Verstärker mit Stromgegenkopplung

Kienberg
Aktiver Hörer
Beiträge: 1616
Registriert: 13.05.2008, 13:00
Wohnort: Inzell

Beitrag von Kienberg »

Hallo Gert,

besten Dank für diese hochinformativen Beiträge, Niveau passt, das konzentrierte Mitlesen macht Spass. :cheers:

Eine Frage bzw. Bitte habe ich noch zu den Bildern der Computergrafik, insbesondere zu denen, wo Du die Phasenlage darstellst:
1. Wo beginnen denn auf der X-Achse die 988,845 Hz ? Was bedeuten die -6,015 Deg bzw. +3,216 Deg ? Denke diese Werte beziehen sich auf die Y-Koordinaten, daher
2. Wie ist die Masseinheit auf der Y-Achse, ist der oberste Teilstrich eine Phasenlage von +90° und der unterste eine von -90°, die Mitte 0°, also "in Phase"?

Ich weiss, um ausgefeilte Benutzeroberflächen kümmern sich die Herren und Damen Programmierer meist sehr unwillig, wenn überhaupt ("Zuchtmeister" Steve Jobs kann nicht überall präsent sein und Usability einfordern :wink: :mrgreen: ). Bei diesen Computerplots muss man bei der Interpretation der Darstellung meist das Programm genau kennen oder die Bilder noch in PowerPoint annotieren und so ergänzen. :P

Gruss
Sigi
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3691
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Sigi,
Kienberg hat geschrieben:Eine Frage bzw. Bitte habe ich noch zu den Bildern der Computergrafik, insbesondere zu denen, wo Du die Phasenlage darstellst:
1. Wo beginnen denn auf der X-Achse die 988,845 Hz ? Was bedeuten die -6,015 Deg bzw. +3,216 Deg ? Denke diese Werte beziehen sich auf die Y-koordinaten, daher
2. Wie ist die Masseinheit auf der Y-Achse, ist der oberste Teilstrich eine Phasenlage von +90° und der unterste eine von -90°, die Mitte 0°, als "in Phase"?
der Screenshot, den ich da gezeigt habe, ist der Bode-Plotter aus meinem PSpice-Simulationsprogramm (Multisim).

Bild

Der Wert 988,845 Hz bedeutet lediglich, dass der Curser - der cyanfarbene Strich - sich bei dieser Frequenz befindet, der Wert daneben zeigt den zugehörigen y-Wert bei dieser Frequenz, also entweder ein Schalldruck oder ein Phasenwinkel. Den Anfangswert der Frequenzachse und der Schalldruck-bzw. Phasenachse findest Du rechts daneben. Die Frequenzachse ist logarithmisch, links ist also in allen Plots auf der Frequenzachse 10Hz, die nächste senkrechte gestrichelte Achseneinteilung ist bei 100Hz, dann kommt 1kHz, 10kHz und rechts am Rand sind 20kHz. Auf der y-Achse ist unten -180° und oben +180°, die Teilstriche dazwischen sind bei -90°, 0 und +90°.

Viele Grüße
Gert
Bild
Aktivboxer
Aktiver Hörer
Beiträge: 644
Registriert: 03.02.2008, 19:35
Wohnort: Sachsen

Beitrag von Aktivboxer »

Hallo Gert,

toller Beitrag (wie immer :lol: ). Geh' nicht so sehr in's Detail - sonst überlastest Du noch ECHELON. :mrgreen:

Für mich ist es o.k.

Grüße

Lutz
Bild
Kienberg
Aktiver Hörer
Beiträge: 1616
Registriert: 13.05.2008, 13:00
Wohnort: Inzell

Beitrag von Kienberg »

Hallo Gert,

SUUUPER-Erklärung, jetzt verstehe ich die Diagramme und die darin dargestellten Ergebnisse erst so richtig :cheers:

Besten Dank dafür, ich kennen kein Forum oder sonstigen Internetbeitrag, wo das so schön wie in Deinem Bild nun zu sehen ist. :D

Gruss
Sigi
Bild
Markus
Aktiver Hörer
Beiträge: 285
Registriert: 02.12.2008, 20:33
Wohnort: 33378 Rheda-Wiedenbrück

Beitrag von Markus »

Lieber Gert,

es macht wieder große Freude Deinen bildhaften und anschaulichen Ausführungen zu folgen. Auch ohne E-Studium kann ich dem folgen (meistens). Vielen Dank und weiter so.

@Lutz: Wieder online?

Viele Grüße
Markus
Bild
Aktivboxer
Aktiver Hörer
Beiträge: 644
Registriert: 03.02.2008, 19:35
Wohnort: Sachsen

Beitrag von Aktivboxer »

Hallo Markus,

der offizielle Anschalttermin ist der 20.09. Das wären dann genau 5 Wochen und 1 Tag ohne DSL. Momentan bin ich noch per UMTS am Netz.

Wenn die Telekom ihre Mitarbeiter auch so zeitnah abhört, besteht eigentlich kein Grund zur Sorge. :oops:
(Oder vielleicht dauert es mit der Bearbeitung so lange, weil die Technik zum Abhören benötigt wird? :mrgreen: )

Grüße

Lutz
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3691
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Freunde,

danke für all die netten Rückmeldungen, ich mache also auf dem Level weiter. Wir waren stehen geblieben bei der bisherigen Erkenntnis, dass die IGK zwar eine hübsche Ansteuerungsmethode für Lautsprecher ist, insbesondere mit zunehmender Frequenz, man aber etwas gegen die Resonanzüberhöhung im unteren Frequenzbereich eines Chassis tun muss. Man kann eine Entzerrung verwenden, die die Schwingungsdifferenzialgleichung irgendwie ausbügelt. Das haben wir ja schon an anderer Stelle vor einiger Zeit diskutiert. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Chassisparameter, die für diese Resonanzstelle zuständig sind, der Alterung unterliegen und zudem das Wetter als Parameter in diese Resonanzfrequenz eingeht :) . So hat der gute Esa Meriläinen, der Autor des am Anfang genannten Buches "Current Driving of Loudspeakers", Messungen gemacht, nach denen sich die Resonanzfrequenz eines Chassis je nach verwendeter Sicke um bis zu Faktor zwei ändern kann, wenn das Chassis ein Jahr lang Tageslicht sieht - es braucht wohl noch nicht mal direkte Sonneneinstrahlung zu sein. Hat man nun seine ausgefuchste Schaltung zur Resonanzkompensation auf eine bestimmte Resonanzfrequenz abgestimmt, passt das vielleicht schon morgen nicht mehr, weil die Luftfeuchtigkeit, die Temperatur oder der Luftdruck sich verändert hat, um es mal ein bisschen zu überspitzen.

Man kann das mit der Resonanzkompensation aber auch lassen, denn die Resonanzüberhöhung, die da unten auftritt, ist für eine Membranregelung eine einfache Übung. Eine Membranregelung ist umso wirkungsvoller, je niedriger die Frequenz ist. Und die Resonanzstelle liegt im Vergleich zum Arbeitsbereich eines Chassis bei niedrigen Frequenzen. Oder, wie beschrieben, eine Kombination aus UGK und IGK verwenden. Oder beides - UGK-IGK plus Regelung.

Dennoch - für die Stromregelung spricht bisher lediglich, dass man damit die Schwingspuleninduktivität austricksen kann und zu höheren Frequenzen hin den Amplituden- und Phasenfrequenzgang linearisiert. So richtig schlagend ist das Argument noch nicht. Deshalb will ich da jetzt eine Schippe drauf legen.

Schauen wir uns also etwas genauer an, welche Effekte, die eine EMK bewirken, unerwünscht sind. Noch mal zur Rekapitulation: EMK ist die (Gegen-) Spannung, die in der Schwingspule erzeugt wird und entweder durch die Bewegung oder die Induktivität der Schwingspule hervorgerufen wird.

Nun hat sich Esa Meriläinen wirklich Mühe gemacht, diese einzelnen Effekte alle zu benennen und aufzudröseln. Deshalb werde ich mich an seine Liste anlehnen und beginne gleich mit einem Knaller:

Der innere Mikrofonieeffekt

Jeder Lautsprecher ist zugleich ein Mikrofon und jedes Mikrofon zugleich ein Lautsprecher. Wenn man an die Klemmen eines Lautsprechers einen Verstärker anschließen würde und daran wieder einen Lautsprecher, einen Kopfhörer oder auch nur ein Oszilloskop zur Beobachtung, würde man allerdings feststellen, das so ein Konusmitteltöner oder gar ein Basschassis ein lausig schlechtes Mikrofon ist. Dennoch, klar ist, dass wenn ich die Membran durch äußere Anregung bewege, ich eine induzierte Spannung erhalte. Die ist abgeleitet aus dem Induktionsgesetz:

Ui = B * l * v

Wie immer ist B die magn. Flussdichte und l die Länge des Schwingspulenleiters im Magnetfeld, v die Membrangeschwindigkeit.
Nebenbei bemerkt erinnert das ein wenig an die antreibende Kraft im bisher betrachteten Fall, dass man die Membran durch den Strom I bewegt:

F = B * l * I

Der Schalldruck eines Konuslautsprechers ist proportional zur Beschleunigung seiner Membran, wie wir ja schon öfter bei Diskussionen hier im Forum gesehen haben. Die Spannung, die durch Mikrofonie entsteht, ist aber proportional zur Membrangeschwindigkeit nach der Formel oben. Geschwindigkeit ist das Integral der Beschleunigung über der Zeit - anschaulicher gesprochen: Die Geschwindigkeit, die z. B. ein Auto hat, resultiert aus der Summe aller Beschleunigungen, die es erfahren hat. Jedesmal Gas geben und Bremse treten bewirkt eine Beschleunigung in positiver oder negativer Richtung. Summiert man alle diese Beschleunigungen über einen betrachteten Zeitraum auf, kennt man die Geschwindigkeit am Ende dieses Zeitraums. Das ist vereinfacht gesprochen das Integral.

Nun strahlt so ein Konuslautsprecher ja sowohl nach vorn als auch nach hinten Schall ab, letzteren mit umgekehrtem Vorzeichen (oder 180° Phasenverschiebung, was das Gleiche bedeutet). Erhöht eine Bewegung der Membran nach vorne den Druck auf die davor befindliche Luft, so wird zugleich der Druck auf die dahinter liegende Luft verringert. Ist der Weg um das Lautsprecherchassis klein im Vergleich zur abgestrahlten Wellenlänge, würde sich das, was nach vorn abgestrahlt wird, mit dem, was nach hinten abgestrahlt wird, gerade auslöschen. Das ist der bekannte akustische Kurzschluss.

Deshalb gibt man dem Chassis ein Gehäuse und versucht so gut wie möglich, den rückwärtigen Schallanteil in diesem Gehäuse zu vernichten. In diesen winzigen Raum hinter der Membran wird nun der gleiche Schalldruck reingeblasen wie in die geräumige Wohnstube nach vorne. Man kann sich deshalb gut vorstellen, dass die Schalldrücke, die in dieser beengten Dose herrschen, von ordentlichem Kaliber sind. Das versucht man so gut wie möglich zu dämmen - aber es gelingt bei dem Inferno, das sich dort abspielt, natürlich nur zum Teil. Nicht unterdrückte Schallanteile treffen nach Reflexion mit den Wänden zeitverzögert wieder auf die Membran - und diese wird das brav entsprechend dem Induktionsgesetz in seiner Nebentätigkeit als Mikrofon als Spannung an die Klemmen legen.

Bei UGK bewirkt diese Spannung wie schon erklärt direkt einen antreibenden Strom, bei IGK läuft diese Spannung wieder wirkungslos ins Leere.

Meriläinen hat die Vorgänge in einem kleinen Schaltbildchen verdeutlicht, ähnlich meinem Bildchen hier:

Bild

Dabei wird der Hauptjob des Lautsprechers, nämlich Schall abzustrahlen, getrennt gezeichnet von seiner Mikrofon-Nebentätigkeit. Esa stellt süffisant die Frage, welcher der Lautsprecherbesitzer ein solches Feature wohl bestellen würde, wenn es denn als Extra angeboten würde. Wohl keiner, aber jeder kriegt es serienmäßig mitgeliefert!

Meriläinen hat nun dankenswerterweise ein paar Messungen gemacht, wie groß denn dieser Mikrofonieeffekt ausfällt. Dazu hat er einen zweiten Treiber ins Gehäuse geschraubt und sich die Spannung an dessen Klemmen angeschaut, wenn er den ersten Treiber als Lautsprecher betreibt. Dabei zeigte sich, dass bei schlechter Dämmung die Mikrofoniespannung je nach Frequenz auf bis zu 14% der Spannung ansteigt, die das erste Chassis antreibt. Aber selbst bei einem hervorragend gedämmten Gehäuse lag das noch bei 1 bis 4%, je nach Frequenz. Ein bis vier Prozent - das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!

Das ist ein ganz übler Effekt. Stellt Euch bitte vor, dass die Mikrofoniespannung, die das Chassis erneut und ungewollt antreibt, um die Schalllaufzeit im Gehäuse verzögert einsetzt. Der Frequenzgang des Schalldrucks, der dieses unerwünschte Mikrofon antreibt, ist außerdem eine Berg- und Talfahrt, alle stehenden Wellen im Gehäuse toben sich hier aus. Und dieser üble Schalldruck trifft nun auf ein lausig schlechtes Mikrofon, nämlich das Lautsprecherchassis, und treibt dieses erneut an.

Und jetzt kommt das Beste: Dieser Effekt geht den üblichen Messmethoden durch die Lappen! Misst man den Klirr, regt man mit einem Sinus an bzw. macht - wie damals bei unseren Klirrmessungen mit acourate - einen Logsweep, also einen langsam über der Frequenz gleitenden Sinus. Der Mikrofonieeffekt wird bei einer solchen Messung aber zu keinem Klirr führen - es ist ja keine Oberwelle, die hier vom "Mikrofon" zurückgegeben wird, sondern die Grundwelle selbst. Die bei langsam gleitendem Sinus nicht weiter auffällt - dieser Anteil der Grundwelle addiert sich eben zur Hauptanregung. Vier Prozent mehr - das ändert den Amplitudenfrequenzgang gerade mal um 0,34dB. Das fällt überhaupt nicht auf.

Erst, wenn Musik, also ein sich ständig änderndes Gemisch aus vielen Frequenzen über das Chassis abgespielt wird, haut der Effekt, den alle Messtechniker vorher ignoriert haben, voll rein. Denn jetzt wird das momentane musikalische Geschehen zeitverzögert durch die Hintertür nochmal abgestrahlt - aber natürlich bis zur Unkenntlichkeit verhunzt durch die Kompressionsdose Gehäuse und die schlechten Mikrofoneigenschaften.

Hat man diesen Effekt einmal verinnerlicht, möchte man nie mehr einen Lautsprecher bauen, der diesen Effekt nicht vermeidet. Dazu kenne ich drei Möglichkeiten:

1. Man regelt den Dreck weg mit einer Sensorregelung der Membran
2. Man betreibt das Chassis mit IGK
3. Man sorgt dafür, dass der nach hinten abgestrahlte Schall nie wieder auf die Membran trifft.

Letzte Lösung hat Uli ja bei seinen Mitteltönern angewandt. Wäre ich wie Uli promovierter Maschinenbauer, hätte ich das wahrscheinlich auch so gemacht. Als E-Techniker lasse ich eben die Mikrofonspannung ins Leere laufen und kombiniere Möglichkeit 1 mit 2. Warum 1 und 2 - wo doch 2 bereits das unerwünschte Treiben unterbindet? Weil es auch noch einen Teil des unerwünschten Schalls gibt, der einfach durch die Membran hindurch abgestrahlt wird. Der innere Schalldruck führt ja zu der unerwünschten Membranbewegungen, die den Mikrofonieeffekt hervorruft. Aber selbst, wenn man durch IGK verhindert, dass diese Mikrofonspannung den Lautsprecher erneut antreibt, bewegt sich die Membran dennoch durch diese Fehlanregung von hinten. Und strahlt dadurch das Unerwünschte auch nach vorne ab. Mit einer Sensorregelung wird diese Membranbewegung nun auch unterbunden.

Viele Grüße
Gert
Bild
axxxxx

Beitrag von axxxxx »

WOW!

Das ist ja mal wirklich sehr einleuchtend und interessant.

Ich hätte nicht gedacht, daß dieser Effekt so deutlich ist, selbst bei einem optimal gedämmten Gehäuse. Da stellt sich für die Fraktion der Ungeregelten hier doch die spontane Frage: Wie weiß ich, ob das Gehäuse optimal gedämmt (gedämpft) ist?

Mit Messen kommt man da ja offenbar nicht weiter.

Inferno.....brrrrrrrr...... :shock:

Danke!

Gruß
Kai
Franz
inaktiv
Beiträge: 4422
Registriert: 24.12.2007, 17:07
Wohnort: 53340 Meckenheim

Beitrag von Franz »

Gert,

soviel Wissensvermittlung, in einen Beitrag gepackt, habe ich so noch nie in Fore lesen können. Hab Dank für deine Bemühungen, uns dieses Prinzip näherzubringen. Deine methodisch-didaktischen Fähigkeiten sind geradezu bewundernswert. Deine Serie ist geradezu zum Abheften prädestiniert. :cheers:

Gruß
Franz
Bild
Rudolf
Webmaster
Beiträge: 4937
Registriert: 25.12.2007, 08:59
Wohnort: Bergisch Gladbach

Beitrag von Rudolf »

Hallo Gert,

dem "Wow" von Kai schließe ich mich ausdrücklich an, habe aber zwei Fragen:

1. Mit einem Logsweep kann man die Mikrofonieeffekte ja offensichtlich nicht von den übrigen Verzerrungen separieren. Was aber ist z.B. mit einem rosa Rauschen?

2. Könnte es weiterhin sein, dass die Mikrofonieeffekte zu einer Art "analogem Dithering" führen, das - bei ohnehin vorhandenen weiteren "Dreckeffekten" - zu einer Verstetlichung* der Frequenz- bzw. Phasengänge beiträgt?

*Man könnte hier weniger vornehm auch von "Zuschmieren" sprechen. :mrgreen:

Viele Grüße
Rudolf
Bild
Speedy
Aktiver Hörer
Beiträge: 353
Registriert: 28.11.2009, 17:10

Beitrag von Speedy »

aston456 hat geschrieben:Da stellt sich für die Fraktion der Ungeregelten hier doch die spontane Frage: Wie weiß ich, ob das Gehäuse optimal gedämmt (gedämpft) ist?
Kai, keine Panik, bei Geithain hat man Möglichkeit 3) gewählt, zumindest bei den K-Modellen. :wink:

Ansonsten, Gert, wieder mal mehr als lesenswert, danke dafür!

Beste Grüße
Speedy
Bild
wgh52
Aktiver Hörer
Beiträge: 5650
Registriert: 25.01.2008, 15:17
Wohnort: Schweitenkirchen
Kontaktdaten:

Beitrag von wgh52 »

Gert,

danke für diese extrem anschauliche Darstellung!

Dieser Thread wird zu einer allgemeinverständlichen Erklärung der Daseinsberechtigung und Grundlagen geregelter Vollaktiv-LS à la B&M und Silbersand und ist ein Plädoyer für Aktivlautsprecher! Irgendwie fehlt so eine Beschreibung in der HiFi-Landschaft bisher ....

Danke! :cheers:
Winfried
Bild
Kienberg
Aktiver Hörer
Beiträge: 1616
Registriert: 13.05.2008, 13:00
Wohnort: Inzell

Beitrag von Kienberg »

Hallo Gert,

was für ein famoser Beitrag zum Verständnis der Funktionsweise des wichtigsten Bausteins unserer Musikreproduktionsanlagen! Besten Dank, dass Du uns diese komplexen Zusammenhänge so gut verständlich rüberbringst. :cheers:
Fortepianus hat geschrieben:Und jetzt kommt das Beste: Dieser Effekt geht den üblichen Messmethoden durch die Lappen! [...] Erst, wenn Musik, also ein sich ständig änderndes Gemisch aus vielen Frequenzen über das Chassis abgespielt wird, haut der Effekt, den alle Messtechniker vorher ignoriert haben, voll rein. Denn jetzt wird das momentane musikalische Geschehen zeitverzögert durch die Hintertür nochmal abgestrahlt - aber natürlich bis zur Unkenntlichkeit verhunzt durch die Kompressionsdose Gehäuse und die schlechten Mikrofoneigenschaften.
Diese Aussage deckt sich vollkommen mit der Erfahrung von uns "alten HiFi-Hasen":
Auch wenn ein Lautsprecherhersteller immer wieder zig wunderschöne FG-Kurven in seinen Unterlagen veröffentlicht oder in Testberichten/Foren darstellt/darstellen lässt, erst wenn man das Produkt eingehend durch Hören mit Musik begutachtet hat, kann man über dessen Qualität urteilen.

Entwickler, die Lautsprecher nur per "Messschrieb" konstruieren, selbst aber nicht wissen, wie das "Ding an sich" klingt und ihre Kreationen nicht durch ständiges Nachhören, natürlich vor allem von Musik, die mittels akustischer Instrumente gemacht wird, daran ausrichten, werden letztendlich scheitern oder es höchstens zu einem PA-Brüllwürfel bringen.
Fortepianus hat geschrieben:Aber selbst, wenn man durch IGK verhindert, dass diese Mikrofonspannung den Lautsprecher erneut antreibt, bewegt sich die Membran dennoch durch diese Fehlanregung von hinten. Und strahlt dadurch das Unerwünschte auch nach vorne ab. Mit einer Sensorregelung wird diese Membranbewegung nun auch unterbunden.
Amen.... entspricht vollkommen meiner Erfahrung aus 40 Jahren intensiver Beschäftigung mit Musik und Suche nach deren möglichst realitätsbezogener Wiedergabe.

Gruss
Sigi
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3691
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Rudolf,
Rudolf hat geschrieben:1. Mit einem Logsweep kann man die Mikrofonieeffekte ja offensichtlich nicht von den übrigen Verzerrungen separieren. Was aber ist z.B. mit einem rosa Rauschen?
da geht das genauso wenig: Rosa Rauschen zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass es über eine bestimmte Zeit gemittelt in jeder Oktave gleich viel Energieinhalt besitzt. Woher soll das Messmikro wissen, ob der Signalanteil bei der gerade betrachteten Frequenz das Zufallsprodukt aus dem statistischen Rauschprozess ist oder aus dem Gehäuse stammt? Auch bei Rauschmessungen lässt sich das nicht separieren.
2. Könnte es weiterhin sein, dass die Mikrofonieeffekte zu einer Art "analogem Dithering" führen, das - bei ohnehin vorhandenen weiteren "Dreckeffekten" - zu einer Verstetlichung* der Frequenz- bzw. Phasengänge beiträgt?

*Man könnte hier weniger vornehm auch von "Zuschmieren" sprechen. :mrgreen:

Die weniger vornehme Formulierung gefällt mir ausgesprochen gut :cheers: .

@Alle: Danke für die Aufmunterung, werde deshalb mit Freude bald weiterschreiben.

Viele Grüße
Gert
Bild
Franz
inaktiv
Beiträge: 4422
Registriert: 24.12.2007, 17:07
Wohnort: 53340 Meckenheim

Beitrag von Franz »

Nun wird ja oft eingewandt, eine Regelung sei allenfals im Bassbereich von hörbarem Vorteil, im Mittel- und Hochtonbereich brauche man das eigentlich nicht. Wäre nett, dazu von Gert einige Ausführungen noch zu lesen. So, wie sich mir das im Verständnis zeigt, kommt es auf die Güte des Sensors an. Der Sensor scheint mir derjenige zu sein, der die "Wahrheit" der Membranbewegung kennt. Unerwünschte Bewegungsanteile werden ja oft von Chassisanbietern bzw. deren Verwendern weggedämpft - mir fiel grad kein anderes Wort ein - aber dann sind diese Bewegungsanteile auch für immer verloren. Dämpfung raubt also dem Chassis einen Teil der Bewegungsmöglichkeit. Auch dazu würde ich gern noch was lesen. Hoffe, liege mit meinen Vermutungen nicht völlig daneben, ist halt sehr laienhaft gedacht.

Aus der Sicht eines Hörers kann ich jedoch sagen, daß ich eigentlich nur über geregelte Systeme diese unglaubliche Fülle von Informationen an´s Ohr bekomme. Im ersten Moment soviel, daß man ob der Detailfülle fast erschrickt. Ich denke, darin liegt vielleicht auch der Grund, warum man sich an den Klang von geregelten Vollaktiven erst gewöhnen muß, wenn man jahrelang z.B. mit passiven Systemen gehört hat.

Gruß
Franz
Bild
Antworten