Virtueller Gegenbass - Er funktioniert!

nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Das Matterhorn-Vorfilter

Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Freunde der gepflegten Anti-Schall-Impulse,

wie bereits angekündigt (oder soll ich sagen angedroht?) habe ich das Matterhorn-Filter ausgetestet und werde nun darüber berichten. Keine Sorge, es ist zwar Arbeit, aber bei mir in meinem Raum hat sich das gelohnt.

Ausgangslage ist eine ziemlich heftige Erhöhung im Bereich um 20 Hz in meinem Frequenzgang.

Bild

Diese Erhöhung erinnert entfernt an die Form des Matterhorn und hat ihre Ursache in einer baulich bedingten Quermode, die ich mit meinem (echten) DBA nachweislich mehr anrege. Nun war die Idee, ein Vorfilter zu generieren, das diese Form möglichst gut nachempfindet. Meine Versuche mit geeigneten IIR Filtern (in Acourate: Generate IIR Filter, Peaking EQ) waren nicht schlecht, führten aber nicht zu optimalen Vorfiltern.

Exkurs: Wann ist ein Vorfilter gut? Ich mache folgendes: ich falte das Vorfilter mit dem Resultat des LogSweep Pulse44L.dbl bzw. Pulse44R.dbl und schaue dann auf die Sprungantwort im Vergleich zur Sprungantwort des Ausgangsmaterials. Wenn die dominierende Resonanz sehr schnell abklingt oder überhaupt nicht vorkommt, war das Vorfilter gut. Ich zeige das weiter unten gleich.

Nun habe ich also mein Matterhorn-Vorfilter generiert, das z.B. für links wie folgt aussieht:

Bild

Wenn ich dieses mit dem ursprünglichen Pulse falte, ist die Sprungantwort in meinen Augen "besser" als bei einem IIR Vergleichsfilter.

Bild

Rot ist der urspüngliche Pulse44L ohne Vorfilter, blau ein IIR Filter gefaltet mit Pulse44L, wie ich ihn bereits verwendet hatte (Generate IIR Filter, Peaking EQ, f0 [Hz]=19.55, Q=1.2, Gain[dB] = 15) und cyan das Matterhorn Filter ebenfalls gefaltet mit Pulse44L. Wenn ich die Sprungantworten vergleiche, sehe ich, dass das Matterhorn-cyan schneller abklingt als das IIR-PeakingEQ-blau.

Um das Matterhorn-Filter zu generieren, habe ich keine Mühen gescheut. Ich will das Kochrezept in bewährter Weise beschreiben. Ich mache das für die Kanäle links und rechts getrennt. (Hintergrund. Was ich hier bekämpfe ist eine Quermode, die durch einen Balkenkonstruktion bedingt wird, die weit über den Hörraum hinausgeht. Insofern ist die Ursache alles andere als symmetrisch zur Hörsituation. Daher unterscheide ich L und R.) Bei der Beschreibung bleibe ich o.B.d.A. beim linken Kanal.

A. Matterhorn-Vorfilter generieren
1. LogSweep erstellen (44,1 kHz)
2. Pluse44L.dbl fenstern, dazu TD-Functions > Frequency dependend Window mit den Einstellungen 15/15 15/15, 1/24 Octave. (Hintergrund: ich möchte das Matterhorn-Filter in seiner Oberfläche etwas geglättet haben um nicht unnötige Zacken / Wendepunkte in die Berechnung eingehen zu lassen. Hier ist aber vielleicht auch noch zu variieren.)
3. Dann beginnt Haralds beschauliche vorweihnachtliche Laubsägestunde (frei nach Loriot, da ging es um Mutters Zimtsterne). Mit Generierung geeigneter IIR Filterstücke und der Funktion FD-Functions > Amplitude SplitNJoin habe ich mir ein Stück von diesem gefensterten Pulse44L.dbl ausgeschnitten und auf eine "glatte" Unterlage aufgepfropft. Ich versuche dabei, nicht differenzierbare Stellen zu vermeiden, also eine möglichst glatte Linienführung zu erzeugen.
4. Das fertige Matterhorn wird durch FD-Functions > Amplitude Inversion (minimal phase) auf den Kopf gestellt. Das Ergebnis habe ich ja weiter oben schon gezeigt.
5. Nach Durchlauf der Schritte 1 bis 4 für den rechten Vorfilter: Abspeichern des Vorfilters mit File > Save Stereo Wav.

B. Raumkorrekturfilter erstellen
1. LogSweep erstellen. Dabei im Feld "Filter 2 Channel" das Vorfilter (als wav) bekannt machen
2. Macro 1 mit FDW 15/10 (oder nach Belieben)
3. Macro 2, 3, 4 nach Belieben. Bei Macro 4 habe ich mich für Excessphase Fensterung von 6/6 entschieden.

C. Raumfilter finalisieren
1. Cor1L44.dbl laden und mit Matterhorn-VorfilterL.dbp falten.
2. TD-Functions Cut and Window anwenden: Length: 65536, Position Count 32768 before Peak, Remove DC und Window (Blackman Optimal) beides nicht aktiviert.
Hintergrund: Das so generierte Raumkorrekturfilter hat nach dieser Faltung eine Länge von 2*65536 = 131072. Das erhöht unnötig den Rechenaufwand, daher Cut and Window.
3. Mit dem Ergebnis Cor1L44.dbl überschreiben. Für Cor1R44.dbl analog.

Hörvergleich

Wieder habe ich AcourateConvolver geladen. Als neue Filterbank (2) den mit dem Matterhorn-Vorfilter erzeugten Raumkorrekturfilter. Filterbänke (1) mit dem hier erstellten Raumfilter (auf Basis des erwähnten IIR Vorfilters) und (3) ein dummy-Filter, das alles unverändert lässt.

Ergebnis: (2) ist nochmals deutlich besser als (1). Die große Trommel bei der Missa Criola ist im Vergleich zu (3) zwar leiser und trockener aber dennoch räumlich sehr schön differenziert und nicht "zu klein" geraten. Die Bühnenstaffelung ist nochmals deutlich genauer als bei (1) und sehr viel genauer als bei (3)

Bei Loussier (Daten s.o.) ist bei (2) der gezupfte Bass jetzt nicht nur - wie schon bei (1) - sauber auf der Bühne lokalisiert, es gibt auch eine deutlich verbesserte Tiefe dieser Bühne (alles zunächst ohne flow und ohne Inversion). Das Anzupf-Verhalten ist wie beim Orgiginal (3) präzise und entbehrt jener Dumpfheit, die ich mich bei den Korrekturen bisher gestört hat.

Meine Begeisterung geht noch weiter. Ich falte viele meiner Stücke, um die Bühne in einer bisher nicht bekannten Tiefe und die räumliche Genauigkeit zu erleben, ohne dass ich nennenswerte Kompromisse im Einschwingverhalten hinnehmen müsste. Wenn ich anfange, alt bekannte Aufnahmen neu zu entdecken, hat sich ein echter Fortschritt in meiner Kette eingestellt. :cheers:

Ausblick:

Es würde mich sehr interessieren, was Ihr von diesem Verfahren haltet.

Ich habe nur einen Peak in meinem Frequenzgang damit korrigiert. Ganz bewusst, weil ich zu wissen glaube, was die bauliche Ursache dafür ist und weil ich mich sonst eigentlich durch kein größeres Gebirge mehr graben müsste.

Im nächsten Schritt werde ich dieses Ergebnis mit dem S-Weichen-Vorfilter kombinieren. Mal sehen, ob ich jetzt einen Unterschied zur S-Weiche der AGM ohne Filter hören kann.

Beste Grüße
Harald

P.S. Herzlichen Dank Uli, für Deinen telefonischen Support!
Bild
Fujak
Moderator
Beiträge: 5752
Registriert: 05.05.2009, 21:00
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Fujak »

Hallo Harald,

das ist ja wirklich Laubsägearbeit vom Feinsten, wie Du das Matterhorn liebevoll nachmodelliert hast. :D Ich wusste gar nicht, dass das geht, Kurven quasi Freihand zu zeichnen; Split'nJoin sei Dank.
Und wenn es dann auch noch so klingt, wie es aussieht, umso besser.

Ich möchte dennoch ein bißchen Sand ins Getriebe streuen, eine Art Ketzterei, die ich bereits in einem früheren Beitrag erwähnt aber erst heute systematisch ausprobiert habe. Und ich würde mich freuen, wenn Du sie als Alternative gegentesten würdest. Es geht um folgendes:

Die ganze Arbeit, die wir uns mit den IIR-Filtern machen (womöglich sogar mit dem Advanced-Level einer Split'nJoin-Laubsägearbeit) könnte man sich möglicherweise sparen, wenn man den normalen ohne Vorfilter gemessenen Pulse44L.dbl und Pulse44R.dbl (Samplingrate kann natürlich auch eine andere sein) im Makro 1 statt mit der standardmäßigen Option "Psychoacoustic" mit der Option "Sliding 1/12-octave analysis" durchführt (Fensterung 30/15).

Das ist zwar etwas gröber als Deine 1/24-octave-Glättung, aber der Effekt ist ein ähnlicher: Die Glättung legt sich viel genauer um die Originalkurve als die "psychoakustische" Glättung. Die damit erstellten Filter bringen ein derart exaktes Korrekturergebnis im Bassbereich des FG und in der Sprungantwort, dass ich es händisch mit den IIR-Filtern auch nicht besser hinbringen würde.

Im anschließenden Hörtest habe ich keinen Unterschied im Bassbereich wahrnehmen können, der mir nahelegen würde, weiterhin die IIR-Methode zu verwenden. Das einzige, was noch offen ist: Diese Vorgehensweise führt nicht nur auf den Bassbereich beschränkt zu einer genaueren Amplituden-Korrektur sondern auch im gesamten FG. Deshalb habe ich eine Fensterung von 30/15 eingesetzt, die man ggf. noch weiter fein justieren und optimieren könnte.

Lieber Harald, könntest Du das mal ausprobieren und im Hörvergleich mit Deinen "Laubsäge-Filtern" testen? Das wäre prima.

Grüße
Fujak
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Fujak,
Fujak hat geschrieben:Lieber Harald, könntest Du das mal ausprobieren und im Hörvergleich mit Deinen "Laubsäge-Filtern" testen? Das wäre prima.
Nach den Modellbauarbeiten von heute, war es einfach ein mit sliding analysis gefenstertes Vergleichsfilter zu machen. Ich habe denselben LogSweep zugrunde gelegt wie schon bei dem Vergleichsfilter von vor zwei Tagen. Verwendet habe ich in Macro 1 die Sliding 1/12-octave analysis mit FDW 30/15 und bin an sonsten so vorgegangen wie bei allen anderen Filtern auch. In Macro 4 bin ich beim Excessphase window mit 6/6 vorgegangen und konnte Pre-ringing vermeiden (Pre-ringing compensation 0/0; Gegencheck mit Macro 5).

Spätestens bei Macro 2 (Target Design) fiel mir allerdings auf, dass diese Art der Fensterung dicke Löcher in den Frequenzgang erzeugt bzw. offenlegt. Das dickste Loch habe ich dann auch beim Target Design ignoriert, sonst hätte mein Korrekturfilter eine Abschwächung von < -20 dB gehabt.

Dieses "Vergleichsfilter sliding" (S) habe ich verglichen mit dem zuletzt besprochenen Filter (M) (generiert auf der Grundlage des Matterhorn-Vorfilters). Ich habe - um die Feinheiten sicher herauszuhören, AcourateNAS bemüht und den Vergleich mit dem Linn-Streamer durchgeführt.

Ergebnis: (S) ist erstaunlich gut im Bass. Die Trommel bei der Missa Criola ist erstaunlich realistisch. Das ist sehr viel besser als bei Anwendung des Psychoacoustic Verfahrens in Macro 1. Auch das Einschwingverhalten ist prima. (S) und (M) sind gleichermaßen gut in dieser Beziehung. Allerdings höre ich bei (M) einen substanziellen Vorteil in der Bühnentiefe und der Körperhaftigkeit der einzelnen Schallquellen. Die Akteure bei Missa Criola sind fein räumlich gestaffelt, der gezupfte Kontrabass steht frei im Raum. Bei (S) ist das eher flächig und wenig körperhaft. Also es ist ein deutlicher Unterschied, nichts wo ich mir hätte "die Ohren brechen" müssen.

Aber ein interessantes Ergebnis. Ich will das weiter beobachten und bei der Filtererstellung mit der sliding analysis experimentieren. Beide Optionen sind ja auf Knopfdruck verfügbar.

Für meine Raumsituation bleibe ich ab sofort beim Matterhorn Vorfilter. Gerade höre ich alte Aufnahmen (Bruno Walter, Beethoven und Mahler), von denen ich nicht gedacht hätte, dass noch einmal etwas herauszuholen wäre.

Gruß
Harald
Bild
freezebox
Aktiver Hörer
Beiträge: 576
Registriert: 08.07.2011, 11:42
Wohnort: München

Beitrag von freezebox »

Hallo,

Da scheint meine Vermutung
freezebox hat geschrieben:Und ist der Knackpunkt des Ganzen Themas hier denn nicht die Fensterung? Wenn ich ein ungefenstertes Messergebnis mit IIR-Filtern bearbeite bekomme ich anscheinend ein besseres Ergebnis als mit der Überalles-Korrektur mit FIR-Filtern allein. Würde man nicht mit einem höheren Wert für die Fensterung im TT-Bereich im Makro 1 ein ebenso gutes Ergebnis erzielen können? ...
nicht so verkehrt gewesen zu sein - zumindest mit einer geeigneten Glättung zusammen. Vielleicht kann Uli an dieser Stelle noch was zu den Unterschieden zw. psychoakustischer- und der slide - Glättung sagen?
Leider komme ich vor Weihnachten nicht mehr dazu Messungen zu machen, aber ich bleib zumindest online am Ball und bin sehr gespannt, was für Erkenntnisse hier noch gewonnen werden! Ist echt spannend!

Grüße,
Jörn
Bild
freezebox
Aktiver Hörer
Beiträge: 576
Registriert: 08.07.2011, 11:42
Wohnort: München

Beitrag von freezebox »

Hallo Fujak,

Noch eine Frage zu Deiner zuletzt beschriebenen Methode
Fujak hat geschrieben:Im anschließenden Hörtest habe ich keinen Unterschied im Bassbereich wahrnehmen können, der mir nahelegen würde, weiterhin die IIR-Methode zu verwenden.
Vergleichst Du hier mit den IIR Vorfiltern, die Du bei der Aufnahme schon im Logsweep eingespielt hattest oder mit denen. die Du über den normal aufgenommenen Puls erst im Anschluss gefaltet und dann weiterbearbeitet hast?

Grüße,
Jörn
Bild
uli.brueggemann
Aktiver Hersteller
Beiträge: 4658
Registriert: 23.03.2009, 15:58
Wohnort: 33649
Kontaktdaten:

Beitrag von uli.brueggemann »

freezebox hat geschrieben:Vielleicht kann Uli an dieser Stelle noch was zu den Unterschieden zw. psychoakustischer- und der slide - Glättung sagen?
Mmh, nein, kann ich nicht. Ich kann mich nicht mehr erinnern ... :mrgreen:

Was wohl derzeit hier tobt und hin- und herwogt sind vermeintliche Erkenntnisse darüber, dass sich noch das eine oder andere Quentchen aus einem Minenfeld von Kompromissen herausschälen lässt. Ich warte noch darauf, dass jemand z.B. schreibt, dass er mit SplitNJoin aus Slide-Glättung und psychoakustischer Glättung eine Kurve baut, die eine noch viel bessere Korrektur ergibt. Er wäre übrigens nicht der Erfinder, es hat schon jemanden gegeben ...

Allora, wir können nicht 100% korrigieren. Und wenn, dann wäre es nur für den augenblicklichen Ort gültig. Daneben könnte es schädlich sein. Ist doch klar, oder nicht? Es sind also Kompromisse einzugehen und wen wundert es dann, wenn er durch eine etwas andere Methode etwas näher am Optimum zu sein meint? Man muss aber aufpassen, dass man nicht vorne etwas aufbaut und dafür etwas mit dem Hintern umwirft.

Beispiel Oktavanalyse: wie leicht herauszufinden ist, zeigen sich im geglätteten Frequenzgang tiefere Löcher als bei der Psychoakustik. Die Oktavanalyse macht quasi eine Mittelwertsbildung über dem Frequenzgang, welcher seinerseits einen eingeschwungenen Zustand darstellt. Musik ist aber kein eingeschwungener Zustand! Und nun werden die tiefen Löcher der Oktavanalyse durch eine große Verstärkung korrigiert. Was prima klingen kann, vielfach aber zuviel ist. In der Realität haben die Schallwellen beim Einschwingen eine größere Amplitude als das, was der Frequenzgang anzeigt. Was durch zuviel Verstärkung eben insgesamt zuviel werden kann.

Es können sich dann auch nette Effekte ergeben (übrigens durch eigene Erfahrungen untermauert :D ): man sitzt am Hörplatz und lauscht genussvoll der optimalen Musikwiedergabe. Und die bessere Hälfte kommt ins Wohnzimmer und beklagt sich, dass es im ganzen Haus rummst und wummert. Um das zu vermeiden, setzen übrigens Wettbewerber auf weitere Mittelwertsberechnungen, indem sie an mehreren Orten im Raum messen und dann wiederum die Frequenzgänge (der eingeschwungenen Zustände) zusammenmischen. Was hat aber der Messort rechts hinten in der Kaminecke mit der optimalen Wiedergabe an meinem favorisierten Hörplatz zu tun?

Fazit des Ganzen: Ihr könnt nun eine Korrektur zusammenbauen wie Ihr mögt. Acourate erlaubt genau dieses ja auch, die Macros sind nicht bindend verpflichtend. Und wenn sich dabei eine bisher nie gehörte Verbesserung ergibt, dann herzlichen Glückwunsch. Aber bitte nicht verallgemeinern!

Und wenn dann letztendlich durch ein gefundenes geändertes Korrekturverfahren, bestätigt durch mehrere Anwender im gegenseitigen Austausch, eine robuste Verbesserung erzielt wird, bau ich das gerne in ein neues Makro ein (ich habe die Weisheit nicht für mich gepachtet und es soll ja auch Schwarmintelligenz geben :mrgreen: ).

Vision Weihnachten 2012: richtige Männer brauchen keine Modelleisenbahn, sie spielen und experimentieren mit Acourate. Vergesst dabei aber nicht das Musikhören! :cheers:

Grüsse
Uli
Bild
Jahresprogramm
Aktiver Hörer
Beiträge: 510
Registriert: 10.02.2012, 21:54
Wohnort: 88...

Beitrag von Jahresprogramm »

Hallo Fujak, hallo Harald,

angespornt vor Euren weiteren Versuchen, habe ich auch weiter experimentiert und bin bei den wilden Theorien, welche Uli erwähnt hat, gelandet. Ohne von der hier aufgestellten Theorie abzuweichen, bleibe ich bei den Vorfiltern und treibe das ganze mal an die Spitze. Somit habe ich ein paar Vorfilter für Links und Rechts generiert, welche einfach Überhöhungen eins bestimmten dB-Wertes zwischen 0-180Hz abschneiden.

So schaut dann das Ganze aus:

Bild

Raumpuls in rot, das Vorfilter in braun, und das Ergebnis in grün

Bei Verwendung des Filters haben wir ja folgende Vorteile festgestellt:

1. Wir können mit höheren Pegeln aufnehmen. Damit haben wir eine bessere Auflösung. In Extremfällen (so wie bei mir) ist der Vorteil doch gewichtig.
2. Wir habe alle bei Verwendung der Vorfilter (VBA, Tiefpass-VGB und Bandpass-VGB) Vorteile im Bass-Bereich gehört. Bevor wir aber die Ursache für die vorteilhafte Wiedergabe suchen, sollten wir uns über die Wirkung des Vorfilters im klaren sein. Für mich mach das Vorfilter nichts anderes, als die gefilterten Bereiche aus der FDW- und der Psyhoakustischen-Behandlung des Macros 1 auszuklammern. D.h. im Umkehrschluss, würden wir die FDW-Werte im Macro1 in die Höhe treiben, würden wir irgend wann auch bei gleicher Filterwirkung wie mit den Vorfiltern landen. Das hat hier ja Jörn schon richtig angemerkt. Die Psychoakustische-Behandlung würde ich an dieser Stelle aber weiterhin behalten wollen.

Eines darf man nun nicht vergessen, dass Uli das FDW einsetzt, um das Filtern nicht zu sehr Ortsabhängig geraten zu lassen. Wir können und wollen den "Durchmesser" des Sweetspots mit dem FDW einstellen. Und schon sind wir beim Nachteil des oben gezeigten Filters gelandet. Das ist die extreme Ortsabhängigkeit. Ich werde beim Messen mit diesem Vorfilter auf jeden Fall keine solch schöne Gerade im den gefilterten Bereichen erhalten. Falls die unter Anwendung dieses Vorfilters erstellen Filter meiem Gehör nach nicht zu sehr an einen kleinen Sweepspot gebunden sind (was ich mir eigentlich gut vorstellen kann) könnte man sich weitere Gedanken machen. Z.B.: Einführung einer einstellbaren Untergrenze für das FDW im Macro 1. Es soll z.B. ab 150 Hz (ab da, wo die Wellenlängen nicht mehr in den Raum passen...) nicht mehr gefenstert werden, sondern ein einfaches "Sliding mit z.B.1/12-octave analysis" angewandt werden. Ich könnte mir auch vorstellen, das diese Option und weitere Optionen (z.B. das Macro 0), welche mit Vorfiltern verbunden sind, nur im eingeschalteten Expreten-Modus sichtbar sind...

Die wichtige Frage für mich ist nun: Wie Ortsabhängig sind unsere "Matterhorn-Vorfilter"? Falls die Vorfilter bei uns allen im ganzen Raum vorteilhaft sind, könnte es tatsächlich Sinn machen die Untergrenze für das FDW im Macro 1 einzuführen.

Und mal wieder bitte ich um Korrektur, falls ich auf dem Holzweg bin.

Grüße
Alex

PS: "Matterhorn-Vorfilter" ist doch ein schöner Name für das Kind :D

PPS: Uli, unsere Beiträge haben sich überschnitten und Du hast nicht lange warten müssen ... :D
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo zusammen,
Jahresprogramm hat geschrieben:Die wichtige Frage für mich ist nun: Wie Ortsabhängig sind unsere "Matterhorn-Vorfilter"?
Falls die Vorfilter bei uns allen im ganzen Raum vorteilhaft sind, könnte es tatsächlich Sinn machen die Untergrenze für das FDW im Macro 1 einzuführen.
Erstaunlicherweise ist das Raumfilter, das ich mit dem Matterhorn-Vorfilter erstellt habe nicht besonders ortsabhängig. Verallgemeinern kann ich das im Augenblick nicht, denn ich spreche immer nur von meinem Raum und der speziellen Quermode. Ich habe allerdings eine substanzielle Verbesserung. Das ist real bei mir und dieser Sache will ich weiter nachgehen.

Nun wird es leider etwas vertrackt. Denn es ist für mich schwierig zu entscheiden, woran das liegen könnte und welche Stellschrauben es genau sind, die das bewirken. Ein Beispiel: Bei meinen Experimenten habe ich ein mal ein ähnliches Matterhorn-Filter gebaut, bei dem ich mit Phase Extraction die Spitze hart herausgeschnitten habe. Es entstehen dann nicht differenzierbare Punkte / "Ecken".

Bild

Mit einem solchen Vorfilter habe ich deutlich schlechtere Resutate erziehlt, als mit einem einfachen IIR (Generate IIR Peaking EQ). Wenn ich dagegen das Vorfilter auf eine geglättete Unterlage aufsetze (mit Amplitude SplitNJoin) wird das resultierende Raumfilter um Klassen besser. Es muss damit zu tun haben, dass das Zeitverhalten an der Ecke ungünstig ist (Fourier-Transformation setzt stetige Differenzierbarkeit voraus, diskrete Verfahren hin oder her). Habt Ihr eine andere / genauere Erklärung dafür?

Insofern, lieber Uli, greift Dein Statement
uli.brueggemann hat geschrieben:Fazit des Ganzen: Ihr könnt nun eine Korrektur zusammenbauen wie Ihr mögt. Acourate erlaubt genau dieses ja auch, die Macros sind nicht bindend verpflichtend. Und wenn sich dabei eine bisher nie gehörte Verbesserung ergibt, dann herzlichen Glückwunsch. Aber bitte nicht verallgemeinern !
m.E. etwas zu kurz. Wir haben hier in diesem Thread - wohl dokumentiert - gemeinsam etwas entwickelt, was eine deutliche Verbesserung brigen kann. Nachweislich. Es reicht aber nicht, an den Knöpfchen zu spielen, sondern wir müssen die Zusammenhänge verstehen. Da trage ich bei Dir, Uli, ja eigentlich Eulen nach Athen, denn Du hast die Zusammenhänge aufgezeigt und erklärt.

Dass man das alles nicht blind verallgemeinern sollte, ist uns sicher allen klar. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man einen Anti-Schall-Impuls nur dann einsetzen sollte, wenn man auch das reale akustische Analogon als vorteilhaft ansieht.*)

Beispiel: ein virtueller DBA (im engeren Sinn jetzt gemeint) ist in einer Raumsituation nur dann wirkungsvoll, wenn man sich auch einen echten DBA im Hörraum als vorteilhaft vorstellen kann. Denn ein solcher DBA kann die Wirkuing axiale Moden in Hörrichtung zwar nachhaltig abschwächen, erzeugt aber gleichzeitig z.B. eine Verstärkung der axialen Moden quer zur Hörrichtung. Das ist ein Kompromiss, den man nur eingehen möchte, wenn die Hautpwirkung eine substanzielle Verbesserung bringt und wenn die Nebenwirkungen tolerabel oder zumindest anderweitig kompensierbar sind.

Was ich damit sagen will:
  1. Wenn wir - wie hier beim Anti-Schall-Impuls - Zusammenhänge verstehen wollen, müssen wir auf einem abstrakten Level bleiben und weiter nach allgemeingültigen Wirkprinzipien suchen.
  2. Bei der Anwendung müssen uns - auf dieser Basis - immer klar machen, an welcher Schraube wir für welche Hörsituation gezielt drehen wollen.
Beste Grüße
Harald

*) Das habt Ihr bisher so hingenommen, aber gibt es wirklich immer ein solches Analogon?
Bild
uli.brueggemann
Aktiver Hersteller
Beiträge: 4658
Registriert: 23.03.2009, 15:58
Wohnort: 33649
Kontaktdaten:

Beitrag von uli.brueggemann »

Harald,

schick doch mal Dein Beispiel mit den Ecken durch ein FDW. Anschliessend kannst Du die Kurven vergleichen, sowohl im Zeitverhalten als auch im Frequenzgang.

Im übrigen bewegst Du Dich mit dem Modell deutlich vom einfachen VBA weg, welches einmal aus einer simplen wiederkehrenden Reflektion mit reiner Abschwächung abgeleitet wurde.

IMHO besteht übrigens der Trick sinnvollerweise vor allem darin, nur Peaks seitens der Vorfilterung abzusenken, wie von Dir oder Alex aufgezeigt.

Grüsse
Uli
Bild
Jahresprogramm
Aktiver Hörer
Beiträge: 510
Registriert: 10.02.2012, 21:54
Wohnort: 88...

Beitrag von Jahresprogramm »

Hallo Uli, hallo Harald,

ich bin noch der Meinung, dass wir nur deshalb so gute Resultate mit den Vorfiltern erzielen, weil das Ausschwingverhalten des Bandpass Filters so gut zum Ausschwingverhalten unserer Raummoden passt. Ist damit die Frage der Stabilität geklärt? Ich denke ja. Das Thema Ortsunabhängigkeit sehe ich auch eher gelassen. Wir haben ja ab einer gewissen Frequenz keine Unterscheidung zwischen Direkt und Diffus-Schall. M.E.n. wirken somit die Filter unterhalb dieser Frequenzen im gesamten Raum. Es wurde ja schon des Öfteren beobachtet, dass es durch unsere Acourate-Filter im gesamten Raum weniger wummert.

Warum also das Ausschwingen der Moden nicht direkt ohne FDW korrigieren? Lassen wir die Psychoakustische-Behandlung drin, vermeiden wir im im Vorfeld das Anheben mit den Filtern, wird sich die bessere Hälfte auch nicht beklagen :wink:

Das was ich schreibe, beruft sich natürlich nur auf meinen Erfahrungen und soll bitte nicht allgemein gewertet werden. Und schon gar nicht allgemein, weil mir die Grundlagen größtenteils fehlen...

Grüße
Alex
Bild
Jahresprogramm
Aktiver Hörer
Beiträge: 510
Registriert: 10.02.2012, 21:54
Wohnort: 88...

Beitrag von Jahresprogramm »

Hallo,

z.Z. recherchiere ich bezüglich DBA. Dabei bin ich auf ein interessantes Forum: "casakustik" gestoßen.
Falls es jemand noch nicht kennt, ist der Thread "Raummoden: minimalphasig und mit PEQ korrigierbar - oder nicht???" in Bezug auf unser Thema mit dem Virtuellen Gegenbass oder PEQ für die Modenbekämpfung sehr interessant.

Die Tatsache (die für mich überraschend war), dass die Moden zumindest unterer Ordnung (1. o. 2. Ordnung) sich minimalphasig oder ähnlich verhalten, ist wohl im Profikreis ein alter Hut.

Bezüglich Acourate ist es sehr sinnvoll, diese minimalphasigen Anteile vor der Fensterung im Macro 1 herauszurechnen oder gar bei der Messung zu berücksichtigen. Da der minimalphasige Anteil über unser PEQ mit Güte und Gain hinreichend genau abgebildet wird, macht es mEn wenig Sinn Filter à la Matterhorn zu verwenden.

Ich hoffe, dass es nicht zu sehr OT ist, denn wir sind ja tatsächlich vom Grundgedanken des virtuellen Gegenbasses weit weg gedriftet.

Grüße
Alex
Bild
meroVinger-audio
Aktiver Hersteller
Beiträge: 563
Registriert: 29.05.2012, 09:22
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitrag von meroVinger-audio »

Guten Tag zusammen,

ich habe zunächst ein paar Beichten abzulegen.. ich habe das Thema nur überflogen und bin insofern die klassische nervige Themen-Aufwärm-Uschi, die man so aus den Foren kennt.

Dennoch kam mir zu dem Thema der Gedanke den zweiten Eingang unserer Endstufen evtl. einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und in meiner vereinfachten Welt des virtuellen Gegenbasses würde diese bedeuten, dass der Tiefton-/Subwooferausgang des DSP mit dem zweiten Eingang verbunden wird. Der zweite Eingang könnte dann um die Laufzeit von Lautsprecher zu Wand zu Lautsprecher verzögert und invertiert werden und zum Tiefton hinzugemischt werden ...

Entspricht das in etwa der ursprünglichen Versuchsanordnung? Wir werden das mal testen ... und bis dahin hab ich auch das Thema durchgelesen, schätze ich ... zumindest die Stellen, die ich verstehe :cheers:

Danke für den Input jedenfalls ... ein spannendes Thema und möglicherweise durchaus machbar.

Viele Grüße

Peter
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Uschi, aufgepasst und mitgedacht :cheers:

Das sieht nach einer Lösung aus. die mit vielen Surround-Receivern umgesetzt werden kann, sofern Audioausgänge vorhanden sind und manuelle Einstellung der Verzögerung, und natürlich ei Bassmanagement für Stereo, das die Hauptlautsprecher Vollbereich und den Subwoofer ebenfalls deren Bassanteil übertragen lässt. In Surroundanwendung scheint mir das von den Herstellern schon fast ausgeschlossen, dass L/R Bässe auf den Sub/LFE gegeben werden und umgekehrt gleichzeitig der LFE-Kanal auf L und R.

Ich würde allerdings am Endstufeneingang die ankommenden Signale mit 10k Widerständen entkoppeln, um zu verhindern, dass der Sub Out mit seiner Gegenkopplung und niedrigem Ausgangswiderstand all die fremden Signale auf dem L/R dämpft, abgesehen davon, dass ein Mono-Ausgang auf einen Stereoeingang geschaltet beide Kanäle hintenrum auf Mono gleichzieht.

Man darf davon ausgehen, dass bei der Endstufe die Eingänge ohne verlustbehaftete Mischeinrichtung beschaltet sind, 4 Eingangspegelsteller wären allerdings ungewohnlich, wenn auch eine bequeme Lösung.
So denke ich, dass dieser Geistesblitz an der Praxis der Geräte scheitert (fehlende Optionen im Bassmanagement), und wenn es ginge, bliebe die Frage, wie man das Subwoofersignal invertiert und was mit dem Signal phasenmäßig bei seiner Grenzfrequenz, Transit- und Sperrbereich geschieht, ohne Verfärbungen und Dips zu verursachen.

Grüße Hans-Martin
Bild
meroVinger-audio
Aktiver Hersteller
Beiträge: 563
Registriert: 29.05.2012, 09:22
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitrag von meroVinger-audio »

Gott sei Dank sind wir der Hersteller ...

Die Endstufen sind 2IN/3OUT DSP Monoendstufen ... der Tieftonkanal würde somit auf den freien 2. Input laufen, der stufenlos zu jedem Ausgangskanal "hinzugemischt" werden kann. Auf dem Eingang liegen 10 EQs, die frei wählbar sind ... insofern sollte man hier genug einstellen können.

Weit mehr Sorge bereitet mir das vagabundierende Signal, das praktisch dann ja wieder und wieder zum Ausgangssignal gemischt wird -> also die Schleife zwischen DSP-Out und Input2 ...

Wir werden das mal testen ... mehr als pfeifen oder schlecht klingen kann es nicht. :cheers:

Viele Grüße

Peter
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Peter,

ganz habe ich das von Dir geplante Setup nicht verstanden. Daher möchte ich hier kurz zusammenfassen, worauf es beim virtuellen Gegenbass in einer Stereo-Anordnung ankommt:
  • Die Anordnung der Bass-Chassis im Raum (Lautsprechergeometrie) sollte so sein, dass sich in guter Näherung ein Array ergibt (z.B. 4 Bass-Chassis). Durch diese Geometrie und die Aufstellung der Lautsprecher im Raum ergibt sich eine Grenzfrequenz f bis zu der hin der Gegenbass sinnvoll arbeitetet (f = c / 2d, wobei d der Abstand zwischen den Bass-Chassis ist und c die Schallgeschwindigkeit; nachzulesen z.B. hier).
  • Der Tieftonzweig (sinnvoll nur, wenn das Signal nicht über die o.g. Grenzfrequenz geht) wird hinter der Frequenzweiche abgezweigt, invertiert und leicht abgeschwächt.
  • Verzögerung des Signals um diejenige Zeitdauer, die der Schall braucht, um 2 mal die Raumlänge in Hörrichtung zu passieren.
  • Das resultierende Signal wird direkt derjenigen Endstufe zugeführt, die ausschließlich für den Tieftonzweig verantwortlich ist. Dies muss jedoch zwingend hinter der Tieftonabzweigung passieren, denn sonst handelt man sich eine Rückkopplung ein.
  • Der virtuelle Bass-Array „rastet“ ein, wenn man die Fundamentalresonanz (bezogen auf die Hörrichtung) ohne unnatürliches Dröhnen abspielen kann.
Viel Erfolg bei den Experimenten damit!

Beste Grüße
Harald
Bild
Antworten