Raummoden, Schröderfrequenz, Erstreflexionen

KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Oliver,

laut Schröder ist der Frequenzgang eines Raumes das Resultat der Überlagerung der individuellen Kurven der Eigenfrequenzen, wobei die statistischen Parameter der Kurve, wie z.B. die mittlere Amplitudendifferenz zw. Maxima und Minima, oder der mittlere Abstand der Maxima/Minima, nur von der Nachhallzeit abhängen, vorausgesetzt, es liegen mindesten 3 Eigenfrequenzen innerhalb der Halbwertsbreite einer beliebigen Einzelresonanz. Dies gilt für Sabine’sche Räume, d.h. Räume mit diffusem Schallfeld und groß bzgl. der relevanten Wellenlängen. Akustisch kleine Räume weisen kein diffuses Schallfeld auf. Schröder sagt selber, daß der Frequenzgang offensichtlich für verschiedene Positionen von Quelle und Empfänger jeweils ein anderer sei, daß jedoch z.B. die Schwankungsbreiten der statistischen Parameter nicht von diesen Positionen abhingen. All dies sagt also nichts darüber aus, wie der Einfluß der Positionen auf den Frequenzgang aussieht und wo er aufhört.

Nun kommt Toole ins Spiel, der festgestellt hat, daß die Position des Lautsprechers bis weit oberhalb der Schröder-Frequenz einen starken Einfluß auf den Frequenzgang hat. In anderen Worten, obwohl die modale Überlappung im Schröderschen Sinne hoch genug ist, habe ich Probleme mit Raummoden, zumindest den Messungen zufolge. Das eine hat offensichtlich mit dem anderen nichts zu tun, was, so wie ich Schröders diverse papers verstehe, auch gar nicht beabsichtigt war. Daher mein Infragestellen des Nutzens der Schröder-Frequenz in kleinen Räumen.

Wir haben hier also ein das Konzept einer Übergangsfrequenz, das in kleinen Räumen mit nicht-diffusem Schallfeld per Definition gar nicht anwendbar ist, was zudem durch Messungen belegt wird. Zudem sagt Schröder selber: „Bei einem Hallraum ist der mittlere Abstand der Eigenfrequenzen, insbesondere wenn es sich um eine kleineren Raum handelt, nicht mehr klein gegen die mittlere Halbwertsbreite der Resonanzkurven. Auch in diesem Fall ist also nur jeweils eine Komponente wesentlich am Aufbau des Schallfelds am Ort des Mikrophons beteiligt, nämlich die der gerade angeregten Eigenschwingung. Für die Gültigkeit der Gaußverteilung [der Real- und Imaginärteile des komplexen Schalldruckes] ist aber gerade das Zusammenspiel mehrerer unabhängiger Komponenten erforderlich“ und „Wir setzten nämlich oben voraus, daß die Anzahl der gleichzeitig angeregten, unabhängigen Eigenschwingungen groß genug sei, um zu einer Gaußverteilung der Schalldruckkomponenten zu führen. Aus der Erfahrung weiß man, daß bei etwa 10 [später nur noch 3] unabhängigen Komponenten gleicher Größenordnung die Approximation an die Gaußverteilung schon sehr gut ist.“

Du wirst verstehen, daß ich unter diesen Umständen den Nutzen dieses Konzepts in akustisch kleinen Räumen nicht sehe. Warum ich ein Konzept anwenden soll, daß prinzipiell nicht anwendbar ist, vermag ich nicht nachzuvollziehen.

Ich habe inzwischen Schröders Originalartikel aus Acustica 1954 erhalten, bei Interesse kann ich das pdf schicken.

Klaus
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Klaus,

wir kommen nicht weiter, Du wiederholst m.E. lediglich Deinen Standpunkt.

Du kannst Deinen Standpunkt sehr gerne behalten, jedoch hast Du Dich lt. Punkt 7 der Forenregeln so wie andere auch verpflichtet, die Standpunkte anderer Teilnehmer zu respektieren:

http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=1&t=6

Dies gilt nötigenfalls sogar dann, falls diese Standpunkte/Meinungen sich z.B. aus Deiner Sicht als fachlich falsch oder unhaltbar erweisen: Die Forenregeln machen in dieser Hinsicht keinerlei Einschränkungen.

Ich hatte in mehreren Posts versucht darzulegen, daß unsere Differenz über die Anwendbarkeit der Schröderfrequenz auf bestimmte Situationen nicht ursächlich auf ihrer Defintion beruht, die mir ebenfalls geläufig ist.

Deine Argumentation mit Positionen von Schallquellen, Empfängern und konkreten Beschallungssituationen in Räumen im Bereich ihrer jeweiligen Schröderfrequenz ist hier m.E. sehr problematisch. Auf meine diesbezüglichen Posts bist Du jedoch nicht eingegangen: Auf weitere Verdeutlichung und evt. sogar Wiederholungen auch meines Standpunktes möchte ich hier daher gerne verzichten.

Die Definition der Schröderfrequenz muss hier ebenfalls nicht diskutiert werden, weil sie nicht in Zweifel stand: Es ging m.E. vielmehr um die Anwendbarkeit in bestimmten Situationen.

Die direkte Anwendbarkeit der Schröderfrequenz (oder Frequenzen für beliebige andere modale Überlappungen mit MOF <>3 ) auf Deine Argumentation mit "konkreten Beschallungssituationen" wurde übrigens auch von mir negiert und dies anhand einfacher Beispiele m.E. sogar allgemeinverständlich verdeutlicht.

Ich schlage daher vor, die Diskussion an dieser Stelle abzubrechen: Bei mögl. Mitlesern wird ohenhin entweder ein Zuneigen zu einem der beiden Standpunkte (oder einem ganz anderen ...) bereits erfolgt sein oder sich (als weitere Möglichkeit) Langeweile breitgemacht haben ...

Vielleicht sind wir sogar in Teilaspekten einer Meinung, drücken es nur anders aus.

Für mich bleibt jedoch die Angabe der Schröderfrequenz bzw. einer sinnvollen Abschätzung davon für einen Raum auch weiterhin eine interessante Kennzahl (auch für MOF=3), wenn man angemessenen Umgang damit pflegt. Daß ich mit dieser Auffassung nicht ganz allein bin, kennzeichnet meinen Standpunkt natürlich nicht als "fachlich korrekt", trägt aber zu meiner Beruhigung bei.

Es steht m.E. jedem frei, für jeweilige Zwecke andere modale Überlappungen (z.B. MOF=10) zu fordern und lieber dafür eine Frequenz anzugeben bzw. abzuschätzen.


Grüße Oliver
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Oliver,

Deine Argumente können mich nicht überzeugen, meine Dich nicht. Finde ich völlig in Ordnung, also lassen wir es dabei. Wer von den hier Mitlesenden sich selber ein Bild machen will: alle relevanten papers kann ich auf Wunsch schicken.

Was die Anwendbarkeit bzw. Nicht-Anwendbarkeit in kleinen Räumen oder auf Beschallungssituationen angeht, ist es im Grunde doch wurscht, ob Du Recht hast oder ich: man kann in kleinen Räumen in einem bestimmten Frequenzbereich Probleme durch einzelne, gut voneinander getrennte Raumresonanzen haben, im übrigen nicht. Ob man sie hat, hängt von Position von Lautsprecher und Hörer sowie vom Musik- bzw. Filmmaterial ab.

Klaus
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