohl ganz gut zur Pass XA25.
Muss ich ich mir halt mal anhören.

VG
Sebastian
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Danke Hans- Martin. Ja, das Original liest sich besser :-).
Auch wenn ich hier immer schnell an den Rand meiner Elektrotechnik Kenntnisse komme.
VG
Sebastian
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Sebastian,
Gilbert A. Briggs (Gründer von Wharfedale) schrieb noch in den 1950ern vor der Transistor-Ära in seinen Büchern über Lautsprecher, dass ein moderner Verstärker mit mehr als Dämpfungsfaktor 15 keine nennenswerte Verbesserung darstellte.
Ich habe einst bei einem Röhrenverstärker ein Poti in die neg. Gegenkopplung eingesetzt und war nach Lautstärkekorrekturanpassung verblüfft, wie bei geringerer Gegenkopplung die Bühne aufging, alles zarter, aquarellartig-blumiger dargestellt wurde, allerding mit deutlich weniger kontrolliertem Bass, der mehr vor sich hin blubberte.
Heute höre ich mit Class-D-Verstärkern, die völlig gegenkopplungsfrei in Pulsbreitenmodulation (PBM, PWM) die Lautsprecher ansteuern. Ein Halbleiter schaltet zur Betriebsspannung, der andere danach zur Signalmasse, Brückenbetrieb hält den LS frei von DC-Komponenten. Rein rechnerisch entspricht das bestenfalls einem Dämpfungsfaktor von 20 (an 8 Ohm). Für mich ein Konzept, welches einen guten Kompromiss aus Transistor- und Röhrenklang darstellt.
PBM lässt Modellbahnzüge ruckelfrei seehr langsam anfahren.
Der Dämpfungsfaktor ist eine dimensionslose Größe, der Quorient aus LS-Impedanz und Endstufenquellwiderstand.
Letzterer lässt sich durch die neg. Gegenkopplung stark beeinflussen.
Der Grad der Überallesgegenkopplung ist schon vielfach unterwandert worden, z. B. durch Auftrennung in eine Spannungsverstärkungsstufe mit Gegenkopplung und eine Stromlieferstufe mit geringer Gegenkopplung.
Bei Aktiv-LS hat man mehrere Endstufen, da darf der Bass mit viel Gegenkopplung (und sogar eingebundener Sensorik) den TT kontrollieren, während der MT/HT nach anderen Kriterien angesteuert wird, (z. B. Stromgegenkopplung, negativer Innenwiderstand).

Die meisten Transistorendstufen haben einen intern hohen Verstärkungsfaktor bei DC, eine begrenzten lineare Verstärkung für Audiosignale.
Angenommen, man hätte eine Gegenkopplung wie für RIAA-Preemphasis (stärkste Gegenkopplung in Bass, schwächste im Hochton) und ein vorgeschaltetes passives RIAA Deemphasis Netzwerk (etwa baugleich), um den resultierenden FG der Endstufe vorab auszugleichen, ergäbe sich ein größerer Dämpfungsfaktor für den Bass, wo man ihn vermutlich fordert, ein geringerer für den Hochton. Die Verstärkerschaltung schwingungsverhindernd stabil zu gestalten, dazu hinreichend breitbandig und rauscharm überlasse ich lieber anderen. Meine früheren Versuchsaufbauten für übliche Passiv-LS waren nicht ohne ungelöste Probleme.
Bei Aktiv-LS hat man andere, Einzelchassis-angepasste Lösungen.
Grüße
Hans-Martin
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Dipolaktiv
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Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo Sebastian

ein hoher Dämpfungsfaktor ist wünschenswert. Wobei ein Wert mehr als um 200 nicht wirklich was hörbar ändert.

Gegenkopplung: Ist ein muss da Röhren wi Transistoren eien sehr nichtlineare Kennlinie haben.
Die Frage ist nur wie die Gegenkopplung gemacht ist. Da gibt es unendlich verschiedene Varianten.

Der Hypex Erfinder (Putzey) hat mal eine sehr detaillierte Abhandlung geschrieben über dieses Thema.

Fazit: Wenn es messtechnisch sehr gut ist, dann ist es gehörmassig ebenfalls sehr gut. Verzerrungen, IM, Transienten, Dämpfungsfaktor etc.

Gute Verstärker heute haben Dämpfungsfaktoren von 1000. Da wird jeder Bass kontolliert, da schwaelt nichts.

Gruss

Peter
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