Belastbarkeit (Klirr) des Manger Schallwandlers

Daihedz
Aktiver Hörer
Beiträge: 793
Registriert: 25.06.2010, 15:09

Beitrag von Daihedz »

Gemangerte Klirrhörer und -messer!

In der Diskussion um den Manger wurden bis anhin vor allem die harmonischen Verzerrungen hin- und hergekaut. Aber war da nicht noch was ganz anderes, worüber man reflektieren könnte?
modmix hat geschrieben: Schema Verzerrungen

Bild
Die Frage, welche mich nach dem Lesen dieser Diskussion vor allem beschäftigt, ist die, was wohl den Manger trotz seiner harmonischen Verzerrungen so gut macht. Ist es möglicherweise ein besseres Verhalten in Sachen "stored energy" - besser als dasjenige anderer Wandler?

http://www.linkwitzlab.com/frontiers_2.htm#M

Sind es andere Faktoren, wie z.B. dynamisch induzierte, nichtlineare Verzerrungen, wie z.B. hier

http://www.linkwitzlab.com/frontiers_3.htm#P

oder hier

http://www.linkwitzlab.com/frontiers_3.htm#Q

beschrieben? Oder ist es noch ganz andere, hoffentlich auch messtechnisch nachweisbare Parameter, die den Manger hörphysiologisch derart bekömmlich machen? Es wäre doch nur allzu interessant, den Manger etwas systematischer unter die Mess-Lupe zu nehmen, denn an den gewonnenen Erkenntnissen könnten sich doch gegebenenfalls andere, aktive Lautsprecherentwickler orientieren, dies im Sinne eines Design-Goals für/bei Neuentwicklungen? Es wäre doch toll, wenn jemand mit einer entsprechend neu entwickelten Günstig-Kalotte daherkommen würde, welche wie ein Manger (oder noch besser) reproduzieren würde ...

Schade auch, dass wohl niemand mehr den Manger weiterentwickeln wird (können). Es wäre hochinteressant zu hören, wie ein überarbeiteter Manger, d.h. einer mit etwas manierlicheren Werten in Sachen harmonische Verzerrungen, auf die geneigte Hörerschaft wirken würde.

Beste Grüsse
Simon
Bild
cdm
Aktiver Hörer
Beiträge: 17
Registriert: 08.04.2013, 10:23

Beitrag von cdm »

Hallo Hans-Martin,

die Abhörmonitore, die Du gesehen (und gehört) hast waren die Strauss SE-MF-2 (was Du vermutlich schon weißt), die von viele Profis als "das Beste was sie jemals gehört haben" bezeichnet werden. Ich weiß gar nicht, ob diese Lautsprecher auch woanders in Deutschland benutzt werden, außer in Klosterkirchen (Stockfish), was ein Testhören sehr schwierig macht. Leider. Neugierig wäre ich schon, gelinde gesagt.

So viel ich weiss benutzen die Strauss ein TAD Tieftöner und ein Mittelhochtontreiber, der breitbandig beschaltet wird (so, ab etwa 750Hz, glaube ich); der Lautsprecher ist, wie manch andere Mastering Monitore, passiv. Der Entwickler meint, dass passiv einige Vorteile gegenüber aktiv bringt. Der Strauss SE-MF-2 soll unglaublich natürlich tönen und überragend bei der Transientenbildung sein, mit anderen Worten eine Art Manger Msmc "on Steroids".

Übrigens, sollte jemand hier in Forum die Möglichkeit haben die beiden o.g. Lautsprecher gegeneinander zu testen, wäre ich sehr dankbar wenn derjenige seine Höreindrücke hier schildern würde :D .

Erwartungsvolle Grüße,
Christian
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Christian

Ich habe vor 30 Jahren andere Lautsprecher bei Stockfisch gesehen. Strauss hat seine Firma erst vor ca. 20 Jahren gegründet.

Günter Pauler hatte immer schon ein Gespür für guten Klang. Vor fast 40 Jahren erklärte er mir, man müsse beim Schneiden (oder Kopieren) das Band rückwärts laufen lassen, weil die ansteigenden Flanken dann zu abfallenden Flanken würden, diese würden präziser und schneller erfolgen. Über den Wahrheitsgehalt einer solchen Aussage könnte ich heute noch rätseln...

Damals stand in seinem Gewölbe eine noch inaktive Plattenschneidemaschine, den Gedanken an besseren Plattenschnitt hatte er trotz aufkommender Marktdominanz von CDs und -Playern nicht aufgegeben. Mehr fällt mir dazu gerade nicht ein, außer dass Günter Pauler der erste HighEnder war, dem ich in meinem Leben begegnet bin, mit Leib und Seele, und ein netter Mensch obendrein.

Grüße Hans-Martin
Bild
KSTR
inaktiv
Beiträge: 1221
Registriert: 08.05.2008, 11:51

Beitrag von KSTR »

Ich hatte schonmal kurz das Vergnügen mit einer SE-MF-1 bei einem Studiobesuch, ziemlicher Knaller... und die wurde vom dortigen Ing. tonal als "richtiger" als die MF-2 beschrieben, welche den Hochton etwas überzeichne im Vergleich und im Diffusschall inhomogener sei. Das liegt insofern nahe weil die MF-2 noch ein "old-school" Diffraktionshorn hat, die MF-1 dagegen einen modernen eliptischen diffraktionsfreien Waveguide.
Bild
phase_accurate
Aktiver Hörer
Beiträge: 802
Registriert: 06.05.2008, 16:47
Wohnort: Bern

Beitrag von phase_accurate »

Konnte einmal die Strauss SE-MF-2 in stereo und mit zusammen mit drei SE-MF-1 in Surround in einem Studio in Basel hören. War sehr eindrücklich ! Am Beeindruckendsten war der Umstand, dass diese selbst bei hohen Lautstärken absolut souverän blieben.
Daihedz hat geschrieben: Aber war da nicht noch was ganz anderes, worüber man reflektieren könnte?
Da kommt das neue JAES wohl gerade rechtzeitig ! :wink:

http://www.aes.org/journal/online/JAES_V61/11/#paper3

Gruss

Charles
Bild
phase_accurate
Aktiver Hörer
Beiträge: 802
Registriert: 06.05.2008, 16:47
Wohnort: Bern

Beitrag von phase_accurate »

Daihedz hat geschrieben:Schade auch, dass wohl niemand mehr den Manger weiterentwickeln wird (können).
http://uk.rs-online.com/web/p/speaker-drivers/7614265/
Bild
uli.brueggemann
Aktiver Hersteller
Beiträge: 4658
Registriert: 23.03.2009, 15:58
Wohnort: 33649
Kontaktdaten:

Beitrag von uli.brueggemann »

phase_accurate hat geschrieben:Da kommt das neue JAES wohl gerade rechtzeitig ! :wink:
Da die JAES nicht allgemein zugänglich ist und der vermutlich gemeinte Rumsey-Artikel seinerseits nur auf andere Veröffentlichungen hinweist, sei denn ein direkter Link genannt, wo es Artikel zur Wahrnehmbarkeit von Verzerrungen gibt. Siehe also hier, speziell zitiert von Rumsey ist dann der Artikel

Measurement of Harmonic Distortion Audibility Using A Simplified Psychoacoustic Model - Updated

Grüsse
Uli
Bild
phase_accurate
Aktiver Hörer
Beiträge: 802
Registriert: 06.05.2008, 16:47
Wohnort: Bern

Beitrag von phase_accurate »

Ich meinte eigentlich den, der sich auf die Hörbarkeit von Phasenfehlern bezieht. Ich muss ihn selbst mal bei Gelegenheit durchlesen. Ich werde dann entsprechend daraus zitieren.

Gruss

Charles
Bild
uli.brueggemann
Aktiver Hersteller
Beiträge: 4658
Registriert: 23.03.2009, 15:58
Wohnort: 33649
Kontaktdaten:

Beitrag von uli.brueggemann »

Na ja, das Topic war für mich das Thema Verzerrung, speziell der zitierte Beitrag
Daihedz hat geschrieben:...worüber man reflektieren könnte ?
Grüsse
Uli
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

phase_accurate hat geschrieben:
Daihedz hat geschrieben:Schade auch, dass wohl niemand mehr den Manger weiterentwickeln wird (können).
http://uk.rs-online.com/web/p/speaker-drivers/7614265/
Hallo Charles

Kannst du mal ausführen, warum dieser Lautsprecher eine Antwort ist? Ist der Balanced Mode Radiator (BMR) eine Analogie zum MSW? Wird Daniela Manger das Lebenswerk ihres Vaters nicht auch entwicklungsmäßig weiterführen? Eine Dipl.-Elektroingenieurin ist sie vermutlich als Tochter ihres Vaters nicht vergeblich geworden.

MSW erzeugt die Biegewellen durch die koaxiale Anordnung zweier Schwingspulen auf einer biegeweichen Membran. Ein Distributed Mode Loudspeaker (DML) arbeitet nach anderen Prinzipien (mit dem der Manger nicht übereinstimmt), ist aber auch ein Biegewellenwandler, eher bekannt unter NXT, Lizenznehmer waren Elac, Wharfedale, Cyrus, Peerless, etc. Die Exciter arbeiten auf Sandwichmembranen, die nicht sonderlich weich sind, oft sogar erstaunlich steif.

Naim Ovator setzt ebenfalls BMR ab 380Hz aufwärts ein, Karl-Heinz Fink wird damit in Verbindung gebracht, aber ich nehme an, der mir namentlich unbekannte ehemalige NXT-Mitarbeiter hat hier eigenes mit dem bekannten Gedankengut zugammengefügt und damit die Grundlage für den BMR gelegt. Auch hier eine eher steife Membran:

Bild

Die Biegeschwingungen werden durch geschickt platzierte Massen an den Membranen erzwungen. So gesehen ist BMR mehr mit DML als mit MSW verwandt.

Es hat sich etwas getan in den letzten 15 Jahren

Grüße Hans-Martin
Bild
Raal
Aktiver Hörer
Beiträge: 1526
Registriert: 27.04.2011, 12:08
Wohnort: Unterhaching

Beitrag von Raal »

Daniela wird den MSW sicherlich weiterentwickeln. So ist ja bereits ein kleinerer MSW geplant. Die Frage ist halt ob es überhaupt Dinge am MSW zu verbessern gibt und wenn ja ob sich die auch so einfach umsetzen lassen.

Viele Grüsse
Andreas
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

uli.brueggemann hat geschrieben:Na ja, das Topic war für mich das Thema Verzerrung, speziell der zitierte Beitrag
Hallo Uli

"Rub & Buzz" waren für mich neue Begriffe, man lernt nie aus ... und Klippel hat sogar ein Messverfahren dazu.

Grüsse
Hans-Martin
Bild
uli.brueggemann
Aktiver Hersteller
Beiträge: 4658
Registriert: 23.03.2009, 15:58
Wohnort: 33649
Kontaktdaten:

Beitrag von uli.brueggemann »

Hans-Martin hat geschrieben:"Rub & Buzz" waren für mich neue Begriffe, man lernt nie aus ...
Hans-Martin,

dann nimm bitte auch noch so Begriffe wie rattling, clattering oder ringing mit dazu. :cheers:

Grüsse
Uli
Bild
cdm
Aktiver Hörer
Beiträge: 17
Registriert: 08.04.2013, 10:23

Beitrag von cdm »

Hallo Charles,
danke für Deine Klangeindrücke. Ich wäre bestimmt auch gerne dabei gewesen. Falls Du den Manger auch kennst, wie würdest Du den Unterschied beschreiben, jetzt mal abgesehen von der maximal Lautstärke? Wenn man, hypothetisch gesagt, den ultimativen Lautsprecher bauen würde, welche Prinzip wäre, Deiner Meinung nach, besser dazu geeignet?

@KSTR:
in Internet-Foren wird, m.W., der Strauss SE-MF-2 besser gehandelt als der SE-MF-1. Dieser soll zu einem späteren Zeitpunkt "nachgeschoben" worden sein, weil die Studios ein Monitor für die THX-Anforderungen gebraucht haben. Ob das wirklich so ist, kann ich nicht sagen, aber ich würde gerne die beiden Strauss gegen einander mal testen (und eventuell der MSMc1 dazu), um zu sehen was von den Hornverfärbungen der einer und den hohen Klirr der anderen in der Praxis übrig bleibt :wink: .

Schöne Grüße,
Christian
Bild
KSTR
inaktiv
Beiträge: 1221
Registriert: 08.05.2008, 11:51

Beitrag von KSTR »

Vielleicht auch noch interessant, die Studien von Earl Geddes:

http://www.gedlee.com/distortion_perception.htm

Ich habe auch schon verschiedene Experimente bzgl. der Wahrnehmbarkeit von Chassis-Klirr gemacht. Ein interessantes Resultat war dabei, dass man z.B. NIE einen Hochtonzweig allein hören darf, das hört sich immer unglaublich kaputt an, jede Menge deutlich wahrnehmbare IMD-Produkte, die aber meßtechnisch nicht vorhanden sind... denn es ist das Ohr welches bei mehr als einem einzelnen Sinus massiv(!) physikalisch klirrt, und wenn die Maskierung durch tieffrequente Anteile fehlt, schlägt das voll durch, als vermeintlicher Klirr des Wandlers. Aus dem selben Grund hört sich z.B. mehrstimmige Blockflöten-Musik grauenvoll an in dieser Hinsicht wenn es nicht mit Rücksicht auf diese Phänomen komponiert bzw. gespielt wird, obwohl hierbei auf keinen Fall jemals tatsächliche (vor dem Ohr entstandene) IMD-Verzerrungen vorhanden sind.
Bild
Antworten