Lumin G-U1 mini

Gerts Modifikationen
Audiophon
Aktiver Hörer
Beiträge: 835
Registriert: 29.01.2020, 16:50
Wohnort: Frankfurt a.M.

Beitrag von Audiophon »

Fortepianus hat geschrieben: 29.01.2023, 20:58 Um das zu ändern, müsste ich aber eine komplett neue Ausgangsstufe wie im G-Hub einbauen, für die hier kein Platz ist. Dann wären die Signale ebenbürtig. Beim U1mini ist XLR dem Signal auf BNC aber unterlegen, wie man sieht.

Sorry Leute für die sehr Technik-lastigen letzten Beiträge, ich verspreche Besserung.
Hallo Gert,

Besten Dank für Deine auch für Laien verständliche Erklärung. Für mich sind Deine Beiträge sowas wie die blauen Seiten des AH-Forums :wink: . Danke für die Zeit die Du Dir nimmt uns die Technik hinter unsereń´schönen Geräten zu erklären!

Vielleicht findet sich ja doch noch eine Möglichkeit eine neue Eingangsstufe im Lumin zu verbauen oder zumindest das AES-Digitalsignal durch Modifikationen zu verbessern. Schön wäre es.

Auch von mir nochmals Danke für Deine Mühen und Geduld mit uns :wink: .
Martin
Bild
Markush
Aktiver Hörer
Beiträge: 362
Registriert: 02.08.2021, 11:44

Beitrag von Markush »

Hallo Gert,

ich darf mich dem gleich anschließen! Tolle Einblicke und sehr beeindruckend zu sehen was hier selbst bei etablierten Marken / Produkten noch alles möglich ist. Die AES/EBU Verbesserung wäre auch auf meiner Wunschliste und vielleicht ist die Ausgangssituation beim U2 Mini nicht 100% ident. Aber natürlich zählt am Ende welcher Weg führt zum besten Klang.

Liebe Grüße
Markus
Bild
Jupiter
Aktiver Hörer
Beiträge: 1553
Registriert: 25.07.2014, 15:51
Wohnort: Bad Dürkheim / Pfalz

Beitrag von Jupiter »

Hallo Gert,
ich bin bei Winfried, Deine Erklärungen dürfen gerne auch sehr technisch sein.
Für das, was ich technisch nicht verstehe suche ich mir einen Erklärer.
In unserem kleinen Club werden Deine Beschreibungen gerne besprochen, ein Erklärer ist da meist dabei :cheers:

Es ist lehrreich und spannend deinen Technik-Workshops zu folgen, freut mich immer wenn letztendlich die Mörderbande identifiziert ist.

Gruß Harald
Bild
Audiophon
Aktiver Hörer
Beiträge: 835
Registriert: 29.01.2020, 16:50
Wohnort: Frankfurt a.M.

Beitrag von Audiophon »

Hallo Gert,

wäre denn zur Lösung des AES Dilemmas beim Lumin U1/2 Mini nicht folgende vom G-Hub entliehene Lösung denkbar:

viewtopic.php?p=171787#p171787

Vielleicht findest Du ja für diese Platine hinten rechts an der Seitenwand hinter dem AES Ausgang ein schönes Plätzchen... wird zwar von der Bauhöhe etwas knapp, aber die geschätzten 3 cm Bauhöhe könnten gerade noch so ausreichend sein, oder täusche ich mich :wink: ?

Viele Grüße
Martin
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Martin,
Audiophon hat geschrieben: 30.01.2023, 10:37 wäre denn zur Lösung des AES Dilemmas beim Lumin U1/2 Mini nicht folgende vom G-Hub entliehene Lösung denkbar:

viewtopic.php?p=171787#p171787
ich sag doch, das passt nicht rein. Muss aber auch gar nicht, kommt gleich.

Hallo zusammen,

habt vielen Dank für die netten Aufmunterungen.

Nun habe ich heute nochmal jede Menge an den Digitalausgängen gemessen und muss erstmal ein Stück zurückrudern. Ich hatte die Messungen am XLR-Ausgang so gemacht, dass ich ein 110Ohm-Digitalkabel in den XLR-Ausgang gesteckt hatte und am andern Ende eine Buchse mit 110Ohm abgeschlossen habe. An der habe ich dann mit einem 100MHz-Teilertastkopf 1:10 gemessen. Und damit kommt das unschöne Signal raus. Die anderen Ausgänge hatte ich so gemessen, dass ich ein 75Ohm-Digitalkabel reingesteckt habe und damit direkt zum Oszi gegangen bin mit einem 75Ohm-Zwischenstecker am Oszi als Abschluss. Nun habe ich mal die Gegenprobe gemacht und den BNC- und Cinchausgang so gemessen wie den XLR-Ausgang. Und da kommt ähnlicher Müll raus. Tastkopf defekt? Zwei andere probiert, sieht genauso aus. Also ein Stück zurück und ein bisschen nachdenken.

Ich habe dann heute morgen einen Spannungsteiler gebaut, direkt in einem XLR-Stecker, der im AES/EBU-Ausgang steckt und einen Adapter XLR auf Cinch bildet. Die Herausforderung bei einem solchen Spannungsteiler ist, dass er aus Sicht des Geräts 110Ohm darstellen muss und rückwärts aus Sicht des angeschlossenen Digitalkabels 75Ohm. Das ist eine ziemlich üble Rechnung mit zwei Unbekannten, das führt durch die Parallelschaltungen zu seitenlangen Bruchstrichen und man verrechnet sich unterwegs garantiert irgendwo. Ich habe das Papier dann entnervt zusammengeknüllt, das Problem in Excel eingegeben und solange an den Widerständen rumgespielt, bis es gepasst hat. Man braucht einen Widerstand längs von 62Ohm (47+15) und einen quer von 133Ohm (100+33). Ergibt genau die gewünschten Impedanzverhältnisse und stellt einen Teiler mit -7,2dB Dämpfung dar. Die Abschwächung ist egal, Spannung hat's ja genug am XLR-Ausgang. Damit kann ich jetzt alle drei Ausgänge auf die gleiche Weise messen, ohne Teiler und Tastkopf. Nun habe noch noch die Zeitbasis auf 10ns gestellt, damit man die Flanken besser sieht, und eine Nachleuchtdauer von 2s am Oszi eingestellt, so dass man lange und kurze Einsen und Nullen des Digitalsignals gleichzeitig sieht.

BNC:

Bild

Cinch:

Bild

XLR:

Bild

So und jetzt sieht das ganz anders aus. Der leichte Verschliff an den Flanken kommt durch den Teiler, denn eigentlich müsste man jetzt noch ein paar pF parallel zum Längswiderstand schalten, um die Eingangskapazität des Oszis auszugleichen, also passend zum resistiven Teiler den entsprechenden kapazitiven schalten. Ich spare mir das jetzt einfach mal. Entscheidend ist, dass die kurzen Impulse vom gleichen Spannungslevel starten wie die langen, und das ist bei allen drei Ausgängen sehr gut der Fall.

Wer viel misst, misst viel Mist. Kurz, ich lasse die Ausgänge jetzt so.

Viele Grüße
Gert
Bild
treble trouble
Aktiver Hörer
Beiträge: 647
Registriert: 17.03.2017, 18:54
Wohnort: NRW-SU

Beitrag von treble trouble »

Hi Gert,
Wir Etechniker bezeichnen Spannungen mit U, und wenn man die Amplitude meint, malt man so ein Dach obendrauf. Und das griechische große Delta vor der Zeit t bezeichnet die Differenz zweier Zeiten, also die Dauer zwischen zwei Zeitpunkten.
=> Sendung mit der Maus Style. Der war für mich, oder? :cheers:

Ich hätte noch eine Frage, weil ich darüber nachdenke, ob solches Tuning an einer Digitalquelle beim Routen über den minidsp SHD Studio (wo ein DSP werkelt, also eh ein neues Signal erzeugt) und dem digitalen Weiter-Routen zur Box, wo auch noch mal ein DSP werkelt bevor endlich zu analog gewandelt wird, sich noch irgendwie auswirken kann? Von den sauberen Signalkurven her würde ich tippen, dass nein. Oder wie ist da Eure Einschätzung?

Oder reduziert sich auch ggf. eingestreutes Hochfrequenzrauschen, dass sich tatsächlich bis zum analogen Teil auswirken könnte? Das wahrscheinlich am ehesten durch das Netzteil? Wobei ich ja immerhin schon ein Farad Super3 einsetze...

Schöne Grüße
Gert
Bild
Audiophon
Aktiver Hörer
Beiträge: 835
Registriert: 29.01.2020, 16:50
Wohnort: Frankfurt a.M.

Beitrag von Audiophon »

Fortepianus hat geschrieben: 30.01.2023, 13:23 Entscheidend ist, dass die kurzen Impulse vom gleichen Spannungslevel starten wie die langen, und das ist bei allen drei Ausgängen sehr gut der Fall.

Wer viel misst, misst viel Mist. Kurz, ich lasse die Ausgänge jetzt so.
Hallo Gert,

das Ergebnis Deiner akribischen Fehlersuche ist mir natürlich Recht (vor allem, da ich mir für den Lumin erst vor ein paar Tagen ein neues Habst AES Kabel gekauft hatte :D ).

Irre ich mich, oder sehen die Digitalsignale im Vergleich zum (unbehandelten) Linn recht gut aus?

Ich freue ich schon auf dem Umbau meines Lumin :wink: !

Viele Grüße
Martin
Bild
Markush
Aktiver Hörer
Beiträge: 362
Registriert: 02.08.2021, 11:44

Beitrag von Markush »

Hallo Gert,

vielen Dank nochmals um dem mit detektivischer Genauigkeit nachzugehen. Und natürlich umso erfreulich dass sich AES/EBU vom Problemkind damit plötzlich zum Spitzenkandidaten macht.

Ich freu mich auch schon auf einen Umbau - der U2 Mini sollte durch leichte Adaptierungen/Weiterentwicklungen sogar noch einen Ticken mehr Performance ergeben. Hoffe es bleibt dann preislich alles im preislich attraktiven Rahmen aber werde das auf alle Fälle unterstützen.

Liebe Grüße
Markus
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Gert,
das war ja wieder mal ein sehr respektabler Beitrag von dir, mit einer überraschenden Feststellung, dass der Klangeindruck auch mit der SPDIF-Ausgangsspannung variiert.
Fortepianus hat geschrieben: 29.01.2023, 14:15 Das heißt aber nicht automatisch, noch besser. Die Level bei AES/EBU sind ganz andere und damit liegen auch die Erkennungsschwellen viel höher. In Summe ist damit dann durch die höhere Amplitude noch nichts gewonnen außer: weniger anfällig für Störungen auf der Leitung, und das ist im Studio bei großen Kabellängen ebenso interessant wie die symmetrische Signalführung, was Störungen unterwegs weiter minimiert. Aber man sieht, dass XLR hier mit einer erstaunlich hohen Flankensteilheit aufwartet.
Die AES/EBU Schnittstelle ist sehr robust und soll auch große Leitungslängen übertragen können. Das terminierte Signal soll 2-7 Vss betragen, aber beim Eye-Pattern mindestens 200mV. AES3-id (1V) kompatibel muss es auch gemacht werden können. (Stefan Weinzierl "Handbuch der Audiotechnik", Thomas Görne "Tontrechnik")
AES3-1992 hat geschrieben:6.3.2 Maximum input signals
The receiver shall correctly interpret the data when connected directly to a line driver working between the extreme voltage limits specified in 6.2.2. NOTE – The AES3-1985 specification for line driver signal amplitude was 10 V peak to peak maximum.
6.3.3 Minimum input signals
The receiver shall correctly sense the data when a random input signal produces the eye diagram characterized by a V min of 200 mV and T min of 50% of T nom (see figure 7).
Ich interpretiere das so, dass die Eingangsempfindlichkeiten bei SPDIF und AES/EBU nicht so weit auseinander liegen, wie man es nach dem Vergleich der Normamplituden (SPDIF: 0,5 V gegen AES/EBU: 2-7 V, also 4-14mal höher) erwarten würde.

Mit einem Step-Up Übertrager (Wicklungsverhältnis 1 : Wurzel aus (110/75)) habe ich von SPDIF zu AES/EBU übersetzen können, das hat immer störungsfrei funktioniert. Galvanische Trennung vs Verschleifen der Impulsflanken, klanglich so unterschiedlich, wie Kabel nun mal auch sind.

Wenn ich sehe, dass dieselbe Anstiegszeit mit einer größeren Amplitude einhergeht, ist das für mich eine steilere Transiente, deren Verlauf nach dem Eingangskondensator ihre Steilheit behält. Eine steilere Flanke rückt die Schwellwerte für High oder Low aber zeitlich näher zusammen.
Danach dürfte Daten-bezogener Jitter, der sich aus dem längeren "Dach" der BiPhaseMark codierten "0" gegenüber den 2 kürzeren "Dächern " der "1" sich reduzieren. Er entsteht bei den Übertragern und auch Kondensatoren bedingt durch deren Zeitkonstanten /Ladevorgängen.
Cirrus (vorher Crystal) hat bei dem CS8416 Eingangsbaustein vor einen Eingangsübertrager noch einen Kondensator mit 0,1...0,47uF empfohlen, um DC abzublocken, ohne Übertrager sollten in beide Leitungen (differenzielle Eingangsstufe) jeweils 10nF. Eine Unterdrückung von Gleichtaktstörungen wird auch empfohlen, um HF fernzuhalten, oder Ferritperlen über die Eingänge. Das war schon vor 30 Jahren bei den Vorgängern so.

Deshalb meine ich, dass man eigentlich Messungen unmittelbar am Eingang des Empfängerchips machen sollte, nach den vorgeschalteten Peripheriebauteilen wie Kondensatoren, ggf. Übertrager, Abschlusswiderstand.
Ich hatte bisher den Eindruck, dass zu viel Overshoot und Ripple den Klang beeinträchtigen. Oberwellen als Störfaktor betrachtet, wohl wissend, dass steile Flanken gewünscht, aber nicht ohne ungeradzahlige Oberwellen existieren können.

Leider geben die Applikationsschriften der Hersteller gängiger Eingangschips sich sehr bedeckt, was deren Technologie zur Eingangs-Signalformung betrifft.
Es wäre doch zu einfach, mit antiparallel zum Eingang geschalteten Schottky-Dioden (Walter Schottky war ein deutscher Physiker) alles oberhalb deren Vorwärtsspannung wegzurasieren, um den Eingang nicht zu übersteuern.
Ich würde nicht ausschließen, dass mehr (zuviel) Spannung auf der Leitung mit Reflexionen auch zeitlich unkoordinierte Schwellwertüberschreitung fördern kann, dasselbe kann für dielektrische Absorption des Isoliermaterials gelten.
Es gibt also gute Gründe, den Aspekt weiter zu verfolgen, den Gert hier aufgetan hat (Optimierung der Signalamplitude, Chapeau!). Der Receiver ist da m.E. aber in die Betrachtung miteinzubeziehen, und jeder Kondensator neben rein resistiven Abschwächern unter genannten Aspekten ebenfalls, wenn er DA beeinflusst, bzw. DC-Entladung abblockt.
Grüße
Hans-Martin
P.S. ich habe vor 2 Tagen diesen Beitrag begonnen und er berücksichtigt nicht den neuesten Threadverlauf...
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Gert,
treble trouble hat geschrieben: 30.01.2023, 13:56
Wir Etechniker bezeichnen Spannungen mit U, und wenn man die Amplitude meint, malt man so ein Dach obendrauf. Und das griechische große Delta vor der Zeit t bezeichnet die Differenz zweier Zeiten, also die Dauer zwischen zwei Zeitpunkten.
=> Sendung mit der Maus Style. Der war für mich, oder? :cheers:
:mrgreen: :cheers:

Hallo Markus,
Markush hat geschrieben: 30.01.2023, 21:04 ...Und natürlich umso erfreulich dass sich AES/EBU vom Problemkind damit plötzlich zum Spitzenkandidaten macht.
gut, aber nicht der Spitzenkanditat. Dazu später mehr.

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben: 30.01.2023, 22:58 das war ja wieder mal ein sehr respektabler Beitrag von dir, mit einer überraschenden Feststellung, dass der Klangeindruck auch mit der SPDIF-Ausgangsspannung variiert.
merci.
Hans-Martin hat geschrieben: 30.01.2023, 22:58 Mit einem Step-Up Übertrager (Wicklungsverhältnis 1 : Wurzel aus (110/75)) habe ich von SPDIF zu AES/EBU übersetzen können, das hat immer störungsfrei funktioniert. Galvanische Trennung vs Verschleifen der Impulsflanken, klanglich so unterschiedlich, wie Kabel nun mal auch sind.
Bei mir auch. Fast immer. Bis auf den Digitaleingang bei Backes & Müller, der will mindestens 2,5V sehen, sonst bleibt das Gerät still. Und das war ja eigentlich der Ausgangspunkt dieser Story - ich habe einen Streamer für meinen Freund gesucht, der einen AES/EBU-Ausgang mit ausreichend Spannung und eine digitale Lautstärkeregelung hat.
Hans-Martin hat geschrieben: 30.01.2023, 22:58 Deshalb meine ich, dass man eigentlich Messungen unmittelbar am Eingang des Empfängerchips machen sollte, nach den vorgeschalteten Peripheriebauteilen wie Kondensatoren, ggf. Übertrager, Abschlusswiderstand.
Nun ja, dann strickt man sich aber eine Quelle für genau einen DAC zusammen.
Hans-Martin hat geschrieben: 30.01.2023, 22:58 Ich hatte bisher den Eindruck, dass zu viel Overshoot und Ripple den Klang beeinträchtigen. Oberwellen als Störfaktor betrachtet, wohl wissend, dass steile Flanken gewünscht, aber nicht ohne ungeradzahlige Oberwellen existieren können.
Jetzt kommen wir zu einem interessanten Punkt. Nach der reinen Theorie ist eigentlich klar, dass alles, was sich oberhalb der Schwelle für die 1 und unterhalb derer für die 0 abspielt, irrelevant ist. Eigentlich. In der Praxis spielen da aber so viele Übersprech- und Dreckeffekte mit rein, dass das eben doch nicht stimmt. Unter anderem zu dem Thema hatte ich gestern am frühen Abend ein längeres Gespräch mit René von Refine, der hier auch interessiert mitliest. Sei auch von hier gegrüßt, René. Ich fasse ganz kurz hier die Diskussion zum Zusammenhang Messung und Klang bei Digitalsignalen zusammen:

1. Cinch zeigt fast immer einen Überschwinger und einher geht etwas im Klang, das da nicht hingehört.

2. XLR zeigt zwar oft zunächst eine steile Flanke, aber dann einen etwas behäbigeren Übergang zum stationären Zustand. Daraus resultiert ein weicherer, etwas beschönigender Klangeindruck, der nicht ganz echt ist.

3. BNC zeigt die Überschwinger von 1. nicht und der erzielbare Klang ist hier der beste.
Fortepianus hat geschrieben: 30.01.2023, 13:23 Kurz, ich lasse die Ausgänge jetzt so.
Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern. Ich habe gestern bis weit nach Mitternacht noch ein den Ausgängen rumgemacht. Zunächst aber musste ich die Messtechnik weiter schärfen, um an den Kern der Sache zu kommen. Das Problem ist zunächst, dass man mit einem Kabel aus dem Digitalausgang rausgehen muss und irgendwie in den Oszillographen rein. Die naheliegendste Variante, nimm gar kein Kabel, sondern schließ den Ausgang direkt mit einem passenden Stecker ab, der den richtigen Abschlusswiderstand drin hat, geht schief. Man braucht ja trotzdem ein Kabel zum Oszi, und Teilertastkopf mit 100MHz hin oder her, die dann gemessene Signalform hat nicht mehr viel mit der Wahrheit zu tun. Also nimmt man z. B. bei einem Cinchausgang ein mit Cinch konfektioniertes Kabel, das möglichst genau 75Ohm Wellenwiderstand hat und schließt das am Oszi, der einen hochohmigen BNC-Eingang hat, mit allerlei passenden Adaptern mit 75Ohm ab und geht in den Eingang. Da lauert eine Falle. Schauen wir und das mal an:

Bild

Rechts im Bild eine perfekte Lösung, ein Durchganngswiderstand mit BNC-Eingang und -Ausgang. Einfach dazwischenstecken, behält den Wellenwiderstand bei und gut ist es. Nur, das gibt's nur für die in der Messtechnik üblichen 50Ohm. In 75Ohm ist das kaum zu finden und wenn doch, dann zu einem Preis, der nicht gerechtfertigt ist. Also muss man sich da mit einer Lösung wie in der Mitte gezeigt behelfen. Ein BNC-Zwischenstecker, an dessen Ausgang der Oszi kommt und an die beiden Eingänge kommt einmal ein 75Ohm-Stecker und dann ein Cinch-BNC-Adapter, an dem das Kabel endet. Nun, dass das für ordentlich Reflexionen sorgt, ist klar. Ich löte deshalb selbst einen solchen Durchgangswiderstand, gleich mit Cinch am Eingang zusammen, der 75Ohm hat (links im Bild). Der so gemessene Übergang von Flanke zum Dach beim Cinchausgang nochmal im Detail:

Bild

Der Überschwinger ist zu sehen zu Beginn, nachdem die Flanke hochgerauscht ist, aber dann kommt 7ns später so eine Delle nach unten und dann weitere 7ns später wieder nach oben. Das ist also eine Reflexion am Oszi, die zurückläuft zum Lumin, dort erneut reflektiert wird und dann wieder zum Oszi gelangt. Licht braucht für einen Meter 3ns, das Kabel ist ein bisschen kürzer als 1m und aufgrund des Dielktrikums ist die Signalgeschwindigkeit etwas langsamer als im Vakuum, 7ns hin und zurück passt also. Ich nehme zum Test ein längeres Kabel, und siehe da, die Dellen verschieben sich nach hinten. Wieso eigentlich kommt das dann nochmal und nochmal wieder am Oszi an? Wenn der Digitalausgang genau 75Ohm hätte, würde er das doch wegschlucken. Hat er aber offensichtlich nicht.

Das Schaltbild des Ausgangs:

Bild

V1 ganz links ist symbolisch für den Ausgang des Treiberbausteins, der den Innenwiderstand Ri besitzt, dann kommt nach C1 zur Gleichspannungsabtrennung mit R1 und R2 der besagte Spannungsteiler, danach der Übertrager T1 und über Kondensator C2 geht's an die Ausgangsbuchse. Das ist bei Cinch und XLR bis auf die im Original unterschiedlich dimensionierten Spannungsteiler genau gleich. Nun ist in dem Gerät Ri, R1 und R2 genau so berechnet, das rückwärts in Schaltung von rechts reingeschaut 75Ohm zusammenkommen. So habe ich das auch gemacht, als ich den Spannungsteiler umgestrickt habe. Aber offensichtlich ist der Übertrager nicht verlustfrei (das wäre auch erstaunlich) und erhöht den Innenwiderstand der Schaltung. Das wurde offensichtlich nicht berücksichtigt. Jedenfalls habe ich dann gestern Abend lange an dem Ausgang rumgemacht. Mit einem passend eingemessenen Widerstand R3 direkt an der Ausgangsbuchse kriegt man die Delle fast ganz weg:

Bild

C3 ist ein winziger Kondensator im Bereich weniger pF, der den Überschwinger noch ein bisschen wegschleift. Durch R3 erniedrigt sich aber wieder die Ausgangsspannung, also muss R1/R2 neu dimensioniert werde, damit das wieder passt:

Bild

Der Überschwinger ist fast weg, ganz kriegt man ihn nicht weg ohne die Anstiegszeit des Signals massiv zu verlangsamen. Aber das sieht jetzt doch viel besser aus! Nun kommt genau der gleiche zeitraubende Aufwand an den anderen beiden Digitalausgängen.

Viele Grüße
Gert
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo lieber Lumin-Fans,

der BNC-Ausgang ist viel einfacher in den Griff zu kriegen. Gleicher Widerstand R3 an der Buchse wie bei Cinch, aber ohne C3, und gut ist's, Reflexion fast weg. Alles wieder in den Hörraum gestellt. Ich beginne erwartungsfroh am Cinchausgang und stutze schon bei den ersten Klavieranschlägen. Irgendwie matt und glanzlos. Ich wechsle rüber auf BNC. Ja, so muss das klingen, zur Präzision und Abbildungsschärfe gesellt sich analoge Wärme. Ich bringe den Lumin schnell wieder in die Werkstatt und löte C3 raus, den ich im Verdacht habe. Leute, das sind wirklich nur ein paar pF*, 5,6 um genau zu sein. Das kann doch klanglich nichts bewirken! Wobei es messtechnisch schon ein bisschen was bewirkt hat. Also ohne C3 wieder an die Anlage und jetzt ist der Glanz und die Fülle wieder da. Erstaunlich. Dennoch, jetzt mit den optimierten Wellenwiderständen, zeigt sich noch klarer als zuvor: BNC klingt etwas besser. Bisschen analoger. Obwohl ich da einen Cinch-BNC-Adapter am Ausgang dran habe! Der scheint mir aber recht gut im Sinn von reflexionsfrei zu sein. Jedenfalls zeigt sich mit dem Adapter auch messtechnisch nicht dieser Überschwinger, der durch die erste Reflexion an der Buchse zurück in die Elektronik beim Weg raus aus dem Gerät entsteht. Nun könnte man natürlich eine bessere Cinchbuchse, die 75Ohm hat, reinmachen wie beim G-Hub. Die Buchse beim Lumin ist aber ganz dick reingelötet und für die WBT-Buchse hat's dann auch noch zu wenig Platz oberhalb der Platine. Aber was soll's, es gibt ja eine einfache Abhilfe: Einfach die BNC-Buchse daneben nehmen, zur Not mit Adapter.

Viele Grüße
Gert

*Für Gert (treble trouble):
[Mausmodus on]
Liebe Kinder, pF, gesprochen Pico-Farad, ist eine Einheit für die Kapazität von Kondensatoren, und zwar eine ganz kleine. Pico ist der Billionste Teil, oder zehn hoch minus zwölf, wie wir Etechniker :D sagen, oder 0,000 000 000 001 Farad. Das ist sehr wenig.
[Mausmodus off] :mrgreen:
Bild
fr.jazbec
Aktiver Hörer
Beiträge: 821
Registriert: 13.11.2019, 23:25
Wohnort: Hattingen
Kontaktdaten:

Beitrag von fr.jazbec »

Hallo Gert
Ich nutze aktuell auch ein Digitalkabel mit BNC Abschluß bei der Verbindung CDP-DAC. Stecker sind diese 75 Ohm Typen.
https://connector-distribution.com/medi ... ectors.pdf
Gruß Rüdiger
Bild
Audiophon
Aktiver Hörer
Beiträge: 835
Registriert: 29.01.2020, 16:50
Wohnort: Frankfurt a.M.

Beitrag von Audiophon »

Fortepianus hat geschrieben: 31.01.2023, 12:57 der BNC-Ausgang ist viel einfacher in den Griff zu kriegen. ... BNC klingt etwas besser. Bisschen analoger. ... Aber was soll's, es gibt ja eine einfache Abhilfe: Einfach die BNC-Buchse daneben nehmen, zur Not mit Adapter.
Hallo Gert,

ich bin ja gespant was Du für den AES Ausgang noch aus dem Hut zauberst. Aber selbst wenn er original bliebe, bin ich sicher, dass sich Dein restliches Tuning klanglich positiv auf die Gesamtperformance des Lumin aus wirkt!

Viele Grüße
Martin
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Martin,
Audiophon hat geschrieben: 31.01.2023, 17:27 ich bin ja gespant was Du für den AES Ausgang noch aus dem Hut zauberst. Aber selbst wenn er original bliebe, bin ich sicher, dass sich Dein restliches Tuning klanglich positiv auf die Gesamtperformance des Lumin aus wirkt!
beim XLR ging das gleiche Spiel, da ist der Innenwiderstand auch zu hoch und ich habe einen passenden Widerstand eingemessen.

Aber etwas anderes hat mich noch beschäftigt, die 3,3V nach dem integrierten Schaltregler. Zuerst dachte ich, vielleicht kann man ja jetzt, nachdem die Clocks und der Netzwerkchip nicht mehr von dort versorgt werden, den jetzt doch durch einen Linearregler ersetzen und habe die Drossel nach dem Regler wieder rausgelötet, um den den Strombedarf dort nochmal anzuschauen. Da fließen im Musikbetrieb 340mA, und wenn man die aus den 12V holen will, gibt das eine Verlustleistung von 3W. Damit wird ein Linearregler im TO-220 knallheiß und muss gekühlt werden. Könnte man wie bei den beiden anderen Reglern fürs Netzwerk ans Bodenblech pressen, aber dann wird die ganze Kiste unnötig warm. Und bei einem Gerät, das gerade mal 6W im Musikbetrieb aufnimmt, weitere 3W nur für die eine Spannung zu spendieren, geht mir dann doch gegen den Strich. Ich habe die Drossel wieder reingemacht und nochmal ein paar Messungen dort gemacht. Mit einem Polymerelko dahinter geht der Rest der Schaltfrequenz, die bei 340kHz liegt, zwar etwas runter, aber interessant sind scharfe Nadeln auf der Spannung, die offensichtlich durch stoßartige Stromentnahmen aus den 3,3V stammen:

Bild

Und jetzt kommt ein interessanter Sachverhalt. Wenn man Musik abspielt, wird irgendwas im Prozessor solange lahmgelegt und die scharfen Nadeln sind verschwunden. Noch ohne C dahinter, wieder mit Messverstärker x1000 hochverstärkt:

Bild

Nur noch die reine Schaltfrequenz zu sehen. Damit kann ich umgehen, ich löte ein LC-Filter dafür rein:

Bild

Und jetzt ist mit rein passiven Maßnahmen erstaunliche Ruhe dort eingekehrt, vorher rund 1,2mV Schaltreste, jetzt 110µV. Mehr als Faktor 10 mit zwei passenden Bauteilen geholt. Hat sich gelohnt, würde ich sagen.

Viele Grüße
Gert
Bild
Gambrelli
Aktiver Hörer
Beiträge: 35
Registriert: 22.01.2022, 17:21

Beitrag von Gambrelli »

Hallo Gert,

Du machst es aber spannend, wir wollen doch alle wissen, ob dieser Faktor 10 auch klanglich etwas gebracht hat.

Viele Grüße
Rüdiger
Bild
Antworten