Wie stelle ich meine Lautsprecher am besten auf?

Hans-Martin
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Wie stelle ich meine Lautsprecher am besten auf?

Beitrag von Hans-Martin »

Edit: Die nachfolgende Diskussion ergab sich aus Fujaks Beitrag an dieser Stelle.
Fujak hat geschrieben:
digifix hat geschrieben:5. Welcher Boxenabstand?
Der ergibt sich vor allem daraus, ab welchem Wandabstand Du einen ausgewogenen und tonal sauberen Klang bekommst. Aus dem daraus ergebenden Abstand der Boxen zueinander ergibt sich dann auch der Abstand zum Hörplatz (im Sinne eines gleichseitigen Dreiecks). Zudem wird Dynaudio für diese Box sicher auch eine Empfehlung für den idealen Hörbereich geben.
Hallo Fujak

Den Zusammenhang zwischen dem Wandabstand mit tonal sauberem Klang und dem Abstand zwischen den Boxen, der sich daraus ergibt, habe ich nicht verstanden. Steckt da ein Prinzip hinter?

Grüße
Hans-Martin
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Hans-Martin,

das war etwas verkürzt dargestellt und daher vielleicht nicht ganz verständlich. Also nochmal ausführliche Version:

Schritt 1: Man probiert verschiedene Abstände der Boxen zu den Rück- und Seitenwänden, was sich dadurch vor allem in puncto saubere Basswiedergabe tut. Gerade bei Kompaktboxen gilt es hier den berühmten Kompromiss zu finden zwischen einem kräftigen und einem nicht wummernden oder dröhnenden Bass.

Schritt 2: Hat man diesen Abstand zu den Wänden gefunden, ergibt sich daraus zwangsläufig auch ein Abstand der Boxen zueinander. Beträgt dieser Abstand z.B. 2 Meter, sollte man dieses auch als Abstand zum Hörplatz wählen im Seinne eines gleichseitigen Dreiecks.

Der maximale Hörabstand, den der Hersteller des LS angibt, sollte dabei natürlich nicht überschritten werden, was ggf. den Abstand zu den Wänden nochmals vergrößert (wenn es sich z.B. um Nearfields handelt).

Alle Klarheiten beseitigt?

Grüße
Fujak
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Fujak
Fujak hat geschrieben:Alle Klarheiten beseitigt?
Alle Klarheiten beseitigt! ;-)

Ich gehe an das Thema völlig anders heran, lasse mich nicht von dem klassischen Stereodreieck verleiten.

Für mich ist klar:

Gute Stereoabbildung bringen die Lautsprecher nur bei großer Kanal-Übereinstimmung in Frequenzgang und Impulsverhalten, Sprungantwort. Symmetrische Platzierung beider LS ist Voraussetzung, folglich muss der Hörplatz auf einer Mittelachse liegen.

Für die tonale Ausgewogenheit ist der Raum mitentscheidend, dazu gehört die Lautsprecherplatzierung für die Anregung des Raums und die Platzierung des Hörers, was Wahrnehmung des Lautsprecher-Raum-Klangs betrifft.

Der quaderförmige Raum von 4 x 5 m hat je eine Längs- und Querachsen. Auf jeder Achse gibt es 2 Punkte, wo die tonale Ausgewogenheit der unausweichlichen Moden und Noden akzeptabel ist. Durch einfaches Abgehen des Raums kann man diese feststellen, sobald Musik gespielt wird. Wenn der Lautsprecher schon zur Ruhe gekommen ist, klingt der Raum noch nach. Die Moden hängen von der Raumgeometrie ab, die Platzierung der Lautsprecher hat lediglich auf die Amplituden einen Einfluss. Es gibt also in jedem Raum 2 (Achsen) mal 2 Punkte (in der Modalstruktur), die für den optimalen Hörplatz in Frage kommen.

Einen Raum betritt man durch die Tür und Fenster sind wohl auch üblich, meist in einer anderen Wand. Diese schwingfähigen Flächen sind wichtig, wenn es um Dämpfung geht, um dem Schall im Raum Energie zu entziehen. Sonst können die Resonanzen (43Hz bei 4m Raumtiefe) mich völlig fertig machen, sobald der Musiker den Fuß auf die Bühne stampft, habe ich einen ekligen Druck auf dem Ohr.

Die genannte Dynaudio hat -3dB bei 40 Hz, Resonanzfrequenz bei 39Hz. Das erscheint mir nicht gut geeignet. Vor der kurzen Wand aufgestellt, strahlt die D. auf der langen Achse des Raums(34Hz bei 5m Raumtiefe). Das scheint schon besser, schließlich haben die meisten Raumresonanzen etwa +12dB. Sinfonieorchester haben wenig Schallanteile unter 37Hz, aber bei der gegenwärtigen Popmusik ist der Tiefbass jenseits jeglicher Diskussion.

Abhängig von den Wänden, wo Fenster und Türen Dämpfung versprechen, wird nun die Hörachse festgelegt. Die Live-End (vorn) und Dead-End (hinten) Zuweisung ist für mich nicht so wichtig wie die Symmetrie in der Klangfarbe des Nachhalls. Seitliche Dämpfung ist nicht so wichtig wie die Dämpfung auf der Längsachse, deshalb bestimmen die größten Öffnungen in den Wänden vor und hinter den Lautsprechern (bzw. dem Hörplatz) die bevorzugte Achse.

Nahfeldmonitore haben eine gerichtete Abstrahlung und der eher geringe Hörabstand schließt die entfernte Alternative des Hörplatzes auf der Achse aus, es bleiben also 2 sinnvolle Sitzplätze über. Auf beiden Plätzen kann eine Box deponiert werden, ausgerichtet auf den geplanten Boxenstandort. Mit dem Balanceregler bekommt der einzelne Lautsprecher jeweils das Monosignal der Musik, während der Berich für die Boxenplatzierung abgegangen wird, ein abgewandtes Ohr zuhalten! Es findet sich der Bereich, wo der Klang am ausgewogensten erscheint. Spiegelbildlich ein Standort für die zweite Box. Dasselbe Verfahren auf der anderen Achse zeigt ebenfalls 2 Punkte. Jetzt könnte schon klar sein, welcher Standort für die Lautsprecher besser klingt (der mit mehr Dämpfung auf der Achse).

Wenn die Lautsprecher an den gefundenen Plätzen aufgestellt werden, kann das Feintuning beginnen. Mit dem Master Set Verfahren kann gehörmässig noch etwas korrigiert werden, vorgeschlagen ist zum Hören "Ballad Of A Runaway Horse" von Jennifer Warnes & Rob Wassermann Famous Blue Raincoat 20th Anniversary Edition (oder von AUDIO Vocal Heroes) mit einem einzelne Noten spielenden Bass. Hier hört man, ob alle Töne gleich kommen oder die Wiedergabe plötzlich diffus wird.

Die Ausgangsbasis für die Lautsprecherausrichtung ist sicherlich der Schnittpunkt Sitzplatz, alternativ kann man die diagonal gegenüberliegenden Ecken versuchen, denn wenn dieser entfernteste Punkt im Raum der erste Reflexionsbereich wird, hat der Schall schon vor Reflexion maximal Pegel verloren.

Im Nahfeld abgehört, verliert die Bodenreflexion ihre sonst deutliche Wirkung im unteren Stimmbereich, was meist ein kühles Klangbild verursacht. Ein schallharter Bodenbelag sorgt im Wohnraum sonst für Auslöschung zwischen 220 und 300Hz und für deren ungradzahlige Vielfache (Kammfiltereffekt), da hilft nur ein dicker Teppich, sonst wird das Klangbild grell und nervig. Abhängig vom Seitenwandabstand kann es ratsam ein, den Ort der ersten Reflexion zu dämpfen oder mit Diffusoren zu zerstreuen.

Ich lasse mich nicht vom gleichseitigen Dreieck versklaven, zumal ich einen engeren Öffnungswinkel bevorzuge und neben Geschmack, Wunsch nach Abbildungsschärfe auch Gewohnheit eine Rolle spielt. Als Hörplatz den Punkt zu belegen, der letztlich ein Ergebnis des Zufalls ist, führt sicherlich nicht zum Sweetspot.

Jetzt gibt es erstmal schläfrige Grüße
Hans-Martin
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Rudolf hat geschrieben:
Bruno hat geschrieben:Regarding toe-in I really don’t understand why heavy toe-in isn’t more popular. When the axes cross in front of the listener, the time of arrival and intensity cues counteract so you get a kind of stereo image even outside the sweet spot.
:cheers: Seitdem ich meine Lautsprecher so wie von dir beschrieben ausgerichtet habe, bin ich viel zufriedener und entspannter beim Hören, weil zuvor schon eine geringe Platzabweichung auf dem Sofa zu einer spürbaren Einbuße der räumlichen Abbildung führte ...
Ich oute mich mal mit ähnlicher Zustimmung wie Rudolf und habe gerade mal überlegt wie lange ich eigentlich mit (genau auf den Hörplatz, manchmal auch stärker...) eingewinkelten Lautsprechern höre... Ich kann's irgendwie nicht sagen - das müssen dreißig oder mehr Jahre sein, ich kenn's gar nicht anders :cheers:

Gruß,
Winfried

3462
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shakti
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Beitrag von shakti »

Ich habe Anfang der 90'er den launch der Chario Lautsprecher in Deutschland "begleitet". Chario hat die Aufstellung mit starker Einwinklung "RXL" genannt und alle Chario Haendler in D mussten auf RXL geschult werden. Mit Verblueffung wurde dann festgestellt, dass auch Lautsprecher anderer Marken mit dieser Art der Aufstellung eine groessere Hoerzone und haeufig einen besseren Klang boten. Kurzum, Anfang der 90'er war diese Aufstellung schon einmal populaer (auch Audio Physic empfahl diese Aufstellung bei einigen Modellen).

Hier einmal ein paar Grundlagen zur Lautsprecher Aufstellung im Raum, die auch auf die starke moegliche Performance der der "RXL" Aufstellung hinweist:

http://www.fl-electronic.de/live_connec ... llung.html

Gruss
Juergen
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

E.J.Jordan in Wireless World 1971...

siehe http://www.ejjordan.co.uk/PDFs/Jordan_WW_Feb_71.pdf :mrgreen:

Gruß Eberhard
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tovow
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Beitrag von tovow »

Hallo,

hier ist auch eine schöne Seite mit Erklärungen, was welche Lautsprecheraufstellung bewirkt:

http://www.fidelity-magazin.de/ttt/laut ... fstellung/

Unter "toe-in" (Einwinkeln) steht allerhand. Hier ein Auszug:
Fidelity Magazin hat geschrieben:Das Einwinkeln wirkt sich auf viele Aspekte der musikalischen Präsentation aus, darunter die Balance der Mitten und Höhen, die Schärfe der Klangbühne, das Raumgefühl und die Unmittelbarkeit der Präsentation.
Muss ich mir alles in Ruhe mal durchlesen.

Grüße
Theo
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Hosky
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Beitrag von Hosky »

Hallo,

Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass Aufstellungsempfehlungen niemals allgemeingültig sein können, denn in Abhängigkeit vom Abstrahlverhalten der LS sinkt nicht nur der Pegel außerhalb der Achse (Bündelung), sondern ändert sich auch der Frequenzgang, insofern der LS kein über die Frequenz gleichmäßiges Abstrahlverhalten hat. In der Regel hat man ja eine zu den Höhen hin zunehmende Bündelung, manche LS auch einen "Tannenbaum". "Tannenbaum"- LS , respektive alle LS, die außerhalb Achse starke Einschnitte im FG haben, würde ich immer direkt auf den Hörplatz ausgerichtet aufstellen.

Grüße,
Holger
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MichaNRW
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Beitrag von MichaNRW »

Hallo,

ich habe mir mal das Lieblings Spielzeug meiner Katze geschnappt und damit nach Herstellerangaben die Boxen zum Hörplatz bzw. Kopf/Ohren ausgerichtet ;)

Ganz nützliche Tipps für den Anfang finden sich auch hier: Raumakustik Ratgeber

Grüße
Michael
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Holger

Die Ausrichtung auf den Sitzplatz macht leider auch die Partialschwingungen der Lautsprechermembranen maximal hörbar. Diese konzentrischen Muster auf den Membranen kommen auf Achse phasengleich an, außerhalb der Achse löschen sie sich teilweise (destruktive Interferenz) aus.

Hören auf LS-Achse beschert einem den FG, den der Hersteller im reflexionsfreien Raum oder im Freifeld abgestimmt hat, und dann holen einen die frühen Reflexionen von Boden, Seitenwänden und Raumdecke ein, und der Raumnachhall im Bass...

Es liegt in der Natur der Sache, dass Chassis neben dem zunehmenden Klirr am unteren, auch am oberen Ende ihres Übertragungsbereichs ihre Schwächen zeigen, die Anfordernisse an Paarung die Abweichungen offenbart. Ich meine Winkel, die nicht über +/-15° hinausgehen.

Übereinwinkeln (damit meine ich das Überkreuten der LS-Achsen vor dem Sitzplatz) lässt die seitliche Reflexion zeitlich erst deutlich verzögert wirksam werden, sie ist für Stereolokalisation negativ-relevanter als andere frühe Reflexionen an Boden und Decke, die erwartungsgemäß kanalgleich ausgeprägt bleiben.

So finde ich Übereinwinkeln in der Summe aller Eigenschaften gut, besser als die parallele Aufstellung oder die direkte Ausrichtung auf den Hörplatz, abgerundete Kanten bei den Boxen vorausgesetzt. Aber das hat D.E.L. Shorter bei der BBC 1963 auch schon untersucht, wenn auch nicht in der Tiefe. Übereinwinkeln bis hin zu "face-to-face", was im gleichseitigen Dreieck 60°nach Innen entspricht, ist gewiss ein Extrem, Shorter berichtet von Diffusität.

Wenn das, was auf der Bühne passiert, wichtiger ist als die Größe des Saals, also Fokus der Instrumente und Stimmen mehr Bedeutung bekommt als die umgebende Räumlichkeit, dann ist angemessenes Übereinwinkeln in meinen Ohren der richtige Weg,

Abgesehen davon ist die engere Projektion der Höhen gemessen an der breiteren, weil kugelförmigen Ausbreitung der Bässe, eine Variante von akustischem FLOW. Auch dieser Aspekt schadet nicht bei der Abbildungsschärfe.

Grüße Hans-Martin
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Hosky
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Beitrag von Hosky »

Hallo Hans-Martin,

Das hört sich alles schlüssig an. Wir sollten jedoch die Größenordnungen nicht aus den Augen verlieren. Es gibt LS, deren Bündelungsmaß schonmal um mehrere db schwankt, gerade im Übergangsbereich MT - HT, wenn der HT nicht gut angekoppelt ist oder allzu große MT Konusse weit nach oben spielen oder die Bündelung des HT im Übernahmebereich nicht angepasst ist. Auf solche bezog ich mich. Da sind die Seitenreflektionen das geringere Problem gegenüber dem FG außerhalb der Achse :D

Bei Lautsprechern mit gleichmäßiger Abstrahlung und zu den Höhen hin konstant steigendem Bündelungsmaß sieht das anders aus. Ich habe meine LS auch leicht übereingewinkelt - sie stehen mit ca. 30 Grad, allerdings ist meine Hörentfernung etwas größer als die Stereo Basisbreite. Da die Seitenwände behandelt sind, gibt es bei mir (mit Ausnahme der ganz frühen Reflektion am Couchtisch) laut Carma-Messung auch keine Reflektionen mit weniger als 20 db Differenz zum Ursprungssignal. Damit kann ich gut leben. Aufstellung ist eben eine Komponente, akustische Behandlung des Hörraums eine andere. :cheers:

Grüße,
Holger
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo zusammen,
shakti hat geschrieben: Mit Verblueffung wurde dann festgestellt, dass auch Lautsprecher anderer Marken mit dieser Art der Aufstellung eine groessere Hoerzone und haeufig einen besseren Klang boten. Kurzum, Anfang der 90'er war diese Aufstellung schon einmal populaer (auch Audio Physic empfahl diese Aufstellung bei einigen Modellen).

Hier einmal ein paar Grundlagen zur Lautsprecher Aufstellung im Raum, die auch auf die starke moegliche Performance der der "RXL" Aufstellung hinweist:

http://www.fl-electronic.de/live_connec ... llung.html
Zwodoppelvier hat geschrieben:E.J.Jordan in Wireless World 1971...

siehe http://www.ejjordan.co.uk/PDFs/Jordan_WW_Feb_71.pdf :mrgreen:

Gruß Eberhard
(@Eberhard, danke für den Link, E.J. Jordan gehört zu einem meiner "Lieblingsautoren" ... dieses Paper war mir noch nicht bekannt)


"RLX" oder "Xcross" - oder wie man es auch immer nennen mag - versucht u.a. , time-intensity trading zu nutzen, um den Sweetspot zu erweitern.

Im (fast) Idealfall hätte man zwei LS mit recht uniformer Richtcharaktersitik über der Frequenz, die z.B. ein Kardioid sein könnte. Man kreuzt die Hauptabstrahlachsen nun deutlich vor dem Hörer (anstatt direkt am Hörplatz oder dahinter) und erreicht (wenn's passt) Folgendes:

Rücke ich z.B. als Hörer nach links, dann kommt der linke LS näher und der Schall des linken LS kommt früher bei mir an, die Phantomschallquellen würden nach links wandern, jedoch soll dies ausgeglichen werden, indem ich gleichzeitig in die Hauptabstrahlachse des rechten LS hineinrücke und aus dem des linken LS heraus ...

"Links früher" (Bsp.) soll also im Idealfall durch "rechts lauter" (und "links leiser") ausgeglichen werden. Das Umgekehrte würde natürlich passieren, wenn der Hörer nach rechts rückt. Die Stereohörzone würde also größer und im Idealfall würden dadurch mehr Hörer darin Platz finden.

Dieses Paper von Phillips befasst sich übrigens mit der Entwicklung von Richtcharakteristiken für Lautsprecher, die Time vs. Intensity Trading unterstützen sollen:

http://www.extra.research.philips.com/h ... aar03c.pdf

Eine weitere Eigenschaft solch stark eingewinkelter Aufstellungen wäre mit den meisten LS eine Betonung der kontralateralen (gegenüberliegende Wandseite des LS) Reflexionen gegenüber den ipsilateralen (von gleicher Wandseite des jeweiligen LS).

Die ipsilateralen Reflexionen - insbesondere wenn sie aufgrund zu geringer Wandabstände zu früh am Hörplatz eintreffen (zusätzlich evt. noch spektral unausgewogen, "nicht-diffus" und im Pegel zu hoch sind...) - können die Stereoabbildung beeinträchtigen, während die kontralateralen Reflexionen zumindest deutlich später am Hörplatz eintreffen und diesbezuglich weniger "risikobehaftet" sind.

Außerdem erzeugen die kontralateralen Reflexionen stärkere seitliche (Reflexions-) Komponenten aufgrund der seitlicheren Einfallswinkel am Hörplatz. Diese senken tendenziell den IACC Wert (Interaural Cross Correlation) im Indirektschall des Raums und sorgen damit für einen bezüglich empfundener Räumlichkeit "konstruktiveren" aber zugleich die Lokalisation "weniger störenden" Nachhall(*).

Ferner darf man auf ein ausgewogeneres Spektrum bei den kontralateralen Reflexionen hoffen, denn die kontralateralen Reflexionen werden eher vom "nahe der Achse" Frequenzgang des jeweiligen LS "angeregt" und der ist meist ausgewogener als unter größeren Winkeln außer der Achse. Natürlich spielt die Ausstattung der Wände hier eine entscheidende Rolle ...

Alles in allem sieht das zunächst so aus, als wäre "RLX" eine tolle Sache, die nur Vorteile bringt ...


Ich bringe jetzt eine persönliche Sammlung von Argumenten und Erfahrungen, die zumindest bei Hörräumen für einzelne Hörer oder kleinere Gruppen aus meiner Sicht eher dagegen spricht:

- die ipsilateralen Reflexionen sind - geeignete Qualität vorausgesetzt - ebenfalls wichtig, leiden aber bei RLX unter dem meist schlechten außer Achse Frequenzgang (für größere Winkel) vieler LS. Es entstehen oft relativ frühe, unausgewogene und meist "dumpfe" Reflexionen in üblichen Räumen, die zusätzlich durch die Übernahmefrequenzen einiger Mehrwegesysteme verfärbt sein können (typische "Aufweitung" der Abstrahlung, wenn ein kleinerer Wandler in üblichem Mehrwegesystem übernimmt ...).

Derart beschaffene ipsilaterale Reflexionen sind bei üblichen im Tiefton und im unteren Mittelton meist monopolar abstrahlenden LS schlicht und einfach "anstrengend" für den Hörer, hängen aber sehr von der Ausstattung des Raums ab.

- Bei LS mit nennenswerter Richtwirkung wird der Direktschallanteil - meist im Mittel-Hochton Bereich - für einen Hörplatz in der Mittelebene merklich abgesenkt, so daß ein eher "entferntes" oder "diffuses" Klangbild ensteht, mit für die mittleren Plätze deutlich erhöhtem Raumanteil. Auch der oberste Hochton ist bei den meisten LS im Direktschall nun nicht mehr hinreichend repräsentiert: Es fehlt dann "Glanz".

Kurzum: Die Richtcharakteristik (auch die Ausgewogenheit des Bündelungsmaßes über der Frequenz) der meisten LS gibt RLX-Aufstellung nicht wirklich her, um eine bestmögliche Wiedergabe zu erreichen.


Bei Fullrange Flächenstrahlern und anderen Fullrange-Dipolen aber u.U. auch bei Kardioiden im Tiefton kommt noch etwas hinzu, wenn keine separaten Subwoofersysteme im Raum vorhanden sind:

- im Tiefton "leben" Systeme mit Dipol-Komponente im Mittel auch von einer verminderten Anregung von Quermoden im Raum, also in Richtung der kleineren Raumdimensionen. Mit RLX (extrem starke Einwinkelung) regen diese Systeme nun u.U. vermehrt Raummoden in Querrichtung an. Dies kann z.B. bei vielen Fullrange ESL im konkreten Raum dazu führen, daß die Vorteile einer guten Impulswiedergabe im Tiefton verloren gehen, und man fast wieder eine "gewöhnliche Box" betreiben könnte, ohne allzu hohen Qualitätsverlust in der Modulationstiefe z.B. des mittleren und oberen Bassbereiches. Auch das hängt natürlich von der konkreten Situation ab: Es gibt kaum "pauschal gültige" Aussagen über die Akustik kleiner Räume ...


Insgesamt halte ich RLX für "eine gute Idee, auf die ich trotzdem gerne verzichte", wenn es um hochwertige Wiedergabe für "ausgesuchte" Hörplätze geht. Man kann aber m.E. Teilaspekte auch in andere Aufstellungsarten "mitnehmen", wie u.a. das "Ausbalancieren" ipsilateraler und kontralateraler Reflexionen im Raum.


Grüße Oliver

_____________

(*) Auch bei den kontralateralen Reflexionen muss natürlich auf geeignete Qualität und geeignete moderate Pegel geachtet werden ebenso auf eine grundsätzliche "Ähnlichkeit" zwischen den Kanälen im Hinblick auf Spektrum und Pegel auch der kontralateralen Reflexionen. Diffuse Reflexionen sind zu bevorzugen.
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hosky hat geschrieben: Es gibt LS, deren Bündelungsmaß schonmal um mehrere db schwankt, gerade im Übergangsbereich MT - HT, wenn der HT nicht gut angekoppelt ist oder allzu große MT Konusse weit nach oben spielen oder die Bündelung des HT im Übernahmebereich nicht angepasst ist. Auf solche bezog ich mich. Da sind die Seitenreflektionen das geringere Problem gegenüber dem FG außerhalb der Achse :D

Hallo Holger,

das trifft auf Zustimmung meinerseits, man sollte hier wirklich auf den Einzelfall achten und realistisch bleiben. Ich bin ja oben bereits ausführlicher darauf eingegangen.


Grüße Oliver
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"RLX"-Aufstellung, "Time Intensity Trading", Stereo

Beitrag von O.Mertineit »

Aus:
"Derivation of an optimal directivity pattern for sweet spot widening in stereo sound reproduction"
von
Josep A. Rodenas, Ronald M. Aarts, and A. J. E. M. Janssen
Philips Research Laboratories Eindhoven, Received 12 March 2002;

©2003 Acoustical Society of America

http://www.extra.research.philips.com/h ... aar03c.pdf

"In this paper the correction of the degradation of the stereophonic illusion during sound reproduction
due to off-center listening is investigated. The main idea is that the directivity pattern of a loudspeaker array should have a well-defined shape such that a good stereo reproduction is achieved
in a large listening area. Therefore, a mathematical description to derive an optimal directivity pattern that achieves sweet spot widening in a large listening area for stereophonic sound applications is described. This optimal directivity pattern is based on parametrized time/intensity trading data coming from psycho-acoustic experiments within a wide listening area."



Dieses o.g. Verfahren wäre eine "State of the Art" Implementierung der Richtcharakteristik eines Lautsprechersystems, welches für Plätze außerhalb der Stereomitte "Time-Intensity Trading" anbietet, um das "Wandern" der Phantomschallquellen für diese Plätze nach Möglichkeit zu vermeiden. Man könnte auch sagen: Dieses Verfahren repräsentiert, wie eine "RLX" Aufstellung im Idealfall funktionieren sollte.

Die von mir oben angeführten Nachteile für die mittleren Hörplätze bleiben natürlich auch hier bestehen. Die Richtcharakteristik und vor allem die Ausrichtung der Hauptabstrahlkeule ("weit vor dem Haupthörplatz vorbei") wäre nun auschließlich auf "Time Intensity Trading" ausgelegt und nicht unbedingt auf eine "bevorzugte Ausprägung" (oder Minderung ...) von Reflexionen im Hörraum oder auf ein bestimmtes Verhältnis von Direktschall zu Indirektschall an einem "genußoptimierten" oder wahlweise "(super-)neutralen" Haupthörplatz und evt. einigen guten "Nebenhörplätzen".

Direktschall zu Indirektschall fällt hier bei RLX eher wesentlich geringer aus, als bei "konventioneller" Ausrichtung der LS auf einen gedachten Punkt nahe des (Haupt-) Hörplatzes (z.B. "knapp dahinter").

Daher wäre für diese Anwendung möglicherweise eine Umgebung mit hoher Absorption u.a. auch der Seitenwände zu bevorzugen, denn die meiste Schallenegie ginge "am Haupthörplatz vorbei" in den Raum und von dort kommt sie auch z.T. wieder zurück (*).

Die Anregung "üblicher Hörräume" ist also m.E. eher als ungünstig zu sehen, mit einer über dem Frequenzbereich recht konstanten "Hypercardioid" Charakteristik, die aber deutlich "vor dem Hörplatz vorbei" zielt. Ohne entsprechend breitbandig absorbierenden Raumausstattung ist das für die mittleren Hörplätze - die bei konservativer Aufstellung und Ausrichtung der LS sehr gut wären - m.E. kein guter Einstieg für HiFi.

Aber Phillips hat gezeigt, daß ein LS "mit dem man das machen kann" eine sehr frequenzunabhängige Richtcharakteristik als Kardioid bzw. Hypercardioid aufweisen muss, denn anders bekommt man die deutlichen Gradienten im Schalldruck nicht hin, die für Time Intensity Trading benötigt werden, wenn man den Hörplatz seitlich verschiebt.

Ob es trotzdem sehr vorteilhaft ist, Kardioid- bzw. Hypercardioid Systeme für einen einzelnen Hörplatz oder auch für kleine Gruppen von Hörern in "wohnraumartigen" Hörraumen so auszurichten, um damit HiFi zu hören, wird von mir - aus Erfahrung, nicht nur aufgrund theoretischer Überlegungen - bezweifelt.

Ich sehe überwiegende Nachteile darin, obwohl ich selbst auch LS zur Verfügung hätte, die der dafür geforderten Richtcharakteristik (vgl. Phillips Paper) wirklich recht nahe kommen ...

Für die allermeisten üblichen "Mehrwege Boxen" (jedoch auch für viele Flächenstrahler), würde ich von dieser Art der "RLX" Aufstellung für "Haupthörplätze" in (wenig behandelten) Wohnräumen sogar dringend abraten, denn es gibt m.E. kaum ein potentielles Wiedergabeproblem, welches dadurch nicht noch deutlich verschärft würde, sei es im Direktschall oder in den Reflexionen aus dem Raum.


Grüße Oliver

_________________

(*) Das Demo System von Phillips arbeitet im Bass übrigens weiterhin konventionell als Monopol.
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O.Mertineit
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Symmetrien bei LS Systemen, genau auf Achse hören ?

Beitrag von O.Mertineit »

Hans Martin hat geschrieben: Die Ausrichtung auf den Sitzplatz macht leider auch die Partialschwingungen der Lautsprechermembranen maximal hörbar. Diese konzentrischen Muster auf den Membranen kommen auf Achse phasengleich an, außerhalb der Achse löschen sie sich teilweise (destruktive Interferenz) aus.

Hallo Hans Martin,

bei den Partialschwingungen gibt es nicht nur konzentrische Muster, sondern auch solche, die die Membran in quasi in "Sektoren" einteilen. Komplexere Moden sind wiederum aus axialen und radialen Modenkomponenten zusammengesetzt.

http://nedlab.com/wp/wp-content/uploads ... w-freq.jpg

Da gibt es dann keine einfache Rotationssymmetrie bei der Abstrahlung mehr. Man könnte hier höchstens statistisch argumentieren, ob man "auf der Achse" mehr Unruhe zu erwarten hat ... das hängt aber auch von der konkreten Membran und dem Frequenzbereich ab.

Die Reflexionen am Membranrand bzw. hervorstehenden Strukturen und Beugung/Reflexion an den Kanten eines LS-Gehäuses sind aber bei symmetrischem Aufbau tatsächlich auf Achse am ausgeprägtesten.

Und deshalb würde ich darin zustimmen, daß die meisten LS, bei symmetrischem Aufbau mit Membranen mittig auf der Schallwand montiert, genau auf Achse einen schlechteren Frequenzgang aufweisen als bereits bei einem kleineren (hier horizontalen) Winkel außerhalb der Achse. Oft ist es der untere Teil des Übertragungsbereiches von Hochtönern, welcher z.B. bei einem 2-Wege System deutliche Effekte von Kantenbeugung zeigt (Kantenbeugung, Reflexion, Interferenz mit dem Direktschall) und die sind "genau auf Achse" eben bei mittiger Montage am schlimmsten (*).

Auch viele Breitband LS sind etwas außerhalb der Achse ausgewogener und selbiges gilt auch oft für die Moden (HOMs, Higher Order Modes) von Waveguides bzw. Hörnern, wenn sie runde Querschnitte haben.

Nicht genau auf Achse zu hören, ist bei vielen Systemen vorteilhaft, die solche Symmetrien u.a. zur Mittelachse aufweisen, und das dürften fast die meisten LS sein.


Grüße Oliver

______________
(*) Nubert Hochtöner mit seitlich versetztem Korbfenster:
http://www.fairaudio.de/img/test/nubert ... -makro.jpg
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