Wie "klingt" Jitter?

Grauwacke
Aktiver Hörer
Beiträge: 208
Registriert: 08.01.2011, 17:20
Wohnort: Bad Königshofen

Beitrag von Grauwacke »

Hallo, Gert,
ich habe mir nochmal die Originalquelle der Jitterdateien angesehen, aber leider nichts dazu gefunden, wie denn der Jitter auf das originale Signal hinzugerechnet wurde. Nach der Klasse Beschreibung von Dir zum Thema Dateninduzierter Jitter haben die Urheber wohl folgendes getan: Gemäß der biphasigen Darstellung der Bits haben sie aus 01 statistisch 10 und umgekehrt gerechnet. Das würde aber unkorreliertes Rauschen ergeben, oder?
Fortepianus hat geschrieben: Unkorrelierten Jitter, also z. B. breitbandiges hochfrequentes Rauschen, kann ich mir gut vorstellen, auch bei höheren Amplituden nicht zu hören.
.
Das zeigen die Spektren ja auch. Was hier auch noch angefügt werden muß, sind die absoluten Pegel bei den hohen Frequenzen, die z.T. auf kleiner -100dB absinken!.

Zum Verständnis, wie Jitter viel ausgeprägter zur Signalverfälschung beitragen kann, gebe ich Deine Erklärung aus dem http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... rt=0#p6790 mit eigenen Worten nochmal wieder:

Abgesehen von der Präambel muß nach spätestens zwei Datenbits sich der Zustand ändern. Die Präambel wird ja durch drei gleiche Bits identifiziert.
Durch Nichterkennen von Polaritätswechseln, die im Datenbereich nach spätestens zwei Bits kommen müssen, baut sich elektrisch ein Offset aus, der dazu führt, dass nach einer ersten Problemstelle auch folgende Bitpaare falsch interpretiert werden. Bis dahin alles richtig, hoffe ich.
Wenn sich dieser Effekt nur innerhalb der 32 Bit eines Datenwortes abspielen würde, würde dies auch nur zu Rauschen mit der halben Taktfrequenz führen. Damit sich jetzt im hörbaren Bereich Fehler einschleichen, müsste sich der DC-Offset über mehrere Worte hinziehen. Richtig vermutet?
Das wäre dann in der Tat die physikalische Ursache für auch hörbare Veränderungen, denn mit steigender Anzahl der fehlerhaften Worte verlagert sich die Veränderung zu immer kleineren Frequenzen.

Ob das die Urheber der Jitterdateien so gerechnet haben (simulieren lässt sich das ja), dürfte aber anhand der spektralen Auswertung fragwürdig sein. Insofern sind wir wieder bei der Wissenschaft: Man sollte schon wissen, was man tut, oder wie Du schreibst:
Fortepianus hat geschrieben: Ganz anders bei korreliertem, also dateninduziertem Jitter, der aber sehr typisch ist für digitale Übertragungssysteme. Wenn also Musiksignale zum Download angeboten werden, die mit wissenschaftlicher Akribie mit Jitter von x ns versehen wurden, so ist das ein Paradoxon, denn dann hat die angeblich wissenschaftlich arbeitende Instanz, die den Jitter injiziert hat, nicht begriffen, worum es geht. Und je nach dem, wie das Spektrum des Jitters aussieht, ist es kein Anzeichen von Holzohrigkeit oder gar eine Schande, das nicht zu hören.

Die tonalen Effekte von Jitter gehen gegen Null, würde ich wie Fujak sagen, und das ist auch im Wesentlichen, was die Frequenzganggrafiken ausdrücken. Mit so einfachen Messmethoden kommt man dem Phänomen nicht auf den Grund, denke ich.
War eine spannende Diskussion, bei zumindest ich viel dazu gelernt habe!

Viele Grüße
Helge
Bild
Bernd Peter
Aktiver Hörer
Beiträge: 4003
Registriert: 04.05.2010, 19:37

Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

vielleicht kann man das mit einer - jedem bekannten - Situation aus der Fotografie beschreiben:

Signal mit hohem dateninduzierten Jitteranteil: leichte Unschärfe, etwas aufgedickt und verschwommen, fehlende Abgrenzung

Signal mit wenig Jitter: scharf gestellt

Der Klang an sich wird ja hauptsächlich im Analogteil produziert.

Gruß

Bernd Peter
Bild
wgh52
Aktiver Hörer
Beiträge: 5650
Registriert: 25.01.2008, 15:17
Wohnort: Schweitenkirchen
Kontaktdaten:

Beitrag von wgh52 »

Hallo Bernd Peter,
Bernd Peter hat geschrieben:...Signal mit hohem dateninduzierten Jitteranteil: leichte Unschärfe, etwas aufgedickt und verschwommen, fehlende Abgrenzung

Signal mit wenig Jitter: scharf gestellt...
Diese Kurzbeschreibung scheint mir jitterigen Klang, zumindest wie ich ihn wahrgenommen habe, gut zu treffen! Sie gibt meines Erachtens auch her, dass man die Unterschiede erst richtig merkt wenn man einen Vergleich hat oder viel Wahrnehmungserfahrung.

Danke und Gruss,
Winfried

2229
Bild
uli.brueggemann
Aktiver Hersteller
Beiträge: 4659
Registriert: 23.03.2009, 15:58
Wohnort: 33649
Kontaktdaten:

Beitrag von uli.brueggemann »

Wenn jemand 10 Dioptrien Fehlsichtigkeit hat, dann merkt er das ziemlich schnell.
Wenn es aber nur 0,5 Dioptrien sind, dann ist alles normal, das Hirn gewöhnt sich ja dran.
Wenn dieser nun eine Brille aufsetzt, welche die 0,5 Dioptrien korrigiert, dann sollte er klar den Unterschied schon sehen können.
Wenn nun die Fehlsichtigkeit nur 0,1 Dioptrien beträgt, wird der Mensch evtl. beim Brille aufsetzen/absetzen darüber rätseln, ob es nun besser ist oder nicht. Und je nach Gemütslage erkennt er auch keinen Unterschied.

Welcher Brillenträger kennt im übrigen nicht die Problematik, wenn der Optiker beim Wechseln der Linsen nachfragt: ist es so besser oder so? Kein einfacher Test.

Nun ist in diesem Beispiel der Empfänger, also das Auge, fehlerbehaftet. Wir können natürlich das Ganze umdrehen, dem Auge die optimale Sehfähigkeit verpassen und eben ein Bild entsprechend scharf/unscharf stellen.

So ähnlich stell ich mir das auch bei Jitter vor. Da sind es eben die Ohren anstelle der Augen. Ohne Vergleich merkt man meistens nichts. Mit Vergleich wird es schwierig, richtig zu entscheiden, je kleiner der Unterschied ist. Es wird evtl. anders, aber ist es besser oder schlechter?

Grüsse, Uli
Bild
Grauwacke
Aktiver Hörer
Beiträge: 208
Registriert: 08.01.2011, 17:20
Wohnort: Bad Königshofen

Beitrag von Grauwacke »

Hallo, Uli,
uli.brueggemann hat geschrieben: Das Jitterspektrum, das ja wohl sicher Einfluß auf die Hörbarkeit hat, bekommt man so nicht

Fortepianus hat geschrieben: Mit so einfachen Messmethoden kommt man dem Phänomen nicht auf den Grund, denke ich.

Helges Ansatz nicht auf 10 sec. sondern Zeitscheibchen für Zeitscheibchen (wie in einem Sonogramm) sollte das Spektrum des zugefügten Jitter erkennbar werden lassen - richtig?
Da hätte ich inzwischen Zweifel, ob das so erkennbar ist, denn Jitter ist ja offenbar ein dynamisches Problem und nicht ein statisches. Mein Ansatz war aber rein statisch, der nur dann geklappt hätte, wenn die Urheber die Dynamik der Jittererzeugung richtig simuliert hätten. Haben sie aber nicht, wie wir gesehen haben. Insofern frage ich mich auch, wie man zu der Aussage kommen kann:
I would not have selected this particular track (Nora Jones) as it has a lot of jitter already in the recording, but anyway I did the listening tests at both 16/44.1 and upsampled with SRC in Foobar 0.8.3 to 24/96. The best and worst are more obvious than the ones in-between. Like I said, there is so much jitter in this already, its difficult to pick-out additional jitter. The imaging on all of these tracks sucks IMO.
Viele Grüße
Helge
Bild
axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Hallo Jitterfans,

der oben aufgeführte Link funktioniert nicht (mehr). Man muß dann etwas graben auf der Seite, um dann diesen Link zu finden:

http://audioamateur.com/ax-supplementary-material/

Unter 2009 - 11/09 - finden sich dann die Tracks, die leider MP3 sind.

Gruß,
Kai
gregor
Aktiver Hörer
Beiträge: 669
Registriert: 08.03.2010, 20:08

Beitrag von gregor »

"All of the problems with digital are analog problems."
Jitter-Freunde,

da ich gerade über diesen noch recht frischen Artikel gestolpert bin, fand ich es passend, den Link dazu hier zu posten. Alternativ würde er auch in den Kabeltuning-Thread passen...

http://www.audiostream.com/content/draft

Eine schöne Zusammenfassung dessen, was hier schon länger diskutiert wird.

Beste Grüße
gregor
Bild
never
Aktiver Hörer
Beiträge: 322
Registriert: 30.12.2012, 11:00

Beitrag von never »

Hallo gregor,

vielen Dank für den Link! Der Artikel ist echt anregend und um Erklärungsansätze bemüht.

Es wird immer schwieriger, digitales Audio auf simple Aneinanderreihung von Nullen und Einsen zu reduzieren.

Freundliche Grüße,
never (Udo)
Bild
Truesound
inaktiv
Beiträge: 1095
Registriert: 22.10.2011, 17:18
Wohnort: Everglades National Park

Beitrag von Truesound »

Das ist zwar ein simples aneinanderreihen von Nullen und Einsen was eine simplifizierte Schemadarstellung wäre. Die Kunst ist es da in allen Teilen und Funktionen auch wirklich alles richtig zu bauen und zu machen....
Bild
ESM
Aktiver Hörer
Beiträge: 406
Registriert: 21.12.2012, 22:57
Wohnort: Detmold

Beitrag von ESM »

Hallo Zusammen,

Passend zum Threadtitel kann man sich hier eine jitterarme Aufnahme gegen stark verjitterte anhören, um eine Vorstellung der Dimension von Jitter zu bekommen. Ich möchte allerdings empfehlen auch diese Stellungnahme zum Atikel zu lesen, einschließlich der letzten Blogkommentare. Ich weiß, ihr mögt seine Beiträge nicht, aber ich denke und hoffe nur deshalb nicht, weil er stark polarisiert.

Gruß Erwin
Bild
spf

Beitrag von spf »

Hallo Erwin,

die reine Angabe von Jitterwerten würde ich so oder so immer mit großer Vorsicht konsumieren. In fast allen Fällen wird nie etwas zu den Messmethoden, Verfahren, Testaufbau, Messpunkten und involvierten Messtools gesagt. In diesem Fall ist die Angabe einer Zahl völlig wertlos ;)

Damit hat der Herr in seinem Blog schon recht.

Auch das Messen von Jitter als solches ist sehr sehr kompliziert und mit üblichen Hausmitteln nicht zu realisieren. Ich beziehe meine Aussage, im Sinne einer Quellenangabe, auf einen Bekannten welcher bei einem großen Hersteller von Audiointerfaces / Studiotechnik Technical Design Engineer arbeitet.

VG
ESM
Aktiver Hörer
Beiträge: 406
Registriert: 21.12.2012, 22:57
Wohnort: Detmold

Beitrag von ESM »

modmix hat geschrieben:Warnung: Diese Beiträge sind nur etwas für Leute, die Unterschiede hören. 8)
und dieser Zielgruppe kann ich wie gesagt wärmstes empfehlen sich mit der hypothesengeleiteten Wahrnehmung auseinander zu setzen. 8)
Bild
spf

Beitrag von spf »

Hallo Ulli,

ich behaupte ganz einfach das Gegenteil und beziehe mich dabei auf 3 Quellen / Personen bei Herstellern - einer ist Tascam.

Die Aussage ist recht klar, dass mit herkömmlichen Messgeräten und Messaufbauten kein ernsthaftes Ergebnis erzielt werden kann. Die verwendete Technik allein würde - das kann ich selbstverständlich nur bedingt nachvollziehen - im mindestens 6-stelligen Euro-Bereich liegen.

Aber Sichtweisen unterscheiden sich ja :)

VG
ESM
Aktiver Hörer
Beiträge: 406
Registriert: 21.12.2012, 22:57
Wohnort: Detmold

Beitrag von ESM »

modmix hat geschrieben:Ach ihr beiden - wir wissen doch, daß wir anderer Meinung sind. Wen interessiert das?
Ich messe übrigends selber :wink:
Ulli

Sorry, Winfried, ist völlig OT.
Wenn wir schon OT sind, könnte man fragen, wem deine Meinung denn interessiert. Mich schon, wenn sie sachlich bleibt. Wir bewegen uns hier in einem Medium zum Diskussionsaustausch, nicht in einer geschlossenen Benutzergruppe, schon bemerkt?

Erwin
Bild
Rudolf
Webmaster
Beiträge: 4937
Registriert: 25.12.2007, 08:59
Wohnort: Bergisch Gladbach

Beitrag von Rudolf »

Hallo Erwin, hallo Stephan,

vielen Dank für eure Hinweise auf anders lautende Meinungen bzw. Quellen. Ich denke, jedem, der hier diskutiert, dürfte klar sein, dass es stets auch die Möglichkeit gibt, dass man einer Suggestion unterliegt. Aber ist es nicht gerade der Spaß an einem Hobby, solche grundlegenden Bedenken mal außen vor zu lassen? Vielleicht ja unterliegen sämtliche Jitter-Forscher einer "gruppeninduzierten" Suggestion. Ist das schlimm? Wird hier irgend jemand verleitet, tausende oder gar zehntausende von Euro auszugeben? Ich denke nein, zumal die allermeisten unserer Diskutanten bestrebt sind, Veränderungen in ihrem Setup auf möglichst preiswerte Art und Weise herbeizuführen.

Ich denke, dass ihr unsere Gemeinschaft ausreichend* sensibilisiert habt. Überlasst es nun bitte jedem Einzelnen, ob er die von unseren Jitterexperten gemachten Wahrnehmungen/Interpretationen teilen bzw. nachvollziehen kann oder nicht.

* Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang auch auf unsere Forumsregeln hinzuweisen, in denen das Unterlassen der "Wiederholung von hinlänglich bekannten eigenen Standpunkten" gefordert wird.

Viele Grüße
Rudolf
Bild
Antworten