Wie "klingt" Jitter?

wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Freunde,

nachdem hier jetzt "x" off-Topic Beiträge das eigentliche Thema ohne neue Erkenntnisse verwässern, beantrage ich als Threadinitiator die Reinigung durch die Administration!

Ich habe diesen Thread "damals 2011" angefangen, weil ich wissen wollte, wie man in einem Klangbild Jitter identifizieren kann, was also die klanglichen Charakteristika von (zu viel) Jitter sind.

Inzwischen bin ich der Antwort "nur" durch eigene Hörerfahrung (hauptsächlich durch einen SPDIF Reclocker-Test bei Fujak und den Wechsel von Clocks & Versorgung in Streamer und DAC) nähergekommen. Aber wenn ich irgendwo hinkomme und schön Musik höre kann ich Jitter immer noch nicht ohne Vergleich "eindeutig heraushören".

Auf der anderen Seite sind verbesserte Kontur, Durchzeichnung, Detailwiedergabe, Impulstreue, und weniger Lästigkeit (speziell der Höhen) Attribute, die sich bei mir durch Vergleiche so angesammelt haben. Aber es passiert immer wieder, dass das erst nach der Modifikation überhaupt wahrnehmbar wird (auch und gerade bei Rückbau!).

Es gibt hier im Forum einige Experten, die ähnliche Wahrnehmungen wie ich sie habe zum Anlass für große Anstrengungen genommen haben und noch nehmen um den Ursachen auf die Spur zu kommen. Das unterstütze ich sehr, kann zwar wenig beitragen...

Lange Rede kurzer Sinn - Ich sähe es sehr gerne, wenn dieser Thread wieder zu seiner Bestimmung zurückkehrte: Interessierten Hörern Hilfestellung zur klanglichen Identifikation von Verbesserungspotential im Digitalteil unserer Anlagen zu geben.

Gruß,
Winfried

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Eunegis
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Beitrag von Eunegis »

Hallo Winfried,

aktuell meine ich, ein für Jederman/frau nachrüfbares Beispiel für Jitterklang nennen zu können: zwei Radiosender. Ich hoffe, ich darf das, ohne rechtlich anzuecken. Nun kann man meinen, UKW-Radiosender bieten nicht genügend Auflösung, um Jitter beurteilen zu können. Aber ein Jeder kann es ja mal für sich selbst ausprobieren: Vergleicht mal NDR Kultur mit Klassik Radio.
Aus meiner Sicht ist NDR Kultur sauber aufgearbeitet ohne nennenswerten Jitter. Klassik Radio hingegen ist vollkommen verjittert. Besonders deutlich wird das bei Streichmusik (z. B. Violinen). Wie komme ich darauf?

Jitter ist in Worten nicht einfach zu fassen. Es wird bei hohen Frequenzen hörbar. Diese klingen "verschmiert" und nicht recht kohärent. Der Klang ist "flach", diffus und ohne Rauminformation. Der Klang "nervt" so, als wenn unterschwellig immer jemand mit dem Fingernagel über die Schultafel quietschen würde. Vom Gefühl her hat Jitter eine gewisse Verwandschaft zu verpolter Phase auf einem Stereokanal: es klingt einfach "falsch".

Ich für meinen Teil habe Jitter erfahren, noch bevor ich das Phänomen kannte: meine erste Einsteiger-Anlage eines großen japanischen Herstellers (M...) mit CDP habe ich samt Boxen eines sehr großen deutschen Herstellers (C...) verkauft, weil der Klang so verschmiert und "falsch" war, einfach nervte. Um die Boxen tut es mir heute noch leid, aber ich wußte ja noch nichts Genaues.
Bei einer Boxenhörprobe in einem Luxusgeschäft mit >€XX.XXX-Boxen habe ich einmal eine selbst kopierte CD mitgebracht und angehört. Der Verkäufer hatte die gleiche CD als Kaufversion zur Verfügung. Nach einer Weile wunderten wir uns, warum die Boxenunterschiede nicht so groß waren, wie erwartet (ja - da kann man jetzt diskutieren... :mrgreen: ). Wir legten die Kauf-CD ein und höre da: die Unterschiede bei hohen Frequenzen wurden wieder deutlich, es klang mit einem Ruck "richtiger"; Details, die verschiedene Boxen unterschiedlich gut differenzierten, wurden hörbar.
Danach fing ich an, bei meinen Gerätschaften und Aufnahmen bewußt auf Jitter zu achten. Ich denke heute, bei der Einsteiger-Anlage lags am CDP, bei der Luxus-Hörprobe letztlich am CD-Brennprogramm.

Ich denke, altersbedingt höre ich kaum mehr als bestenfalls noch 10-12kHz (geschätzt). Aber ich habe das Gefühl (ganz subjektiv), Jitter trotzdem recht deutlich wahrnehmen zu können. Das deckt sich in etwa mit meiner Beobachtung, es sogar bei UKW-Radiosendern herauszuhören. Es wird also wohl schon bei mittelhohen Frequenzen psychoakustisch wirksam.

Bin mal gespannt, ob jemand die Radiosender-Sache vergleichbar empfindet...

Gruß,
Eunegis
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Eunegis,

in der Tat höre auch ich klangliche Unterschiede zwischen Klassik Radio und NDR2/BR4 - ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es nicht auch damit zusammenhängt, dass Klassik Radio eine Kompression einsetzt, die jeder noch so schönen Klassikdarbietung die Anmutung von Kaufhausmusik verleiht. Schalte ich zwischen BR 4 Klassik und Klassik Radio um, klingt die Musik auf Klassik Radio sofort lauter und druckvoller, aber auch weniger differenziert in der Dynamik - eben nach Kaufhausmusik.

Deine Hörerfahrungen mit Kauf-CDs und selbstgebrannten kann ich 1:1 verifizieren. Technisch erklärbar durch die meist stärker notwendige Fehlerkorrektur bei selbstgebrannten CDs.

Die Hörbarkeit der Auswirkungen von Jitter sind nach meiner Erfahrung übrigens unabhängig von der altersbedingten Einschränkung der Empfindlichkeit für höhere Frequenzen. Tests mit einigen meiner älteren Verwandten (75, 76, 84 Jahre) erbrachte im Hörvergleich eine eindeutige Zuordnung, welches Klangbeispiel mit eingeschleifter Mutec-Clock und welches ohne Reclocking abgespielt wurde. Die Klangcharakteristik der reclockten Musik wurde mit Attributen wie "sauberer, entspannter, natürlicher, näher am Authentischen, mehr Raum" bezeichnet.

Jitterfreie Grüße
Fujak
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Jens

Das Beste am Norden ... ist die Kabelübertragung vom Studio zum Sendemast. Andere Stationen verwenden Ballempfänger uns modulieren neu, was zu einer Höhenbetonung führt, während die Kabellösung die Höhen eher etwas gedeckt erscheinen lässt, je weiter man sich von Hamburg entfernt. In dem Überlappungsgebiet von HR und NDR kann man das schön vergleichen. Klassik Radio wird von Hamburg aus gesendet, die Verwaltung ist in Augsburg.

Als es noch DSR (Digitales Satelliten Radio) gab, und bei DECCA die große Solti Edition mit einem preiswerten Sampler publik gemacht wurde, spielte der Bolero auf Klassik Radio, unverkennbar schon bei dem ersten Takt, flugs griff ich den Sampler und verglich CD und DSR, sowohl der CD-Player wie der DSR-Empfänger hatten denselben Wandler und Ausgangsstufe (Denon/BurrBrown).

Beim Bolero kann man recht schnell die CD zum Radio synchronisieren und so hatte ich die einmalige Gelegenheit zum Vergleich, bei dem nur das Prinzip den Unterschied machte. Tonal sonst gleich, war die Auflösung bei DSR geringfügig gröber, die Wiedergabe etwas breiter und der Hintergrund war weniger tief gestaffelt, bei 2,50m Stereobasis jeweils eine halbe Handbreite. Es liegt 20 Jahre zurück und das unkomprimierte DSR gibt es nicht mehr.

Zur selben Zeit wurde Klassik Radio auch ins Kabelnetz eingespeist, da fiel besonders auf, dass die Höhen völlig überzogen waren, sie wirkten schon verzerrt, Klaviermusik für mein Ohr unerträglich. Der Vergleich Kabel gegen Direktempfang lokaler Sender mit dem identischen Programm zeigte mehr Unruhe und Unsauberkeiten, ich habe das auf die Frequenzumsetzung und deren Nebenprodukte zurückgeführt. Seitdem hatte ich mein interesse an Klassik Radio verloren.

Da ich gerne solchen Dingen auf den Grund gehe, habe ich bei Klassik Radio nachgefragt, hier die Antwort auszugsweise:
Klassik Radio hat geschrieben:Die Musik ist im Sendesystemals mp2 kodiert, je nach Empfangsweg wird dann noch weiter komprimiert. Webradios gibt es im verschiedenen Qualitäten, von 96 kbit/s bis 128 kbit/s (PC), als mp3-Stream und wma.
Über UKW mit dem FM-Verfahren (Frequenzmodulation, analoges Signal) wird mp2 also wieder erst analogisiert.
Zur Zeit von DSR speisten auch werbegestütze Programme ein, bei denen ein bekanntes Stück von Dire Straits mir auffiel. Die Nachfrage beim Sender (Radio FFN) ergab folgende Vorgehensweise, laut Erklärung des Technikers am Telefon: Die CD wird in ein analoges Mischpult gegeben, dabei wird die Stereo-Basisbreite künstlich heraufgesetzt, damit die Wirkung bei Stereoradiorekordern vergrößert wird. Die damit entstehende Höhenbetonung wird durch eine Bassanhebung ausgeglichen. Um beim Hörer besser "anzukommen", wird die Musik dynamikkomprimiert und in den Spitzen durch bekannte Studiolimiter begrenzt, weil die Übersteuerung der Sender Strafgelder für Mehrverschleiß kostet. Zur Einspeisung in das digitale Sendeverfahren wird die analog be-/verarbeitete Musik anschließend mit der erforderlichen Abtastrate A-D gewandelt. Ade, Qualität, kann man da nur sagen!

Zu dieser Zeit wurde dieser Sender zusätzlich mit Minidisc-Abspielgeräten ausgestattet - über die Kompressionsverfahren der Minidisk will ich mich nicht äußern, aber die Tatsache, dass mehrfach umgesetzte und komprimierte Programminhalte gesendet werden, erklärt schon genug.

Radio dudelt bei mir im Auto, selten woanders. Schade eigentlich um den kulturellen Aspekt, wo sich die Musikschaffenden doch solche Mühe um die Perfektionierung gegeben haben, und die Technokraten im Grunde genommen alles versauen, teilweise akzeptiert, teilweise zum Erbrechen.

Fujaks Erfahrung mit gebrannten CDs teile ich nicht vorbehaltlos. Meine gebrannten CDRs klingen oft besser als die Originale, weil ein präziser Rip auf präparierte Rohlinge gut gebrannt (EAC brennt besser als Nero) schließlich auf einem Medium liegt, welches beim Abtasten denselben Strahlweg nimmt, wie er beim Brennen schon bestand, somit unabhängig von Schlieren, wie Uli seinerzeit hier im Forum bemerkte. Es mag auch andere Erklärungen geben.

Grüße Hans-Martin
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Eunegis
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Beitrag von Eunegis »

Huiuiui...

da hab ich ja mehr Unruhe gestiftet, als ich wollte... :mrgreen:
Aber gut zu wissen: ich bin nicht allein! :cheers:

Da können wir natürlich jetzt in eine (interessante) Diskussion über Radioübertragung/qualität hineinrutschen. Aber im Radiobeispiel soll es im Sinne des TE eigentlich gar nicht um Radioübertragungstechnik gehen, sondern um den Klangcharakter von Jitter. Die Radiotechnik ist nur insofern von Bedeutung, als ihre sonstigen Klangauswirkungen vom Jitter unterschieden werden.

Dynamische Kompression eines Musiksignals ist natürlich hörbar. Komprimierung (=Datenreduktion) auch - in vielen Fällen, zu denen die Internetstream-Komprimierung wohl dazuzählt. Bei der Komprimierung muß man noch Ausmaß und Qualität unterscheiden (beides hörbar). Und beides kommt auch im UKW-Signal irgendwo im Verlauf vor. Ich bezog mich bei meinem Radiosendervergleich eigentlich auf UKW per Autoradio. Aber das ganze gilt eigentlich ganz ähnlich ebenso fürs Internetradio.

Nicht nur bei den beiden UKW-Sendern im Auto meine ich, jitterarmen und verjitterten Klang deutlich unterscheiden zu können (und das trotzt Autoradio, wobei die Konstellation ist nicht geeignet ist, z. B. Stereobasisbreitenmanipulationen ordentlich umzusetzen). Auch das Internetradio über meine "feine" Anlage zuhause läßt hören, daß Streams mit einer höheren Komprimierung nicht selten besser klingen als solche, die weniger eng gepackt rüberkommen. (Dynamik)Kompression haben die Signale unabhängig von der Komprimierung sicherlich oft noch zusätzlich erfahren. Es liegt also ein Gemisch aus beidem vor.

Mit besser klingen meine ich "organischer", räumlicher, "richtiger", weicher, weniger "granuliert", detailreicher. Nun habe ich noch nie gezielte Vergleiche mit Musik unterschiedlicher Kompressions- und Komprimierungsraten gemacht. Doch wenn ich Streams mit höherer Komprimierung (und unbekanntem Ausmaß der Kompression), die eigentlich schon deswegen schlechter klingen sollten, trotzdem relativ häufig als besser klingend (nach den o. g. Kriterien) wahrnehme, glaube ich, daß zusätzlich auch noch Jitter im Spiel ist.

Die Kriterien "organischer", räumlicher, "richtiger", weicher, weniger "granuliert", detailreicher sind die, die ich damals u. a. aus den Erfahrungen mit der verkauften Anlage und dem Luxusboxentest für mich rausgefiltert habe, und die für mich Jitter anzeigen. Hat jemand schon mal Kompression und Komprimierung gezielt klanglich zu definieren versucht? Aber die Diskussion um Klangunterschiede von Komprimierungsverfahren ist entweder ein eigener Thread oder -viel eher - eines HighEnd-Forums gar nicht würdig... :wink:
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Buschel
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Beitrag von Buschel »

Eunegis hat geschrieben:Doch wenn ich Streams mit höherer Komprimierung (und unbekanntem Ausmaß der Kompression), die eigentlich schon deswegen schlechter klingen sollten, trotzdem relativ häufig als besser klingend (nach den o. g. Kriterien) wahrnehme, glaube ich, daß zusätzlich auch noch Jitter im Spiel ist.
Die subjektiv empfundene Qualität hängt bei verlustbehafterer Kompression vielen Parametern ab und lässt sich nicht nur auf die Kompressionsrate zurückführen. Von daher ist deine Beobachtung nachvollziehbar, die Folgerung, dass dann Jitter die Erklärung ist, ist jedoch kaum haltbar.
Fakt ist, dass es diverse "lossy codecs" gibt, die auf unterschiedliches Material zugeschnitten sind (z.B. nur auf Sprache) oder auf eine besondere Zielbitrate (z.B. für Musik deutlich unterhalb 64 kbps). Selbst wenn man Codecs betrachtet, die eine transparente Kompression erlauben (z.B. MPEG Layer1/2/3, AAC oder WMA), gibt es riesige Unterschiede in Abhängigkeit vom eingesetzten Kompressor und vom zu komprimierenden Audiosignal. Ich möchte da nur an alte Kompressoren wie Xing- oder frühe FhG-Encoder erninnern, die zum Teil unheimlich schlechte Qualität erzielt haben, oder auf Musikstücke hinweisen, die reine "Codeckiller" sind (z.B. Kalifornia von Fatboy Slim).
Eunegis hat geschrieben:Hat jemand schon mal Kompression und Komprimierung gezielt klanglich zu definieren versucht?
Zu den unterschiedlichen Codecs gibt es natürlich öffentlich nachlesbare Tests, die die subjektive Klangqualität bei unterschiedlichen Audiotestsequenzen und Kompressionsraten untersucht haben, z.B. http://en.wikipedia.org/wiki/Codec_listening_test oder http://wiki.hydrogenaudio.org/index.php ... ning_Tests.
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Buschel
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Beitrag von Buschel »

Bernd Peter hat geschrieben:
[...] Neither is a harmonic distortion as is typical of analog non-linearity. And at any rate, harmonics are always at higher frequencies, they never occur before the frequency itself.[...]
Eine analoge Intermodulationsverzerrung erzeugt ebenfalls Seitenbänder (http://de.wikipedia.org/wiki/Intermodulation).
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Freunde,

ich glaube die Frage "Wie klingt Jitter" ist nach wie vor aktuell und wie ich bereits sagte, ich habe den Eindruck gewonnen, dass man erst klanglich merkt dass welcher da war, wenn er dann weg ist. 8)

MMn sind Jitter und Kompression zwei komplett verschiedene Baustellen, denn Jitter ist eine auf der SPDIF/AES-EBU Signalfrequenzebene induzierte Störung (Flankenwackeln) des (inhaltlich unveränderten) seriellen Digitalsignales, das in den DAC gespeist wird.
Kompression ist eine pegelmäßige Dynamikverringerung der Daten selbst, die ihre ganz eigene Klangsignatur aufprägt, von "hört sich immer laut an" bis "Pumpeffekte" usw.

Dass da natürlich Vermischungen stattfinden ist schon klar, aber die Fragestellung an sich bezog sich auf an sich zunächst als störungsarm empfundene Quellen wie CD, Dateien abspielen o.ä., dig. Fernsehton und ähnliches und Material das zunächst mal nicht komprimiert (Stichwort "loundness war") erscheint.

Wenn man also genüsslich, gutes "Material" hört und dann durch Anti-Jitter Maßnahmen (Stichwort "Mutec") eine merklich Klangverbesserung stattfindet, das ist das von mir gemeinte Szenario! Also im Sinne des Threadtitels:

Wie bemerke ich das Jitter-Verbesserungspotential vorher, ohne Vergleich?
Was ist (eindeutig) zu hören, woraus man Jitter-Verdacht schöpfen könnte/sollte?

Diese Frage ist bisher unbeantwortet und mein Eindruck ist, sie lässt sich aus dem Klang einer Anlage auch nicht zuverlässig beantworten.

Gruß,
Winfried

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axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Hallo allerseits,

in dem bereits an anderer Stelle zitierten Artikel High Jitter vs. Low Jitter beschreibt der Author auch ziemlich detailliert, wie sich Jitter "anhört" bzw. was er klanglich bewirkt:
Robert Harley hat geschrieben: What is the sonic effect of jitter in the S/PDIF datastream? To answer that, I listened to the same music through the same system, but switched between the PS Audio Lambda and the SV-3700 as the S/PDIF data source.

The difference was not subtle. On the Harmonia Mundi recording of Handel's Water Music (HMU 907010), the violins sounded almost unrecognizable through the high-jitter SV-3700. Instead, they sounded like a single synthesizer, devoid of all nuance, detail, and the sonic cues that tell you a bow is moving across strings. In place of these cues was a steely hardness and screechiness that literally made me cringe during loud passages. It sounded as though the violins were being played with hacksaw blades.

In addition, low-level detail was lost; the harpsichord seemed to disappear, and all the instruments blended into a giant roar. The presentation was drier, and reverberation decay became truncated. Overall, the music was sterile, mechanical, and uninvolving.

Moving to a very different selection, Michael Ruff's Speaking in Melodies (Sheffield CD-35), I heard a similar steeliness to the treble. Sibilance was emphasized, sounding like spikes of barbed wire sticking out on vocal "s" and "ch" sounds. The treble was edgy and aggressive. The vocal was more forward, drier, and didn't sound integrated with the band.

One change between the Lambda and the SV-3700 not heard on the Handel but clearly revealed on the Ruff disc was how jitter affects bass. The SV-3700 had more bass, but it was fatter, slower, and devoid of pitch. Through the Lambda, I could clearly hear all the notes the bass player was playing at the beginning of track 11. Through the SV-3700, the bass in this same passage was a featureless morass. Moreover, the SV-3700 destroyed this music's upbeat rhythmic intensity. The band seemed less enthusiastic through the SV-3700.

When we hear the effects of jitter, we're hearing voltage errors at the DAC's analog output caused by word-clock timing variations. This magnitude of the voltage error is a function of the signal amplitude and the jitter. Although low-level signals introduce more jitter in the interface, we're less likely to hear jitter on low-level signals. The voltage error may be on the order of a few microvolts with a low-level signal, but several millivolts with a high-level signal. Consequently, the audibility of jitter will vary greatly with the music's spectral content, level, and dynamics. According to HDCD® developer Pacific Microsonics—who has done extensive research into jitter audibility—the jitter's frequency and spectral distribution largely determine a transport's sonic signature. Jitter at one frequency may produce a certain sonic characteristic, while jitter at another frequency will create a very different subjective effect.

Clearly, jitter in the data stream driving a digital processor is audible—and a significant contributor to "digital sound." Because jitter adds artifacts we associate with digital audio in general, reducing jitter is an important step toward truly musical digital reproduction.—Robert
Das Beispiel mit den Violinen hatten wir ja auch schon öfters und ich finde, damit ist es tatsächlich relativ einfach, die Auswirkungen von Jitter wahrzunehmen. Dazu muß man auch kein geschultes Goldohr sein.

Gruß,
Kai
Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Winfried,
wgh52 hat geschrieben:ich glaube die Frage "Wie klingt Jitter" ist nach wie vor aktuell und wie ich bereits sagte, ich habe den Eindruck gewonnen, dass man erst klanglich merkt dass welcher da war, wenn er dann weg ist. 8)
Oder umgekehrt, wenn er zuerst weniger war (z.B. wegen zwischengeschalteter Mutec MC-3+) und dann mehr, weil man die Clock aus der Kette rausnimmt.
wgh52 hat geschrieben:MMn sind Jitter und Kompression zwei komplett verschiedene Baustellen,
Das sehe ich auch so; deshalb hatte ich dies beim Beispiel NDR vs Klassikradio angeführt, dass dies in meinen Ohren nicht auf Jitter sondern auf Kompression zurückzuführen ist.
Tatsächlich aber - und das sollte hier im Focus bleiben - geht es in diesem Thread um die Frage, wie Jitter "klingt" bzw. korrekterweise, wie sich die Auswirkungen von Jitter klanglich bemerkbar machen.
wgh52 hat geschrieben:Wie bemerke ich das Jitter-Verbesserungspotential vorher, ohne Vergleich?
Was ist (eindeutig) zu hören, woraus man Jitter-Verdacht schöpfen könnte/sollte?
Meistens ist dies nach meiner Erfahrung ohne A/B-Vergleich nicht zu identifzieren. Manchmal aber, wenn man die Qualität der übrigen Komponenten der Anlage einschätzen kann, fällt es durchaus auf.

Ich erinnere mich z.B. an eines dieser legendären audiophilen Treffen bei Dir im Hotel (Mann, das waren noch Zeiten...), als Michael (BM-Fan) das erste Mal die neue AGM 3.3 einem größeren Publikum vorgeführt hatte. Hier fiel mir der scharfe Klang und die kompakte und wenig differenzierte Räumlichkeit auf. Da die Raumakustik bei Dir bekanntermaßen sehr gut war, der Lautsprecher ohnehin, hatte ich den Zuspieler im Verdacht. Als mich Michael fragte, wie ich den Lautsprecher denn nun fände, sagte ich ihm, dass der LS nach meinem Eindruck unterhalb seiner Möglichkeiten spiele. Er erklärte mir daraufhin, dass der Zuspieler ein (ungertifzierten) Sonos sei. Die AGM 3.3 habe ich in späteren Jahren übrigens an besseren G-Zuspielern gehört, wo er die von AGM allseits bekannte klare Durchzeichnung aufwies und eine exakt abgezirkelte Klangbühne in den Raum projizierte.

Grüße
Fujak
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Kai,

interessanter Artikel, der sich mit meinen Hörerfahrungen deckt.
aston 456 hat geschrieben:Das Beispiel mit den Violinen hatten wir ja auch schon öfters und ich finde, damit ist es tatsächlich relativ einfach, die Auswirkungen von Jitter wahrzunehmen. Dazu muß man auch kein geschultes Goldohr sein.
In der Tat.

Grüße
Fujak
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Kai

Beide Musikbeispiele aus deinem Zitat (Harmonia Mundi Water Music und Sheffield Michael Ruff) sind invertiert. Der Verdacht liegt nahe, dass dieser Umstand beim Jittertest unkorrigiert oder unbemerkt geblieben ist. Nach meiner Erfahrung stellt das zerfaserte S-Laute Problem bei invertiertem Material einen größeren Unterschied in der Hörbarkeit von Jitter, weil die Höhen exponierter sind, bei korrekter Polarität fällt der Unterschied einer Jitterreduktion weniger deutlich hörbar aus.

Ich benutze als Jittertest gern ein Mozart Konzert für Harfe und Flöte. Da ist ein Cembalo zwischen den Streicher, welches man leicht überhört, bei jitterarmer Wiedergabe fällt es aber auf. Das Ausklingen der Harfe, womit das Instrument auch mehr Größe bekommt und die reduzierte Schärfe der Flöte sind neben mehr Wärme bei den Streichern und insgesamt mehr Raum die auffälligsten Merkmale. Da diese Decca-Aufnahme im Original invertiert kommt, eignet sie sich gut für den Jitter-Test, aber wenn ich sie genießen will, spiele ich sie außerdem mit korrekter Polarität.

Allein über die Polarität könnten die Äußerungen über die Hörbarkeit schon unterschiedlich ausfallen.

Grüße Hans-Martin
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Eunegis
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Beitrag von Eunegis »

Nur nochmal ganz kurz, um das abzuschließen:

Meine Sichtweise ist, daß sich bei den Rundfunk/Internetradio-Beispielen die Artefakte durch Kompression bzw. Komprimierung bei Vergleich vieler Sender miteinander weitgehend rausnivellieren (sie sind im Mittel bei den Sendern gleich/ähnlich) und jitterbdingte Unterschiede relativ in den Vordergrund treten. Grund für diese Annahme waren meine Jittererlebnisse mit Quellen, die nicht von Kompression bzw. Komprimierung betroffen waren. Die noch verbleibenden Unterschiede, die ich bei den Sendern höre, entsprechen im Charakter denen verjitterter bzw. jitterarmer hochqualitativer Quellen. Im übrigen würde ich mich der Jitter-Klangbeschreibung aus dem Zitat oben anschließen. Es scheint, das könnten fast alle Jitterhörer unterschreiben.
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axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Hallo Hans-Martin,

diese Aussage halte ich für nicht haltbar:
Hans-Martin hat geschrieben:Allein über die Polarität könnten die Äußerungen über die Hörbarkeit schon unterschiedlich ausfallen.
Der hörbare Effekt einer Verpolung ist meiner Erfahrung nach ganz wesentlich geringer als Jitter bei Violinen. Bei meinem bescheidenen Setup kann ich eine Invertierung nur mit besten Willen detektieren und ob ich das bei einem Blindtest sicher repetieren könnte, ist für mich ausgesprochen fraglich.
Verjitterte Violinen hingegen, lassen mir fast den Schmelz von den Zähnen platzen.

Gruß,
Kai
Thomas K.
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Beitrag von Thomas K. »

wgh52 hat geschrieben:ich glaube die Frage "Wie klingt Jitter" ist nach wie vor aktuell und wie ich bereits sagte, ich habe den Eindruck gewonnen, dass man erst klanglich merkt dass welcher da war, wenn er dann weg ist. 8)
Hallo Winfried,

genau so geht es mir auch, und ich brauche dazu keine Messungen, sondern nur einen Kurzurlaub. :mrgreen:

Folgendes kann ich beisteuern. Über die Weihnachtstage waren wir bei meinen Schwiegereltern, und ich hatte den Mutec an Oliver (Heule) ausgeliehen. Als wir zurückkamen, habe ich erst mal mehrere Tage ohne diesen gehört, und dachte bei mir eigentlich klingt es doch ganz gut, und mir kamen Zweifel ob das Reclocking durch den Mutec tatsächlich so viel gebracht hatte. Dann holte ich den Mutec wieder ab, schloss ihn an, und die Zweifel waren nach den ersten Sekunden ausgeräumt.

Die Frage wie Jitter klingt, würde ich so beantworten. Jitter verschlechtert die Ortungsschärfe, Jitter läßt Stimmen dünn erscheinen, Jitter bringt Schärfe im Hochton hervor, Jitter verhindert präzise Bässe. Diese Aufzählung ist nicht komplett, ich habe nur das herausgegriffen, was unmittelbar auffällt. Führt man das alles zusammen, sind sämtliche Frequnzbereiche betroffen (Schärfe: Hochton, ausgedünnte Stimmen: Mitte, unpräzise Bässe:Timing)

Viele Grüße
Thomas
Thomas
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