Abacus C-Box 2 Tuning

Koala887
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Abacus C-Box 2 Tuning

Beitrag von Koala887 »

Hallo Zusammen,

beim letzten Forumstreffen haben es ja auch bei mir zwei kleine C2 in mein Auto geschafft, um den Fernseher im Wohnzimmer etwas zu unterstützen.

Wie die Hobbyelektroniker aber so sind, hab ich es nicht lange ausgehalten und habe die Kleinen mal aufgeschraubt, um zu sehen was drin ist. Sehr begeistert war ich danach nicht, aber mir war auch klar, daß man bei einem Preislimit von unter 500 € keine Spitzentechnik erwarten kann. Also habe ich beschlossen, die kleinen Dinger etwas aufzumöbeln und so wurde erstmal eine Bestandsaufnahme gemacht:

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Wie man sieht, nichts Besonderes. Die Spannungsregler sind einfache L7815, als OPs kamen dieTL072 zum Einsatz, für die Bassendstufe gab es sogar einen OP177. Die beiden TL072 auf den ersten 2 Bildern haben nicht mal lokale Abblockkondensatoren bekommen. Da sieht man schon, wie "pflegeleicht" die TL072 sind und warum sie von so vielen Herstellern verwendet werden. Die beiden ICs auf der Endstufenplatine bekamen immerhin je 2x 100nF spendiert, allerdings auch mit etwas Abstand zum IC.

Bevor man hier andere OPs einsetzen kann, mußte also auf jeden Fall erst mal was an der Spannungsversorgung verbessert werden. Aber selbst mit einer guten Versorgung zeigt sich dann, daß man nicht einfach die OPs tauschen kann, ohne vorher die Schaltung zu studieren. An fast allen Stellen, an denen ich die LMEs probiert habe, fing das Ganze an, wild vor sich hin zu schwingen. Da hilft dann oft nur noch die Simulation mit Pspice, und ein paar alte Lautsprecher zum Testen ...

Fortsetzung folgt. :cheers:

Schöne Grüße
Daniel
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Daniel,

die Vorgehensweise kommt mir irgendwie bekannt vor.

Da kann eigentlich nur was Gutes rauskommen. :cheers:

Lass hören.

Gruß

Bernd Peter
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Lefreck
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Beitrag von Lefreck »

Ist zwar alles nur Buchstaben/Zahlensalat für mich, aber ich bin auch gespannt :cheers:
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Koala887
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Beitrag von Koala887 »

Freut mich, wenn es doch ein paar Leute interessiert. :cheers: Also weiter gehts:

Als erstes hab ich ein bisschen Reverse Engineering betrieben und mir den kompletten Schaltplan abgezeichnet und mir einen ersten Überblick verschafft.

Aber zunächst mußte ich mich mal um die Spannungsversorgung der OPs kümmern. Die 7815 Regler flogen raus und wurden durch LM317 ersetzt. Die zusätzlichen Bauteile für die Regler habe ich einfach außen herum gebaut:

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Eingebaut, sieht das Kunstwerk dann so aus:

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Die beiden OPs auf der Hauptplatine bekamen je 2 Polymerelkos, welche ich direkt an die Anschlüsse unter der Platine gelötet habe:

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Als nächstes habe ich dann die beiden TL072 gegen 2 LME49720 getauscht. Der Doppel-OP neben dem positiven Spannungsregler ist für die Bassanhebung zuständig und funktionierte wie gewünscht.
Der Zweite auf der anderen Seite macht die Eingangsverstärkung und eine leichte Frequenzgangkorrektur für den Hochtöner. Nach dem Tausch funktionierte noch alles, aber der Hochton war total verzerrt. Auf dem Oszi waren dann auch heftige Schwingungen im Mhz-Bereich zu sehen. Die Ursache war das nachfolgende Hochpassfilter in der Endstufe, aber dazu später mehr...

Schöne Grüße
Daniel
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Daniel,

Du solltest mal darüber nachdenken, ein modernes YPS-Heft herauszugeben.
Anstelle Urzeitkrebse so LMxxx, Kondensatoren & Co. :mrgreen:

Mach weiter, ich bin auch ein Fan von Fortsetzungsromanen.
Tu dich mit Gert zusammen. Vielleicht gibt es noch den einen oder anderen ...

Grüsse
Uli
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Uli, hallo Daniel,
uli.brueggemann hat geschrieben:Mach weiter, ich bin auch ein Fan von Fortsetzungsromanen.
Tu dich mit Gert zusammen. Vielleicht gibt es noch den einen oder anderen ...
ich les' doch schon gespannt mit und bin höchst erfreut, noch jemanden an der Front zu wissen...

Viele Grüße und viel Erfolg
Gert

P.S. Hab' da noch ein Schaltplänchen für Dich, Daniel, das vielleicht nützlich sein könnte, ich melde mich nachher per PN
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo Daniel,

mit den Fotos und Erläuterungen ist Dein zielgerichtetes Vorgehen sehr schön nachvollziehbar. :cheers:
Die notwendige Analyse des vorliegenden Zustands via Erstellung des Schaltplans aus dem fertigen Aufbau gelingt hier glücklicherweise noch recht einfach. Anläßlich Reparaturen oder erwünschter Modifikationen an "nur im Werk instandsetzbaren" Geräten mußte ich vor Jahren auch öfter so arbeiten. Mitunter waren leider auch kompliziertere/doppelseitige Layouts darunter, wo der Zeitaufwand dann steil nach oben schnellte (aber was will man machen, wenn ein Hersteller - womöglich noch aus Übersee - keinerlei Unterstützung bereitstellt oder längst nicht mehr existiert...). Lohn der Mühe ist aber eine gewisse Routine und Furchtlosigkeit, so etwas auf sich zu nehmen. :wink:

Viel Platz für Modding bleibt bei der vorliegenden Elektronik zwar nicht, aber der feine Aufbau mit den neuen Spannungsreglern zeigt schon, daß Du diese Herausforderung bestens bewältigst.

Auf das Endresultat bin ich natürlich überaus gespannt ! :D

Weiterhin besten Erfolg
wünscht
Eberhard
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Koala887
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Beitrag von Koala887 »

Hallo zusammen,

schön, daß es euch gefällt. Geb mir auch alle Mühe es verständlich zu präsentieren.
uli.brueggemann hat geschrieben: Tu dich mit Gert zusammen. Vielleicht gibt es noch den einen oder anderen ...
Ich glaube nicht, daß ich ein großer Gewinn für Gert wäre. Das was er im Kopf hat, muß ich mir mühsam aus dicken Büchern saugen. Aber als Lötknecht wäre ich glaub ich ganz gut. :mrgreen:
Fortepianus hat geschrieben: ich les' doch schon gespannt mit und bin höchst erfreut, noch jemanden an der Front zu wissen...
Hallo Gert, die Idee mit den Fortsetzungsromanen hab ich mir von dir abgeschaut. Jetzt siehst du auch mal wie es ist, wenn man ungeduldig auf die Fortsetzung wartet... :cheers:

Schöne Grüße
Daniel
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Koala887 hat geschrieben:
uli.brueggemann hat geschrieben: Tu dich mit Gert zusammen. Vielleicht gibt es noch den einen oder anderen ...
Ich glaube nicht, daß ich ein großer Gewinn für Gert wäre. Das was er im Kopf hat, muß ich mir mühsam aus dicken Büchern saugen. Aber als Lötknecht wäre ich glaub ich ganz gut. :mrgreen:
Daniel,

mein freundlicher Vorschlag bezog sich auf die Herausgabe eines YPS-Heftes für Aktivhörer!

Und eine Publikation lebt nicht nur von einem Schreiberling. Und wie Du ja nachlesen kannst, sind Deine Beiträge gern gesehen. Und sei es auch als Feuilleton-Rubrik "Tagebuch eines Lötknechts". :cheers:

Grüsse
Uli
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Koala887
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Beitrag von Koala887 »

Hallo Uli,
uli.brueggemann hat geschrieben: mein freundlicher Vorschlag bezog sich auf die Herausgabe eines YPS-Heftes für Aktivhörer !
da ich recht schreibfaul bin und wie Gert vermutlich auch meistens keine Zeit habe, wird das wohl ein sehr dünnes Heft werden. :wink:

Ok, dann machen wir mal weiter:

Die Ursache für das Schwingen ist der nachfolgende Hochpassfilter der Hochtonendstufe. Dieser ist als MFB-Filter aufgebaut und bei genauerer Betrachtung der Schaltung sieht man auch gleich warum:

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Der am Eingang angeschlossene LME ist bei höheren Frequenzen über C1 + C2 direkt mit dem Ausgang der Endstufe verbunden. Der OP sieht an seinem Ausgang also eine rein kapazitive Last (in diesem Fall ca. 15nF), welche er treiben muß und das mag er bekanntermaßen überhaupt nicht. :? In der vorliegenden Schaltung wurde deshalb ein Kondensator vom OP-Ausgang auf den invertierenden Eingang gelegt, um die Phasenverschiebung zu kompensieren.

Da der LME aber um ein Vielfaches schneller ist als der TL072, reichte diese Kompensation nicht mehr aus.
Man könnte jetzt einfach das Filter mit kleineren Kondensatorwerten neu berechnen, allerdings würde man dann für die Widerstände recht hohe Werte erhalten, was dann andere Probleme hervorrufen würde. In der Literatur wird vorgeschlagen, zwischen OP-Ausgang und kapazitiver Last einen kleinen Widerstand in Reihe zu schalten. Gesagt, getan und siehe da, es funktioniert. :D

Die Sache hat nur einen kleinen Haken: Duch den Widerstand wird auch die Verstärkung des MFB-Filters beeinflusst, wodurch der Hochtöner jetzt etwas leiser spielt. :? Der Verstärkungsfaktor wird ja durch das Verhältnis von C1 + C2 bestimmt. Der Trick dabei ist jetzt, den gleichen Widerstand auch in Reihe zu C2 zu schalten, wodurch das Verhältnis dann wieder stimmt. :cheers:

Schöne Grüße
Daniel
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Koala887
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Beitrag von Koala887 »

Hallo Zusammen,

hat jetzt leider etwas länger gedauert, bis ich wieder Zeit zum schreiben hatte, aber ein bisschen Musik hören will man ja schließlich auch. :cheers: Bisher war ja noch alles recht einfach nachvollziehbar, aber jetzt geht es ans Eingemachte.

Als nächstes ist die Hochtonendstufe dran:

Wenn man die Schaltung mit dem LME49710 simuliert, ist sie nicht stabil. Was anderes habe ich hier auch nicht erwartet, da der LME ein viel höheres Verstärkungs-Bandbreite-Produkt als der TL071 hat (55 zu 3 MHz). Einfach ausgedrückt heißt das, daß der LME einem Eingangssignal viel schneller folgt, als die nachgeschaltete Endstufe, welche nur auf eine Bandbreite von ca. 300 kHz kommt. Bevor die Endstufe also überhaupt anfängt ihr Ausgangssignal zu ändern, ist der LME schon längst am Anschlag.

Normalerweise würde man jetzt den LME wieder mit einem kleinen Kondensator vom Ausgang auf den invertierenden Eingang etwas "ausbremsen", nur leider funktioniert das hier nicht. Da anstatt einer einfachen Gegenkopplung, das oben gezeigte Netzwerk des Hochpassfilters über die ganze Endstufe gespannt wurde, würde der zusätzliche Kondensator den Frequenzgang des Filters verbiegen... :? Die andere Möglichkeit wäre dann noch, die Endstufe schneller zu machen.

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Beim Betrachten der Ausgangsstufe ist mir dann auch gleich aufgefallen, daß die Widerstände R1 und R2
recht hochohmig sind. Bei anderen Endstufen haben diese meist einen Wert um die 100 Ohm. Reduziert man diesen Wert, erhöht sich auch die Bandbreite.

Als kleine Erklärung: Jeder Transistor hat ja eine Basis-Emitter-Kapazität, welche durch den Basisstrom erst mal geladen werden muß, bevor der Transistor leitend wird. Beim Sperren wird diese Kapazität dann wieder durch die Widerstände entladen, was bei einem höheren Wert natürlich auch länger dauert.

Also habe ich den Ruhestrom durch die Treibertransistoren erhöht, wodurch sich die Widerstandswerte auch verringert haben. Danach mußten nur noch die Kompensationskondensatoren angepasst werden und dann war das Ganze stabil. :mrgreen:

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Den Ruhestrom durch die Endtransistoren habe ich auch erhöht, um die Übernahmeverzerrungen weiter zu reduzieren. Dadurch wurde es aber auch nötig, den temperaturabhängigen Arbeitspunkt der Transistoren mit einem NTC (wie in der TT-Endstufe) zu stabilisieren. Durch diese Maßnahmen sank dann der Klirrfaktor der Endstufe auf 1/10 des ursprünglichen Wertes. :D

An der Tiefton-Endstufe hab ich mir aber auch die Zähne ausgebissen. Als Endtransistoren wurden hier Darlingtons eingesetzt, wodurch die oben genannten Maßnahmen nicht funktionierten. Allerdings ist der hier verwendete OP177 auch nicht so schlecht, sodaß ich nur den Ruhestrom der Endstufe angepasst habe.

Schöne Grüße
Daniel
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Daniel,

wow, klasse, wie Du das rausgefunden hast, wie man die LMEs einsetzen und den Endstufen noch ein bisschen unter die Arme greifen kann. Besonders freut mich natürlich, meine 7mOhm-Polymerelkos bei Dir wieder zu treffen :cheers: . Macht sich die Frisur der Endstufen klanglich bemerkbar?

Viele Grüße
Gert
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Koala887
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Beitrag von Koala887 »

Hallo Gert,

danke, das hört man gern. :cheers:

Das Ganze hat auch etwas länger gedauert als es hier den Anschein macht. Am Anfang habe ich die Endstufe ja simuliert und erstmal auf Lochraster aufgebaut und war dann frustriert, weil es trotzdem nicht ging. :|
Bis ich darauf gekommen bin, daß die Standardauflösung in Pspice den Frequenzbereich des LME überhaupt nicht abdeckt. Danach stimmten die Ergebnisse sehr gut mit der Wirklichkeit überein.

Klingen tut es jetzt ganz furchtbar, mittlerweile hab ich wieder alles zurück gebaut!

Ne, war nur Spaß. Eine detaillierte Beschreibung traue ich mir noch nicht zu, weil ich keinen direkten Vergleich mehr habe. Ich bilde mir aber ein, daß sie jetzt etwas präziser ist und man mehr Details heraus hört. Ich hoffe aber, daß ich sie demnächst mal gegen ein paar original C2 hören kann.

Zum Schluß gibt es noch 2 Bilder:

Die Innenwände habe ich noch mit Alubutyl beklebt, welches noch vom letzten Autoumbau übrig war.

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Und danach noch ein bisschen mehr Dämmwolle eingebracht:

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So, das war's. Ich hoffe es hat allen gefallen und war nicht zu kompliziert. Da Gert keine Einwände hatte, habe ich vermutlich alles richtig erklärt. :D

Schöne Grüße
Daniel
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Daniel,

Koala887 hat geschrieben: Bild

So, das war's.
Entweder ist das der neue Breitbandwollspeaker aus Bamberg oder Du hast was vergessen.

Gruß

Bernd Peter
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Koala887
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Beitrag von Koala887 »

Hallo Bernd,
Bernd Peter hat geschrieben: Entweder ist das der neue Breitbandwollspeaker aus Bamberg oder Du hast was vergessen.
jetzt enttäuschst du mich aber, daß du den noch nicht kennst! :roll:
Die Wolle nimmt die Schärfe und sorgt für einen flauschigen Klang und fette Bässe! :mrgreen:

Schöne Grüße
Daniel

P.S.: Man muß Gott für alles danken, auch für einen Oberfranken...
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