Linn G-Selekt DSM

Gerts Modifikationen
Antworten
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Linn G-Selekt DSM

Beitrag von Fortepianus »

Liebe G-Fans,

von Linn gibt es seit Ende 2018 einen neuen Streamer, der preislich zwischen die Majik- und die Akurate-Serie eingepasst ist. Der hat den Weg sowohl in meinen Hörraum wie in meine Werkstatt gefunden. Zunächst darf er in den Hörraum. Die Bedienung ist über Kazoo gewohnt gut, und er kann auch mit dem Rad oben komfortabel direkt am Gerät bedient werden. Das sieht außerdem ziemlich schick aus. Musik reinladen geht aber nur über einen sog. Controlpoint wie eben z. B. Kazoo.

Ich habe mir inzwischen eine zweite Lichtwellenleiterstrecke geleistet und ein zweites Musigo PC3 für den Strom, so dass ich zwei Geräte unter gleichen Bedingungen gleichzeitig laufen lassen kann und nicht abwechselnd neu booten muss.

Nach dem üblichen Pegelabgleich höre ich ein bisschen Tord Gustavsen, natürlich die Misa Criolla, ein bisschen Orgel und Klavier, und den Finalsatz "Aus der neuen Welt". Ich muss sagen, der Selekt klingt gar nicht so übel. Klar, der G-DAC ledert ihn ab, was Präzision betrifft, er stellt schärfer, hat die größere Bühne und Übersicht, aber wenn ich das vergleiche mit dem ADSM3 mit seinem Katalyst-DAC, der kürzlich hier war, gefällt er mir eher besser. Er ist nicht so dunkel und verhangen abgestimmt wie der Katalyst-Akurate. Ehrlich gesagt hatte ich ein etwas müdes, verwaschenes und eher unsauberes Klangbild erwartet, wie es für den alten Majik DS im Originalzustand typisch war. Weit gefehlt. Eventuell könnte das eine gute Basis darstellen für eine weitere Modifikation.

Den Selekt kann man mit verschiedenen Modulen bestücken. Ich schraube ihn mal auf:

Bild

Bild

Man kann den Deckel ganz einfach abschrauben und das Display nach vorne wegklappen, das ist sehr schön gemacht. In der normalen Ausführung gibt es diverse Digitaleingänge:

2x S/PDIF Koax
2x Toslink
1x USB
1x HDMI ARC

Außerdem finden sich da auch noch drei Analogeingänge:

Bild

Das Blech links oben kann man rausschrauben und dort noch eine HDMI-Platine reinmachen, die man zudem mit einem Surroundmodul für Dolby, DTS & Co. aufbohren kann. Wozu Surround? Nun, es gibt drei Steckplätze für DA-Module:

Bild

Hier ist das Stereo-Line-Out-Modul, das vorher drin war, rausgezogen. Ganz ohne ein solches DA-Modul funktioniert der Selekt auch, liefert sein Signal aber nur an den Exaktausgängen für speziell dafür vorbereitete Linn-Lautsprecher oder die Exakt-Box ab. Es gibt diese Einschübe entweder als Line-Out oder mit eingebauten Endstufen. Und wenn man drei Einschübe reinmacht, kann man bis zu sechs Kanäle wandeln und damit eine Surround-Installation füttern. Schauen wir uns den rausgezogenen Line-Out-Einschub mal genauer an:

Bild

In der Mitte, mit der Plexiglasabdeckung, steckt das DAC-Modul. Es gibt zwei verschiedene, das DAC-Modul 1 und 2. Das 2er hat den sog. Katalyst-DAC drin, das 1er ist einfacher gestrickt. Das hier in meinem ist das Modul 1, und das klingt schon gar nicht schlecht. Man kann es einfach rausziehen:

Bild

Am Ende des Einschubs sieht man die Anschlüsse, Cinch und XLR:

Bild

Das DAC-Modul 1:

Bild

Haube runter:

Bild

Jetzt wird's interessant. Der Katalyst verwendet den DAC-Chip AK4497EQ, und das ganze Geheimnis des klangvollen Namens "Katalyst" ist dieser Chip. Nun gibt es im Sortiment von AKM auch einen etwas einfacheren Chip, der aber fast das gleiche kann, den AK4493EQ. Und den finde ich im Modul 1. Mein Verdacht ist, dass der Qualitätsunterschied zwischen den beiden Modulen, die sich im Preis immerhin durch einen deutlich vierstelligen Eurobetrag unterscheiden, nur zu einem geringen Teil durch die unterschiedlichen DAC-Chips bedingt ist, sondern hauptsächlich durch den bei Linn so oft zu findenden Unterschied zwischen den verschiedenen Baureihen: In der Stromversorgung. Da der Line-Out-Einschub aber als Basis die gleiche ist für Modul 1 und 2, kann der Unterschied dort nicht zu finden sein. Schauen wir trotzdem mal rein:

Bild

Rechts finden sich Regler für drei Spannungen, +9V und -9V für die Analogstufen und 3,3V für die Digitalversorgung des DAC-Moduls:

Bild

Da fehlt doch was? Richtig, wo wird denn eigentlich die klangentscheidende Referenzspannung für den DAC-Chip gemacht? Auf dem DAC-Modul selbst. Und wenn die nicht im Katalyst-Modul aussieht wie geschleckt und im Modul 1 recht lieblos mit einem Standardregler gemacht wird, würde mich das ziemlich wundern, so wie ich Linn kenne. Links im Einschub finde ich die analoge Ausgangsstufe:

Bild

Die kommt mir ziemlich bekannt vor aus dem Katalyst-Akurate, es werden auch die gleichen OPs (Burr Brown OPA1612) verwendet. Die erste Filterstufe jedoch sitzt noch auf dem DAC-Modul. Ganz hinten findet man das, was mich an den Linnausgängen schon immer stört: Satte 600 Ohm Innenwiderstand bei XLR und 300 Ohm bei Cinch. Sicher, so spart man Treiber für jeden Ausgang, weil man bei den hohen Innenwiderständen einfach Cinch und XLR+ gemeinsam aus einem OP füttern kann, aber meinen Geschmack trifft das nicht.

Ich schraube den Einschub wieder zusammen und schaue mich im Rest des Geräts noch ein bisschen um. Das Analogboard mit AD-Wandler ist recht aufwändig gemacht und hat gleich zwei ordentliche Phonoverstärker für MM und MC drauf:

Bild

Wo sitzt denn die Audioclock eigentlich? Die müsste auf dem Mainboard sein, denn sowohl der ADC wie die DACs werden davon getaktet. Ich finde eine alte Bekannte, die sehr gute SiLab Si570:

Bild

Deren Versorgungsspannung ist ganz essentiell für den Klang eines DACs. Und ich wette, dass ich genau da noch erhebliches Verbesserungspotenzial finde. An dieser Stelle waren immer schon die größten Unterschiede zwischen Majik, Akurate und Klimax festzustellen.

Viele Grüße
Gert
Bild
Thomas86
Aktiver Hörer
Beiträge: 1149
Registriert: 21.08.2018, 18:34

Beitrag von Thomas86 »

Hallo Gert,

oh wie spannend!
Ich bin gespannt was dabei heraus kommt!

Ich finde das neue Design von Linn ganz famos!

Bitte weiter mit Infos :)

viele Grüße
Thomas
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Thomas,
Thomas86 hat geschrieben: 27.01.2020, 19:01 oh wie spannend!
Ich bin gespannt was dabei heraus kommt!
ja, ich auch.
Thomas86 hat geschrieben: 27.01.2020, 19:01 Ich finde das neue Design von Linn ganz famos!
Das sieht klasse aus, finde ich auch.
Thomas86 hat geschrieben: 27.01.2020, 19:01 Bitte weiter mit Infos :)
Gerne, ich habe dann mal diverse Messungen gemacht, zunächst als Fingerübung ein paar Klirrmessungen bei verschiedenen Pegeln. Dreht man volles Rohr auf, schickt also einen vollausgesteuerten 1kHz-Sinus in den Digitaleingang und stellt die Lautstärke auf 84, liefert die Kiste immerhin 6,35Veff am XLR-Ausgang ab. Der Klirr dazu:

Bild

Der Bodensatz des Rauschens spielt sich bei -155dB ab, und das ist das, was ich von meiner neuen Mess-Soundkarte von Prism Sound kenne. Ich sehe also das Eigenrauschen der Mess-Anordnung. Das ist grandios. Und der Klirr ist mit 0,00034% bei Vollaussteuerung (!) verschwindend gering.

Nun hatte ich ja schon beim Katalyst damals festgestellt, dass man sich die analoge Verstärkungs-Einstellmöglichkeit, die bei der 24bit-Wandlung des G-DACs sinnvoll ist, schenken kann, wenn man einen echten 32bit-DAC wie den AK4497 hat. Interessant wird es, was der AK4493 macht, wenn ich im Pegel nach unten gehe. Zunächst gehe ich auf Lautstärke-Stellung 60, also 24dB niedriger:

Bild

Da bleibt mir die Spucke weg. Ich messe im Wesentlichen den Eigenklirr des ADC meiner Mess-Soundkarte, soviel ist klar. Ich gehe nochmal 24dB runter auf Lautstärke 36, wo die bisherigen Linns so gar nicht mehr gut klingen wollen. Damit ich da sinnvoll etwas messen kann, drehe ich die Verstärkung des Line-Eingangs an der Prism Sound Lyra um 12dB hoch:

Bild

Der angezeigte Klirrfaktor von 0,0011% ist eher geraten von der Software, denn im Spektrum ist lediglich K3 gerade noch so als winziges Nädelchen bei -150dB zu erahnen. Also eins wird klar, so nett meine neue Mess-Soundkarte ist, hier kommt sie an ihre Grenzen. Messtechnisch betrachtet ist es also so ziemlich egal, ob man als DAC-Chip den AK4493 wie hier oder den AK4497 wie im Katalyst verwendet.

Was mich jetzt aber besonders interessiert: Wie sieht die Versorgungsspannung der Audio-Clock aus? Ich krame meinen Batterie-betriebenen x1000-Differenz-Messverstärker raus und messe damit direkt an der Si 570:

Bild

Eieiei, da finde ich Dreck mit rund 300µV RMS auf den 3,3V. 0,3mV klingt ein bisschen freundlicher, obwohl es dasselbe ausdrückt, und ich weiß, dass so mancher Entwickler der Meinung ist, dass das ein ausgezeichneter Wert sei. Das ist im Akurate allerdings besser und im Klimax noch besser. Und im G-DAC ist das irgendwo unterhalb von 20µV. Ok, da kann ich jetzt nicht anders und ich löte die originale Versorgungsspannung ab. Für die Clock des G-Hub habe ich extra eine Platine gemacht, und die kommt jetzt hier zum Einsatz:

Bild

Ein Standard-Längsregler fürs Grobe, und dann das übliche Procedere bei meinen Clockreglern: Eine exakt an die Ausgangslast angepasste Stromquelle, die ein wenig mehr Strom erzeugt , als nachher die Clock braucht, und dann ein Querregler mit nachgeschalteter elektronischer Drossel, der gerade soviel Strom wegschluckt, dass die Spannung am Ausgang genau 3,3V beträgt. Schauen wir uns doch mal jetzt die Clock-Spannung bei exakt gleichen Einstellungen des Oszis an:

Bild

Aus diesem geraden Strich kann man das Restrauschen nicht rauslesen, deshalb erhöhe ich die Empfindlichkeit des Oszis um Faktor 10:

Bild

17µV. Geht doch. Und zwar genau so. Das, was man jetzt auf der Versorgung sieht, ist im Wesentlichen die eingestrahlte HF der Clock selbst.

Viele Grüße
Gert
Bild
Thomas86
Aktiver Hörer
Beiträge: 1149
Registriert: 21.08.2018, 18:34

Beitrag von Thomas86 »

Hallo Gert,

das Spannende geht weiter.

Übertragen auf den Klimax oder den HUB aber bedeutet dies was genau?

Neue (verbesserte) Ideen bei Linn, neuer Entwicklerr, oder .....

viele Grüße
Thomas
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Thomas,
Thomas86 hat geschrieben: 27.01.2020, 20:33 Übertragen auf den Klimax oder den HUB aber bedeutet dies was genau?

Neue (verbesserte) Ideen bei Linn, neuer Entwicklerr, oder .....
Deine Frage habe ich nicht so richtig verstanden - ich versuche, dem Selekt auf den Zahn zu fühlen, und finde eben die bei Linn immer wieder gern genommenen Bremsen, die eingebaut sind, wenn ein Produkt in einem niedrigeren Preissegment platziert werden soll. Klar haben die Linn-Entwickler neue Ideen, sonst hätten wir heute noch den Linn Akurate DS von 2007.

Nachdem ich die Clockspannung gereinigt hatte, wollte ich natürlich mal hören, ob das etwas bringt. Ja klar bringt das was, insbesondere Präzision und Klarheit. Das klingt schon ganz nett jetzt, aber ganz ehrlich, wenn ich danach auf den G-DAC umstecke, ist das eine andere Welt. Da geht der Raum auf, und alles ist so natürlich und selbstverständlich. Davon ist der Selekt noch weit weg. Ich werde mich auf die Suche nach weiteren Klangbremsen machen. Immerhin, durch die neue Clockversorgung hat der Selekt jetzt einen neuen Namen gekriegt:

Bild

Viele Grüße
Gert
Bild
freezebox
Aktiver Hörer
Beiträge: 576
Registriert: 08.07.2011, 11:42
Wohnort: München

Beitrag von freezebox »

Hallo Gert,

Danke für den tollen und ausführlichen Bericht! Ich habe mich inzwischen auch etwas mit einem Es9038q2m DAC befasst, den ich nach Anleitung eines versierten Entwicklers (Markw4) aus dem DIY Hifi-Forum getuned habe.
Was spricht denn gegen einen LDO für die Clock-Spannung, etwa einen LT3042 gegenüber Deiner Lösung? Wäre das nicht einfacher umsetzbar? Zudem wirbt dieser mit einer noch geringeren Restwelligkeit.
Außerdem war die analoge Versorgungsspannung des DAC (AVCC) ein entscheidender Punkt zum Klanggewinn. Hier stellte sich eine durch einen Opamp stabilisierte Spannungsversorgung als die klanglich beste Lösung (gegenüber üppig dimensionierter Kondensatoren und LDOs) heraus. Allerdings muss man dabei die Stromlieferfähigkeit des opamp im Auge behalten, die hängt u.a von der SR (und natürlich vom DAC Chip selbst ab). Hast Du das auch schon mal getestet?

Grüße,
Jörn
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Jörn,
freezebox hat geschrieben: 29.01.2020, 11:46 Danke für den tollen und ausführlichen Bericht! Ich habe mich inzwischen auch etwas mit einem Es9038q2m DAC befasst, den ich nach Anleitung eines versierten Entwicklers (Markw4) aus dem DIY Hifi-Forum getuned habe.
den 8-Kanal-Bruder des ES9038Q2M, den ES9038PRO, kenne ich gut aus dem Oppo 205.
freezebox hat geschrieben: 29.01.2020, 11:46 Was spricht denn gegen einen LDO für die Clock-Spannung, etwa einen LT3042 gegenüber Deiner Lösung? Wäre das nicht einfacher umsetzbar? Zudem wirbt dieser mit einer noch geringeren Restwelligkeit.
Vorsicht mit angegebenen Restwelligkeiten. Die Last ist in meinem Fall ein Oszillator, und man sieht im Wesentlichen dessen Frequenz auf der Versorgungsspannung. Die ist synchron zum Takt und trägt deshalb nicht zum Jitter der Taktfrequenz bei. Die echte dazu asynchrone Restwelligkeit meiner Versorgung ist wesentlich kleiner als die hier gemessenen 17µV. Mit solchen Längs-Querreglern habe ich eben bisher die besten Erfahrungen gemacht, sowohl bei der Clock wie bei der Analogversorgung von DAC-Chips:
freezebox hat geschrieben: 29.01.2020, 11:46
Außerdem war die analoge Versorgungsspannung des DAC (AVCC) ein entscheidender Punkt zum Klanggewinn. Hier stellte sich eine durch einen Opamp stabilisierte Spannungsversorgung als die klanglich beste Lösung (gegenüber üppig dimensionierter Kondensatoren und LDOs) heraus.
So ähnlich macht Linn das bei der Clockversorgung im Klimax und inzwischen im Akurate auch, nämlich OP plus nachgeschalteter Bipolartransistor für die Stromlieferfähigkeit, aber der Längs-Querregler mit Stromquelle aus dem G-DAC ist dem überlegen, finde ich.

Nun habe ich mir die DAC-Platine des Selekt mal genauer angeschaut. Die 5V-Analogspannung hat 24µV Restwelligkeit, das ist schon mal deutlich besser als die originale Clockspannung. Ich löte noch zwei Polymer-Caps dran

Bild

und jetzt sind es 13µV. Eine Sache ist aber auffällig auf der DAC-Platine. Im ADSM Katalyst, den ich kürzlich hier hatte, arbeiten hinter dem DAC-Chip drei Operationsverstärker vom Typ Burr Brown OPA1612. Einer der besten OPs, die es zur Zeit gibt, aber auch teuer. Genau diese OPs findet man denn auch im Schaltungsvorschlag des Datenblatts. Beim Selekt nun sitzen diese drei OPs verteilt, der erste direkt auf dem DAC-Modul, und die anderen beiden, die als Ausgangstreiber arbeiten, finden sich auf dem Basisboard des Einschubs. Dort ist im Wesentlichen die Ausgangsschaltung wie im ADSM3 zu finden mit zwei OPA1612. Und auf dem DAC-Modul 1 ist die restliche Schaltung zurück bis zu den DAC-Ausgängen - aber hier wird offensichtlich bewusst ausgebremst, denn da ist ein erheblich günstigerer Chip drin. Und das ist eine klangentscheidende Stelle, der erste OP nach dem DAC! Ich bestelle mir mal ein paar OPA1612 und bin gespannt, was passiert, wenn man den OP dort ersetzt. Im Datenblatt des verwendeten AK4493 wird übrigens ebenfalls ein OPA1612 empfohlen.

Dann ist mir die Ausgangsstufe selbst mit ihrem hohen Innenwiderstand sowieso ein Dorn im Auge. Ich mache mal für einen schnellen Test eine ganz einfache Maßnahme:

Bild

Den hohen Innenwiderstand von 600 Ohm erniedrige ich beherzt auf 50 Ohm, 25 Ohm pro Symmetriehälfte. Schon klar, dass der OP da an seine Grenzen stößt. Als Hilfestellung kriegt deshalb jeder der beiden Burschen noch einen dicken Elko an die Versorgungsfüße.

Mal hören, wie das jetzt klingt. Mehr Punch im Bass, das ist eindeutig. Der Kiste fehlt es aber immer noch an dieser spielerischen Lässigkeit des G-DACs, er klingt angestrengter. Und der Raum nach hinten, die Farben klassischer Instrumente und das Nachklingen von Beckenanschlägen könnte auch noch besser sein.

Aber ich habe das Gefühl, dass da was gehen könnte. Am DAC ist klar, was man machen muss, erstmal den OP tauschen und evtl. die Restwelligkeiten der Versorgungen noch weiter runterdrücken. Bei der Ausgangsstufe wird's komplizierter. Eigentlich gehört da die Schaltung rein, die im G-Oppo und G-DAC diese unangestrengte Präzision aus dem Ärmel schüttelt. Ich hole meine Schieblehre und stelle fest, dass ich für 6 Ausgangsstufen mit DC-Regelung und ordentlicher Versorgung gerade mal 75mm in der Länge und 59mm in der Breite habe. Könnte ein bisschen eng werden, aber ich will's versuchen. Irgendwie reizt mich diese modulare System. Wenn ich mal ein bisschen Luft habe, will ich mich da dransetzen. Im Moment kommen täglich Kisten mit Euren Linns, Oppos und PPPs zum Umbau rein, aber sobald draußen mal wieder die Sonne scheint, wird das auch wieder weniger.

Viele Grüße
Gert
Bild
h0e
Administrator
Beiträge: 3864
Registriert: 11.11.2013, 09:40
Wohnort: München

Beitrag von h0e »

Hallo Gert,

der Select mit dem modularen Aufbau würde sich doch eigentlich anbieten statt dem Dac-Board ein G-Dac-Ausgansboard zu stecken?
Daran hast Du doch sicher schon gedacht.
Ist das keine Option?

Grüsse Jürgen
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Jürgen,
h0e hat geschrieben: 29.01.2020, 15:43 der Select mit dem modularen Aufbau würde sich doch eigentlich anbieten statt dem Dac-Board ein G-Dac-Ausgansboard zu stecken?
Daran hast Du doch sicher schon gedacht.
Ist das keine Option?
das Problem ist die 32bit-Architektur wie schon beim ADSM3 Katalyst, das ist hier ebenso zu finden und passt nicht für die Burr Brown DACs.

Hallo liebe Freunde des G-Frisiersalons,

nachdem ich die Kisten zur Post getragen habe, die ich am Wochenende umgebaut habe, finde ich endlich wieder ein bisschen Zeit, am G-Selekt weiterzumachen. Ich komme eben aus dem Hörraum von einem weiteren Test: Ich habe schlicht den Ausgangs-OP hinter dem DAC-Chip (AK4493EQ) getauscht, und zwar wie beim Katalyst gegen einen OPA1612. Erstaunlich! Das ist ganz offensichtlich eine bewusst eingebaute Bremse im Standard-DAC-Modul. Das Klangbild gewinnt erheblich an Präzision durch diese Maßnahme. Im Direktvergleich mit meinem G-ADS2 DAC allerdings ist das Klangbild immer noch verhangener und auch kleiner. Den Grund dafür allerdings vermute ich nicht im DAC-Modul, sondern in der analogen Ausgangstufe. Also will ich mal auf Lochraster prototypisch was zusammenlöten.

Viele Grüße
Gert
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Liebe Threadverfolger,

nun habe ich heute also in den sauren Apfel gebissen und so eine richtig fette G-Ausgangsstufe für den G-Selekt zusammengelötet, alles auf Lochraster:

Bild

Man sieht hinter den vier dicken Burr-Brown-Ausgangstreibern die blauen Präzisionstrimmer für den Offsetabgleich und die zwei schwarzen kleinen Goldkontaktrelais, die anstelle der Mutingtransistoren beim Original arbeiten. Ich beschränke mich aus Platzgründen auf die XLR-Ausgänge und lasse die Cinchausgänge original, die sind bei mir eh arbeitslos. Von unten:

Bild

Das Bild ist in noch nicht ganz fertigem Zustand gemacht und man sieht gut, dass alle Leitungen aus Silberdraht ausgeführt sind und die Isolierungen, wenn nötig, aus Teflon. Mit der Erstellung so einer Prototypen-Platine kann man viele Stunden zubringen, und am Ende sieht das eingebaut dann so aus:

Bild

Die dicken Elkos, die ich kürzlich schon der originalen Ausgangsstufe spendiert hatte, dürfen natürlich bleiben. Die Ausgangsstufe sitzt jetzt im zweiten Stock über der originalen OP-Stufe mit den beiden OPA 1612 und ist direkt an die Ausgangsbuchsen gelötet.

Deckel drauf, und man sieht gar nicht, was unter der Haube steckt:

Bild

Nach dem Abgleich der Offsets ist jetzt aber dringend ein Auftritt im Hörraum fällig. Nach dem ersten Takt der Misa Criolla ist schon klar: Das ist eine ganz andere Nummer jetzt! Präzision hatte ich dem G-Selekt ja schon vorher anerzogen, aber jetzt hat das Kraft und Saft. Aber nicht nur das, sondern eben auch diese Lockerheit, dieses Losgelöste und das Selbstverständliche im Klang, das den G-Selekt nun in die Liga der großen G-Linns katapultiert. Immer wieder ist es beeindruckend, wieviel in der Analogstufe zu holen ist. Linn schnürt seine Geräte dort ein, sicherlich ohne es zu wollen, und ich fürchte, sie wissen es halt nicht besser. Wiederholt finde ich dort nämlich die gleichen einfallslosen Ausgangsstufen, die den Namen nicht verdienen, es ist halt ein OP mit unglaublichen 300 Ohm dahinter, erst 150 Ohm, dann ein Mutingtransistor, und dann nochmal 150 Ohm und noch ein Mutingtransistor. Zweimal das Spiel beim symmetrischen Ausgang, das macht dann stolze 600 Ohm und vier Mutingtransistoren im Signalweg. Und dann jeweils noch ein Kondensator nach Masse und eine Ferritdoppelspule, bevor es an die XLR-Buchse geht, das nenne ich totfiltern. Wenn der OP in der Liga eines OPA 1612 spielt wie hier, dann ist das Kastration. Wobei so ein OP sowieso nie (!!!) auf ein Kabel losgelassen werden sollte. Das predige ich aber seit Jahren hier und ich will mich nicht ständig wiederholen. Jedenfalls darf hier der OPA 1612 auf ganz kurzem Weg meine Ausgangsstufen füttern, die mit 2000V/µs Anstiegszeit und 180MHz Bandbreite glänzen. Ohne Gegenkopplung, die eine Abhängigkeit von der Last bedingen würde. Feine Sache. Das ist diese gnadenlose Überdimensionierung, die sich bei Analog so oft bezahlt macht. Muss man gehört haben, damit man's glaubt.

Bleibt die Frage, wird er denn meinem G-ADS2 DAC gefährlich? Nein. Der kann alles noch ein kleines bisschen besser, insbesondere leuchtet er den Raum noch tiefer aus. Aber immerhin ist der im Vergleich zum Akurate deutlich günstigere Selekt in der gleichen Liga angekommen! Es stellt sich noch die Frage, wieviel besser das Ergebnis ausfallen würde, wenn man nicht das Basis-DAC-Modul, sondern das Katalyst-Modul wählen würde. Da ginge bestimmt noch ein bisschen was. Ich kann die Kiste ja mal zum nächsten Forumstreffen mitbringen.

Viele Güße
Gert
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo liebe G-Fans,

nachdem die Gastherme wieder lief, habe ich mich in meiner Werkstatt eingenistet und den ersten G-Selekt mit meiner neuen Platine ausgerüstet, die ich extra dafür gemacht habe:

Bild

Das war schon eine kleine Herausforderung, auf den vorhandenen 57mm x 38mm vier G-Endstufen mit den BUF634, all den kleinen FETs und dem automatischen Offsetabgleich unterzukriegen. Und natürlich den Relais fürs Muting anstelle der Mutingtransistoren beim Original. Beim G-DAC sind ja sechs solche Ausgangsstufen drin, je eine für die beiden Cinchausgänge und je zwei pro symmetrischem XLR-Ausgang. Hier verwende ich aus Platzgründen die beiden Ausgangsstufen für den nicht-invertierenden XLR-Ausgang (Pin 2) ebenfalls für die Cinchausgänge. Die oben gezeigte erste Platine ist übrigens von Hand gelötet, da sitzt man ein Weilchen dran. Aber sie funktioniert perfekt, wie ich anschließend gemessen habe.

Dann versorgt die Mainclock wieder mein Längs-Querregler, der schon im G-Hub drin ist:

Bild

Diesmal etwas hübscher eingebaut als noch beim ersten Prototyp. Dann kriegt das DAC-Modul Level 1 den OP ausgelötet, der als bewusste Klangbremse wirkt, und dafür einen OPA 1612:

Bild

Der OPA ist links im Bild neben den beiden Polymerelkos, die die Analogspannung des DAC-Chips noch ein bisschen stützen dürfen. Dann fliegen ein paar Bauteile in der Ausgangsstufe raus und die Massen der Buchsen werden unten hart mit Silberdraht an die Gehäusemasse gezogen:

Bild

Dann werden die Verbindungen zur Ausgangsstufe geschaffen:

Bild

Links und rechts, jeweils invertiert und nicht-invertiert, plus das Mutingsignal, mit dem die Relais bedient werden und die Zeitkonstanten des Offsetabgleichs geschaltet werden. Außerdem kommen noch zwei fette Stützelkos an die Versorgungspunkte, zwei Panasonic FR mit sehr niedrigem ESR. Die Platine mit der Ausgangsstufe sitzt dann exakt über der originalen Ausgangsstufe. Die Spannungsversorgung und die Ausgänge werden direkt ohne Kabel angelötet:

Bild

Bild

Dann alles getestet - das funktioniert messtechnisch perfekt. Nach dem Zusammenbau erinnert nur dieses kleine Schildchen hinten drauf an die Änderungen:

Bild

Heute Abend nehme ich den G-Selekt mit in den Hörraum und teste ihn ausführlich im Vergleich mit meinem G-ADS2 DAC. Nachdem ich, wie hier berichtet, nun zwei gleiche Lichtleiterstrecken für die LAN-Anbindung habe und auch zwei gleiche Netzkabel, sind nun die Voraussetzungen genau die gleichen und ich muss nur die XLR-Kabel zu den Boxen umstecken.

Viele Grüße
Gert
Bild
Thomas86
Aktiver Hörer
Beiträge: 1149
Registriert: 21.08.2018, 18:34

Beitrag von Thomas86 »

Hallo Gert,

das klingt spannend.
Danke fürs allgemeine teilen und daran teilhaben lassen

Auf deinen Test bin ich sehr gespannt.

viele Grüße
Thomas
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Thomas,

gestern Abend also habe ich mir das Gerät ausführlich angehört. Zunächst die Quintessenz: Er klingt noch etwas besser als der Prototyp. Die Gründe dafür könnten sein:

1. Beim ersten Test damals hatte ich zwar zwei LWL-Strecken vor den beiden Vergleichskandidaten G-ADS2 DAC und G-Selekt, aber die LWL-Strecke vor dem G-DAC war die bessere. Jetzt sind beide identisch.

2. Die maßgeschneiderte Ausgangsstufe klingt vermutlich besser als die Lochrastervariante mit Handabgleich der Offsets.

Bei meiner wie immer ersten Testinstanz, der Misa Criolla, dachte ich: Oh, die Kiste könnte dem G-ADS2 DAC gefährlich werden. Der Bass noch ein bisschen kräftiger als beim G-DAC, der Chor schön breit und tief gestaffelt und die Stimme offen und klar. Bei den nächsten Stücken, Tord Gustavsen mit Sani und Karmosin, zeigte der G-DAC dem G-Selekt, wie klar, präzise und lässig ein Becken und sonstiges Schlagwerk klingen kann. Beim weiteren Gang durch Klassik, Pop und Jazz wurde dann klar: Der G-Selekt ist prinzipiell umso besser, je weniger Beteiligte auf der Bühne sind. Pop bringt er kräftig und klar rüber. Bei richtig komplexen und dichten Orchesterwerken behält der G-ADS2 DAC aber besser den Überblick, keine Frage. Und er bringt auch den Körper von Instrumenten und Stimmen besser rüber. Aber vereinfacht gesagt ist das eben das, was ein Gerät der Preisklasse des G-DAC noch ein bisschen besser kann als eines, das ungefähr die Hälfte kostet.

Insgesamt bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Ein netter Nebeneffekt ist, dass die Platine auch in jeden ADS oder ADSM mit Katalyst reinpasst, denn deren Ausgangsstufen sehen nicht nur vom Schaltplan her, sondern auch geometrisch genauso aus wie die im Line-Out-Modul des Selekt.

Viele Grüße
Gert
Bild
frmu
Aktiver Hörer
Beiträge: 872
Registriert: 07.02.2011, 16:34
Wohnort: Berlin-Friedrichshagen

Beitrag von frmu »

Moin, moin,

so, aus gutem Grund habe ich mir den gesamten Thread jetzt noch einmal zu Gemüte geführt.

Auch wenn ich nicht jedes von Gert beschriebene technische Detail verstehe - so ist doch klar geworden, hier ist wohl wieder was ganz Hervorragendes entstanden.


Gruß
Frank
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3669
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Frank,
frmu hat geschrieben: 20.04.2020, 09:49 so, aus gutem Grund habe ich mir den gesamten Thread jetzt noch einmal zu Gemüte geführt.
die Wartezeit auf Deinen G-Selekt hat bald ein Ende. Zum Verständnis für die anderen:

Frank hat den G-Selekt Nr. 1 von mir gekauft unter der Bedingung, dass ich das Gerät noch behalten darf, bis ein baugleicher Selekt, aber mit Katalystmodul bei mir eintrifft. Der kam heute an. Ich möchte nämlich gerne noch ein paar Vergleichstests machen. Dazu muss man das Baukastensystem bzgl. der Line-Out-Einschübe beim Selekt genauer verstehen.

Bild

Man sieht beide Geräte mit bereits abgenommenem Deckel. Das linke ist nagelneu und gerade ausgepackt, es hat deshalb noch die Folie auf dem Display. Auf den ersten Blick scheinen das genau die gleichen Geräte zu sein. Lediglich beim rechten fällt beim zweiten Blick etwas in der Gegend der Clock auf:

Bild

Stromversorgung mit Längs-Querreglern vom Feinsten für die Clock. Der rechte hat das nicht:

Bild

Nun ziehe ich aus beiden Geräten den Line-Out-Einschub raus:

Bild

Die sind gleich aufgebaut bis auf zwei Unterschiede: Beim oberen steht "Katalyst" auf dem DAC-Modul unter der Plexiglashaube, beim unteren nicht. Das untere ist dafür von mir ein bisschen frisiert. Und unter der Metallhaube schlummert beim unteren die fette G-Ausgangsstufe, beim oberen nicht. Die DAC-Module sind einfach nur gesteckt:

Bild

Das Katalyst-Modul (DAC Level 2) von oben ohne Plexiglas:

Bild

Bild

Nun kann man das einfach hin- und herstecken und diverse Konfigurationen im Vergleich testen. Zunächst hat man ein originales Basisgerät und eins mit G. Dann hat man einen originalen Line-Out-Einschub und einen mit G. Und dann hat man ein originales DAC-Modul Level 2 und ein Level1 mit G. Das ergibt 2 hoch 3 gleich 8 Möglichkeiten. Die sinnvollen davon werde ich mir nun anhören.

Viele Grüße
Gert
Bild
Antworten