Vorstellung: Subtraktivweiche, mal digital

musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Roman,
moin Ralph,
moin Forenten,

das klingt äußerst vielversprechend, zumal ich mit Dir, Ralph, die BM 30 vom Forumstreffen 2011 -- also dem vorletzten -- noch gut im Ohr und damit unsere ähnlichen Hörgewohnheiten in Erinnerung habe.

Wie viel Peripherie ist denn für den Betrieb der Weiche erforderlich? Ich meine zusätzliche, bei Ersatz einer herkömmlichen -- sprich analogen -- Weiche? Das
RPWG hat geschrieben:Bis zu vier Wege können (theoretisch) realisiert werden, jeder einzelne mit Pegelsteller und sowohl symmetrisch als auch unsymmetrisch abgreifbar.

Eingangsseitig stehen zwei vollsymmetrische Eingänge zur Verfügung, man könnte also auch ein 2-Weg Stereosystem aufbauen.
liest sich für mich so, als könnte ich sie -- von Stromversorgung, Platzbedarf und ähnlichen Nebenfragen einmal abgesehen -- direkt analog einsetzen. Ist das so? Befinden sich mithin sechs Wandler -- zwei A/D- und vier D/A-Wandler -- auf der Platine? Oder verstehe ich das alles irgendwie falsch?

Und wo wir schon mal dabei sind: könnte man sie dann nicht gleich wahlweise digital ansteuern?

Herzliche Grüße

Peter
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Peter

Ohne dem Roman vorgreifen zu wollen.

Diese Weiche ist ca 160*100mm groß hat 2 analoge Eingänge und 4 analoge Ausgänge, sowohl symmetrisch, als auch asymmetrisch.

Sie benötigt 3 Betriebsspannungen.

1 mal + - 10-15V ca 100mA für den Analogteil und einmal 7-10V ca 300mA für den Digitalteil.

Wenn man die analoge Weiche einer BM6 ersetzen will, wird die alte Weiche trotzdem noch benötigt.
Auf der alten Weiche befinden sich noch die 3 Integratoren für die Regelung und die Stromversorgung für den Hochtöner. Man müsste an der alten Weiche am Schleifer der Pegeleinstellpotis auftrennen, und doch die Ausgänge der neuen Weiche einkoppeln.

Ansonsten ist die Weiche standalone-fähig. Man kann sie also direkt in die Box einbauen.

Was die direkte digitale Ansteuerung betrifft , fragst du am besten den Roman. Sollte aber prinziepiell möglich sein.

Ralph Berres
musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Ralph,
moin Roman,
moin Forenten,

danke, Ralph, für die Erläuterungen. Schon sehr erstaunlich, welcher Funktionsumfang auf einer Platine im Oktavheft-Format Platz findet. Dies ist insofern bemerkenswert, als die erreichte Qualität ausgesprochen hoch sein dürfte. Ich kann das nicht beurteilen, es aber aus dem Projekt als solchem sehr einfach schließen: wenn es halbherzig gemacht worden wäre, hättest Du, Roman, es ja auch gleich lassen können, denn es geht ja gerade darum, bereits vorhandene Lösungen zu übertreffen.

Daher wäre in meinen Augen ein Austausch mit Gert über diese Lösung im besonderen, aber auch über den allgemeinen Stand der Weichenentwicklung besonders interesssant. Vielleicht führen ihn seine umfangreichen Aktivitäten einmal auf diesen Strang.

Ich nehme Deine, Roman, Weiche jetzt mal zum Anlass, diesen

http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=16&t=1029

Strang wiederzubeleben. Mal sehen, was dabei herauskommt.

Herzliche Grüße

Peter
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Peter

Lasse Roman die Weiche erst mal in den endgültigen Zustand versetzen, und die ersten Tests am lebenden Objekt ( hoffentlich meine BM76 sofern ich mir das finanziell leisten kann ) bestanden haben.

Dann kann sich Roman dazu äusern, was er weiter mit der Weiche vor hat. Es obliegt ihm ja schließlich, ob er sie als fertige Weiche hier anbietet, oder ob er (wie vermutlich ursprünglich geplant) sie nur als Weiche für seinen Lautsprecher baut. Er ist ja schließlich derjenige, der sie entwickelt und gebaut hat. Ich habe nur von erfahren, und meine persöhnliche Wünsche geäußert, die er eventuell versucht zu implementieren. Vielleicht sollte man ihm auch überlassen, ob er sich bezüglich seiner Weiche dem Forum einer Diskussion stellt. Ich persönlich finde es von allen Konzepten welche ich kenne, als die interessanteste Variante.

Letztendlich ist es hier ja auch schon fast eine Glaubenssache (wie so vieles hier) ob ein analoges oder digitales Weichenkonzept das bessere ist. Sich an Glaubenskriegen zu beteiligen hat Roman vermutlich keine sonderliche Lust.

Das Problem, was Roman und auch mich ein bisschen zum Aussenseiter macht, ist, das wir diese Eigenschaften von solchen Bausteine rein nüchtern, pragmatisch und rein technisch betrachten, und erst dann eine Musikalität daraus ableiten.

Ralph Berres
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Hallo zusammen!
musikgeniesser hat geschrieben: Befinden sich mithin sechs Wandler -- zwei A/D- und vier D/A-Wandler -- auf der Platine? Oder verstehe ich das alles irgendwie falsch?

Und wo wir schon mal dabei sind: könnte man sie dann nicht gleich wahlweise digital ansteuern?
Du hast im Gegenteil sogar alles richtig verstanden :wink: , siehe Ralphs Ausführungen. Eine digitale Ansteuerung stellt kein Problem dar. Ich habe dem hier verbauten DSP in meinen Monitoren einen AES/EBU- Eingang spendiert. Man muss sich dann mit einer (A)SRC nach 96 kHz anfreunden.
musikgeniesser hat geschrieben:Dies ist insofern bemerkenswert, als die erreichte Qualität ausgesprochen hoch sein dürfte.
Das werden wir sehen :D ! Es kann genauso gut sein, dass wir uns am Ende an den Kopf fassen und rein gar keine Verbesserung hören. Momentan sehe ich das alles noch rein unter dem Aspekt möglichst unverfälschter Signalbehandlung. Und wenn es nur für den Seelenfrieden ist :mrgreen: ...
Ralph Berres hat geschrieben:Sie benötigt 3 Betriebsspannungen.
Diese kann man aus einer vorhandenen 10V AC- Wicklung (wie in der BM6 etc.) gewinnen, sofern sie genügend Strom liefert. Auf der Platine sind einige Bohrungen für M3 Gewindebolzen vorgesehen, auf denen ein Huckepack- Platinchen mit dem Netzteil Platz finden kann.
Ralph Berres hat geschrieben:Lasse Roman die Weiche erst mal in den endgültigen Zustand versetzen, und die ersten Tests am lebenden Objekt ( hoffentlich meine BM76 sofern ich mir das finanziell leisten kann ) bestanden haben.

...

Vielleicht sollte man Ihm auch überlassen, ob er sich bezüglich seiner Weiche dem Forum einer Diskussion stellt.
Ich bin sehr gespannt, wie sich die Weiche schlagen wird :cheers: . In dem Zusammenhang wäre es natürlich hochinteressant, einige Blind-AB-Tests durchzuführen. Dann wird man sehen, in welche Richtung es geht. Sollte kein Unterschied zu der alten (nicht mal abstrahlungsoptimierten) Weiche der BMs feststellbar sein, melde ich schon mal Elektronikschrott an :) .

Ich bitte sogar um Diskussion! Man lernt nur dazu.
Solange es nicht darum geht, ob dieser oder jener A/D- Wandler nicht den traumhaft seidigen Klang der teuer bezahlten Röhrentriode im CD-Player wieder mit digitaler Kratzbürstigkeit wegkompensiert :wink: ...
musikgeniesser hat geschrieben:Ich nehme Deine, Roman, Weiche jetzt mal zum Anlass, diesen

viewtopic.php?f=16&t=1029

Strang wiederzubeleben. Mal sehen, was dabei herauskommt.
Das schaue ich mir mal an!
phase_accurate hat geschrieben:Die ursprüngliche Idee der zwei Herren war, das Ausgangssignal eines Tiefpasses vom verzögerten Eingangssignal zu subtrahieren.
Charles, ich revidiere meine Aussage von weiter oben. Die subtractive delay Weiche ist in der Tat phasenlinear. Das Problem steckt wohl in der geforderten Genauigkeit des Delays. Digital bin ich ja an n/Fs gebunden. Ich habe jetzt eine LR4 3-Weg Weiche in IIR geladen, die ich die Tage durchmesse. Die Summe ist laut Simulation jedoch im Übergangsbereich des Bandpasses auf den Tiefpass nur auf +/-1dB genau (OK - jeder Raum da hat mehr Einfluss :roll: ...). Der verminderte Rechenaufwand kann sich dafür sehen lassen.

Grüße,
Roman
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Q.E.D. :mrgreen:

Kleiner Gratistip wegen dem Delay: Zuerst Uebernahmefrequenz festlegen, dann Gruppenlaufzeit berechnen und den nächstgelegenen Wert n auswählen. Dann kann man die Uebernahmefrequenz so anpassen, dass es stimmt.

Gruss

Charles
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Genau genommen müsste man von der zeitlichen Auflösung des Delays reden. Die Auflösung ist hier das Grobe. Die Genauigkeit des Delays hingegen ist so hoch, dass eine analoge Implementierung gegenüber einer korrekt ausgeführten digitalen Lösung niemals mithalten kann.

Gruss

Charles
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

phase_accurate hat geschrieben:Genau genommen müsste man von der zeitlichen Auflösung des Delays reden. Die Auflösung ist hier das Grobe. Die Genauigkeit des Delays hingegen ist so hoch, dass eine analoge Implementierung gegenüber einer korrekt ausgeführten digitalen Lösung niemals mithalten kann.
Es lassen sich doch auch subsample-Delays realisieren. Man ist also nicht nur auf die Zeit eines Abtastintervalls als kleinstes Delay festgelegt.

Grüsse
Uli
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Hallo Uli

Ich habe so etwas noch nie gemacht. Ich stelle mir vor, dass man hierfür von der Programmierung her einen höheren Aufwand treiben muss als einfach das passendste Delay zu wählen und dann das Prototypfilter anzupassen.

Wei konkret würde man dies tun ? Mir kommt nur gerade die Kombination von "echtem" Delay und einem IIR Allpass mit hoher Polfrequenz in den Sinn.

Von wegen Allpass: Da man ja digital ein Delay sehr gut einfach erzeugen kann und analog nur mühsam, muss man mit der Gruppenlaufzeit des Prototypfilters (d.h. dem zu subtrahierenden Tiefpass) nicht so haushälterisch umgehen wie bei einer analogen Implementierung. D.h. man könnte mit zusätzlichen Allpässen die Gruppenlaufzeit des Tiefpasses bis deutlich über dessen Grenzfrequenz entzerren, so dass es noch etwas Optimierungsmöglichkeiten bezüglich Lobing geben würde , auf Kosten einer höheren Gruppenlaufzeit (Nicht zu verwechseln mit Gruppenlaufzeitverzerrung, diese kennt dieses Filter ja nicht, sondern einfach das Gesamtdelay).

Mit Hilfe von Subtractive-Delay erzeugten Hochpässen könnte sogar die Gruppenlaufzeit bis unter die untere Grenzfrequenz des Speaker entzerrt werden:

Entweder als Vorfilter zu einem mittels Gegenkopplung "flachgeprügelten" Woofer oder mittels klassischer Entzerrung (wie z.B. LTF für Geschlossenoder dann höherer Ordnung bei Bassreflex). Dies würde dann natürlich zu Lasten von einem höheren Gesamt Delay gehen. Bei reinem Musikhören kein Problem, bei Livesound oder Homecinema schon. Deshalb bietet ja z.B. die K+H O500 verschiedene Grade der Gruppenlaufzeitentzerrung.

Gruss

Charles
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Es ist endlich soweit.

Romans Weiche wird die Tage auch in meiner BM76 werkeln, siehe:

Schon immer wollte ich meine BM76 zersägen!

Ralph
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Noch mal was zum Thema Pre-Ringing und pseudo-akausale Phänomene.

Letztens hatte ich mir die in der ersten Version der SD-Weiche verwendeten symmetrischen FIR-Filter noch mal im Zeitbereich angeschaut. Dazu habe ich deren Sprungantworten in MATLAB analysiert.

Tatsächlich ist es so, dass sich bei optimaler Summation der Einzelwege die kausalen wie auch die akausalen Überschwinger perfekt kompensieren:

Bild

Bild

Das, was man dann noch im Scope sieht, ist die Sprungantwort des zeitdiskreten, linearphasigen FIR-Tiefpasses welcher fest im DAC (Cirrus Logic CS4398) implementiert ist. Hier kommt es dann zu dem pseudo-akausalen Überschwingen vor dem eigentlichen Sprung.

Bei der akustischen Summation spuckt einem dann die Geometrie beliebig in die Suppe.

Viele Grüße,
Roman
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Roman,

das gezeigte Verhalten ist bei Acourate doch für alle Weichentypen, also Butterwort, Linkwitz-Riley, Neville-Thiele, LBessel (linksseitig), RBessel (rechtsseitig) und Horbach-Keele Standard. Dazu kommt dann das minimalphasige Verhalten der Chassis, welches linearisiert werden kann (möglichst ohne Raumeinfluss). Und das Zusammenspiel der Weichen/Chassis kann dann weiterhin per Delay und Verstärkung je Weg optimiert werden.

Ich führe das hier nur mal an, weil es mir so scheint, dass das Rad wieder einmal erfunden wird (es gab das Rad auch schon davor).

Bei linearphasigen Weichen ist es egal, wie der XO-Frequenzgang denn aussieht. Mittels Subtraktion ergibt sich denn eben immer ein Rest. Die Summe passt dann logischerweise wieder.

Grüsse
Uli
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Hallo Uli,

Keineswegs möchte ich das Rad neu erfinden. :wink:

Ich sehe mich auch in keiner Konkurrenz zu Acourate. FIR oder sonstige Filter mit x-beliebigen Koeffizienten kann jeder auf dem ihm liebsten Weg anwenden, sei es per PC oder hier embedded. Die Signalverarbeitungstheorie ist auf dem Gebiet seit Jahrzehnten abgeschlossen und kann in jedem besseren Buch eingesehen werden, alles was wir tun ist Anwendung.

Ich kann mich erinnern, dass zu Beginn des Threads die Frage aufkam, wo denn das pre ringing hin sei. Das war die Erklärung, die ich noch schuldig war.

Beste Grüße,
Roman
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Roman,
RPWG hat geschrieben:... FIR oder sonstige Filter mit x-beliebigen Koeffizienten kann jeder auf dem ihm liebsten Weg anwenden, sei es per PC oder hier embedded ...
Diese Aussage möchte ich unterstützen, denn es gibt halt Leute, die weder per PC noch off-line "convolven" bzw. FIR Weichen realisieren wollen. Die Ergebnisse der verschiedenen Implementierungsoptionen dürften vergleichbar sein, bzw. jede ihre eigene "Kompromissliste" haben. :cheers:

Uli,

möglicherweise haben wir Deinen Beitrag etwas missverstanden oder überinterpretiert...? :oops:

Gruß aus Seoul,
Winfried

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