NNEU hat geschrieben:
Wenn ihr ca. 1000 Euro allein für die Bestückung zweier Lautsprecher zur verfügung hättet, welche Chassis würdet ihr nehmen ?
Hallo Noel,
auf jeden Fall ist es m.E. wichtig (bei einem hohen akustisch/klanglich motivierten Qualitätsanspruch), sich für die jeweils zum Einsatzweck am besten passenden Komponenten zu entscheiden.
Das primäre Ziel ist es dann nicht, ein Budget X auszugeben oder auch nicht ... sondern den Einsatzzweck und die Auswahlkriterien zuvor gut zu beschreiben.
Bei einer (z.B.) 2-Wege Kombination ist m.E. eine der "frühen" Fragen, wo eine Übernahmefrequenz liegen könnte (und warum?), und wie sich der LS insbesondere auch im Übernahmebereich verhalten soll hinsichlich
- Rundstrahlverhalten
- Lautsprecher-/Raum Interaktion (Einsatzzweck)
und allgem. in Hinblick auf
- "priorisierte Eigenschaften" evt. auch auf bevorzugte Musik-Genre(*), Abhörpegel, Hörer bezogen
- ...
Dann ergeben sich evt. Konzepte, Auswahlmöglichkeiten und Kombinationen von Komponenten ...
Die Auswahl z.B. der Tief-/Mitteltöner (eines 2-Wege Systems) hängt auch entscheidend von Deinen Anforderungen an die untere Grenzfrequenz und erreichbare Pegel des Gesamtsystems im Tiefton ab. Diese Kriterien stehen normalerweise in einer gegenseitig beschränkenden Wechselwirkung mit der Gestaltung des Übernahmebereiches:
Wer viel Verschiebevolumen benötigt (bei 2-Wegen), der wird i.d.R. auch etwas mehr Membranfläche benötigen, was sich mit den gewünschten Eigenschaften eines Tief-/Tieftöners im (oberen) Mittelton "beißen" kann.
Wie viel Verschiebevolumen treiberseitig installiert werden muss, hängt auch von den Entscheidungen
- Gehäuseprinzip (BR oder geschlossen) ?
- Soll ein spezieller Subwoofer eingeplant werden ?
- ...
ab.
Die Frage "welche Chassis für Budget X" ist eigentlich
vollkommen uninteressant, solange man keine "Kombinationen" nach "eigenem Anforderungskatalog" bewerten kann. Budget ist etwas, das evt. bezüglich einer konkreten "Bestückungsvariante" ganz am Schluss sagen kann "geht" oder "geht nicht".
Die "besten" Kombinationen ("hart" technisch und wegen mir auch "mit Bauchanteil gefühlt" ... ) für ein bestimmtes Konzept sind selten die teuersten, die denkbar sind. Und falls doch einmal, dann muss man eben entscheiden, ob man das Geld locker macht.
Für Dich als "Ersttäter" (so hatte ich es jedenfalls verstanden ...) würde ich ganz allgemein empfehlen, mit dem Aufwand "auf dem Teppich" zu bleiben. Lautsprecherselbstbau ohne allzuviel Kenntnisse und dann noch fernab vom "nachprüfbaren und bekannten Bausatz" ist von der Preis/Gegenwert Relation sehr schnell ein sehr teures Hobby, besonders wenn man beim Material "in die Vollen" geht und "Boutique-Ware" einkauft. Was man braucht, ist jedoch Material, "das den Job wirklich möglichst 100%ig erfüllt", den ich vorher definiert habe.
Die unteren, mittleren und leicht gehobenen Preisregionen sind bei den Fertigprodukten in Relation oft schon nicht so schlecht, und sich hier eine unmittelbare "Referenz" zu suchen (evt. auch als "Vorbild", das kann auch ein "Bausatz" sein) kann für den Anfang sicher hilfreich sein, um sich nicht selbst zu betrügen und eine Orientierung zu haben.
Der persönliche Gewinn besteht dann m.E. auch aus der gemachten Erfahrung: Wieviele LS möchtest Du in Deinem Leben konstruieren und bauen ? Wie weit möchtest Du tatsächlich in die Materie einsteigen ?
Vorher ein raumakustisch/elektroakustisch und auch hörpsychologisch motiviertes Konzept zu haben, ermöglichst es dabei, auch Erfahrungen zu machen, z.B. ob bestimmte Abwägungen, die anfangs getroffen wurden auch zielführend waren (z.B. wegen niedriger Übernahmefrequenz größeren Hochtöner verwendet und auf breite Abstrahlung >8Khz verzichtet, war die Abwägung im Resultat für mich als Hörer OK ?)
Ein häufiger Trugschluss m.E. :
"Mit der Verfügbarkeit digitaler Weichen entfällt ein Teil der Entwicklungsarbeit im LS-Bau."
Das ist m.E. nicht so, nur die Herangehensweisen und Prioritäten verschieben sich. Man muss nicht mehr unbedingt passive Schaltungen entwerfen, simulieren und testen, ... das stimmt, aber man benötigt m.E. genausoviel Informationen und Einschätzungsvermögen wie zuvor, um vernünftige aktive Filter zu entwerfen und "feinabzustimmen".
Und das ein- oder andere passive Bauteil hilft auch bei aktiven Systemen noch, um die Impedanz zu stabilisieren und "das Beste" aus dem ein- oder anderen Verstärkermodul herauszuholen (vgl. u.a. Impedanzabhängigkeit einiger Class-D Module im obersten Hochton).
Grüße Oliver
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(*) Für mich persönlich ist ein "wirklich guter" LS immer auch universell bezüglich der genussvoll hörbaren Musikgenre. Trotzdem bringt es wenig, wenn Hörer und LS "so gar nicht" zusammenpassen hinsichtlich der geforderten bzw. erfüllten Eigenschaften ...