Pseudosymmetrische Verkabelung

Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3670
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Klaus,

danke für die Mühe, die Du Dir mit den Bildern gemacht hast. Ich gestehe, dass ich den Charme der 100Ohm auf der Minusseite damit erst richtig begriffen habe.

Deine Anschlussvariante bietet sich damit für Chris im Falle seiner BM8 an. Bei den bereits schutzgeerdeten Geräten lässt sich das im Prinzip genauso machen, aber da würde ich dann den Schirm an einer Seite offen lassen.

Die Frage, die Chris sich jetzt wahrscheinlich stellt, ist: Woher erfahre ich den Innenwiderstand meines VV? Dem Wert in den technischen Daten, wenn überhaupt angegeben, würde ich prinzipiell keinen Glauben schenken.

Dazu als mögliche Variante, das zu messen, eine kleine Bastelanleitung. Zu beachten ist, dass die Innenwiderstände von Front- und Rearkanälen oft unterschiedlich sind. Deshalb mein Vorschlag, den diskreten 5.1-Eingang für das Messsignal zu verwenden. Ich gehe mal vorsichtshalber davon aus, dass als Messausrüstung nur ein gängiges Digitalmultimeter vorhanden ist.

1. CD-Player mit Mess-CD füttern, irgendeine, die einen 1kHz Sinuston zu bieten hat. Track auf Repeat.
2. Ausgang CD-Player L an 5.1 Eingang FL. Cinchkabel in VV-Ausgang FL und am anderen Ende Multimeter anschließen. Messbereich 2V AC. Lautstärke aufdrehen, bis 1V angezeigt wird.
3. Parallel zum Multimeter einen Widerstand mit R=100 Ohm anschließen. Spannung ablesen.
4. Verhältnis U(ohne_Last) zu U(mit_Last) bestimmen. Hast Du also mit 100 Ohm z.B. 0,8V gemessen und vorher 1V, ist das Verhältnis k=1,25.
5. Ri=R*(k-1). Hier im Beispiel also 100Ohm mal 0,25 gleich 25 Ohm.

Das wiederholst Du jetzt für jeden der 6 Inputs, dann kennst Du den Innenwiderstand aller Ausgangsstufen.

Noch ein Tipp: Falls die Ausgangsstufen so schwach auf der Brust sind, dass sie mit den hier grob auftretenden 10mA Ausgangsstrom bereits in die Knie gehen, halt mit 100mV statt 1V messen.
KSTR hat geschrieben:In der Praxis gilt natürlich jedoch der schon erklungene Rat: Wenns brummt/britzelt/matscht, dann halt andere Varianten probieren bis es am besten ist im spezifischen Setup :cheers:
Klar, aber so wie von Dir vorgeschlagen ist es die theoretisch sauberste Variante. Übrigens ist die ganze Geschichte mit Masse so etwas, das mich an Alchemie erinnert. Wenn Du z. B. eine Mehrwege-Aktivbox baust, kannst Du Dir die Masseführung noch so gut vorher überlegen, es wird höchst wahrscheinlich trotzdem brummen bei der Inbetriebnahme. Und zwar schon ohne angeschlossene Quelle. Hier eine fette Masseleitung, dort die Masse auftrennen etc., da hilft nur probieren. Und das kann dauern. Wenn man sich dann die Masseführung so einer BM mit bis zu 9 Endstufen (BM40) anschaut, erkennt man, dass die Masseführung dort durch eine ähnliche Vorgehensweise entstanden sein muss.

Viele Grüße
Gert
Bild
SirAeleon
Aktiver Hörer
Beiträge: 203
Registriert: 21.01.2008, 13:07

Beitrag von SirAeleon »

Hallo zusammen,

@Klaus:
da sieht man mal wieder: ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Danke für's "Erleuchten". Ich denke, ich werd dann die Leitungen so zusammenbasteln. Jetzt kommen dann natürlich mechanische Überlegungen ins Spiel: wie bekomm ich einen 100-Ohm-Widerstand (1/4W) ohne Kurzschluss in einen Cinch-Stecker? :D

@Gert:
Meinem Multimeter trau ich da genausowenig, insbesondere bei 1kHz. (Die Teile sind ja wohl eher ausgelegt für Frequenzen um 50 Hz). Habe mir deswegen gerade bei einem Kollegen ein Oszilloskop organisiert. Die diskreten Eingänge gibts nur für Stereo, aber da lass ich mir was einfallen. Der DC-1 kann ja beliebige Eingänge auf beliebige Ausgänge routen.

Das Owner-Manual schreibt zu den Ein- und Ausgangsimpedanzen übrigens Folgendes:
Lexicon DC1 Owners Manual hat geschrieben: Audio:
D/A Conversion: 20-bit Delta-Sigma (24-bit from S/N 7289 and higher)
Frequency Response: 10 Hz-20 kHz, +0.5dB, Ref. 1kHz
THD+Noise: Less than 0.01% @1kHz
Dynamic Range: 90dB minimum, 22kHz bandwidth, Ref. 1kHz@ -60dB below maximum output level
Signal to Noise Ratio: 90dB minimum, 22kHz bandwidth, Ref. 1kHz at maximum output level
Input Level: 2Vrms for maximum output, 200mVrms for Dolby level (Input Gain=0dB)
Input Impedance: 100 kOhm in parallel with 150pF
Output Level: 6Vrms (System Volume = +12dB)
Output Impedance: 100 Ohm in parallel with 150pF
Die von Klaus vorgeschlagenen 100 Ohm passen also schon mal perfekt.

viele Grüße

Chris
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3670
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Chris,
SirAeleon hat geschrieben:wie bekomm ich einen 100-Ohm-Widerstand (1/4W) ohne Kurzschluss in einen Cinch-Stecker? :D
Passt locker, Schrumpfschlauch hilft beim Isolieren
SirAeleon hat geschrieben:Meinem Multimeter trau ich da genausowenig, insbesondere bei 1kHz.
Da Du aber nur das Verhältnis mit/ohne Lastwiderstand brauchst, ist das egal. Außerdem zeigen die gängigen Multimeter bei 1kHz durchaus noch was Vernünftiges an. Sonst miss halt bei 50Hz, wenn Dir das lieber ist. 1kHz war nur deshalb mein Vorschlag, weil das auf vielen Test-CDs drauf ist.

Viele Grüße
Gert
Bild
KSTR
inaktiv
Beiträge: 1221
Registriert: 08.05.2008, 11:51

Beitrag von KSTR »

Fortepianus hat geschrieben:Deine Anschlussvariante bietet sich damit für Chris im Falle seiner BM8 an. Bei den bereits schutzgeerdeten Geräten lässt sich das im Prinzip genauso machen, aber da würde ich dann den Schirm an einer Seite offen lassen.
Es gibt da noch eine Mischvariante, die oft als Hybrid-Schirmung bezeichnet wird: Die Schirmung wird an der Empfängerseite über ein Parallelglied aus R und C angeschlossen, der C (100nF oder so) sorgt für eine ordentliche HF-Verbindung des Schirms (also das Konzept des "weitergeführten Gehäuses" für hohe Frequenzen), und der R (10R etwa) stellt eine galvanische Verbindung für DC dar, jedoch können dann keine niederfrequenten Ströme in hoher Stärke dort fließen (die fließen "hintenrum" über die Schutzerde-Verbindungen. Macht aber nur Sinn bei echter symmetrischer Technik von Sender und Empfänger.

Was XLR-Steckverbinder angeht, da gibt es eine HF-optimierte Variante von Neutrik (die EMC-Serie), dort wird Pin 1 über eine Ferritperle an den Kabelschirm angschlossen, während das Steckergehäuse über einen RIngkondensator verbunden wird. Das hat den Zweck, dass HF-Dreck auf das Gerätegehäuse geht und abfließen kann, währen der DC/NF-Anteil direkt in den Pin 1 fließen kann. Damit vermeidet man HF-Probleme in das Gerät, wenn dieses Pin1 nicht direkt aufs Gehäuse legt, sondern auf die Audiomasse im Gerät. Es muss natürlich beim Buchsengehäuse im Gerät ein sauberer Kontakt auf das Steckergehäuse gewährleistet sein, was oft nicht der Fall ist.

Und ja, Masseführung ist Alchemie, auch schon bei Kabeln bzw XLR-Verbindungen. Es gibt genug Kabel wie Geräte die das Steckergehäuse (der vierte Anschluss bei XLR) gar nicht belegen, in der Hoffnung das es jeweils andere Partner schon gemacht haben wird... wenn nicht, schwimmt das Gehäuse und Schirmwirkung auch des besten Kabels wird topediert.

Ein einfacher Test mit Hausmitteln auf HF-Festigkeit ist ein sendendes Handy, dass man ans Kabel/Gerät hält -- kann man mit allen Kabeln/Geräten in der Anlage mal machen und wird relativ oft das typische Klackern zu hören bekommen, leider. Auf HF-Austrahlung, bei Geräten mit Schaltnetzteilen (sei es auch nur für die Display-Beleuchtung) ist ein durchgestimmter Mittelwelle-Empfänger mit Ferritstab gut zum testen... wenn man sowas mal an einen PC und dessen Kabel hält, bekommt man ein Bild davon wieviel HF-Seuche da abgestrahlt wird. Helfen tun Ringkerne, wo man mehrere Windungen des betr. Kabels draufwickelt (Common-Mode-Drossel). Besonders natürlich bei den Audioleitungen von/zu einer Soundkarte, idealweise auf komplett allen Kabel am PC (auch Maus und Keyboard). Die oft angebrachten ans Kabel angegossenen Ferrite helfen nur für's grobe (nur soweit, dass das Gerät ein EMV-Zertifikat erhalten konnte). Die Ringkerne sind speziell auch ein Geheimtrick für Netzkabel, wenn es brummt/britzelt (die üblichen Netzfilter, die den Dreck nach Schutzerde zu entkoppeln versuchen machen es meist eher schlechter -- ausser die mit medzinischer Zulassung, dort wird *nicht* nach Schutzerde mit Kondensatoren entkoppelt). Klassiker da wieder: Notebook-Netzteile, dort muss man das fast immer machen. Alternativ geht (zum Testen) auch eine aufgewickelte 50m Kabeltrommel (keine aus Metall allerdings). Das bringt zum einen DC-Widerstand in die Schutzerde-Verbindung (macht die LF-Ausgleichströme geringer) und zu anderen wirkt es als HF-common-mode-Drossel.

Grüße, Klaus
Bild
Eusebius
inaktiv
Beiträge: 594
Registriert: 11.12.2008, 19:57
Wohnort: Rhein-Main

Beitrag von Eusebius »

Hallo Klaus!
Solche Postings finde ich einfach klasse.
Das ist ist fundiert, praxisnah und verständlich.
Wer sonst in der Forenwelt kann das schon?
Wenn es mehr User von deinem fachlichem Kaliber und deinen Umgangsformen gäbe, wäre das Internet ein Paradies.

Gruß!
Rainer
Bild
Antworten