Wedelmessung um Hörposition

freezebox
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Wedelmessung um Hörposition

Beitrag von freezebox »

Hallo,

Ich möchte Euch eine Möglichkeit vorstellen, wie man mit acourate eine sogenannte Wedelmessung um die Hörposition herum durchführen kann. Ich hatte bei mir festgestellt, dass selbst bei kleinsten Kopfbewegungen das Klangbild variiert. Dies mag sicher auch dem nicht ganz optimalen Abstrahlverhalten meines Hochtonhorns im Coax geschuldet sein. Durch die bei acourate auf einen einzigen Punkt fixierte Mikrophonposition werden solche Schwankungen nicht berücksichtigt. In meinem Fall führte das sogar zu einem schmalbandigen Peak bei 850Hz von 5dB (!) auf der rechten Seite, der erst über die Wedelmessung sichtbar wurde.
Nun könnte man 20 Messungen in acourate mit unterschiedlichen Mikrophonpositionen machen, diese summieren und den Mittelwert bilden. Einfacher erscheint mir jedoch die kontinuierliche RTA-Messung mittels des kostenlosen und in meinen Augen genialen Messprogramms REW, wie im folgenden beschrieben:
  • 1) Durchführung einer RTA Messung in REW. Dabei das Mikrofon um den Hörplatz herum kreisen, und möglichst gleichmäßig ein entsprechend gedachtes Volumen um die Kopfposition herum abfahren. Das dürfte auch für die sog. „Beamforming Methode“ funktionieren, indem man das Mikrophon auf einer Achse in Ohrhöhe zwischen den Lautsprechern von vorn nach hinten durch die Kopfposition bewegt. Die RTA settings: 1/24 Oct Glättung; Hann Window, 50% overlap, forever averages, 1M. Vorher den Generator starten oder das Messignal als Wave generieren und speichern und über die Anlage (Streamer) abspielen. Als Messignal Noise, Pink random, fullrange einstellen.
    2) RTA Messung als *.txt Datei speichern, Dazu File → Export measurement as text → Export text delimiter: Space auswählen.
    3) Die *.txt Datei in acourate importieren: File → Import Amplitude (Mic calibration or target curve). Alle Formatabfragen be-jaen.
    4) Die Kurven für L auf 1 und R auf 2 laden
    5) Room Macro 1 starten – hier wähle ich die 1/12 Oktav-Glättung und 50/50 für FDW. Wir benötigen die nun erzeugten mp Dateien PulseL48mp und PulseR48mp später wieder.
    6) Einen neuen workspace anlegen und diesen aktivieren
    7) In acourate wie üblich eine Hörplatzmessung durchführen
    8 ) Macro 1 mit den neuen acourate Messungen durchführen. Werte sind egal, da die mp Datei nachher ersetzt wird.
    9) Jetzt im aktiven workspace die beiden mp Dateien durch die aus der REW Wedelmessung unter 5) erzeugten ersetzen. Evtl. vorher prüfen, ob diese im Pegel ähnlich liegen, wie die Messkurven, damit die Lage der Zielkurve nachher passt.
    10) Nun Macro 2-4 durchführen. Nicht irritieren lassen – die ursprünglichen mp Kurven bleiben erstmal angezeigt, während nach macro 3 die inversen der Wedelmessungen angezeigt werden. Hier die Info der Pegelreduzierung beachten. Von dem Betrag kann man etwa 2 dB abziehen und mit diesem Wert in Macro 4 den Gain wieder erhöhen.
Es sei erwähnt, dass hier nur der Amplitudengang gemittelt wird, die Phase bleibt durch dieses Verfahren auf den Hörplatz bezogen korrigiert. Bei mir erhielten die Instrumente dadurch realistischere Klangfarben und die Bühne wurde tiefer. Ein wenig Attacke ging dabei verloren, dabei ist die Langzeittauglichkeit aber gestiegen. Unbedingt zur Nachahmung empfohlen!

Viele Grüße,
Jörn
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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo,

das als Beamfoming Methode bekannte Verfahren wurde schon mal diskutiert.
Ich habe es lange selbst verwendet, dort ist auch die Anleitung für Acourate verlinkt:
viewtopic.php?p=118369

Grüsse Jürgen
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Jürgen,

Danke für den ergänzenden Link. Der Vorteil mit REW ist eben, dass hier innerhalb kürzester Zeit hunderte Messungen gemittelt werden - da wäre man mit acourate ziemlich lange beschäftigt..

Grüße,
Jörn
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StreamFidelity
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Beamforming vs. Wedelmessung

Beitrag von StreamFidelity »

Hallo Jürgen,

vielen Dank für den Link. Das muss ich erst mal sacken lassen. Ich meine verstanden zu haben, dass mit der Methode des Beamformings der Direktschall gegen den Diffusschall stärker gewichtet wird. Dies wird erreicht, indem auf "Achse" gemessen wird. Also zum Beispiel mit mehreren Messpositionen in 5-10cm Abstand nach vorn und nach hinten. Aber immer exakt mittig zwischen den Lautsprechern.

Hallo Jörn,

ich denke Du meinst etwas anderes. Du willst den Sweet Spot vergrößern, indem Du "rund" um den Hörplatz Messungen durchführst. Richtig?

Grüße Gabriel
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Jörn

Verstanden und ein schöner Ansatz! Werde ich mal testen!

Vielen Dank und ich werde berichten!

Christian
freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Gabriel,

ja, die Wedelmessung erzeugt einen größeren sweet spot im Frequenzbereich. Entgegen meiner Annahme oben dürfte das Ergebnis beim Beamforming Vorgehen mit acourate Einzelmessungen jedoch ein anderes sein, da dort im Zeitbereich gemittelt wird. Bei der Wedelmessung werden jedoch vermutlich nur die Amplituden gemittelt, ohne die Phasenbeziehungen zueinander zu berücksichtigen.

Grüße,
Jörn
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Ich finde den Begriff Wedelmessung irreführend. Es macht m.E. keinen Sinn mit dem Mikro zu wedeln. Besser ist es, das Mikro ruhig um sich herum zu führen, evtl. vor sich eine Helix bzw. Schraubenlinie zu beschreiben. M.b.M.n. sollte das Mikro auch senkrecht nach oben ausgerichtet sein (dann allerdings auch mit entsprechender Kalibrierkurve), da genau dann das Mikro an allen Positionen gleichwertig aufnimmt. Was bei Ausrichtung nach vorne wohl eher selten gelingt.

Der Unterschied zum Beamforming: es wird dort nur auf einer Linie gemessen, die auf das Zentrum zwischen den LS ausgerichtet ist. Der Direktschall bleibt dabei weitgehend erhalten, seitliche Reflektionen werden dann durch Mittelung der Messungen im Einfluß verringert.

Achtung:
- bei Messung mir rosa Rauschen ist der Frequenzgang um -3 dB/Oktave fallend
- Phasenauswertungen sind bei dem bewegten Mikrofon sinnlos

@Jörn
Du hat eine PN

Grüsse
Uli
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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo,

ich war auch kein Freund von engem Sweetspot,
so kann man auch Messungen mit seitlich verschobenen Mikro analog zur Beamforming Methode verwenden,
sollte nur immer links und rechts mit gleichem Abstand verschieben.
Ich fand das gut.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Dirac meines Wissens nach auch.

Grüsse Jürgen
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo,
das entspräche auch dem üblichen Bewegungsspielraum beim an die Sessellehne geneigten Oberkörper.
Die für die Korrektur wichtigen Längsmoden des Raums bleiben erfassbar, Seitenwandreflexionen verändern sich, mitteln sich teilweise weg. Mit Kopfbewegungen und Hörsinnauswertung haben sie einen anderen Stellenwert als der Direktschall und seine Veränderung.
Ich meine, der wichtige, vom LS zuerst eintreffende Direktschall ändert sich bei seitlicher Kopfbewegung weniger als die Reflexionen - betrachtet unter IACC Aspekten.
Grüße
Hans-Martin
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo,

hier der Link zu meiner Inspirationsquelle in der auch das Messverfahren und das "Wedeln" beschrieben wird. Ich hatte das Mikro jedoch stets in Richtung Lautsprecher ausgerichtet, also parallel zu den Seitenwänden, und langsame Verfahrbewegungen ausgeführt. Man merkt schnell, dass sich da nicht mehr viel tut, nach einer gewissen Zahl an Messungen.
Hier wird mit pink noise gemessen. Wählt man "Spectrum" anstatt der 1/24 Oktav Glättung, sieht man den von Uli angemerkten Abfall für PN. Mit den genannten Einstellungen kommen jedoch auch mit PN brauchbare und schlüssige Ergebnisse heraus..

https://www.youtube.com/watch?time_cont ... e=emb_logo

Grüße,
Jörn
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Moin

Wedeln und messen ist alleine natürlich schwierig... zumindest wenn man den Durchschnitt misst. Jetzt stelle ich mir die Frage: macht Peak evtl Sinn?

Grüße

Christian
wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Freunde,

Wedelmessung ist bei den DIYern recht verbreitet, darum habe ich vor einiger Zeit mal dort nachgefragt. Vielleicht trägt der Kurze Thread im DIY-hifi-forum ja etwas zur Klärung bei...

Grüße,
Winfried

4947
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freezebox
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acourate mit Moving Mikrophone Funktion

Beitrag von freezebox »

Hallo Leute,

wie es der Zufall will, hatte Uli sich schon vorher mit dem selben Thema beschäftigt und mir einen Prototyp seiner neuen acourate Version zukommen lassen. Das neue Feature im LogSweep heißt "Moving Mic recorder". Als Testsignal wird ein weißes Rauschen abgespielt. Nach eigenmächtiger Beendigung der Dauer-Messung mit automatischer Mittelung wird die Messkurve in das aktivierte Kurventab in acourate geladen. Es ist L, R und L+R auswählbar und der Ausgabepegel ist einstellbar.

Was soll ich sagen - es funktioniert! Die Messungen sind quasi deckungsgleich mit meinen REW Messungen (bei RTA 1/12), obwohl diese ja mit pink noise durchgeführt wurden - am Ende scheint hier wohl bei REW der Pegel entsprechend frequenzabhängig auf PN korrigiert zu werden, wenn nicht "Spectrum" zur Messung ausgewählt wird.

Die Vorgehensweise im Umgang mit diesen Messungen entspricht weiterhin der, wie ich sie beschrieben hatte. Inwieweit das noch in die Makros mit eingebunden wird, und welche Features noch dazu kommen, weiss nur der Uli...

Ich bin gespannt, und freue mich sehr über diese hilfreiche Erweiterung von acourate!

Viele Grüße,
Jörn
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Jörn
Was soll ich sagen - es funktioniert! Die Messungen sind quasi deckungsgleich mit meinen REW Messungen (bei RTA 1/12), obwohl diese ja mit pink noise durchgeführt wurden - am Ende scheint hier wohl bei REW der Pegel entsprechend frequenzabhängig auf PN korrigiert zu werden, wenn nicht "Spectrum" zur Messung ausgewählt wird.
Dazu habe ich das gefunden:
Pink noise has energy that falls 3 dB with each doubling of frequency. On a spectrum plot it is a line that falls at that 3 dB per octave rate, on an RTA plot it is a horizontal line as the energy in the signal is falling at the same rate as the bins are widening. We perceive pink noise as having a uniform distribution of energy with frequency.
Also kann man RTA anstelle von Spectrum mit Pink Noise machen ;)

Viele Grüße

Christian
freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hi Christian,

Danke für die Recherche! Dann macht es natürlich Sinn so. Hätte ich wohl auch gehört, wenn ich nen 30dB Abfall von 20Hz bis 20kHz in meine Messung bekommen hätte.. :)

Grüße,
Jörn
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