Moving Mic Recorder als Alternative zur Beamforming-Messung?

Mr. Durden
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Moving Mic Recorder als Alternative zur Beamforming-Messung?

Beitrag von Mr. Durden »

Hallo allerseits,

ich würde gerne mal Eure Meinung zu dem Thema "Chassis Linearisierung mit Moving Mic Recorder" hören. Kurz zum Hintergrund: Ich bin gerade dabei die Front L/R Lautsprecher in meinem Heimkino auf vollaktive DIY Lautsprecher umzubauen. Die Lautsprecher werden in eine geschlossene Bafflewall eingebaut und sollen als Quasi-D'Appolito als 3,5 Wege zusammen mit einem DBA Subwoofersystem zum Einsatz kommen.

Mir geht es nun in erster Linie um die Linearisierung jedes einzelnen Chassis des Lautsprechers. Da eine Freifeldmessung nur schwer für mich umsetzbar wäre, würde ich die Chassis gerne im eingebauten Zustand in der Bafflewall im Raum messen. So werden ja auch die Auswirkungen des Wandeinbaus auf die Chassis gleich mitberücksichtigt. Um den Messaufwand (es sind in Summe 10 Chassis) möglichst überschaubar zu halten, spiele ich mit dem Gedanken die Frequenzgangkorrektur per MMR durchzuführen. Ich möchte dafür eine Schnur vom Chassis zum Sitzplatz spannen und das Mikrofon horizontal (also mit Kalibrierung 0°) ausgerichtet auf das Chassis gleichmäßig entlang dieser Schnur ca. 2cm vom Chassis beginnend zum Sitzplatz führen. Die Filter im MMR passe ich pro Chassis auf den passenden Frequenzumfang an, die Auflösung setze ich maximal (auf 1/24 Oktave). Dadurch messe ich das Chassis horizontal direkt auf Achse (die Lautsprecher sind auf den Sitzplatz eingewinkelt), lediglich auf der vertikalen Achse verlasse ich leicht die on-axis Position.

Blende ich mit dieser Methode die Raumeinflüsse ausreichend für eine reine Chassis Linearisierung aus? Oder sollte man für die Linearisierungsmessung doch besser auf eine Beamforming Messung zurückgreifen? Was meint ihr, kann man so einen Versuch starten oder liege ich mit meinem Ansatz grundsätzlich daneben?

Freue mich auf Rückmeldungen... :D

Viele Grüße aus Berlin,

Stefan
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hallo Stefan,

was Du machen möchtest ist eine neue Idee. Das hat bestimmt vorher noch keiner so gemacht.
Insofern wird keiner wirklich ein Ergebnis voraussehen und dazu raten können.
Versuch macht kluch.

Ich habe es da bisher mit Nachfeldmessungen erledigt (übrigens nicht bei Dipol).
Auch Beamforming habe ich eher für die über-alles-Korrektur verwendet.

Grüsse
Uli
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Mr. Durden
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Beitrag von Mr. Durden »

Hallo Uli,

na dann werde ich das wohl einfach mal testen.

Mein Ziel ist es ja jedes einzelne Chassis zuerst möglichst perfekt zu messen und zu linearisieren. Mit dieser Messmethode möchte ich so gut wie möglich die nicht statischen Raumeinflüsse ausblenden (also ähnlich einer Freifeldmessung / in einem reflektionsarmen Raum) und trotzdem die einbaubedingten Auswirkungen auf das Chassis (Abstrahlverhalten, Kantendiffraktion, Bafflestep, etc.) mit in der Messung berücksichtigt haben.

Könnte das Deiner Meinung nach theoretisch so funktionieren?

Viele Grüße,

Stefan
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Meines Wissens nach sind übliche Messabstände bei LS ca. 1 m. Insofern könnte ich mir auch gut eine MMR-Messung im Bereich 30 cm bis 1m vorstellen. Bis zum Hörplatz würde ich es hier nicht treiben, ist allerdings nur so n Gefühl.

Mit MMR lässt sich aber keine Phase korrigieren.

Grüsse
Uli
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Stefan, Uli

interessante Idee. Das Vorgehen liegt dann irgendwo zwischen dem "ursprünglichen" Beamforming und der Nahfeld-Entzerrung des Chassis. Denn anders als beim Beamforming ändert sich der Winkel zum Lautsprecher mit Deiner Methode nicht, und gewichtet dadurch immer den Direktschallanteil zum HP am stärksten. Daher ist das für mich die konsequentere Methode, wenn man nur die Chassis bzw. den Direktschall entzerren möchte.

Allerdings stellt sich mir die Frage, wie hier addiert wird. Werden bei der MM Methode nur die Amplituden summiert und gemittelt oder fließen auch die Phasenverhältnisse (TD) mit ein? Letzteres sorgt doch gerade bei der Beamforming Methode zum Auslmitteln der zeitlich verzögerten Reflektionen, oder? Zumindest könnte man mit FDW Einfluss darauf nehmen.

Die Idee mit der MM Einzelentzerrung mit einer "Zirkelschnur" an der man das Mikro immer im selben Abstand um den LS bewegt kam mir auch schon. Man Könnte dann eine Art Schalleistungskurve erzeugen, allerdings spielen dann wieder Raumeinflüsse mit rein. Klippel macht das ja so, um das Abstrahlverhalten eines Lautsprechers zu messen, dabei jedoch an jedem Messpunkt die Fensterung so klein macht, dass nur der Direktschall ausgewertet wird, bzw. der reflektierte eintreffende Schall versucht wird herauszufiltern - die Ergebnisse liegen sehr nahe an denen einer RAR Messung.

Grüße,
Jörn
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Mr. Durden hat geschrieben: 11.10.2020, 22:49 Mit dieser Messmethode möchte ich so gut wie möglich die nicht statischen Raumeinflüsse ausblenden (also ähnlich einer Freifeldmessung / in einem reflektionsarmen Raum) und trotzdem die einbaubedingten Auswirkungen auf das Chassis (Abstrahlverhalten, Kantendiffraktion, Bafflestep, etc.) mit in der Messung berücksichtigt haben.
Hallo Stefan,
ich habe mich zurückgehalten, weil ich erst einmal sehen wollte, was Uli zum Vergleich mit Beamforming antwortet, weil ich damit noch keine Erfahrung habe.
Ich habe einst beim KEF Koaxialchassis mit dem Messmikrofon 1cm vor dem Hochtöner gemessen, in der Annahme, dass dabei der Raum ausgeblendet würde, weil der Pegel vom Chassis absolut dominant sein müsste, zumindest nach gängiger Meinung. Weit gefehlt!
Am Hörplatz wurde ebenfalls gemessen. Zu beiden Messungen wurde anhand identischer Zielkurve eine Korrektur berechnet und weggespeichert (TacT Raumkorrektursystem).
Um die Unterschiede zu erkennen, habe ich beide Korrekturen am Hörplatz abgehört, eine auf die Hörplatzmessung bezogen, die andere auf die Nahestfeldmessung. Ich habe mich sehr schwer getan, beide gehörmäßig auseinanderzuhalten, obwohl per Fernbedienung schnell umschaltbar. Das war auch kein Wunder, denn auch die Nahfeldmessung zeigte im Bassbereich die Raumresonanzen mit denselben Resonanzfrequenzen, minimalen Pegelunterschieden zur anderen Messung auf. Das Bündelungsverhalten der KEF-Uni-Q LS reichte wohl aus, die weiter entfernten Seitenwände mit Reflexionen nicht besonders anzuregen.
Die Lautsprecher waren auf den Hörplatz ausgerichtet, somit waren die 2 Messungen vergleichbar mit deinen auf dem Faden geplanten, nur reduziert auf 2 Samples mit großem Abstand zueinander.
18 Jahre später bleiben in meinem Gedächtnis nur wenige Kernerkenntnisse zurück: Wo im Spektrum Raumresonanzfrequenzen vorhanden sind, erscheinen sie am Chassis ähnlich deutlich hervorstechend wie am Hörplatz gemessen. 2011 habe ich schon darüber geschrieben, das war zeitlich noch näher dran.
Wenn man also die Frequenzgangschriebe übereinanderlegt, würde ich erwarten, dass sich die Raumresonanzen nach wie vor deutlich zeigen, selbst wenn man bewusst in den Knotenbereichen das Mikrofon platziert, denn die Node der einen Frequenz fällt oft zugleich mit der Mode einer anderen zusammen. Bei wachsenden Messabständen zum LS verschieben sich die Frequenzen, bei denen die Reflexionen durch Boden, Seitenwände, Decken Kammfiltereffekte erzeugen. Auslöschungen (bei ungeradzahligen Vielfachen) und Überbetonungen (bei geradzahligen Vielfachen) werden sich bei der Mikrofonbewegung auf dem Strahl verändern, bei mehr Abstand zum LS werden die parallelen Boden und Decke Kammfilterfrequenzen steigen, da aber der Abstand zur nächsten Seitenwand auf dem Weg zum Hörer zunimmt, sinkt diese Frequenz. Wie groß müssen die Schrittabstände bei den Mikrofonmessungen sein, dass bei Mittelwertbildung sich diese Kammfilter nicht mehr in einer Oktave verdichten? Eine rechnerische Simulation könnte Aufschluss geben.
Also im Bass wird man die Raumresonanzen nicht los, im Bereich 200-500Hz sind es die Kammfilter, darüber wird es einfacher.

Was meinst du mit "nicht statischen Raumeinflüssen", die du ausblenden möchtest? Was bliebe zurück? Statische Raumeinflüsse? Das entspräche m.E. nicht einer Freifeldmessung.
Mit welchem Ziel willst du die Messung der LS wie beschrieben durchführen? Den Frequenzgang im Nahfeld linearisieren, um final eine Korrektur des Raumeinflusses vorzunehmen oder nicht?

In deinem ersten Beitrag des Threads
Mr. Durden hat geschrieben: 10.10.2020, 23:38 Die Lautsprecher werden in eine geschlossene Bafflewall eingebaut und sollen als Quasi-D'Appolito als 3,5 Wege zusammen mit einem DBA Subwoofersystem zum Einsatz kommen.
Gerade hast du noch Kantendiffraktion, Bafflestep aufgezählt, wobei letzteres bei Bafflewall nach meinem Verständnis nicht existieren sollte, und wenn Kantendiffraktion eine Rolle spielt, hast du die Chance verpasst, den LS bündig in eine entsprechend geformte Wand einzubauen.
Die Filter im MMR passe ich pro Chassis auf den passenden Frequenzumfang an, die Auflösung setze ich maximal (auf 1/24 Oktave). Dadurch messe ich das Chassis horizontal direkt auf Achse (die Lautsprecher sind auf den Sitzplatz eingewinkelt), lediglich auf der vertikalen Achse verlasse ich leicht die on-axis Position.
Soll das heißen, du machst pro Kanal eine Reihe von Messungen (am Faden orientiert), bei der alle Chassis in gemeinsamer Messung erfasst werden, um die Zahl der Messungen zu reduzieren? Dann den Auswertungsberich begrenzen?
Oder deaktivierst du die nicht zu messenden Chassis? Das würde doch eine große Zahl von Messungen mit sich bringen, was du vermeiden wolltest.
Arbeiten alle, dann bekämst du bei Annäherung an den LS zunehmend die Phasenprobleme zwischen benachbarten Chassis, die sich typisch für vertikales Abstrahlverhalten verschieben. Dann muss die LS-nahe Messung als weniger relevant aufgefasst werden, während die entfernte Messungengruppe eher dem entspräche, was für den Hörplatz relevant ist.

Einfacher wäre doch, auf eine zeitliche Fensterung zu setzen, die so bemessen ist, dass die frühe Boden- und Seitenwandreflexionen bereits ausgeblendet werden, wenn es um den reinen LS-FG geht.
Blende ich mit dieser Methode die Raumeinflüsse ausreichend für eine reine Chassis Linearisierung aus?
Das vermag ich nicht nachzuvollziehen (ich meine das zugleich im mehreren Lesarten).
Für mich wäre zur vorausgehenden Chassislinearisierung selbstverständlich, dass jedes Chassis allein (die anderen Chassis deaktiviert) auf seiner Achse im Nahbereich gemessen werden sollte. Und wenn man den Raum ausblenden möchte, kann man die fixierte LS-Mikrofon-Anordnung auf der schrägen diagonalen Achse des Raums vielfach verschieben, wobei diagonale Resonanzen deutlich weniger ausgeprägt sind und die Abstände zu den Raumwänden stetig verändert werden. Da bleibt die Frage, ob man womöglich den LS oder das Mikrofon auf den errechenbaren Raumnoden platziert, beides zugleich bringt man vermutlich nicht unter einen Hut, aber man kann ja mal den LS mit dem Mikro die Plätze tauschen lassen.

Da ist eine Zeitfensterung zum Ausschluss der verzögert eintreffenden Raumreflexion doch viel einfacher am Messcomputer zu machen. Zu einfach?
Die Frage, ob und wie man im Raum eine Messung von LS durchführen kann, die einer Freifeldmessung gleichkommt, hat schon Generationen beschäftigt. Spätestens seit MLSSA ist das Zeitfenster von großer Bedeutung.
Auch hat man sich bei der Normschallwand auf 1x1m geeinigt und 1m als Messabstand etabliert, ebenso auf 2,83V (1W@8Ω).
Es gibt in Studios RFZ (Reflection Free Zone) Lautsprecherumgebungen, wo die LS wandbündig, also kantenbrechungsfrei in vorgesetzte Wände eingebaut sind, die entsprechend der LS-Ausrichtung angeschrägt sind. Ziel ist, dass der Direktschall am Hörplatz ohne jeglich frühe Reflexionen ankommt. Der verbleibende Hohlraum im Eckbereich kann als Raum für Absorber mitgenutzt werden.

Schaut man sich einen RAR in der Praxis an, wundert man sich, dass trotz des gewaltigen akustischen Aufwands der gemessene Bereich unter 100Hz rechnerisch entzerrt wird. Denn die Schaumkeile können aus praktischen Gründen nicht länger als 1m (meist nur 0,80m) sein, sie bleiben sonst nicht formstabil, sie wirken mangels Länge im Bassbereich nicht mehr, denn mindestens 1/4 Wellenlänge ist Voraussetzung.
Der "schalltote" Raum ist es tatsächlich nicht, wie man mit einem zerplatzenden Luftballon leicht testen kann.

Bleibt noch die Frage nach der zuverlässigen Pegelanpassung der Messung bei zunehmendem Abstand vom LS, wenn sich punktuell die Frequenzgänge mit verschobenen Peaks unterschiedlicher Amplitude darstellen.
In der Summe aller Aspekte sehe ich noch nicht, dass MMR sich als aussagefähiges Verfahren zielorientiert durchsetzen kann.

Respektvoll anerkennend bewundere ich den Freigeist, der hinter einem neuen Verfahren steht.
Grüße
Hans-Martin
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Mr. Durden
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Beitrag von Mr. Durden »

Hallo,

ersteinmal vielen Dank an alle für die umfangreichen, erhellenden Antworten! :-)


@Uli:
Mit MMR lässt sich aber keine Phase korrigieren.
Das mit MMR nicht sinnvoll die Phase korrigiert werden kann, ist klar. Es geht mir auch nur um eine Direktschall Amplituden Treiberentzerrung. Phasenkorrektur mache ich zum Schluß mit der "Über-Alles-Korrektur" am HP.

@Jörn: Danke für Dein Feedback. Mir war gar nicht richtig bewusst, dass bei der hier beschriebenen Beamforming Messung nicht on-axis zum Lautsprecher gemessen wird. Das habe ich jetzt nochmal nachgelesen.
Werden bei der MM Methode nur die Amplituden summiert und gemittelt oder fließen auch die Phasenverhältnisse (TD) mit ein? Letzteres sorgt doch gerade bei der Beamforming Methode zum Auslmitteln der zeitlich verzögerten Reflektionen, oder?
Allerdings kann ich nicht nachvollziehen, warum die Phasenlage für das Ausfiltern der Raumreflektionen nötig sein soll. Wäre es nicht ausreichend bei bewegtem Mikrofon auf Achse zum Lautpsrecher nur die Amplitudengänge zu mitteln und somit in Summe hauptsächlich den Direktschall zu messen?

@Hans-Martin: Vielen Dank für Deine detaillierte Ausführung!
Also im Bass wird man die Raumresonanzen nicht los, im Bereich 200-500Hz sind es die Kammfilter, darüber wird es einfacher.
Was meinst du mit "nicht statischen Raumeinflüssen", die du ausblenden möchtest? Was bliebe zurück? Statische Raumeinflüsse? Das entspräche m.E. nicht einer Freifeldmessung.
Ich denke auch, dass eine solche Messung nicht ganz einer Freifeldmessung entsprechen kann. Der Einfluss der Raumresonanzen im Bassbereich sollte aber mit dieser Moving Mic Methode auch geringer ausfallen. Die Längs- und Quer-Raummoden sind ja ortsabhängig und sollten durch die Bewegung des Mikrofons (auf horizontaler Ebene) nur zu einem kleineren Teil in der Messung enthalten sein. Raummoden die zwischen Decke und Boden (wegen der Mikrofonführung auf horizontaler Ebene dann "statisch") vorhanden sind, werden sicher stärker mit in der Messung enthalten sein.
Mit welchem Ziel willst du die Messung der LS wie beschrieben durchführen? Den Frequenzgang im Nahfeld linearisieren, um final eine Korrektur des Raumeinflusses vorzunehmen oder nicht?
Genau das. Ich möchte im ersten Schritt zusammen mit der Weichenerstellung den Chassis Frequenzgang korrigieren und am HP dann eine "Über-Alles-Korrektur" inkl. Phasenkorrektur machen.
Gerade hast du noch Kantendiffraktion, Bafflestep aufgezählt, wobei letzteres bei Bafflewall nach meinem Verständnis nicht existieren sollte, und wenn Kantendiffraktion eine Rolle spielt, hast du die Chance verpasst, den LS bündig in eine entsprechend geformte Wand einzubauen.
Es gibt in Studios RFZ (Reflection Free Zone) Lautsprecherumgebungen, wo die LS wandbündig, also kantenbrechungsfrei in vorgesetzte Wände eingebaut sind, die entsprechend der LS-Ausrichtung angeschrägt sind. Ziel ist, dass der Direktschall am Hörplatz ohne jeglich frühe Reflexionen ankommt. Der verbleibende Hohlraum im Eckbereich kann als Raum für Absorber mitgenutzt werden.
Nein alles ok, mehr oder weniger ist der Raum genau so aufgebaut, das habe ich wohl nicht so klar dargestellt.Die Lautsprecher sind wandbündig, entkoppelt in einer massiven, auf den Hörplatz eingewickelten Bafflewall eingebaut. D. h. Kantendiffraktion und Bafflestep sollten tatsächlich durch den Einbau als quasi Halbraumstrahler auch entfallen. Hier ist mal ein Foto noch aus der Bauphase und mit meinen alten Adam S5A Lautsprechern, die ersetzt werden sollen. Bild
Oder deaktivierst du die nicht zu messenden Chassis? Das würde doch eine große Zahl von Messungen mit sich bringen, was du vermeiden wolltest.
Ja, jedes Chassis im Lautsprecher wird einzeln, vollaktiv angesteuert und deshalb natürlich auch einzeln gemessen. Ich benötige pro Lautsprecher 5 Kanäle um alle Treiber zu aktivieren. Genau deswegen würde ja eine Treibermessung mittels Beamforming mit jeweils ca. 10 Mesungen a 60Sek. sehr viel Zeit benötigen. Daher wollte ich die Messungen durch MMR vereinfachen und verkürzen.
Bleibt noch die Frage nach der zuverlässigen Pegelanpassung der Messung bei zunehmendem Abstand vom LS, wenn sich punktuell die Frequenzgänge mit verschobenen Peaks unterschiedlicher Amplitude darstellen.

Mh, hast Du Recht, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Vielleicht sollte man das Mikrofon dann nicht gleichmäßig verschieben, sondern zum Hörplatz langsamer werden, um die abfallende Lautstärke durch längere Messzeit kompensieren.


Alles in allem gibt es offensichtlich noch viele Punkte mit Fragezeichen, letztendlich aber auch kein K.O. Kritierium, das gegen so eine Messung sprechen würde. Daher, wie Uli so schön schrieb, Versuch macht kluch. Ich werde das ganze Thema wohl einfach mal testen und wenn möglich mit anderen Messmethoden vergleichen.
Leider wird bis zum Messen noch etwas Zeit ins Land gehen, ich warte immer noch auf meine Woofer Chassis aus Dänemark und die neuen Gehäusen wollen auch noch zusammengeleimt, etc. werden.

Vielen Dank nochmals an alle für den wertvollen Input und die Denkanstöße,

Stefan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Stefan,
mutig blickst du den kommenden Herausforderungen entgegen... wenn die fehlenden 20% durch Fehleinschätzungen noch 80% des gedanklichen Gesamtaufwands beanspruchen, entspräche das gängigen Faustregeln...

Um die Ernsthaftigkeit zu unterstützen, schlage ich vor, den für den größeren Messabstand erforderlichen Pegelausgleich so herzustellen: Am jeweiligen Standort des Messmikrofons wird ein Schallpegelmesser platziert, mit ausgewähltem Terzrauschen mitten im Übertragungsbereich des zu messenden Chassis wird ein jeweils gleich zu messender Pegel eingestellt, der mit "slow" integriert und eindeutig ablesbar wird. Das sorgt über diesen Umweg auf praktische Weise für einheitliche Pegel am Messpunkt unter Berücksichtigung der raumbedingten Ausbreitung, die sich mit der Wellenlänge in Relation zur Membrangröße als nicht konstant darstellt - also den vereinfachenden mathematischen Modellen nicht entspricht, welche auf der Annahme kugelförmiger Ausbreitung basieren.
Jede neue Methode stößt auf neu zu lösende Probleme... Learning by doing...
Grüße
Hans-Martin
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Mr. Durden hat geschrieben: 12.10.2020, 22:50
...
@Jörn: Danke für Dein Feedback. Mir war gar nicht richtig bewusst, dass bei der hier beschriebenen Beamforming Messung nicht on-axis zum Lautsprecher gemessen wird. Das habe ich jetzt nochmal nachgelesen.
Werden bei der MM Methode nur die Amplituden summiert und gemittelt oder fließen auch die Phasenverhältnisse (TD) mit ein? Letzteres sorgt doch gerade bei der Beamforming Methode zum Auslmitteln der zeitlich verzögerten Reflektionen, oder?
Allerdings kann ich nicht nachvollziehen, warum die Phasenlage für das Ausfiltern der Raumreflektionen nötig sein soll. Wäre es nicht ausreichend bei bewegtem Mikrofon auf Achse zum Lautpsrecher nur die Amplitudengänge zu mitteln und somit in Summe hauptsächlich den Direktschall zu messen?
....
Hallo Stefan,

das ist doch in dem Link zum Beamforming beschrieben, den Du eingefügt hattest. Bei der Beamforming Methode wird im Zeitbereich addiert, wodurch sich die Hauptpulse (Direktschall) addieren und die nacheilenden Reflektionen ausmitteln. Bei einer reinen Amplituden-Addition mittelst Du auch die Reflektionsanteile mit dem Hauptpuls. Viellt. kann Uli etwas dazu sagen? Wäre denn eine MM-Messung mit Addition im Zeitbereich (mit entsprechendem Messignal und langsamer Mikrofonbewegung) oder durch eine Fensterung möglich?

Das Argument von Hans-Martin mit der Pegelanpassung ist wohl ein zu berücksichtigender Faktor, wenn man die Nahfeldmessung nicht stärker gewichten möchte als die HP Messung. Allerdings denke ich, dass eine mathematische Annäherung nach der Abstandsformel ausreichen sollte, um nicht eine ungleichmäßige Gewichtung einzelner Messungen durch Raumeinflüsse auf das Ergebnis zu bekommen. So steigt z.B. der Gesamtpegel eines SPL Meters durch eine Mode, die an dem Messpunkt durchlaufen wird evtl. recht stark an, was zur Folge hätte, dass ich diese Messung im Pegel bei allen Frequenzen stärker absenke, also weniger gewichte. U.U. will ich das aber sogar, da mich die Mode am HP evtl. ja gar nicht stört..
Ziemlich komplex das Thema...

VG, Jörn
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Mr. Durden
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Beitrag von Mr. Durden »

Hallo,

das Thema lässt mich jetzt aber auch nicht in Ruhe :wink:
Wenn ich Zeit habe, werde ich heute Abend mal mein Messmikrofon anschmeißen und eine Testreihe mit einem Chassis mit verschiedenen Testmethoden machen. Ich werde berichten...
Wäre denn eine MM-Messung mit Addition im Zeitbereich (mit entsprechendem Messignal und langsamer Mikrofonbewegung) oder durch eine Fensterung möglich?
Ich habe zwar die MMR Messung in Acourate nur sehr kurz getestet, aber genau über diese Addition der Messungen im Zeitbereich funktioniert doch Ulis neues Feature in Acourate, so dachte ich. Da ich das Mikrofon ja bewege ändern sich doch auch die Reflektionsanteile und gehen in Summe weniger in die Messung ein. So wie ich mich erinnere, sieht man auch bei der Dauermessung mit MMR sehr gut wie der Amplitudengang immer stabiler wird. Ich teste das wie gesagt heute Abend und berichte...

Viele Grüße,

Stefan
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Stefan,

woher weiß denn bei der MM-Messung das Mikrofon, was eine Reflektion ist, und was nicht? Die Phasenrelationen der Einzelmessungen zueinander gehen bei dieser Methode m.E. verloren (hierzu wäre eine Erläuterung von Uli zur Fensterung willkommen). Du nimmst nun an, dass der konstanteste Anteil aller Messungen immer der Direktschall ist, und die Reflektionen sich dann ausmitteln werden. Bei breit abstrahlenden Lautsprechern vermute ich aber (ich habe es noch nicht probiert), dass diese Rechnung nicht aufgeht, und Du eben immer noch die Summe aus Reflektionsanteil und Direktschall mit in der Messung hast.
Bei der Beamforming Methode mit der Addition im Zeitbereich der Einzelmessungen (d.h. unter Berücksichtigung der Phasenlage bzw. Laufzeiten der einzelenen Messungen zueinander - nicht zu verwechseln mit der zeitlich andauernden MM Messung, wo nur im Frequenzbereich addiert wird) kannst Du über den zeitlichen Versatz von Reflektion und Direktschall viel genauer filtern.

Dass sich bei der MM Methode die Messung zunehmens stabilisiert liegt ja nicht an der über die Zeit geringer werdenden Schwankung der Einzelmessungen an den jeweiligen Positionen, sondern an deren Einfluss auf den bis dato erstellten Mittelwert. Angenommen das System macht eine Messung pro Sekunde, dann hast Du nach einer Minute 60 gemittelte Amplitudenwerte. Fällt dann ein Neuer aus der Reihe wirkt dieser nur mit einer Gewichtung von 1/61 auf das Gesamtergebnis ein, während er am Anfang der Messung nach z.B. einer Sekunde Gesamtmesszeit zu 50% auf das Gesamtergebnis einwirkt.
Unterm Strich misst Du aber immer noch den Mittelwert der Einzelmessungen die jeweils aus der Summe von Direktschall+ Reflektion bestehen.

VG, Jörn
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Mr. Durden
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Beitrag von Mr. Durden »

Hallo Jörn,

mmh, du hast schon Recht, das Thema Phasenlage in den Messungen habe ich so differenziert noch nicht betrachtet.
Du nimmst nun an, dass der konstanteste Anteil aller Messungen immer der Direktschall ist, und die Reflektionen sich dann ausmitteln werden.
Genau das ist meine Annahme. Meiner Meinung nach werden die Reflektionen, die Einfluss auf den Amplitudengang nehmen, durch die Mikrofonbewegung nicht konstant sein und daher ausgemittelt werden. Falls es doch konstante Reflektionen im Raum (z.B angeregte Moden im Bassbereich) und damit auch in den Messungen geben sollte, habe ich natürlich keine reine Chassismessung wie im Freifeld oder RAR mehr. Andererseits ist dieser Anteil ja dann auch untrennbar mit der Lautsprecher/Raumkombination verbunden und würde spätestens bei einer "Über-Alles-Korrektur" Berücksichtigung finden.

Spannendes Thema und ziemlich komplex wenn man tiefer einsteigt, wie ich finde. Wenn die Kiddies heute im Bett liegen schleiche ich mich mal in den Keller :-)

VG, Stefan
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Mr. Durden
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Beitrag von Mr. Durden »

Hallo,

so, ich habe nun gestern Abend noch einige Messungen gemacht. Leider habe ich noch keine Zeit gehabt die Daten aufzubereiten und zu vergleichen. Auf einen ersten kurzen Blick allerdings, sehen die MMR Messungen nicht sehr vielversprechend als schnelle Alternative zum Beamforming aus. Da hatte ich mir deutlich mehr erhofft.
Ich würde gerne noch im Garten ein paar Freifeld Messungen machen und dann MMR, Beamforming und Freifeld (alle auf Achse zum Chassis) miteinander vergleichen. Leider regnet es zur Zeit, mal sehen wann eine FF Messung möglich wird.

Viele Grüße,

Stefan
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Stefan,

sehr gut. Bin gespannt auf die Ergebnisse. Bitte berichte, wenn Du die Auswertung gemacht hast!

VG, Jörn
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Stefan,
willst du den LS im Boden bündig eingraben und das Mikrofon darüber hängen? Dann hättest du weitgehend Freifeldbedingungen.
Grüße
Hans-Martin
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