Backes & Müller BM 6 erste Generation restaurieren

luenibaer
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Backes & Müller BM 6 erste Generation restaurieren

Beitrag von luenibaer »

Wie ich schon in meinem Vorstellungsartikel geschrieben habe, brauchte ich recht schnell Ersatz für meine AFB Beta. Also erstand ich ein Paar BM6 der ersten Generation, praktisch im Originalzustand (bis auf die beiden Lackschichten, die das Holzfurnier überdeckten).

Bei der ersten Inbetriebnahme stellte sich heraus, dass sie zwar funktionierten, doch war der klang, aufgrund des Alters von fast 40 Jahren, erwartungsgemäß recht flau. Also musste eine Elko-Kur durchgeführt werden, das heißt alle Elkos rauslöten und gegen neue von Panasonic ersetzen, wie es schon mehrfach in diesem Forum beschrieben wurde.

Das Ergebnis war beeindrucken, die Dynamik und der Druck war wieder da und übertrafen alles, was ich von der Beta gewöhnt war. Doch ging der Klang immer wenige Minuten nach dem Einschalten in eine Kakophonie über. Die Analyse erbrachte eine kalte Lötstelle in der Frequenzweiche für den linken Mitteltöner. Das war leicht zu beseitigen und brachte den Klang dauerhaft zurück.

Die weitere Idee, war die Schaltungen weiter zu optimieren. Ich hatte gelesen, dass man bei Verstärkern den Arbeitspunkt und Bias einstellen kann und dann kommt noch die B&M typische Rückkoppelung dazu. In der Diskussion mit Mitgliedern dieses Forums bekam ich den Ratschlag, erst einmal die Pegel der Fequenzweiche einzustellen.

Gesagt, getan. Also beschaffte ich mir ein Messmikrofon (miniDSP mit USB-Anschluss und Kalibrierung) und ersetzte die Pertinax-Potis der Frequenzweiche durch gekapselte. Weil die Lautsprecher offen erheblich anders als geschlossen klingen, habe ich die Rückwand durchbohrt und die Potis nach draußen geführt. Nach vielen Sweeps (weißes Rauschen hat meine Sofware nicht so gut verarbeitet) war meine Familie schon ganz genervt, aber das Ergebnis war begeisternd. Der Klang war druckvoll und transparent. Ich hatte ja nicht nur die ganze Kette in die Optimierung mit einbezogen, auch die Raumcharakteristik spielte eine Rolle. Als Ergebnis zeige ich hier die aufgenommenen Spektren.

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Jetzt bleibt noch ein offener Punkt und da hoffe ich auf dieses Forum. Die eine Box geht nach dem Versorgen mit Strom in den Stand-By, währen die andere gleich durchschaltet und die andere Box über die Fernsteuerung mitnimmt (mein Vorverstärker kann die Boxen nicht steuern). Ich habe das mit einem Netzschalter gelöst, mit dem ich den Boxen den Saft abdrehe. Das funktioniert, aber der Stand-By Modus wäre eleganter. Habt ihr einen Tip für mich, wie ich das angehen könnte?
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bob_lage
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Beitrag von bob_lage »

Hi Axel,

mit welcher Software hast Du gemessen? Hast Du Soundcard und Mikrofon entsprechend ihrer Kurven eingestellt?

Ich habe mir für die BM6 Abdeckplatten aus Metall gebaut und lege die Module hinter die Box zum Einstellen. Das klappt gut.

@all: Welches Rasuchen ist denn das richtige, um Boxen im Raum zu messen, weiß, rosa ... oder sonst?

Grüße

Thomas
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luenibaer
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Beitrag von luenibaer »

Die Software heißt REW. Da konnte ich das mitgelieferte Kalibrierungsfile für das Mikro einlesen. Ich habe einen Networkplayer, der auch von USB spielen kann. Also habe ich mir die Sweeps als WAV auf den Stick kopiert und abgespielt. Ich musste nur gleichzeitig auf Messung und auf Play drücken. Eine Kalibrierung der Soundkarte ist mit der Software auch machbar. Da wird der Ein- und Ausgang kurzgeschlossen und vermessen.
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Harry_K
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Beitrag von Harry_K »

Hallo Axel,
Vielleicht wäre ja der Adapter was für Dich, um die Ferneischaltung der BM6 elegant zu nutzen:
https://www.audiophonics.fr/en/power-su ... 10661.html
Viele Grüße
Matthias
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luenibaer
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Beitrag von luenibaer »

Hallo Matthias,

vielen Dank für den Vorschlag. Der Adapter braucht 12V als Schaltspannung, ich glaube nicht, dass er auf ein anliegendes Musiksignal reagiert. Das Ein- und Ausschalten mit einem Vorverstärker mit Fernsteuerung funktioniert ja, nur den habe ich nicht. Ich habe nichts dagegen, weiterhin mit einem Kippschalter zu arbeiten, möchte nur einen evtl. Defekt beheben.

Gruß, Axel
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Kaskode
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Beitrag von Kaskode »

Hallo Axel,

auf dem Verstärkermodul befindet sich eine einzelne Platine mit einem kleinen Printrafo (grau oder blau), div. Bauteile und einem Relais. Diese Platine steht immer unter 230V. Der Printtrafo macht irgendeine Kleinspannung und versorgt die Einschaltautomatik. Die Bauteile sind für die Musiksignalauswertung zuständig und schalten bei ausreichenden Signal das Relais, welches den Ringkerntrafo anwirft.

Nach dem Printtrafo kommt ein Gleichricher und eine einfache Siebung (Glättungs-C) danach eine Stabilisierung auf 12V oder 15V. Eine Schaltung habe ich nicht vor mir, das ist mir rein aus dem Gedächnis.
Über zwei oder drei Transistoren und zwei Tantalkondensatoren (Rote oder grüne Erbsen) wird ein Zeitglied gebildet.
Die Tantal-C sind in der Regel langlebig, können aber bei Mikrorissen am Gehäuse Feuchtigkeit ziehen. das lässt den C kaputtgehen. Tantal-C gehen bei defekt fast immer auf Kurzschluss.

Tipp: Austauschen gegen Elkos gleicher Kapazität. Polarität ist zu beachten. Die Erbse hat auf einer Seite ein + Zeichen aufgedruckt.
Danach Test. Achtung! Wenn Netzstecker gesteckt, dann hat diese Platine hat immer 230V, immer! !! !!!

Geht es immer noch nicht, ist der eine oder der andere Transistor in der nähe der C defekt (Kurzschluss). Ich meine es sind FET, welche es bestimmt nicht mehr im Handel gibt. Messung schwierig, Austausch und Ersatz möglicherweise ebenso.

Am Relais sollte sich benachbart zur Spule eine Freilaufdiode geben. Bitte diese einfach mittauschen, möglicherweise ist die altersschwach oder defekt, was den Schalttransistor belastet/ gehimmelt hat.

Leider habe ich keine Aufzeichnungen von dieser Schaltung, sodaß ich nur so ungefähr die Richtung aufzeigen kann. Viel Erfolg.

Gruß,
René
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luenibaer
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Beitrag von luenibaer »

Hallo René,
den Trafo habe ich gefunden. Die Stabilisierung erfolgt über zwei Elkos, die habe ich schon getauscht. Die C für die Zeitschaltung sind größere Folienkondensatoren mit 2,2 uF, ähnlich groß wie der Entstörkondesator. Die sehen unverdächtig aus, weil die Fernsteuerung (den Schirm auf 9V bzw. über 50 k auf Erde) noch funktioniert. Ich habe Verarbeitung des Musiksignals im Fokus - da ist ein Operationsverstärker verbaut. Wie empfindlich ist der?

Gruß, Axel
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Kaskode
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Beitrag von Kaskode »

Hallo Axel,

sorry für die späte Antwort.
Es gibt von der BM6 mehrere Varianten. So einfach ist mir das nicht. Daher ist es für mich ein wenig wie Nebelstochern.

Wenn da ein Relais ist, so ist die Frage warum das sofort anzieht. Eine Möglichkeit ist, daß der Schalttransistor für das Relais dauerhaft an ist, also ein Kurzschuss hat.

Die "Empfindlichkeit" des OPs ergibt sich aus dem Widerstandsverhältnis zweier Widerstände von den Eingängen zu der Rückführung zum Eingang. Sollte hier eine Störung vorliegen, so ist der OP selbst kaputt oder einer der Widerstände. Das erachte ich als unwahrscheinlich, aber sicherlich kann man in Betracht ziehen, daß Pferde schon mal vor eine Apotheke einen Würfelhusten bekommen haben.

Gruß,
René
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luenibaer
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Beitrag von luenibaer »

Ich habe mir die Stand-By Schaltung im Netzteil mal genauer angesehen:
Dabei ist mir aufgefallen, dass ich doch die BM6 der zweiten Generation habe, die ab 1980 gebaut wurde. Die hat zwar noch die runde Abdeckung der Hochtöner, aber schon das größere Gehäuse, den größeren Basslautsprecher (aber noch mit der kleinen Kalotte) und keinen Ein-Aus-Taster mehr.
Die Fernsteuerung wirkt auf einen Transistor, der den Strom für das Einschaltrelais und die Leuchtdiode direkt durchschaltet. Andererseits liegt das Musiksignal an einem FET, dessen Signal an ein invertiertes Schmitt Trigger weitergegeben wird. Dort wird mittels RC-Glied eine Zeitschaltung realisiert und das resultierende Signal liegt dann an dem oben genannten Transistor, der das Relais und die LED schaltet.
Meine Interpretation ist:
das Musiksignal hängt an einem FET, weil dieser hochohmig ist und das Signal wenig beeinflusst. Der Schmitt Trigger realisiert eine Einschaltschwelle, die oberhalb von Rauschen und Störungen ist, sowie eine Ausschaltschwelle, die sich unterhalb auch sehr leiser Musiksignale befindet. Die Zeitschaltung hält den eingeschalteten Zustand auch längere Zeit nach dem Ende der Musik, damit der Lautsprecher nicht ständig aus- und einschaltet.
Da ich ein ständiges Ein von der Musikseite habe, könnten die folgenden Bauteile defekt sein:
der FET, Schmitt Trigger, C in der Zeitschaltung.
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Kaskode
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Beitrag von Kaskode »

Hallo Axel,

die Beschreibung passt sehr gut. Somit liegen wir auf gleicher Masse bei der Lösungssuche.

Ein Punkt möchte ich gerne nachschärfen:
Es gibt zwei Möglichkeiten des Einschaltens
1.-
Die Einschaltung geht über das Musiksignal (via RC-Glied an das FET)
2.-
über den zusätzlichen Steueranschluss an der DIN Buchse, welcher den FET sofort schalten lässt (ca. 12V an den richtigen Pin der Buchse) Zwischen Eingang und dem FET ist ein Widerstand mit ca 10 kOhm gelegt

Wenn der Steuereingang auf Null Volt gezogen wird, muß der Lautsprecher aus gehen. (Einfach den Pin gegen Masse legen)
Bleibt dieser an, so wird der FET immer noch munter weiter den Strom fließen lassen, also defekt.

Geht der LS aus, so schaltet der FET noch und der OP (hoffendlich auf einem Sockel) kann einen Fehler haben. Auch möglich, aber das wirst Du schon längst geprüft haben, die Betriebsspannung, welche bei ca. plus 8 bis 12 Volt, sowie minus 8 bis 12 Volt liegt ist fehlerhaft, sodaß der OP spinnt (latchup, schwingt oder was auch immer)

Gruß,
René
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luenibaer
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Beitrag von luenibaer »

Also, wenn ich den Schirm auf Masse lege, schaltet der Lautsprecher ab und wenn nicht, schaltet er wieder ein. Das scheint in Ordnung zu sein und spricht dafür, dass der FET noch arbeitet. Da die Lautsprecher gerade sehr schön spielen, zögere ich sie aufzuschrauben. Daher bestelle ich mir mal einen Operationsverstärker (der zum Glück gesockelt ist) in der Bucht, der kostet ja nur ein paar Cent. Wenn der da ist, messe ich auch die Spannungen.
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luenibaer
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Beitrag von luenibaer »

Über die Feiertage habe ich die Zeit gefunden, den Operationsverstärker auszutauschen, ein TL074CN - mit Erfolg! Die Einschaltautomatik funktioniert einwandfrei.
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Kaskode
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Beitrag von Kaskode »

Glückwunsch.
Wieder eine Classic-BM vor dem Aus gerettet. :cheers:

Gruß,
René
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luenibaer
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Beitrag von luenibaer »

Jetzt habe ich noch eine Frage an die Community. Ich habe mir einen Vorverstärker mit 12V Trigger-Out zugelegt. Ist dabei irgendetwas bei der BM6 zu beachten? Ich mache mir deshalb Sorgen, weil bei eingeschalteten Boxen eine Spannung auf dem Schirm liegt. Kann die schädlich für den Pre-Amp sein?
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Axel,

Bei den BM Lautsprechern dieser alten Generation wurde die Schaltspannung per extra Draht (in Kabel und Stecker) übertragen und die Audiomasse (Schirm) war das Bezugspotential dafür. Auf dem Schirm lag also Masse und keine Spannung und der Eingang selbst war potentialfrei! Wenn jetzt der Kabelschirm bzw. der Masseanschluss an der Box-Eingangsbuchse Gleichspannung (gegen Box-Masse) führt ist etwas falsch! Wenn die Triggereingangsbuchse ohne angeschlossenen VV-Einschaltspannungsdraht eine Gleichpannung (gegen Box-Masse) führt ist auch 'was falsch! Nur der Draht, der die Schaltspannung (12V) in die Box führt, darf bezogen auf Masse eine (positive!) Gleichspannung zeigen wenn der VV eingeschaltet ist.

Grüße,
Winfried

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