Charakter unterschiedlicher XO-Filtertypen NT, LB,essel,..

Mister Cool
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Charakter unterschiedlicher XO-Filtertypen NT, LB,essel,..

Beitrag von Mister Cool »

Hallo,

ich bin gerade dabei die unterschiedlichen XO-Filtertypen wie Neville-Thiele, LBessel,...) auszuprobieren / zu vergleichen und wäre an Eurer Meinung zu diesem Thema interessiert.
Ich habe hier schon die Beiträge zu nuVero14 und zu Aktivierung der B&W805 gefunden, aber gibt es etwas "neutraleres", dass die unterschiedliche Filtertypen realisiert mittels Acourate vom Charakter her beschreiben würden?
Eine Empfehlung für meinen 3-Wegerich mit 120/1100Hz Trennfrequenz ist willkommen :-)

Zur Zeit spiele ich mit NT und LBessel rum

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Grüsse
Alwin
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

ME eine unglückliche Fragestellung. Filtertypen haben an sich keinen Klangcharakter, der kommt erst durch den Lautsprecher und hängt von dessen genauen konstruktiven Details ab, in all seinen Facetten. Und zu diesen spezifischen konstruktiven Details kann man dann auch einen gewissen Bereich an akustischen Zielfunktionen ermitteln, der einigermaßen sinnvolle Resultate ermöglicht.
Als allgemeine Feststellung meinerseits würde ich dennoch sagen dass NT1-Filtertargets oft eine sehr gut klingende Variante sind, es ist ein guter Kompromiss in allem:
- final unendlich steil, hilft extrem zB unnötigen Hub der höheren Wege zu reduzieren.
- weicher, relativ breiter Übergang verschleift etwaigen "Charaktersprung" zwischen zwei Wegen (zB in der Bündelung) ähnlich gut wie flache Filter, entlastet den Hub weiter, hat gutmütigst mögliche Klirranregung, und immer noch relativ wenig off-axis pre-ringing.
Kurz gesagt: zu flache Filter schränken den LS drastisch ein in vielen Merkmalen (Hub, Klirr, vertikale Abstrahlung, ...) und machen ihn in der Summe dadurch uU effektiv schlechter trotz höherer "Homogenität" insgesamt. Zu hart knickende steile Filter wiederrum "zerfasern und verunstetigen" dafür irgendwann stärker in allem, und umso stärker je weniger ideal die LS-Grundkonstruktion von vornherein ist. Womit dann der Gewinn bei Hub, Klirr, vertikaler Abstrahlung usw wieder gern zunichte gemacht wird.
Also, letzlich die Suche nach einem guten Kompromiss für eine gegebene Situation.
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Mister Cool
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Beitrag von Mister Cool »

Hi,
danke. Da der 3-Wegerich auf einem 18“ TT, 12“ TMT und einem 1“ HT basieren, ist eine mechanische Belastung kein Thema. Wichtig sind mir die „klanglichen“ Vor- und Nachteile

Grüsse,
Alwin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Alwin,

stell Dir einfach vor Du hast 2 Mitteltöner unterschiedlicher Konstruktion. Z.B. Papier- und Alumembran. Dann kann es sein, dass eine Membran ab einer bestimmten Frequenz Breakups zeigt. Demzufolge macht es Sinn, eine steilere Weiche zu verwenden. Ein "schärferer" Knickpunkt im Frequenzgang der Weiche bedingt aber ein längeres Ringing der Weiche im Zeitbereich. Trotzdem kann sich die steile Weiche bei der einen Membran besser anhören (die Breakups werden unterdrückt). Obwohl sich dann eine andere Weiche mit weniger Rining beim anderen Chassis noch besser anhört.
Also, wie Klaus bereits gesagt hat, Weichen haben an sich keinen Klangcharakter, sondern erst im Zusammenhang mit den Chassis. Ein Optimierungsproblem also ...

Grüsse
Uli
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planetti
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Beitrag von planetti »

Hallo Alwin,

meine Vorschreiber kann ich nur bestätigen. Bei der Bestimmung des Typs, der Steilheit und der Trennfrequenz kommt auf die beiden tatsächlich beteiligten Chassis an.

Meine Erfahrungen dabei sind folgende:
-je steiler die Weiche, desto stärker sind die elektrischen Nebenwirkungen, also Pre-bzw. Postringing und Phasenverzögerungen (nur IIR). Eine zu steile Trennung fällt bei unterschiedlichem Charakter der Chassis auch auf. Bei mir ergaben sich für die Steilheiten, deren Nebenwirkungen noch nicht schädlich hörbar waren, 24dB RL bei IIR und je nach Typ 24-96dB bei FIR. Je flacher die Weiche, desto hochwertiger müssen die Chassis sein, um über ihren Bestimmungsbereich hinaus perfekt zu klingen und sich nicht gegenseitig zu verschmieren.
- bei meinen Lautsprechern klang eine zu flache Flankensteilheit im Bass klang etwas nasal, zu steil klang träge, zu steil im Mittelton zum Bass hin war ein Charakterübergang hörbar, zu flach klang durch zuviel Hubbelastung unsauber.
- die Weiche muss nicht zwingend symmetrisch für ober und unteren Frequenzbereich, oder auch links und rechts identisch sein. Es kann sein, dass ein einzelnes Chassis in einem kleinen Bereich eine Resonanz mitbringt oder einfach unnatürlich klingt, das es durch Anpassung der Weichenparameter auszublenden gilt.
- die Angaben der Hersteller für ihre Chassisbaureihen sind manchmal eher Schätzungen, die beste Trennfrequenz kannst du entsprechend der vorliegenden echten Chassis etwas anpassen. Evtl kannst sie deiner Musik oder dem Abstrahlwinkel feintunen, also ausprobieren und hören.

Also bei mir war der reine Typ der XO-Weiche weniger ausschlaggebend als alle anderen Parameter, zumindest habe ich bei mir den Eindruck.

Fröhliches testen und hören,
Uli (der andere)
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Mister Cool
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Beitrag von Mister Cool »

Hallo an alle,

zuerst danke für Eure Rückmeldung und Eindrücke.
uli.brueggemann hat geschrieben:...Weichen haben an sich keinen Klangcharakter, sondern erst im Zusammenhang mit den Chassis. Ein Optimierungsproblem also ...
planetti hat geschrieben: Bei der Bestimmung des Typs, der Steilheit und der Trennfrequenz kommt auf die beiden tatsächlich beteiligten Chassis an.
....
- die Weiche muss nicht zwingend symmetrisch für ober und unteren Frequenzbereich, oder auch links und rechts identisch sein. Es kann sein, dass ein einzelnes Chassis in einem kleinen Bereich eine Resonanz mitbringt oder einfach unnatürlich klingt, das es durch Anpassung der Weichenparameter auszublenden gilt.
- die Angaben der Hersteller für ihre Chassisbaureihen sind manchmal eher Schätzungen, die beste Trennfrequenz kannst du entsprechend der vorliegenden echten Chassis etwas anpassen.
Auf der Suche nach dem geeigneten Einsatzbereich der einzelnen Chassis habe ich beim Linearisieren der Chassis mittels Acourate (das habe ich vor ein paar Wochen geübt :) ) die Chassis in einem etwas breiterem Bereich vermessen und angeschaut. Ich dachte an Trennfrequenzen für TT/TMT zwischen 80-160Hz und MT/HT zwischen 800-1500Hz.

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Anhand der Messungen und einiger ausprobierten Kombinationen (Hörvergleiche) habe ich mich bei der Trennung TT/TMT für 120Hz und bei TMT/HT für 1100Hz entschieden.

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Natürlich, es ist nicht "in den Stein gemeißelt", und sollte es Eurerseits eine andere Empfehlungen geben, probiere ich die gerne aus, aber das ist das, was ich zuerst fixiert habe und als Grundlage für die weitere Optimierung durch unterschiedliche Weichentypen und Flankensteilheiten nutze.
Deshalb war ich vor allem an dem "klanglichen Charakter" - so wie Uli es z.T. genannt hat "nasal", "träge",.. - interessiert.

Meine ersten Vergleiche/Tests haben z.B. gezeigt, das die Neville-Thile Konfiguration deutlich knackiger und von den Lautsprechern gelöster klingt als die LBessel (12dB). Die LBessel wiederum klingt etwas runder, weniger "nasal" aber etwas verschmierter zwischen den Lautsprechern. Also vielleich sollte ich noch mal die LBessel bei steilerenn Flanken ausprobieren.

Es ist mir klar, dass es zwischzen den vielen Parametern immer Wechselwirkungen gibt, aber um alle denkbaren Kombinationen auszuprobieren müsste ich wegen der Zeit/dess Aufwand) entweder Rentner oder Arbeitslos sein :-) Irgendwo muß muß ich ja bestimmte Annahmen trefen und fixieren.

BTW. Die XO-Delays habe ich mit Neville-Thiele ermittelt. Kann ich sie auch für LBessel übernehmen, oder ändern sich die Delays auf Grund des Filtertyps und Flankensteilheit, sprich muß ich sie für LBessel neu besstimen?

PS. Wäre es sinnvoll um den FG-Abfall des TMT unterhalb 150Hz zu meiden die Trennfrequenz TT/TMT nach oben in Richtung 150Hz anzuheben?

Grüsse,
Alwin
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hallo Alwin

In der Tat gibt es endlose Vielfalt. Aber es gibt einen Ansatz um schnell nach Pareto die Rosine rauszupicken:

Variiere mit Steilheit, Typ, Frequenz, erstelle dir ein paar Presets.
Jedes muss natürlich auf Achse eine eigene Über-Alles-Korrektur erfahren.

Statt alle Probe zu hören, kannst du nun einfach das Mikrofon zur Seite stellen und nochmal messen. Einfach zur Seite rüber, ca 45°, so mach ich das. Wenn man noch mehr Arbeit will, kann man sogar verschiedene Positionen durch den Raum mitteln (man kann ja kurz Sweepen, 10 Sekunden reichen dicke!).

Hier spiegeln sich dann viele der Off-Axis-Fehler wieder. Einer der Hauptgründe für Nasalität oder Räumlichkeits-Verschiebung.

Gruß
Josh
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HaraldP
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Beitrag von HaraldP »

Hallo Josh,

mit welchem Mikrofon/Lautsprecher-Abstand machst du diese Messungen?

Grüße
Harald
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Mister Cool
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Beitrag von Mister Cool »

Hi Josh,

das mit dem Messen ausser Achse (z.B. unter 45°) habe ich verstanden, aber ich dachte, dass Rundstrahlverhalten eher eine Eigenschaft ist, die konstruktiv durch das Chassis/Gehäuse/Horn/.. und nicht durch den Weichentyp bestimmt wird. OK, es hängt auch mit der Frequenz zusammen, aber wird es sich mit dem Weichentyp ändern?

BTW: Ich setze einen CD Waveguide mit einem relative gleichmässigen Rundstrahlverhalten.

Grüsse,
Alwin
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hallo Harald

Um die tonale Balance des indirekten Schall zu beurteilen erfasst man am besten diesen im Fernfeld.
Sprich ich messe weit weg, quer durch den Raum, rund um den Hörplatz, 4 -5 Meter, einmal quer durchs Zimmer.
Das können dann zB 4 Messungen sein.
Diese Fenstere ich nicht, kein FDW, sondern wende nur eine Glättung an (zB Sliding 1/6).



Hallo Alwin

Hoch und Tieftöner bündeln ja unterschiedlich stark.
Linear hat mans ja nur an einem Punkt, dem Hörplatz, klar.
Aber wie schlecht es außerhalb ist, muss man sich aussuchen ;)
Zu steil kann man so zB eine Stufe im Frequenzgang bekommen. Abrupte Änderungen resonieren (nasal)
Ein sanfterer schafft einen RollOff Übergang wenn beide unterschiedlich sind.
Fall zu Fall Sache...

Gruß
Josh
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Mister Cool
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Beitrag von Mister Cool »

Verstanden, als mit den Flanken spielen.

Grüsse,
Alwin
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HaraldP
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Beitrag von HaraldP »

Hallo Josh,
Hornguru hat geschrieben:Um die tonale Balance des indirekten Schall zu beurteilen ...
interessant, ich verstehe dein Herangehen.

Mein Ansatz wäre erstmal anders:
1. Zur Linearisierung der Treiber und Prüfung des Gesamtfrequenzgangs auf Achse, Messung im Nahfeld (5 cm Abstand zum Koax)
2. Überprüfung der Abstrahlcharakteristik unter verschiedenen Winkeln (z.B. 0, 15, 30, 45, 60 Grad) mit 0.5 m Abstand.

Schritt 1 habe ich bereits durchgeführt, Schritt 2 ist noch offen. Nach meinem Verständnis sollten sich so Auffälligkeiten im Pegelverlauf unter Winkeln auffinden lassen, und damit XOs mit bestimmten Parametern vorauswählen bzw. ausschließen lassen.

Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Abstrahlverhalten und der tonalen Balance des indirekten Schalls gibt ist klar.

Möglicherweise gilt nicht nur 'Wer viel misst, misst Mist', sondern auch: Wer viel misst hat viele Daten, die man zur Optimierung verwenden kann. Man muss sie 'nur' noch korrekt interpretieren. Also: Warum nicht beides messen, versuchen die Ergebnisse zu verstehen und dann entsprechend zu handeln.

Viele Grüße
Harald
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Alwin

Ein einzelnes LS-Chassis hat konstruktionsbedingt bekanntermassen Stärken und Schwächen. Jedes einzelne Chassis erhält mit dem vorgeschalteten Filter sodann eine aufgeprägte Kennlinie; Chassis und Filter bilden somit eine Einheit. Und drei solcher Einheiten vereinen sich dann zum Dreiwegsystem.

Bottom-To-Top-Design würde nun bedeuten, z.B. u.a. zunächst einmal ohne jegliche Vorschaltung einer Weiche eine sinnvoll bandbreitenadaptierte Klirrmessung für jedes einzelne, eingebaute Chassis (bei ca. 90dB SPL/1m) durchzupfeifen. Deren Resultat erlaubt dann eine engere Auswahl von bestmöglichen Filtercharakteristiken, falls, wie in diesem Beispiel, Klirrarmut ein Entwicklungskriterium sein sollte.

Die dergestalt eingegrenzte Auswahl von Chassis-Filter-Combos lohnt sich dann, zu generieren und zum Schluss im Integral der 3-Weg-Box probezuhören.

Nüchterne Designergrüsse
Simon
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hallo Simon

Alwin hat ja auch einen Mix aus Direktstrahler und Hörnern. Da muss man beachten dass Hörner nahe Cutoff plötzlich rapide aufweiten, darüber ganz arg zuschnüren. Die Trennfrequenz ist hier noch wichtiger als bei normalen Chassis.

Harald
Der Profi spart natürlich Zeit und misst vorab alle Winkel.
Damit füttert man Simulationssoftware und sieht schnell wo das Optimum liegt.
Für den aktiven Amateur mit Acourate finde ich Raummessung mit Weichen vergleichen aber einfacher.

Vorsicht bei 5cm Messungen im Mittelhochton, gibt Phasenfehler und Auslöschungen.
Lieber Clustern: Mikro 5mm vor Tieftonmembran ganz leise sweepen. Dann 1 Meter weg mit kurzem 1-2ms Fenster. Das Zusammenfügen, irgendwo bei +-1-2kHz je nachdem wie groß der Koax ist. Wobei das für den Heimgebrauch eigentlich keinen Nutzen hat.

Gruß
Josh
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Mister Cool
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Beitrag von Mister Cool »

Hi,
Hornguru hat geschrieben:Alwin hat ja auch einen Mix aus Direktstrahler und Hörnern. Da muss man beachten dass Hörner nahe Cutoff plötzlich rapide aufweiten, darüber ganz arg zuschnüren. Die Trennfrequenz ist hier noch wichtiger als bei normalen Chassis.
Ich habe für das CD-Horn eine Messreihe (0°-90°) durchgeführt. Hier kann man sehen wie sich der FG mit dem Winkel verändert

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und daraus ein directivity pattern kreiert

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Es scheint relativ gutmutig zu sein.

Grüsse,
Alwin
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