Zum Zeitabgleich der Chassis bei aktiven Mehrwegesystemen

chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

schoko-sylt hat geschrieben: 09.02.2022, 22:40 Hast Du denn mal die Phase desselben Chassis einmal linearisiert und einmal unlinearisiert verglichen? Kannst Du ggf. mal einen Screenshot im Vergleich einstellen?
Hallo Holger,

hier die Vergleichsmessung aus der man gut die unterschiedliche Phase erkennen kann.

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Und hier noch ein Bild, wo zusätzlich noch in die Weiche die Linearisierung eingearbeitet ist:

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Grüße

Christian
chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Holger

Und hier noch Linearisiert, dann mit Weiche gefaltet, dann Allpass aus linearisiertem Chassis eingearbeitet:

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Ich denke, das Vorgehen ist richtig... aber wie das halt manchmal so ist mit dem Denken.... ;)

Viele Grüße

Christian
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hallo Christian,

der Linearisierungsansatz ist schon richtig. Die minimalphasige Linearisierung korrigiert ja die minimalphasige Nichtlinearität (eigentlich ist das Wort hier falsch, gemeint ist ja der nicht lineare Frequenzgang eines an und für sich linearen Systems), die ihrerseits die Phase verbiegt. Und tatsächlich geht es um den verbleibenden Anteil, was Du ja mit den Bildern schön dargestellt hast.

Dass wir (Holger und ich) aber nun nicht einen extra Schritt zur Linearisierung gemacht haben liegt daran, dass sich die Chassis bei uns ja schon prima linear verhalten. Der 10 dB-Buckel in der grünen Kurve (siehe viewtopic.php?p=215588#p215588) ist ja schon sehr deutlich "nicht-linear".

Grüsse
Uli
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

uli.brueggemann hat geschrieben: 10.02.2022, 08:48 Dass wir (Holger und ich) aber nun nicht einen extra Schritt zur Linearisierung gemacht haben liegt daran, dass sich die Chassis bei uns ja schon prima linear verhalten. Der 10 dB-Buckel in der grünen Kurve (siehe viewtopic.php?p=215588#p215588) ist ja schon sehr deutlich "nicht-linear".
Hallo Uli

Vielen Dank für Dein Feedback... Manchmal meine ich, wenn ich ein Horn am Kopf hätte, würdest Du den Groschen der fällt bis Bielefeld hören ;)

Was die Linearität angeht: Ja, der Buckel ist nicht sonderlich schön... das System misst sich auf Entfernung aber wieder deutlich besser, als im Nahbereich... vielleicht, wegen der vielen Chassis und der weiten Anordnung.

Von daher, stellt sich wieder die frage wie und wo linearisiert man am besten... Die gleiche frage stellt sich ja zu meinem Dipol Bass ;)

Deswegen ja die Idee, ob ich hier evtl. mit Beamforming besser zurande kommen... werde ich auch noch einmal parallel versuchen ;)

Viele Grüße und danke für diese tolle Spielwiese.

Und ich ssoooo gespannt auf die neue geniale Align funktion, die Du Nachmittags baust..... :cheers:

Christian
chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Uli

Hier mal Messungen in verschiedenen Entfernungen.

Hals, Mund, 2m, 4m, 6m.

Je näher dran, desto stärker fällt es zu den Höhen ab. Kann es sein, dass das durch die Bündelung kommt?

Also je weiter weg, desto weniger Energie im Tiefton , weil mein Horn unten eben nicht so stark richtet?

Jau... linear ist anders... aber sehen wir das mal positiv: ich kann den Bass stark zurück nehmen, was mir die kleinen Chassis sicher danken ;)

Was man sieht: mit steigender Entfernung wird der Frequenzgang etwas glatter... und der Phasenverlauf etwas sanfter. Was mir auffällt ist: Im Nahbereich dreht die Phase bis zu 50° über null hinweg, je weiter ich entfernt bin, um so weniger.

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Viele Grüße

Christian

PS: ja... das Horn ist sicher entfernt von perfekt... aber es ist das erste, was ich komplett selber entwickelt und gebaut habe ;)

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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hi Chris!

Ah dieses Dilemma ist mir vertraut.
Du hast Recht, der Frequenzgang nah erfasst ermöglicht dir eine saubere Phasenkorrektur. Welcher aber mit dem Hörplatzfrequenzgang garnichts mehr zu tun hat. Folglich auch nicht mit dessen Phase. Genau das war damals Anlass des Beamforming Themas. Wenngleich das Thema dieses Problem auch nicht gelöst hat. Gleiches Dilemma entsteht mit allen Systemen welche auf Abstand stark den Frequenzgang ändern. Wie auch Dipole. Oder halt Setups welche auf großen Abstand gehört werden.

Aber sei nicht betrübt, das muss kein Nachteil sein. In meinen Versuchen war ein sehr stark richtendes System wie 75cm Horn im Mittelton, nah betrieben so ca 3 Meter Hörabstand mustergültig in den Messergebnissen, und in Windeseile perfekt abgestimmt. Aber klingen wollte es garnicht. Wahrscheinlich weil der Diffusschall nicht linear war.


Ich würde dir folgendes Vorschlagen:
- Nahfeld Frequenzgang linearisieren
- Nahfeld Phase linearisieren
- Hörplatz Messung mit 4-5 Beamformings in alle 3 Dimensionen um den Kopf herum varriierend: darauf noch einmal eine Frequenzgang-Linearisierung, aber mit etwas mehr Glättung: FDW12 oder gar 6, je nachdem wie wild es aussieht.

Dieser Vorgang hat folgenden Vorteil:
Die Nahfeld Korrektur stellt sicher dass der Treiber eine lineare Phase hat, WENN der Frequenzgang auch linear ist.

Im Fernfeld verändert sich nun der Frequenzgang.
Begrenzungsflächen-Verstärkung, Richtwirkung, etc schleicht sich ein und die Kurve kippt. Diese Veränderungen sind jedoch zum Glück weitgehend Minimalphasig - und hier liegt der Clou.
Am Hörplatz nochmal Frequenzgang nach-linearisiert passt dann nämlich die Phase auch wieder. Wir kippen wieder zurück.

Natürlich nicht ganz 100%, da wir wegen Raum etwas geglätteter und grober nachlinearisieren, und sich manchmal auch kleine Nicht-Minphasige Buckel einschleichen. Aber das scheint mir eine gute Annäherung.

Gruß
Josh


PS:
Warum übrigens 4 Messungen? Das ist nach guter Beamforming Erfahrung das Pareto. Um den Kopf in Höhe Breite Tiefe variierend, nur deshalb weil man so die Kopfbewegungen etwas egalisiert bzw. ausmittelt.
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Matty
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Beitrag von Matty »

Hornguru hat geschrieben: 11.02.2022, 09:14 [...] Wie auch Dipole. [...]
Hi Josh,

oh ja, da kann ich ein Lied von singen. Bei all den tollen Innovationen, die Uli in letzter Zeit vorgestellt hatte, habe ich gemerkt, dass es bei meinen Dipolen immer etwas schwieriger erscheint, diese erfolgreich anzuwenden.


Bezüglich Linearisierung der Phase Nahfeld vs. Hörplatz.
Bei Deiner Vorgehensweise würde ich grundsätzlich mitgehen.

Ich glaube es ist sehr wichtig, dass die einzelnen Treiber erstmal besonders im Übergangsbereich sauber auf einander abgestimmt sind, ohne die Raumeinflüsse zu berücksichtigen. Vor allen Dingen sollte man sich hier nicht nur den Frequenzgang auf Achse (0°) anschauen, sondern ebenfalls unter Winkeln. Oftmals schaut das, was bei 0° noch toll und glatt ausschaut, unter Winkeln ziemlich mies aus und sorgt für starke Einbrüche und damit eine schlechten Directivity, was sich klanglich bemerkbar macht. Wohl, weil unter Winkeln die Phase sich dann nicht mehr sauber addiert.

Inwiefern das bei Hörnern mit den vergleichsweise großen Abständen zwischen den akustischen Zentren umsetzbar ist - keine Ahnung. Würde mich aber sehr interessieren :-)

Viele Grüße
Matthias
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hornguru hat geschrieben: 11.02.2022, 09:14
PS:
Warum übrigens 4 Messungen? Das ist nach guter Beamforming Erfahrung das Pareto. Um den Kopf in Höhe Breite Tiefe variierend, nur deshalb weil man so die Kopfbewegungen etwas egalisiert bzw. ausmittelt.
Hallo Josh

Vienel Dank, für das aufürliche Feedback. So auf die schnelle entspricht das meinen Ideen ;)

die Messungen an den weit auseinanderliegenden Positionen waren nicht als Beamforming gedacht, sondern sollten nur zeigen, wie unterschiedlich die Frequenzgänge sind um einer Klärung näher zu kommen, wie man bei solchen "Sonderbauten" wie Dipol und Array sinnigerweise ran geht ;)

Ich werde also fröhlich weiter testen ;)

Viele Grüße

Christian
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Matty hat geschrieben: 11.02.2022, 11:38 Wohl, weil unter Winkeln die Phase sich dann nicht mehr sauber addiert.
Hier liegt generell ein prinzipielles Problem vor. Auf Achse sind die Schallwege im Prinzip gleich (evtl. unter Zuhilfenahme von Delays). Daher passen dann auch die Phasenadditionen (so aufeinander abgestimmt). Bei Winkelabweichungen ändern sich die Schallwege und dies im Nahbereich auch drastischer. Insofern passt dann die Addition nicht mehr. Das Ganze ist auch unter dem Stichwort Lobing bekannt.
Matty hat geschrieben: 11.02.2022, 11:38 Inwiefern das bei Hörnern mit den vergleichsweise großen Abständen zwischen den akustischen Zentren umsetzbar ist - keine Ahnung. Würde mich aber sehr interessieren :-)
Siehe den allerersten Beitrag viewtopic.php?p=214640#p214640 in diesem Thread, insbesondere das Bild
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Also, ich sitze üblicherweise beim Hören nicht nahe bei einem Chassis unter einen xyz-Winkel sondern suche mir den bevorzugten Sweetspot am Hörplatz aus. :) Man wird ja wohl auch Kompromisse eingehen dürfen.

Grüsse
Uli
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Jake52
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Beitrag von Jake52 »

Hallo zusammen,

ich muss da nochmals nachhaken.
Auch ich habe bei der Phase eine Scala von -3 bis +3. Was auch immer das für Werte sind.

"Du kannst in Acourate unter Edit -> Edit Parameters die Phase als Grad oder Radiant anzeigen lassen. Wenn Du dort auf degree umstellst, solltest Du die Grad darstellen erhalten."

Hier finde ich leider nichts. Edit Paramerters gibt´s bei mir nicht oder ich bin wirklich blind.
Kann mir da bitte jemand Genaueres dazu sagen?

Schöne Grüße
Jakob
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hallo Jakob,

Edit Parameters gibt es in Version V2.
In V1 müsstest Du die Datei \Dokumente\Acourate\Acourate.ini editieren und den Eintrag
PhaseinDegree=1
setzen.

Grüsse
Uli
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Jake52
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Beitrag von Jake52 »

Erledigt und funktioniert!

Vielen Dank
Gruß Jakob
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chaos61
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Beitrag von chaos61 »

Hi!
Nur kurz, als Überblick:
Ich nutze Acourate eigentlich schon eine Weile, aber immer nur bis ich das Ziel erreicht hab (bisher XO mit Time Alignment).
Jetzt hab ich eigentlich seit 2J nicht damit gearbeitet, daher vor kurzem sozusagen als Anfänger neu gestartet, nach Umbau meines Wohnzimmmers. Es hat etliche Stunden gedauert, aber es klingt mittlerweile vorzüglich.
Sub bis 90hz, Jpol5.
Darüber Bessel L 4. Ordnung, 500 und 10000Hz. Herr Schoko-Sylt hat mich neugierig gemacht. :wink:
Um einen Eindruck zu geben, wie das Ding aussieht:
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Midbass sieht innen in etwa so aus:
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Bevor ich zu meinen Problem bez. Phasenanpassung mit reversiertem Allpass komme etwas grundsätzliches:
Warum macht mein Mitteltöner einen höheren Peak als der Hochtöner?
Falls mir jemand nicht glaubt, im Bild wurde der XO4L um 1000 nach linksrotiert. Liegt jetzt somit bei 10930. Der rechte bei 11930 und der Mitteltöner bei 12000. Ich hab da keine grundsätzlichen Probleme damit, aber warum ist das so?
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Die Sache mit dem reversiertem Allpass glaubte ich nach etlichen Stunden schon im Griff zu haben, war leider ein Irrtum :?
Hab die einzelnen Chassis im Nahfeld vermessen, um 12000 nach links rotiert, Allpass gebastelt und reversiert. Mit der entsprechenden Weiche gefaltet und beschnitten. Hat gut funktioniert, XO1, 2,3 sahen deutlich besser aus als die Phase der unbehandelten Weichen. Der Phasengang mit resultierendem Multikanal Filter jedoch sieht schlechter aus als vorher.Was könnte der Grund sein?
Hier der Mitteltöner vorher/nachher
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Und hier das Gesamtbild, rot mit revAP:
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Thx, Klaus
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

1. Wenn der Pegel des MTs größer ist als der des HTs, dann zeigt sich das auch im Frequenzgang. Und eben bei der Pulsdarstellung.

2. Für den reversierten AP jedes Chassis im Nahfeld messen (60 cm Abstand z.B. vorm Horn), sinnvollerweise ohne Weiche (Achtung! Dann den zulässigen Frequenzbereich beim Sweep nicht überschreiten!). Dann den revAP ermitteln. Das Verhalten der Pulsantwort gefaltet mit dem revAP sollte dann symmetrischer ausschauen. Wenn ok, die weiche mit dem revAV falten und passend zurechtschneiden.
GGf. im weiteren Vorfeld dann auch linearisieren.Vorfeld
Anschliessend das Timing der Chassis inkl. Weichen am Hörplatz ermitteln.
Und dann erfolgt die Gesamtmessung.

Viele Grüsse
Uli
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chaos61
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Beitrag von chaos61 »

Danke für die Hilfestellung! Bin jetzt übers Wochenende auswärts, werd das dann aber Anfang nächster Woche gleich angehen. Wobei ich erwähnen möchte, das der Klang eindeutig gewonnen hat, auch wenn es messtechnisch nicht so aussieht!

LG, Klaus
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