Senkt eine Regelung (hörbar) den Klirr?

Rudolf
Webmaster
Beiträge: 4920
Registriert: 25.12.2007, 08:59
Wohnort: Bergisch Gladbach

Beitrag von Rudolf »

Hallo Roland,
RS.schanksaudio hat geschrieben:Hallo Rudolf,
Rudolf hat geschrieben: Klingt doch ganz interessant - BR für den Wumms, CB für den audiophilen Feingeist.
Genau diese vereinfachte Beurteilung würde ich so nicht vornehmen, das zeigt ja auch der bisherige Diskussionsstand.
OK, das war jetzt politisch nicht ganz korrekt. Korrekt hätte es heißen müssen:

"FIR-entzerrte BR für den klirrarmen Pegel, sensorgeregelte CB für den klirrarmen Tiefgang."
Ob der Parallelbetrieb von zwei verschiedenen Systemansätzen Vorteile bringt sei mal dahingestellt – im Automotivebereich sind Hybridautos auch nur politisch motivierte Krücken. ;-)
... aber vor allem politisch korrekt! :wink:

Viele Grüße
Rudolf
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von O.Mertineit »

Frederik hat geschrieben: So ganz genial hat B&M die Sensorregelung mit Bassreflex allerdings nicht verheiratet. Soweit ich weiß hat die BM 30 einfach zwei getrennte Kammern. Eine mit einem geregelten Chassis in CB und einmal dasselbe Chassis in einem BR Gehäuse.
Hi Frederik,

dafür hätte ich wirklich gern mal eine Explosionszeichnung o.dergl. gesehen, denn kein vernünftiger Mensch mit Sachkenntnis würde das machen. Dabei ist mir auch völlig gleich, um welche Hersteller es hier geht ...

Die Konstruktion, die Du hier vorschlägst bzw. vermutest wäre m.E. aus einer Vielzahl von Gründen absoluter Nonsens:

Das erreichbare Produkt aus Wirkungsgrad und Bandbreite ist mit einer vernünftigen BR-Konstruktion wesentlich höher als beim selben Treiber in CB.

In einer derartigen Kombination wie oben jedoch nahegelegt - 2x das gleiche Chassis jeweils 1x in BR und 1x in CB "parallel" im selben Frequenzbereich betrieben - würde des CB vor allem

- die Klirrdämpfung im gesamten Dynamikbereich verhunzen (wenn geregelt nur oberhalb Xmax)
- die Grenzdynamik herabsetzen
- im Tiefbass wenig bis nichts beitragen (zu niedrige mech. Impedanz, zu niedriges eff. Verschiebevolumen)

Es gilt hier das Prinzip des schwächsten Kettenglieds: Wenn das CB von der Grenzdynamik her im Eigenresonanzbereich am Ende ist (das ist bei gleichem Treiber sehr viel früher der Fall als bei BR), dann wäre auch das derart aufgebaute Gesamtsystem "am Ende". Jedweder BR-Vorteil "verpufft" oder kommt zunindest nicht hinreichend zum Tragen.

Durch den geringen möglichen Beitrag des CB im Tiefbass bei gleichem Treiber - Verschiebevolumen fehlt: Für jede Oktave, die es tiefer geht benötigt man 4-faches Verschiebevolumen - wäre eine rein akedamisch erhoffte "Verbesserung" des Ein- Ausschwingens durch den Parallelbetrieb des CB "beim Teufel". Denn der BR Teil müsste die Arbeit im Tiefbass ohnehin - bis hinunter zur BR Abstimmfrequenz und darunter "allein" erledigen. Für noch tiefere Frequenzen - wo CB theoretisch Vorteile hätte - fehlt unserem CB aber doch das benötigte Verschiebevolumen, denn wir haben das CB ja nicht mit 4- oder 8- fachem Verschiebevolumen ausgestattet gegenüber dem - in Gedanken parallel betriebenen - "BR-Teilsystem".

Wenn man also wirklich 2 gleiche Treiber einsetzen möchte und "mehr in Richtung CB" abstimmen will

- sanfter Tieftonabfall (raumakustisch bedeutsam und potentiell vorteilhaft)
- kürzeres Nachschwingen (bei guten BR Systemen ein rein akademisches Problem, für alle die eines daraus machen wollen, denn es ist raumakustisch vollkommen irrelevant)

dann nimmt man eine BR Abstimmung mit beiden Treibern in einem Gehäuse und wählt eine "weichere" Abstimmung, evt. mit noch deutlich sanfterem Übergang vom Durchlass- in den Sperrbereich als die oft zitierte "QB3" Abstimmung. Eine solche Abstimmung bietet dann bereits einen "Mix" aus CB und BR Eigenschaften. Oder - wenn man BR aus irgendwelchen Gründen "nicht mag" (oder nicht adäquat entwerfen kann) - lässt man einfach die Finger davon und baut CB. Das ist ohnehin eine "weise Anfängerentscheidung".

Weitere Möglichkeiten mit BR ...
Da BR recht tief abgestimmt werden kann - bei Einhaltung einiger Regeln - und auch Gehäuse mit hoher Dämpfung (geringe Systemgüte an der Eigenfrequenz) durchaus erlaubt wären (meist aber nicht sinnvoll sind ...), kann man mögliches CB Verhalten fast als "Untermenge" des möglichen BR Verhaltens sehen.

Beispiel:
Wenn man ein CB mit Gesamtgüte deutlich über 1 ("Boombox" als CB mit deutlichem Nachschwingen ...) auf eine niedrigere Güte - für besseres Einschwingverhalten - von z.B. 0,7 einstellt mithilfe eines Fließwiderstandes ("Variovent" als kommerzielle Bauart), dann hat man im Endeffekt einen BR-Port mit hohen Verlusten eingebaut.

Das System ist als BR System zu sehen, zeigt ein Verhalten unterhalb Fb welches etwa wie ein Filter 3ter Ordnung aussieht und schwingt schneller aus, als das CB System aus dem es hervorgegangen ist.

Ein solches System ist mit einer vernüftigen Software als BR-System jederzeit zu simulieren und für jeden nachvollziehbar, der ein Simulationsprogramm wie WInISD Pro oder andere zur Verfügung hat.



Parameter durch Regelung zu verschieben, und damit Klirr zu verringern, ist sowohl bei CB als auch bei BR möglich.

Grüße Oliver
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von O.Mertineit »

Bigkahoonabob hat geschrieben: Zu B&M: Mit Verlaub, das sind eben Marketingaussagen und genauso muss man sie auch einsortieren. Ich stelle es mir schwierig vor die "chaotischen" Zustände auf und unterhalb der Resonanz in einem BR System (sensorinduziert) regeln zu wollen, aber vielleicht können die Theoretiker hier weiter ausführen...
Hallo Roland,

der Begriff "chaotisch" ist aus rein technischer Sicht hier unangebracht.

Sovohl BR- als auch CB-Systeme gehören zu Klasse der "LZI" Systeme, also der "linearen und zeitinvarianten" Systeme. Bei "linear" muss ein Auge zugedrückt werden sowohl bei CB als auch bei BR, das ist jedoch praktisch bei allen real ausgeführten techn. Systemen der Fall. Natürlich spielt hier auch der Auslenkungsbereich eine Rolle, in dem das System betrachtet wird (Kleinsignal- vs. Großsignalverhalten).

LZI Systeme(*) sind grundsätzlich "gutmütig" und einer Veränderung ihrer Paramter - falls gewünscht - bzw. einer Verbesserung ihrer "realen und nur angenäherten Linearität" durch Entwurf und Einbau einer Regelung zugänglich.


Chaotische Systeme(**) zeichnen sich hingegen durch andere Eigenschaften aus und kommen typischerweise auch nicht aus der Klasse der LZI Systeme.


Grüße Oliver

____________________

(*) https://de.wikipedia.org/wiki/Lineares_ ... tes_System

(**) https://de.wikipedia.org/wiki/Chaosforschung

...
Bild
FoLLgoTT
Aktiver Hörer
Beiträge: 554
Registriert: 20.01.2011, 14:05
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo,
O.Mertineit hat geschrieben:dafür hätte ich wirklich gern mal eine Explosionszeichnung o.dergl. gesehen, denn kein vernünftiger Mensch mit Sachkenntnis würde das machen. Dabei ist mir auch völlig gleich, um welche Hersteller es hier geht ...

Die Konstruktion, die Du hier vorschlägst bzw. vermutest wäre m.E. aus einer Vielzahl von Gründen absoluter Nonsens:
Genau dasselbe habe ich auch sofort gedacht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass B&M das tatsächlich so umgesetzt hat.

Zu "chaotisch": chaotisch wird es eher auf der doppelten Resonanzfrequenz. Wenn der Antrieb und die Aufhängung des Treibers stark asymmetrisch sind, addiert sich der induzierte Gleichanteil der Membranbewegung aller im Signal enthaltener Frequenzen und die Membran lenkt stark aus oder ein (je nach Richtung der Asymmetrie). Das sieht chaotisch aus, ist aber im Grunde auch deterministisch. ;)

Das tritt bei Bassreflex prinzipiell stärker auf als bei geschlossenen Systemen. Eine hohe Einbauresonanzfrequenz und ein guter Treiber mindern den Effekt. Siehe Klippel.

Gruß
Nils
Bild
Frederik
Aktiver Hörer
Beiträge: 385
Registriert: 02.06.2013, 21:48
Wohnort: Hamburg

Beitrag von Frederik »

Hi Oliver,

Ich habe nicht gesagt, dass die beiden Chassis den selben Bereich übernehmen. Ich kann mir aber vorstellen, dass das obere Chassis den "Oberbass" übernimmt und dort für eine Klirrsenkung sorgt wo BR (bei tieferer Abstimmung) machtlos ist.

Darunter kommt dann BR zum Einsatz und der maximal mögliche Pegel im Tiefbass erhöht sich. Die BM 30 hat da unten, wenn man der "Audio" Glauben schenken mag aber auch den etwas behäbigen, langsamen BR Sound.

Was von Herrn Siegler bei dieser Box wohl aber als bewusstes Sounding verstanden werden kann.

Sonst hätte er halt versucht die erhöhte GLZ wegzubekommen. :wink:

Grüße,
Frederik
Bild
RS.schanksaudio
inaktiv
Beiträge: 682
Registriert: 08.08.2015, 12:42
Kontaktdaten:

Beitrag von RS.schanksaudio »

Hallo Nils und Oliver,

ich hatte "chaotisch" ganz bewusst in Anführungszeichen gesetzt, im Wissen, dass es so nicht formal korrekt beschrieben ist, aber umgangssprachlich die Herausforderung aufzeigt, vor der man bei solch einer Abstimmung im Gegensatz zu geschlossenen Gehäusen steht.

Bei B&M würde mich die tatsächliche Implementierung auch interessieren, nach bisheriger Aktenlage klingt das ziemlich schräg.

Viele Grüße
Roland
Bild
phase_accurate
Aktiver Hörer
Beiträge: 802
Registriert: 06.05.2008, 16:47
Wohnort: Bern

Beitrag von phase_accurate »

Frederik hat geschrieben:Mit BR und FIR hat bekommt man nur den Klirr im Bass gesenkt, gesetzt den Fall dass es schon Lautsprecher gibt die auch tatsächlich im Bassbereich FIR einsetzen. (FIR Entzerrung zur Kompensation der erhöhten GLZ).
Hallo Frederik

Wird so gemacht bei der oftmals zitierten O500. Ich gehe davon aus, dass Du das Nachfolgende weisst aber es ist vielleicht nicht allen klar:

Man muss präzisieren, dass man nicht die höhere Gruppenlaufzeit entzerren kann (dazu benötigte man eine Zeitmaschine - und um zu sehen wann diese erfunden sein wird, benötigt man wieder eine solche - und deshalb sind wir hier diesbezüglich voll im Schlamassel :wink: ) sondern die Gruppenlaufzeit-VERZERRUNGEN. Das Ganze geht dann zuungunsten der gesamten Gruppenlaufzeit. D.h. man verzögert die Signalanteile, die schneller durchlaufen soweit, dass sie gleich spät ankommen wie diejenigen, mit der ursprünglich grösseren Durchlaufzeit (und das ist bei den Daten der O500 auch schön sichtbar ).

Durch den reduzierten Hub am unteren Ende hilft BR übrigens auch Intermodulation und Dopplerverzerrungen im Mittelton zu reduzieren. Die üblichen Membranregelungen arbeiten, nebenbei gesagt, auch bei tieferen Frequenzen besser als bei hohen.

Ich gehe davon aus, dass Membranregelungen definitiv helfen, die Signalqualität messbar zu verbessern. Man führt schliesslich zu der schon erhöhten Kontrolle durch Aktivierung noch eine weitere Kontrolle hinzu. Wenn aber k2 und k3 bei einem angenommenen Beispiel LS schon bei Pegeln liegen, die als unhörbar gelten, dann noch einmal mit viel Aufwand weiter reduziert werden, ist das Konzept zwar technisch hochinteressant aber ökonomisch ist es nicht unbedingt.

Zu den Gruppenlaufzeitverzerrungen von BR kann man noch etwas sagen: Tiefe Töne, bei welchen die Gruppenlaufzeit wichtig ist (weil sie impulsartig sind), liegen meist in einem Frequenzbereich, wo CB und BR bezüglich Gruppenlaufzeitverzerrungen sich nicht allzu stark unterscheiden bei Verwendung dessleben Woofers für beide Prinzipien. Nur CB mit Entzerrung oder Regelung haben hier die Nase vorn - aber wiederum auf Kosten einer stark reduzierten Pegelreserve.


Gruss

Charles
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von O.Mertineit »

FoLLgoTT hat geschrieben: Wenn der Antrieb und die Aufhängung des Treibers stark asymmetrisch sind,
...
(Hallo Nils ..)

- verschenkt man den Treiber
- baut ein "Push/Pull" System mit 2 Treibern auf (optional auch "Compound" in Push/Pull Konfiguration)
- ...


Grüße Oliver
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von O.Mertineit »

Frederik hat geschrieben: Ich kann mir aber vorstellen, dass das obere Chassis den "Oberbass" übernimmt und dort für eine Klirrsenkung sorgt wo BR ...
Hi Frederik,

m.E. darf man immer darüber nachdenken,

wodurch entsteht der Klirr eigentlich ursächlich und in welchem Frequenzbereich ist er typischerweise am größten ?

Das ist im Tiefbass, weil hier ein Mehrfaches des Membranhubs gefragt ist, wie im mittleren und oberen Bass.

Allein das Aufteilen in mehrere Wege kann natürlich Klirr und Intermodulation ebenfalls schon vermindern ... wenn ein System etwa Tiefbass und Oberbass (Mittelton ?) gleichzeitig wiedergeben soll.

Bei mir wäre das jedoch praktisch nie der Fall, denn ich vertrete bei konventioneller LS Technik die Auffassung (übrigens ganz gleich ob geregelt, ungeregelt, BR oder CB ...), daß es wirklich hochwertige Wiedergabe in den allermeisten Räumen und Abhörsituationen ohne ein raumangepasstes Subwoofersystem ohnehin nicht gibt. Deshalb gibt es bei mit nur sehr selten Systeme, die Oberbass und/oder Mittelton übertragen und dabei gleichzeitig durch den mittleren oder gar den Tiefbass "belastet" sind.

Aus der Sicht der Klirrdämpfung und zugehöriger Hörschwellen für Klirr erübrigt sich durch diese eher raumakustisch motivierte Vorgehensweise und eine zeitgemäße Materialwahl die Notwendigkeit einer Regelung "en passant".


Grüße Oliver
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von O.Mertineit »

O.Mertineit hat geschrieben:
FoLLgoTT hat geschrieben: Wenn der Antrieb und die Aufhängung des Treibers stark asymmetrisch sind,
...
(Hallo Nils ..)

- verschenkt man den Treiber
- baut ein "Push/Pull" System mit 2 Treibern auf (optional auch "Compound" in Push/Pull Konfiguration)
- ...


Grüße Oliver
Hallo Nils,

ich habe auch bei eigenen Messungen noch nichts davon bemerkt, daß BR oberhalb von Fb wirklich Nachteile haben soll. Bei meinen unmittelbaren Vergleichsmessungen war der Klirr bei BR immer zuverlässig kleiner gleich dem Klirr bei CB und zwar sehr breitbandig bis in den oberen Bass hinein (*):

http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... =30#p91091

Im Gegenteil: Das BR "Format" zeigt auch in der Nähe des oberen Impedanzmaximums, wo Treiber und Port sich annähernd gleichphasig bewegen, wieder (oder "immer noch") eine deutliche Verbesserung der Klirrdämpfung gegenüber CB ...

Erst im Eigenresonanzbereich des (sehr langen) BR-Rohrs ändert sich das hier. Aber wir sollten in diesem Fall m.E. die Kirche im Dorf lassen, denn das war ein tief abgestimmtes Subwoofer Gehäuse, welches hier bis in den Mittelton betrieben wird: Das Verhalten oberhalb 300Hz gehörte hier nur noch "sehr eingeschränkt" zu den "relevanten Konstruktionszielen". Auch das Verhalten des Gehäuses bezüglich Plattenresonanzen ist hier für Übernahmefrequenzen <120Hz ausgelegt und bietet noch eine gewisse "Reserve" im Übernahmebereich ... 500Hz stehen da jedoch nicht mehr wirklich "auf dem Spielplan" :wink: .

Grüße Oliver
_____________

(*) Und dies obwohl der eingesetzte Treiber bezüglich Klirr "kein Waisenknabe" ist. Diese konkrete (mittlerweile veraltete) Treiber-Version hat u.a. eine Klirrspitze um 100Hz, wahrscheinlich durch Einflüsse der Schwingspulenzuleitungen.
Bild
Frederik
Aktiver Hörer
Beiträge: 385
Registriert: 02.06.2013, 21:48
Wohnort: Hamburg

Beitrag von Frederik »

Hi Charles,
phase_accurate hat geschrieben:Zu den Gruppenlaufzeitverzerrungen von BR kann man noch etwas sagen: Tiefe Töne, bei welchen die Gruppenlaufzeit wichtig ist (weil sie impulsartig sind), liegen meist in einem Frequenzbereich, wo CB und BR bezüglich Gruppenlaufzeitverzerrungen sich nicht allzu stark unterscheiden bei Verwendung dessleben Woofers für beide Prinzipien. Nur CB mit Entzerrung oder Regelung haben hier die Nase vorn - aber wiederum auf Kosten einer stark reduzierten Pegelreserve.
Das verstehe ich jetzt nicht.

Ist es für die GLZ nicht egal ob geregelt oder nicht? Solange ein geschlossenes Gehäuse verwendet und nicht allzu steile Hochpassfilter eingesetzt werden bekommt man auch ohne Entzerrung eine ännähernd lineare GLZ hin.

Das habe ich mit WinISD simuliert und bei einem meiner Subs gemessen. Funktioniert und hört sich auch so an. :)

Die Regelung kann keine GLZ Verzerrungen kompensieren die von der Weiche herrühren, das kann nur FIR.

Grüße,
Frederik
Bild
FoLLgoTT
Aktiver Hörer
Beiträge: 554
Registriert: 20.01.2011, 14:05
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Oliver,
O.Mertineit hat geschrieben:ich habe auch bei eigenen Messungen noch nichts davon bemerkt, daß BR oberhalb von Fb wirklich Nachteile haben soll.
Das Problem ist mit einem Sweep auch nicht so einfach sichtbar, sondern nur mit einem komplexen Frequenzgemisch. Der Gleichanteil der Membranbewegung erstreckt sich ja über einen größeren Frequenzbereich und ändert sogar das Vorzeichen. Wenn nun einer dieser besonders "asymmetrischen" Frequenzbereiche stark angeregt wird, z.B. durch eine Bass Drum, dann akkumulieren sich die Gleichanteile und die Membran wird nach außen (oder innen) gedrückt. Im Sweep passiert das so nicht.

Ich konnte das schon oft bei Bassreflexboxen (und z.B. Techno oder Pop) beobachten. Bei geschlossenen dagegen deutlich weniger. Dort "verschwimmt" die Membranbewegung einfach nur, aber so ein starkes Herauskommen ist nicht sichtbar. Das liegt einfach daran, dass niedrige Frequenzen bei Bassreflex keine Dämpfung erfahren (->akustischer Kurzschluss), bei geschlossen dagegen schon. Und der (temporäre) Gleichanteil ist ja nichts anderes als eine ganz niedrige Frequenz.

Das Ganze ist deswegen ein Problem, weil durch den dynamischen Gleichanteil der Membranbewegung der lineare Hub in diesem Zeitpunkt quasi "aufgebraucht wird" und nicht mehr zur Verfügung steht. Der Treiber ist also mechanisch früher am Ende, obwohl das vom Signal her eigentlich nicht so sein müsste.

Das ist auch der Grund, warum PA-Treiber meist Doppel- oder Dreifachzentrierspinnen besitzen und auf symmetrische Antriebe hin optimiert werden. Damit verschwindet das Problem zwar nicht komplett, das Symptom wird aber gelindert. Die Membran kann einfach nicht mehr so weit auslenken.

Klippel: DC Displacement


Hallo Frederik,
Frederik hat geschrieben:Die Regelung kann keine GLZ Verzerrungen kompensieren die von der Weiche herrühren, das kann nur FIR.
Das geht auch mit IIR-Filtern. Diese müssen dann aber den Amplitudengang nach unten hin linearisieren. Das funktioniert, weil sich der Lautsprecher minimalphasig verhält. Der Raum macht das ürbigens genauso. Der Druckkammereffekt erweitert mein SBA auf unter 5 Hz. Die Gruppenlaufzeit ist ein Traum und wird quasi nur noch durch das Tiefpassfilter bestimmt.

Gruß
Nils
Bild
FoLLgoTT
Aktiver Hörer
Beiträge: 554
Registriert: 20.01.2011, 14:05
Wohnort: Hannover
Kontaktdaten:

Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Frederik,

Nachtrag: die Gruppenlaufzeit eines Subwoofers ist übrigens nur im Freifeld oder in einem gut funktionierenden Subwoofersystem (z.B. DBA oder bedämpftes SBA) überhaupt so wie in der Simulation. Sobald Raummoden einen Einfluss haben und länger abklingen, ist es mit der guten GLZ vorbei. Die wird dann nahezu komplett von den Moden bestimmt und ist dort extrem hoch.

Einfach mal mit Room EQ Wizard messen. ;)

Gruß
Nils
Bild
Frederik
Aktiver Hörer
Beiträge: 385
Registriert: 02.06.2013, 21:48
Wohnort: Hamburg

Beitrag von Frederik »

Ja Nils, das stimmt.

Grüße,
Frederik
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Auslenkungsgrenzen bei BR

Beitrag von O.Mertineit »

FoLLgoTT hat geschrieben: Ich konnte das schon oft bei Bassreflexboxen (und z.B. Techno oder Pop) beobachten. Bei geschlossenen dagegen deutlich weniger. Dort "verschwimmt" die Membranbewegung einfach nur, aber so ein starkes Herauskommen ist nicht sichtbar. Das liegt einfach daran, dass niedrige Frequenzen bei Bassreflex keine Dämpfung erfahren (->akustischer Kurzschluss), bei geschlossen dagegen schon. Und der (temporäre) Gleichanteil ist ja nichts anderes als eine ganz niedrige Frequenz.

Das Ganze ist deswegen ein Problem, weil durch den dynamischen Gleichanteil der Membranbewegung der lineare Hub in diesem Zeitpunkt quasi "aufgebraucht wird" und nicht mehr zur Verfügung steht. Der Treiber ist also mechanisch früher am Ende, obwohl das vom Signal her eigentlich nicht so sein müsste.

Hallo Nils,

OK, soweit ich das sehe, ist das ein Problem der "verminderten Rückstellkraft" bei Frequenzen weit unterhalb Fb, wo ein CB noch die Rückstellkraft des Gehäuses hat, ein BR System jedoch nicht mehr. Bei BR ist dort nur noch die Rückstellkraft des Treibers selbst wirksam, außerdem "klebt" die Massereaktanz des Ports nun quasi "direkt" an der Membran, denn auch die Nachgiebigkeit der Gehäuseluft spielt bei sehr tiefen Frequenzen kaum noch eine Rolle.

Bei BR-Systemen, die durch Frequenzen weit unterhalb Fb stark beansprucht werden (z.B. weil sie recht hoch abgestimmt sind...), ist m.E. ein (aktiv digital oder analog, bzw. PLLXO) Hochpassfilter angezeigt, welches den Membranhub deutlich unterhalb Fb begrenzt und den LS vor diesen Frequenzen schützt: Wiedergeben kann er sie ohnehin nicht mit nennenswertem Pegel.

Es gibt m.E. noch einen anderen Effekt, der in Einzelfällen bezüglich "Asymmetrie" eine Rolle spielen kann, das wären "überlastete" Ports:

Die können sich asymmetrisch - zumindest aber "hubabhängig" - verhalten, wenn der Querschnitt zu klein kalkuliert ist bzw. der Port strömungstechnisch nicht auf geringe Verzerrungen optimiert ist.

Wird die Strömung im Port turbulent, dann verringert sich dessen wirksamer Querschnitt deutlich und das Gehäuse "verstimmt sich" quasi auf eine tiefere Frequenz ... was ebenfalls den Hub innerhalb der eigentlich vorgesehenen Bandbreite des LS ansteigen lassen kann. Das darf bei einer guten Auslegung natürlich nicht passieren.

Das fiele jetzt aber unter die Disziplin "Auslegung Großsignalverhalten" (im Rahmen einer bestimmten Verwendung des LS) und nicht unter die allgemeine "BR-Abstimmung".


Viele Grüße

Oliver
Bild
Antworten