Welche Bedeutung haben Latenzen im Audio PC?

StreamFidelity
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Welche Bedeutung haben Latenzen im Audio PC?

Beitrag von StreamFidelity »

Hallo zusammen,

beim DIY-Projekt High Performance Audio PC mit hochwertiger Verkabelung habe ich gute Erfahrungen bei der Optimierung der Latenzen gemacht. Meines Erachtens eine oft unterschätzte Baustelle. Dieser etwas längere Bericht soll Anregungen für Problemlösungen und Eigenoptimierungen geben. Selbstverständlich sind andere Meinungen oder Ergänzungen/Richtigstellungen willkommen.

Auswirkungen von Latenzen

Jeder, der digital Musik streamt hat es vielleicht schon erlebt: Aussetzer, Klicks oder Knackser. Die Ursachen können in verlorenen Datenpaketen liegen, weil die Latenzen zu hoch sind. Zu hohe Latenzen sind meines Erachtens aber auch verantwortlich für einen undynamischen zweidimensionalen Sound.

Definition von Latenzen

Latenz bedeutet zeitliche Verzögerung. Latenzen sind überall vorhanden. In der digitalen Musikwelt ist es zum Beispiel die Zeitdauer für die Digital-/Analog Codierung (DAC) oder bei der Musikproduktion umgekehrt: Analog-/Digital Codierung (ADC). In der Musikproduktion sind niedrige Latenzen wichtig. Wenn ein Musiker die Instrumente der anderen zu spät hört, hat das natürlich Auswirkungen. Zur Einordnung:

Ganz unabhängig von der Quelle breitet Schall sich mit einer Geschwindigkeit von 343,2 Metern pro Sekunde (in trockener Luft von 20 °C) aus, was einer Latenz von rund 2,9 Millisekunden (ms) pro Meter entspricht. Für die meisten Musikerinnen und Musiker sind Latenzzeiten unter 5 ms in Ordnung und zwischen 5 und 15 ms noch akzeptabel. Ab 20 ms wirkt es sich sehr störend aus.

Nun wird gelegentlich folgendes Argument genannt: Wenn der Audio PC die Musik nur wiedergibt spielt es keine Rolle, ob der Ton nach dem Klick auf Play Sekunden später erklingt. Das ist grundsätzlich richtig. Viele Player laden den Stream sogar in den Arbeitsspeicher, um das Signal besser verarbeiten zu können. Nur hat die Pufferung im RAM mit der Pufferung in Audiokarten nichts zu tun. Der Arbeitsspeicher hat im Gegensatz zu anderen Speichermedien sogar sehr geringe Latenzen. Deshalb laden viele das Betriebssystem gleich ganz vom Arbeitsspeicher und das ist eine gute Sache. Als reine Musikhörer sind uns deshalb andere Dinge wichtig:

Die störenden Latenzen liegen im Datenstrom und in der Datenverarbeitung des Audio PCs begründet. Beim Rendern von Audiosignalen (z. B. von Flac in PCM oder DSD) und der Übertragung dieser Daten entstehen Latenzen. Sie ergeben sich aus der von der Soft- und Hardware benötigten Zeit, die Daten zu verarbeiten. Bei der Datenübertragung spielen zudem der Sample-Puffer (engl. Buffer) eine Rolle, die bei Audiokarten überlicherweise im Bereich zwischen 64 und 512 Samples liegen, um ein Abreißen des Datenstroms zu verhindern.

Samplingraten und Puffer bestimmen die Latenzen

Ein Sample ist die kleinste Einheit bei der Audio-Abtastung. Bei 44,1 kHz (CD) sind es z.B. 44.100 Samples pro Sekunde. Daraus lässt sich die Latenz errechnen.

Latenzen bei CD mit Standardpuffereinstellung:

44.100 Samples = 1.000 ms
256 Samples = 5,8 ms (1000*256/44.100)

Die 256 Samples stellen in den USB oder Ethernet-Treibern den sogenannten Puffer dar. Je größer der Puffer ist, desto größer sind die Latenzen. Dafür wird die CPU weniger belastet. Umgekehrt führt ein sehr geringer Puffer zu sehr geringen Latenzen. Jedoch wird die CPU mehr belastet, da häufiger gerechnet werden muss.

Beispiel für sehr geringe Latenzen:

44.100 Samples = 1.000 ms
52 Samples = 1,18 ms (1000*52/44.100)

Eine weitere Abhängigkeit besteht in der Höhe der Samplingraten. Bei gleicher Latenz von 1,18 ms wird der Puffer erhöht.

Beispiel Upsampling auf das 16fache einer CD mit sehr geringe Latenzen:

705.600 Samples = 1.000 ms
834 Samples = 1,18 ms (1000*843/705.600)

Bandbreite vs. Latenzen

Oft wird die Bandbreite einer Datenleitung, beziehungsweise die Datenübertragungsgeschwindigkeit mit den Latenzen verwechselt. Natürlich muss eine Datenleitung einen ausreichenden Datendurchsatz ermöglichen. Oft reichen hier schon 100 Mbit/s. Die Fans eines EtherREGEN – UpTone Audio schwören darauf (die sogenannte B-Seite).

Beispiel CD

44.100 x 16 Bit x 2 (Stereo) = 1.411.200 Bits = 1,41 Mbit/s

Beispiel Upsampling 16fache einer CD mit hoher Bittiefe

705.600 x 32 Bit x 2 (Stereo) = 45.158.400 Bits = 45,16 Mbit/s

Für die Latenzen ist die vorhandene Bandbreite in der Regel völlig ausreichend. Beim Upsampling oder PCM zu DSD Konvertierung sollte besser eine 1,0 GBit/s Leitung verwendet werden.

Latenzen in der Hardware

Bisher wurden nur die USB- und Ethernetverbindungen betrachtet. Nach meiner Erfahrung ist es wichtig die weitere Hardware ebenfalls mit niedrigen Latenzen auszuwählen.

CPU

In letzter Zeit liefern sich die beiden großen Chiphersteller Intel und AMD einen Wettbewerb um die beste Performance. Die neuen AMD Ryzen 9 5950X oder AMD Ryzen 7 5800X sind nicht nur in der Fertigungsarchitektur (7nm satt 14nm) besser, sondern glänzen auch in vielen anderen Benchmarks wie hohe Leistung, mehr Kerne und bessere Effizienz-Werte. Nicht jedoch in den Latenzen, wie die nachfolgende Grafik zeigt. Auch die Zuverlässigkeit und Fertigungsqualität scheint gemäß Forenberichten aktuell ein Problem zu sein. Für mich sind deshalb die Intel Prozessoren immer noch die erste Wahl.

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Quelle: Hardwareluxx Generations-Nachzügler: AMD Ryzen 9 5950X und Ryzen 7 5800X im Test

Speichermedien

Die Lese- und Schreibgeschwindigkeiten halte ich für nicht so wichtig, dafür umsomehr die Latenzen. Aus der unteren Grafik sind von links nach rechts die Latenzen sortiert. Die CPU hat natürlich mit ihren internen L1-L3 Caches die niedrigsten Latenzen. Ich schaue mir deshalb bei der Auswahl einer CPU auch die L1-L3 Speichergrößen an, denn was da schon zwischengespeichert werden kann muss nicht mehr in die langsameren Speicher. Dann folgen mit immer noch sehr geringen Latenzen der Arbeitsspeicher (RAM) und Intel Optane Speicher.

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Quelle: PC Perspective INTEL’S OPTANE DC PERSISTENT MEMORY DIMMS PUSH LATENCY CLOSER TO DRAM

Bei der Auswahl des RAM ist die Kombination zwischen CAS Latenz (CL) und Geschwindigkeit wichtig.

Beispiel CL10@2.400 MHz Speicher

1.000/2.400*10 = 8,33 Nanosekunden (0.00000833 ms)

Die 2.400 MHz sind nicht der Burner aber in Kombination mit dem CL Wert sind die Latenzen sensationell niedrig. Die Latenz kann jeder hier berechnen: https://notkyon.moe/ram-latency.htm

PCIe-Karten

Ich berichtete von meiner Neuanschaffung: XILINX Solarflare Flareon Ultra SFN8522 - LWL Netzwerkadapter

Diese Karte hat angabengemäß eine sehr niedrige Latenz von unter 1 μsec (0,001 ms). Dies hängt auch mit der Architektur zusammen: Alle acht PCIe Lanes werden für die Datenanbindung an die CPU genutzt, daher wird ein Slot mit Direktanbindung zur CPU empfohlen. RSS nutzt alle 16 logische Prozessoren meiner i9-9900K CPU. RSS ermöglicht die empfangsseitige Skalierung und verteilt eingehenden Datenverkehr auf mehrere CPUs oder CPU-Kerne.

Latenzen in der Software

In der Software sind oft Administrationsmöglichkeiten für die Verkürzung von Latenzen vorhanden.

Optimierungstools

Fidelizer ermöglicht die Vorgabe der Windows Timer Resolution auf den niedrigsten möglichen Wert = 0,5 ms.

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Wer kein Geld in Fidelizer investieren möchte kann das kostenlose Windows System Timer Tool verwenden. Mit einer .bat-Datei unter Autostart kann die gewünschte Einstellung automatisch geladen werden:

Code: Alles auswählen

start "" "C:\...\TimerTool.exe" -t 0.5 -minimized
exit
USB ASIO Settings

Wie oben bereits beschrieben ermöglichen die ASIO Treiber oft die Puffer Vorgabe. Für DSD 256 wählte ich den niedrigsten möglichen Wert. Die Eingangs-Latenz beträgt sehr niedrige 1,17 ms und die Ausgangslatenz 1,50 ms.

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Ethernet Puffer Settings

Bei typischen Intel Netzwerkkartenadapter kann der Eingangs- und Übertragungspuffer auf den niedrigsten Wert (bei mir 80) gesetzt werden.

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Test der Latenzen

Um mögliche Probleme im Vorfeld zu identifizieren nutze ich gern das kostenlose Tool LatencyMon. Die neuere Version 7.0 unterstützt kein Remote mehr. Ich verwende daher weiter die Version 6.71.

LatencyMon prüft, ob das Windows System für die Verarbeitung von Echtzeit-Audio und anderen Aufgaben geeignet ist. Dabei analysiert die Software mögliche Ursachen von Pufferüberläufen, indem es die Kernel-Timer-Latenzen misst und DPC- und ISR-Ausführungszeiten meldet. Die Prozess Latenz liegt beim fis Audio PC bei sehr niedrigen 9 µs (0.009 ms), das ist absolut Großartig. Der Balken wird rot, wenn 2000 µs (2 ms) überschritten werden. Oft sind veraltete Treiber Schuld an hohen Latenzen. Auch waren die Optimierungen von AudiophilOptimizer 3.00 nicht immer hilfreich.

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Zusammenfassung

Welche Latenzeinstellung ist die Beste? Unter der Annahme, dass sich geringe Latenzen am besten anhören die niedrigste, die keine Probleme verursacht! Wer keine schnelle CPU hat wird schnell an seine Grenzen stoßen. Denn je geringer die Latenzen sind, desto mehr muss der Prozessor arbeiten.

Bei der Zusammenstellung eines Audio PCs soll bereits ein Augenmerk auf eine Hardware mit geringen Latenzen gerichtet werden. Dies fängt schon mit der CPU an. Auch ein Audio PC macht nichts anderes als das Lesen und Schreiben von Daten. Daher ist die Auswahl von Speichermedien besonders wichtig. Das Empfangen und Senden von Musikfiles ist eine der Hauptaufgaben und sollte mit entsprechend hochwertigen PCIe-Karten unterstützt werden.

Ein Feintuning ist mit den Einstellungen in der Software möglich. Außer ein wenig Mühe kostet das nichts. Kann aber eine Menge bringen. DIe Optimierung der Latenzen sorgen in meinem System für einen dynamischeren hochauflösenden Sound ohne digitale Härten.

Grüße Gabriel
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Gabriel,

der PC ist ja eine Zusammenstellung einzelner Bauteile.

Der Flaschenhals scheint mir im Bereich der Hochleistungsdatenverarbeitung die Verbindung vom RAM zur Festplatte.

Auch die schnellste CPU muss hier - ungeachtet ihrer Leistungsfähigkeit - warten, bis es weitergeht.

Ich denke, am meisten holt man in Bezug auf Latenzen mit der RAM Disk heraus.

Gruß

Bernd Peter
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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo Gabriel,

es ist ein weit verbreiteter Irrtum,
dass man mit großer Bandbreite oder Geschwindigkeit kleine Latenzzeiten bekäme.
Es gibt da an sich keinen Zusammenhang.
Oft ist sogar das Gegenteil der Fall.
Am Beispiel Ethernet werden komplexere Codecs verwendet, die entsprechend gerechnet werden müssen,
die Paketgrößen sind ob der erwarteten Datemengen größer, manigfalltige Puffer und Warteschlangen werden eingebaut,
um die erwartet Datenflut besser zu bewältigen.
Die Übertragung ist in der Regel eher auf Sicherheit als auf Latenz und Echtzeitanwendungen getrimmt.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wenn die Bandbreite nicht zu stark belegt wird,
eine langsamere Übertragung tendenziell sogar latenzfreier sein kann.
Der Grenzwert ist bei etwa 70 % der Bandbreite, dann wird es ineffektiv.

Sicher ist das Einstellen der optimalen Latenten ein Baustein, dem man Beachtung schenken sollte.

Grüsse Jürgen
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Thargor
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Beitrag von Thargor »

Moin!

Spannend! Ich bin mir aber noch nicht sicher, dass ich das Latenzproblem für einen Audio PC begriffen habe. Im Recording Bereich kann ich das verstehen, da kommt es immer auf die gesamte verstrichene Zeit an, vom Lesen der Daten -> RAM / Prozessor -> Ausgabe. Wenn es da zu lange dauert, dann ist das bei Recording Anwendungen eben Mist. Das gleiche wäre z.B. bei einer digitalen Frequenzweiche der Fall, wenn parallel z.B. für die Hauptlautsprecher eine passive Weiche läuft. In diesen Fällen brauche ich die geringe Latenz. Darum spricht Latency Mon ja auch von "Ready for Real Time Audio".

Bei einem Audio PC brauche ich das aber doch eher nicht? Da wird ja nur wiedergegeben und wie lange das in Summe dauert ist Wurst. Am Anfang ist das Thema Latenz sowieso egal: Daten lesen -> RAM hier wird immer im RAM quasi erstmal gepuffert. Bei reiner Audiowiedergabe kann es dann also erst danach zu Problemen kommen - wenn hier die Latenzen extrem wären gibt es im schlimmsten Fall Pops und Clicks. Bei der heute zur Verfügung stehenden Rechenleistung nicht vorstellbar, bei einem PC der außer Audio nichts macht. Laufen da auch rechenintensive Anwendungen drauf? DSP / Faltungen etc.?

Viele Grüße, Guido

PS: Und noch eine Verständnis Frage... Die Zugriffszeiten der Datenträger oben sind mit "4kb Random Read" angegeben, d.h. Benchmarking mit zufälligen Blockzugriffen. Bei auslesen eines Audiofiles passiert aber ja genau das nicht: Die Daten verteilen sich i.d.R. nicht über die ganze SSD, sondern sollten meist an einer Stelle zu finden sein und werden sequentiell ausgelesen - beim sequentiellen lesen sind Optane Laufwerke aber meist deutlich langsamer als übliche SSD. Richtig stark ist Optane nur bei zufälligen Zugriffen, da aber herausragend. Aber genau diese zufälligen Zugriffe haben wir hier ja nicht.
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Gabriel

Ist die Zeit zwischen Aufnahme und Wiedergabe nicht auch eine Art Latenz? Ich habe eine sehr alte Aufnahmen gehört, die ziemlich „passabel“ klingen :cheers:

Ich persönlich glaube nicht, dass Latenz eine große (wenn überhaupt) klangliche Auswirkung auf die Wiedergabe hat. Wohl aber eine gute und jitterfreie Synchronisierung der einzelnen Stufen untereinander.

Viele Grüße und meine Einleitung bitte nicht bitterernst nehmen :D

Christian
chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Thargor
Die Daten verteilen sich i.d.R. nicht über die ganze SSD
Ist es nicht so, dass der Controller die Daten möglichst verteilt, um eine Lange Lebensdauer der SSD zu garantieren?

Grüße

Christian
Salvador
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Beitrag von Salvador »

Hallo Bernd,
Bernd Peter hat geschrieben: 04.01.2021, 14:12 Hallo Gabriel,

der PC ist ja eine Zusammenstellung einzelner Bauteile.

Der Flaschenhals scheint mir im Bereich der Hochleistungsdatenverarbeitung die Verbindung vom RAM zur Festplatte.

Auch die schnellste CPU muss hier - ungeachtet ihrer Leistungsfähigkeit - warten, bis es weitergeht.

Ich denke, am meisten holt man in Bezug auf Latenzen mit der RAM Disk heraus.

Gruß

Bernd Peter
genau. Und über eine Hochpräzisionsclock für den Motherboardchipsatz. Denn da liegt auch taktungstechnisch das Bottleneck.

Zufriedene Grüße,
Andi
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Andi,

Respekt, genau hingeschaut. :cheers:

Es grüßt

Bernd Peter
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Nomos
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Beitrag von Nomos »

Ich muss gestehen, ich habe da auch gedanklich meine Probleme.

Ich hatte wohl bisher Glück, denn ich kenne seit Jahre keine Aussetzer beim Stream übers Netz oder Festplatte.

Ich habe einmal folgendes probiert.

Playtaste in Roon gedrückt und nach ca. 1/2sek. kommt Musik.

Dann sofort das Kabel vom NUC abgezogen. Die Musik spiel einfach 1 Minute weiter.

Spielt dann Latenz überhaupt eine Rolle?

Thomas
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Trinnov
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Beitrag von Trinnov »

Hallo,

bitte helft mir herauszufinden, was bei mir am Audio-PC falsch läuft oder defekt ist.

- Es klingt ohne aktiviertem HPET (High Precision Event Timer) deutlich richtiger, musikalischer und emotional packender als mit
- Das Aktivieren von Hyperthreading im BIOS ist bei meinem Rechner auch klangschädlich
- Eine niedrig getaktete also langsame CPU (mit trotzdem großem L1/L2/L3 Cache) klingt besser / musikalischer als eine schnelle
- Musik die auf einer mit nur 40MB/s Read sehr langsamen CF Card liegt, klingt um Welten besser als von einer schnellen SSD

Außerdem war die neulich getätigte Anschaffung einer Fidelizer Pro Lizenz rausgeworfenes Geld.
Leider war ich neugierig.
Es klingt ohne dass der Fidelizer optimiert hat, viel besser / musikalischer.


Was mache ich falsch?

Viele Grüße,
Horst
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StreamFidelity
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Beitrag von StreamFidelity »

Hallo zusammen,

vielen Dank vorab für die Beiträge auf die ich gerne antworte.
Bernd Peter hat geschrieben: 04.01.2021, 14:12Ich denke, am meisten holt man in Bezug auf Latenzen mit der RAM Disk heraus.
Ja ich denke da hast Du recht. Andererseits läuft bei einem reinen Audio PC das meiste ohnehin schon über den Arbeitsspeicher. Der HQPlayer beispielsweise belegt mit Abstand davon den größten Teil.

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h0e hat geschrieben: 04.01.2021, 14:17 es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass man mit großer Bandbreite oder Geschwindigkeit kleine Latenzzeiten bekäme.
Ja darauf wollte ich aufmerksam machen.
h0e hat geschrieben: 04.01.2021, 14:17Sicher ist das Einstellen der optimalen Latenzen ein Baustein, dem man Beachtung schenken sollte.
Du sagst es. Aber ich denke es ist ein Baustein, der Aufmerksamkeit verdient. Bei Taiko Audio entwickeln die gerade eine eigene Software namens "TAS", welche auch Einstellungen der Puffers ermöglicht. Die Beta-Tester berichten von Klangunterschieden je nach Puffer-Einstellung.
Thargor hat geschrieben: 04.01.2021, 23:27 Bei einem Audio PC brauche ich das aber doch eher nicht? Da wird ja nur wiedergegeben und wie lange das in Summe dauert ist Wurst. Am Anfang ist das Thema Latenz sowieso egal: Daten lesen -> RAM hier wird immer im RAM quasi erstmal gepuffert. Bei reiner Audiowiedergabe kann es dann also erst danach zu Problemen kommen - wenn hier die Latenzen extrem wären gibt es im schlimmsten Fall Pops und Clicks.
Die Pops und Clicks sind die sofort hörbaren Fehler. Mir ging es darum auf mögliche klangliche Auswirkungen hinzuweisen. Die softwareseitigen Einstellungen kann jeder Experimentierfreudige ohne Kosten selbst durchführen. Dann entscheiden die eigenen Ohren.
Thargor hat geschrieben: 04.01.2021, 23:27Laufen da auch rechenintensive Anwendungen drauf? DSP / Faltungen etc.?
In meinem Fall erfolgt mindestens ein Upsampling oder eine Umkonvertierung von PCM in DSD. Convolution führe ich immer durch und bekomme neben der Glättung der Raummoden auch noch eine hervorragende Sprungantwort. Acourate leistet hier sehr gute Dienste.
chriss0212 hat geschrieben: 04.01.2021, 23:57Ich persönlich glaube nicht, dass Latenz eine große (wenn überhaupt) klangliche Auswirkung auf die Wiedergabe hat. Wohl aber eine gute und jitterfreie Synchronisierung der einzelnen Stufen untereinander.
Die Jitterreduzierung wird meines Erachtens durch geringe Latenzen zumindest unterstützt.
Salvador hat geschrieben: 05.01.2021, 00:04Und über eine Hochpräzisionsclock für den Motherboardchipsatz. Denn da liegt auch taktungstechnisch das Bottleneck.
In diesem Zusammenhang fand ich den Bericht von Romaz sehr interessant:
The Extreme war von Anfang an ein "Cost No Object" -Produkt und repräsentiert Emiles besten Einsatz auf der Grundlage der verfügbaren Technologie. Zu einer Zeit stellte Emile seine eigenen OCXOs her und lieferte OCXO-Boards für andere Hersteller von Musikservern. Die Tatsache, dass er im Extreme auf High-Level-Taktung verzichtet hat, hat nichts mit Kosten zu tun.
Ich bin mittlerweile der Meinung, dass die beste Uhr möglichst nahe am Wiedergabepunkt sein sollte. Also als erstes natürlich im DAC und zur Unterstützung am Ausgang des Audio PCs. Ich nutze hier die JCAT USB XE Card mit einer Emerald OXCO Clock.

Grüße Gabriel
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StreamFidelity
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Beitrag von StreamFidelity »

Hallo zusammen,

auf die folgenden Beiträge möchte ich natürlich ebenfalls antworten:
Nomos hat geschrieben: 05.01.2021, 09:31Dann sofort das Kabel vom NUC abgezogen. Die Musik spiel einfach 1 Minute weiter. Spielt dann Latenz überhaupt eine Rolle?
Die 1 Minute wird somit vom Arbeitsspeicher (mit sehr geringen Latenzen) befüllt, was eine gute Sache ist. Mögliche Latenzverbesserungen liegen bei der Ausgabe, also in der USB- oder LAN Stecke. Hier kannst Du mit Puffereinstellungen experimentieren.
Trinnov hat geschrieben: 05.01.2021, 10:18bitte helft mir herauszufinden, was bei mir am Audio-PC falsch läuft oder defekt ist.
In meinem Erfahrungsbericht ging es nicht darum aufzuzeigen, was falsch läuft. Sondern was gegebenenfalls verbessert werden kann. Aber ich denke das war auch ironisch von Dir gemeint. :wink:
Trinnov hat geschrieben: 05.01.2021, 10:18 - Es klingt ohne aktiviertem HPET (High Precision Event Timer) deutlich richtiger, musikalischer und emotional packender als mit
Volle Zustimmung! Mit aktiviertem HPET hatte ich immer übelste Latenzprobleme. Es freut mich, dass Du indirekt die Wichtigkeit niedriger Latenzen bestätigst.
Trinnov hat geschrieben: 05.01.2021, 10:18 - Das Aktivieren von Hyperthreading im BIOS ist bei meinem Rechner auch klangschädlich
Meine Erfahrungen sind andere. Hyperthreading ermöglicht eine bessere Nutzung der Rechenleistung, da jeweils ein Kern virtuell auf zwei aufgeteilt wird. Was das bringt sehe ich beim HQPlayer und auch bei der Solarflare LWL Karte. Beide Programme empfehlen ausdrücklich Hyperthreading.
Trinnov hat geschrieben: 05.01.2021, 10:18 - Eine niedrig getaktete also langsame CPU (mit trotzdem großem L1/L2/L3 Cache) klingt besser / musikalischer als eine schnelle
Damit haben wir eine weitere Übereinstimmung bei der Wichtigkeit der geringen Latenzen in den CPU Caches. Das hat aber nichts mit der Prozessorgeschwindkeit zu tun.
Trinnov hat geschrieben: 05.01.2021, 10:18 - Musik die auf einer mit nur 40MB/s Read sehr langsamen CF Card liegt, klingt um Welten besser als von einer schnellen SSD
Es ging mir nicht um die Lese- oder Schreibgeschwindigkeit, sondern um die Verarbeitungsgeschwindigkeit. Welche Latenzen hat eine CF Card?
Trinnov hat geschrieben: 05.01.2021, 10:18Außerdem war die neulich getätigte Anschaffung einer Fidelizer Pro Lizenz rausgeworfenes Geld.
Fidelizer halte ich auch für grenzwertig. Ich habe auf meinem NAS die Core Isolation komplett ausgeschaltet. Für einzig sinnvoll halte ich die Features zur Latenzreduzierung des Betriebssystems wie oben beschrieben und die Prozesspriorisierung. Im Audio PC verwende ich aus den von Dir genannten Gründen Fidelizer auch nicht.

Grüße Gabriel
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Buschel
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Beitrag von Buschel »

Hallo zusammen,

irgendwie glaube ich auch, dass es hier weniger um das Erreichen von Latenzen in der Audioübertragung geht, sondern eher um die Verkleinerung von Puffern mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Beschäftigung des Systems. Bei kleineren Puffern wird die CPU die Daten häufiger und in kleineren Mengen -- gleichmäßiger -- verarbeiten. Wichtig dabei ist, dass der PC auch in der Lage sein muss die Daten ohne Aussetzer zu liefern. Sprich: Das Betriebssystem und die CPU müssen kurze Latenzen auf Prozessebene garantieren können, wie dies z.B. mit realtime kernels (Linux RT Kernel) der Fall ist.

Zusammenfassend aus meiner Sicht:
Die geringen Audiolatenzen sind nur ein Seiteneffekt der kleinen Puffer zur Erreichung von gleichmäßiger Last, und kein Selbstzweck. Die relevanten Latenzen sind nicht die Audiolatenzen, sondern die Latenzen auf OS-/Prozessebene, um die kleinen Puffer fehlerfrei bedienen zu können.

Grüße,
Andree
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StreamFidelity
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Beitrag von StreamFidelity »

Hallo Andree,
Buschel hat geschrieben: 05.01.2021, 12:21 Die relevanten Latenzen sind nicht die Audiolatenzen, sondern die Latenzen auf OS-/Prozessebene, um die kleinen Puffer fehlerfrei bedienen zu können.
Dem stimme ich zu. :cheers:

Grüße Gabriel
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Trinnov
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Beitrag von Trinnov »

Hallo Andree,

ich finde deine Beschreibung schlüssig.
Leider wissen wir trotzdem noch viel zu wenig was auf Speicherebene wirklich passiert.
Denn zum Beispiel ist das Rätsel von Klangunterschieden bei bitidentischen Dateien (getestet mit der DeltaWave Software) weiterhin ungelöst.

Was hat mich insbesondere weitergebracht zusätzlich zum massiven Hardwareaufwand:
- kein aktiver HPET
- Server 2016 im RAM
- Anbindung des Datenträgers in SATA2 statt SATA3
- "Abspecken" der Ramdisk bis auf 22 Prozesse und 13 Dienste (jeweils ohne Audio).
- SLC CF Card statt SSD und dazu eine pefekte Clock für den CF Converter zusätzlich zu dem ganzen Netzteil-Thema
- Ein Thesycon USB-Treiber in dem man auch den USB Puffer und nicht nur den ASIO Puffer einstellen kann

Ein herzliches Danke auch an Gabriel für die aufwändige Aufarbeitung eines wichtigen Audio-PC Themas mittels dieses Threads.

Viele Grüße,
Horst
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