Gibt es Lautsprecher, die besonders räumlich klingen?

wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Zunächst meine ich, daß man klarstellen sollte welche Art Räumlichkeit bzw. besser Raumillusion emeint ist:
- Musik im ganzen Hörraum (verteilt) z.B. mit omnidirektionalen Lautsprechern
- Wiedergabe des aufgenommenen Raumes (hauptsächlich am Hörplatz) z.B. mit richtenden Lautsprechern

Für möglichst gute Wiedergabe der auf einer Aufnahme vorhandenen Rauminformation/-illusion ist meiner Meinung und Erfahrung nach beide Fragestellungen (die nach räumlichkeitsfähigen LS und nach Maßnahmen zur Räumlichkeitsoptimierung) gerechtfertigt, und zwar aus dem gleichen Grund:

Lautsprecher, die besonders in der Lage sind eine Raumillusion zu erzeugen, haben unterschiedlich ausgeprägt einige gemeinsame Eigenschaften:

- Ausgeglichener Phasen- bzw. Gruppenlaufzeitfrequenzgang
- paargleicher Phasengang
- Möglichst paargleicher Frequenzgang (gleich, aber nicht unbedingt linear!)
- Paargleicher Pegel (li/re Balance)

Durch Optimierung dieser Punkte konnte ich vorhandenen Lautsprechern (am Hörplatz) stark verbesserte Raumillusion in Breite und Tiefe (in meinem Falle per DEQX DSP) angewöhnen.

Hinzu kommt als aufstellungsrelevante Eigenschaft ein möglichst lineares Abstrahlverhalten unter Winkel, so daß der daraus enstehende Diffusschall dem Direktschall möglichst ähnlich ist. Das ist bei bestehenden LS natürlich nur mit viel Aufwand veränderbar, ich machte das z.B. durch Modifikation/Aktivierung der Frequenzweichen, so daß man eher die LS tauschen würde. Dilemma ist, daß das Rundstrahlverhalten fast nie verwertbar dokumentiert ist.

Und optimale Raumillusion zu erreichen muß die LS-Aufstellung, der Raum und die Einrichtung (im weiteren Sinne) natürlich auch mitspielen. LS und Raum interagieren bekanntlich sehr stark, Hornkonstruktionen scheinen hier im Vorteil, sind allerdings nicht jedermanns Sache...

Dies alles bedenkend gibt es schon einige Dinge die man (zumindest am Hörplatz) für gute Raumwiedergabeillusion mit Stereo 2.x tun kann:

- Den Raum nach Möglichkeit nachhall- und reflektionsmäßig optimieren
- Die (vorhandenen) Lautsprecher (z.B. mit digitaler Signalverarbeitung) gemäß obiger Ausführungen optimieren
- Raummoden bedämpfen (elektronisch, im DSP oder akustisch/mechanisch)
- Die Anlage/Lautsprecher möglichst symmetrisch so aufstellen, das Reflektionen und Resonanzen minimiert sind


Gibt es LS die räumlicher klingen als andere? Die Antwort ist ein klares "Ja, aber..." 8) Entscheidend finde ich wie weit man gehen kann/will, wieviel Aufwand man treiben kann/will, zu welchen Einrichtungsmaßnahmen man bereit ist. Die Lautsprecher selbst sind zwar mitentscheidend, aber nicht alleinentscheidend!

Grüße,
Winfried

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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Jupiter hat geschrieben: 17.02.2022, 11:24 Was haltet ihr von dieser Aussage bzgl.
Gibt es Lautsprecher, die besonders räumlich klingen?

Dass es hier große Unterschiede geben soll, das hört und liest man ja immer wieder. Welch‘ ein Unsinn! Tatsächlich ist es nämlich so, dass ein Einzellautsprecher darauf keinerlei Einfluss nehmen kann. Räumliche Wiedergabe entsteht – abgesehen von diesbezüglich guten Aufnahmen – erst durch die Anwendung zweier gleicher Lautsprecher und bei absoluter Symmetrie in jeder Hinsicht. Begünstigt wird die räumliche Wiedergabe bestenfalls durch eine möglichst punktförmige Schallabstrahlung, aber auch diese sollte man nicht überbewerten, weil die räumliche Wiedergabe vor allem im Mitteltonbereich entsteht und gute Lautsprecher diesen Frequenzbereich meist sowieso ziemlich punktförmig abstrahlen.
Hallo Harald,
es gibt genügend Hinweise, dass Subwoofer die räumliche Abbildung verbessern können, ebenso Hochtöner, deren Übertragungsbereich über 20kHz weit hinausgeht.
Wenn man 2 Subwoofer in den Ecken platziert (und die bedeutendsten Raumresonanzen digital kompensiert), damit die Hauptlautsprecher entlastet und diese zeitlich verzögert, um das Zusammenspiel im Timing zu optimieren, schafft man eine Wiedergabe im Raum, die nicht von elementaren Auslöschungen im Bass beeinträchtigt wird, bzw. von den damit verbundenen Phasendrehungen.
Uli hat einst große Fortschritte bei Acourate gemacht, indem er alle Arten der Phase untersucht und optimiert hat, er schrieb in einem anderen Forum: Space, space, space!
Um die räumliche Wiedergabe zu verstehen, muss man sich nur vergegenwärtigen, wie Stereo funktioniert, nämlich auf Basis von Intensitätsunterschieden und Laufzeitunterschieden. Die tonale Qualität der Wiedergabe ist dabei weitgehend egal, billige Lautsprecher können genau so gut Stereo wiedergeben und räumlich klingen wie teure.
Laufzeit- oder Phasenunterschiede im Bass sollen dafür bei der Wiedergabekette vermieden werden.
Viele Aufnahmen enthalten aber keine Laufzeitunterschiede zwischen Kanälen, weil sie entweder von Mono-Signalen am Mischpult in jeweilige Position „gepannt“ wurden, deren Ortung prinzipiell nur von den Intensitätsunterschieden abhängt, auf die unser Hörsinn ab 1kHz aufwärts besonders spezialisiert ist.
Der Vorteil von Koaxialsystemen liegt deshalb m.E. in einer timing-gleichartigen Abstrahlung vertikal wie horizontal zu den Raumgrenzen, und wenn ein Hochtöner auf Polkernebene platziert ist, also die Tieftönermembran als Waveguide benutzt, kennt man einen unruhigen FG-Verlauf im oberen Bereich.
Über gute oder schlechte räumliche Wiedergabe entscheidet also nicht die „Hardware“ sondern einerseits die Software (die Aufnahme) und andererseits die Symmetrie bei der Wiedergabe. Sonst nichts (jetzt einmal abgesehen von völligen Schrottgeräten).
Ich habe einen Saba/K+H/Telewatt VS56 mit neuen Kondensatoren und NOS-Röhren ausgestattet. Er galt als Highlight der späten 1950er Jahre. Die Fähigkeit räumlicher Wiedergabe, wie sie für uns von Mitte der 1980er bis heute bei Röhren- wie Transistorgeräten selbstverständlich ist, war beim VS56 bestenfalls ansatzweise erkennbar, wenn es um Links-Rechts-Trennung ging. Raumtiefe: Fehlanzeige, Sänger vor die LS stellen: vergeblich. Preiswerter Transistorverstärker der 1960-70er Jahre kaum besser...
Beipackstrippen: wenig lebendig, unsauber in den Höhen, flach, wenig ausgedehnte räumliche Abbildung.
Einen guten Beweis für all‘ das liefert uns die Wiedergabe mit nur einem Lautsprecher. Wie beim Hören mit einem Ohr oder beim Sehen mit einem Auge gibt es dann keinerlei Räumlichkeit bzw. 3D-Effekt. Nur aufgrund von zwei unterschiedlichen, aber zusammenpassenden Informationen kann uns unser Gehirn „Räumlichkeit“ vermitteln.
Definiere Räumlichkeit! Meint es die authentische Ortbarkeit der Instrumente und Stimmen, oder einen Eindruck von dem die Bühne umgebenden Raum der Aufnahmelocation? Wenn das erste schon nicht gelingt, darf man ernsthafte Zweifel am zweiten bekommen. Was sich lateral außerhalb der Boxenposition zeigt, kann nur auf Phasendifferenzen basieren, die sind ein Mischmasch von Zufällen oder bewusst eingeführter Soundeffekte, oder ein Nebeneffekt der Stereo-Vinyl-Abtastung (Kanalübersprechen ist überwiegend gegenphasig (-polig)!)

Einäugige können oben von unten , links von rechts unterscheiden, und mit einer Kopfbewegung eine perspektivische Verschiebung auswerten, aus der sich die Entfernung abschätzen lässt. Räumliches Hören funktioniert aber nicht in allen Punkten wie Sehen.

Zum einen kann man einen einzelnen Lautsprecher umpolen, und dabei feststellen, dass je nach dem, ob das Musikmaterial invertiert oder mit positiver Polarität kommt, die Ausdehnung des wahrgenommenen Klangs variiert, von scharfer Ortung des LS als Quelle gegen diffusere Wiedergabe.
Hat die Aufnahme nach dem Direktschall eine Anfangszeitlücke und liefert dann den Nachhall des Aufnahmeraums, kann auch ein einzelner LS diese Raumtiefe wiedergeben, falls nicht der eigene Hörraum mit seiner Wand hinter den LS sich mit eigenen Reflexionen zu sehr einmischt. Mono kann Raumtiefe wiedergeben, ist dazu nicht auf den 2. LS angewiesen.
Und wenn man Mono eine Frauenstimme wiedergibt, und auf die Lokalisation der Höhe achtet, kann sie sich deutlich oberhalb der Chassis abspielen, je mehr Zischlaute übertragen werden.
Somit ergibt sich eine gewisse 3-Dimensionalität, wenn auch lateral bei weitem nicht vergleichbar mit Stereo, in den anderen Achsen aber ohne Beeinträchtigung.
Wie genau muss das alles sein?

Leider sehr genau. Und zwar deshalb, weil die Wellenlängen im entscheidenden Mitteltonbereich nur 1- 4 Dezimeter lang sind und somit eine Kopfverschiebung links/rechts um nur wenige Zentimeter bereits hörbare Fehler verursacht.
Der anspruchsvoller Hörer wird automatisch die Mitte suchen wo sich eine gute Fokussierung ergibt.
Dazu kommt: desto besser alles stimmt – bzw. desto genauer beide Lautsprecher ihren Schall auf einen Punkt (Kopf des Hörers) fokussieren („Sweetspot“), umso besser ist die räumliche Wiedergabe, aber auch umso dramatischer die Auswirkungen bei kleinen Unzulänglichkeiten.
Bei CD-Wiedergabe klebt oft der Klang an den LS, man kann deren Position deutlich erkennen.
Ich habe das beim exakten Einwinkeln der LS auf den Hörplatz auch auf Biegewellenmuster (Fehler) der Konusmembranen zurückgeführt.
Somit ergibt sich: Stereo (ebenso Surround) und räumliches Hören gibt es nur an einem sehr kleinen Punkt vor den Lautsprechern. Gemeinsames Hören funktioniert – wenn überhaupt – nur beim Sitzen hintereinander (die hinten sitzende Person müsste zudem noch größer sein, bzw. höher sitzen), aber niemals nebeneinander.
Wenn man den Raum auf der Stereoachse abgeht, bekommt man trotz seitlicher Symmetrie recht unterschiedliche Eindrücke von der räumlichen Projektion der LS, auch gibt es Klangfarbenunterschiede, die mit Raummoden zusammenhängen. Es können nicht 2 Personen sowohl auf der Stereoachse und am optimalen Schnittpunkt der Raummoden sitzen, der Sweetspot ist m.E. mehr vom Raum (und seinen Moden) bestimmt, weniger vom Abstand der LS untereinander, aus denen sich nach der Dreiecksregel der Hörabstand berechnen ließe.
Grüße
Hans-Martin

P.S.:
Wenn ich nach dem Ausschlussverfahren an das Thema herangehe, fällt mir als erstes Negativum die klassische 3-(oder noch mehr-)Wege Box ein, wo der Mitteltöner gegenüber dem Tieftöner zudem verpolt war. Noch schlimmer, wenn nebeneinander jeweils MT und HT bei beiden Kanälen nicht symmetrisch positioniert sind, sondern beide Gehäuse gleichförmig bestückt (doppelte Menge = kostengünstige Produktion).
Wie deutlich hob sich davon positiv die 2-Wege Box ab, deren Hochtöner oberhalb 1kHz einsetzte. Ein TMT-Chassis, welches den Grundton hinreichend abdeckt, ggf. tieffrequent durch einen Zusatzbass unterstützt wird (2 ½ Wege) und ein HT, dessen Pegel vorrangig zählt, Phase hingegen weniger.

Auch wenn die erste Veröffentlichung einer Tonaufnahme noch zu guter räumlicher Abbildung instande war, haben die Tontechniker es später mittels Dynamikkompression geschafft, alle Musiker gleichberechtigt an die Vorderkante der Bühne zu schieben. Da ist von Raum nicht mehr viel zu spüren.
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Jupiter
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Beitrag von Jupiter »

Hallo Winfried,
wgh52 hat geschrieben: 24.02.2022, 12:40 Zunächst meine ich, daß man klarstellen sollte welche Art Räumlichkeit bzw. besser Raumillusion emeint ist:
- Musik im ganzen Hörraum (verteilt) z.B. mit omnidirektionalen Lautsprechern
- Wiedergabe des aufgenommenen Raumes (hauptsächlich am Hörplatz) z.B. mit richtenden Lautsprechern
Es geht mir um die Wiedergabe des aufgenommenen Raums in Verbindung mit meinem Hörraum ein Illusion zu erreichen, die eine Bühne produziert, bei der ich bei Konzertaufnahmen die einzelnen Instrumentengruppen sowie Solisten in Breite und Tiefe und Höhe möglichst gut orten kann.

Ich denke bei kleinen Orchester ist dies noch gut möglich, je größer das Orchester und der Raum umso schwieriger wird die Ortbarkeit.
Es geht mir dabei nicht um die Transformation des dargebotenen Orchesterklangs von Reihe 20 sondern um die Illusion die der Toning. eingefangen hat.

Beispiel Kammermusik.
Interpret: Ophélie Gaillard & Pulcinella Orchestra, Louis Schwizgebel-Wang and Fabio Di Càsola
Komponist: Brahms, Clarinet Trio in A minor, Op. 114

Die Räumlichkeit der Aufnahme finde ich gut gelungen, die Ortbarkeit der Instrumente im eigenen Hörraum zu verbessern, quasi die Interpreten als im eigenen Raum zu verspüren ist Wunsch und Ziel.
Gibt es LS die räumlicher klingen als andere? Die Antwort ist ein klares "Ja, aber..." 8) Entscheidend finde ich wie weit man gehen kann/will, wieviel Aufwand man treiben kann/will, zu welchen Einrichtungsmaßnahmen man bereit ist. Die Lautsprecher selbst sind zwar mitentscheidend, aber nicht alleinentscheidend!
Volle Zustimmung

Gruß Harald
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Horse Tea
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Beitrag von Horse Tea »

wgh52 hat geschrieben: 24.02.2022, 12:40 Gibt es LS die räumlicher klingen als andere? Die Antwort ist ein klares "Ja, aber..." 8) Entscheidend finde ich wie weit man gehen kann/will, wieviel Aufwand man treiben kann/will, zu welchen Einrichtungsmaßnahmen man bereit ist. Die Lautsprecher selbst sind zwar mitentscheidend, aber nicht alleinentscheidend!]
Hallo Winfried, hallo Harald und alle Mitleser.

auch ich stimme dem zu.

Was mich aber etwas wundert, ist, dass, von dem letzten Post von Hans-Martin in diesem Faden abgesehen, bisher wenig über den Einfluss verschiedener Lautsprecherkonstruktionsprinzipien auf die Räumlichkeit geschrieben wurde. Als überzeugter Hörer mit Dipolflächenstrahlern habe ich für mich festgestellt, dass diese LS eine andere Räumlichkeit bieten, als etwa geschlossene Boxen. Man muss diese Vorliebe nicht teilen, für mich war sie aber u.a. kaufentscheidend. Die Magnepans sind tatsächlich in der Lage, ein großes Orchester im Hörraum annehmbar darzustellen, vorausgesetzt die schon genannten Kriterien wie symmetrische Aufstellung und Abstände zu Seiten- und Rückwand sind erfüllt. Die Ortbarkeit einzelner Instrumentengruppen ist gegeben, wobei nach meiner persönlichen Meinung, diese Eigenschaft überschätzt wird. Auch in einem Konzertsaal ist diese nicht überragend, zumindest nicht, wenn der Zuhörer die Augen schließt.

Ich halte Ortbarkeit sogar für eine Eigenschaft, die sich der HiFi Freund oft gerne wünscht, weil sie das "Hörgeschehen" zu Hause interessanter macht. Nicht immer ist aber bekannt, wie bei der Aufnahme tatsächlich die Anordnung der Instrumente war und ob hier der Toning dabei nicht seine Vorstellungen realisiert hat.

Viele Grüße
Horst-Dieter
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Horse Tea hat geschrieben: 24.02.2022, 20:41 Nicht immer ist aber bekannt, wie bei der Aufnahme tatsächlich die Anordnung der Instrumente war und ob hier der Toning dabei nicht seine Vorstellungen realisiert hat.
Hallo Horst-Dieter,

der Ketzer in mir meint, dass ihm das ziemlich egal ist. Er möchte nämlich zu Hause die Musik genießen. Und wenn ihm das gelingt, auch wenn der Produzent andere Vorstellungen davon hatte, dann denkt der besagte Ketzer auch, dass er Pech gehabt hat, der Produzent. ;)

Viele Grüße :cheers:

Jochen
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music is my escape
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Beitrag von music is my escape »

Hallo Horst-Dieter;

ich denke, dass ab einem gewissen Niveau das eigentliche Lautsprecherkonzept in den meisten Hörumgebungen "lediglich" insofern tatsächlich relevant ist, als dass es bestmöglich mit den jeweiligen Gegebenheiten (hptsl. der "Raum" und die darin vorhandenen Aufstellungsmöglichkeiten) korrespondieren sollte.

Ein "richtig" oder "falsch" oder auch nur generelle Einflüsse fernab geschmacklicher Dispositionen festzulegen: schwierig. Die Interaktion muss passen, und das tut sie vermutlich mal besser, mal schlechter und das ohne, als dass man daraus ein allgemeines Verhalten über die üblichen Dispositionen hinaus ableiten kann.

Wie in der gesamten Kette gilt imho auch hier: je weniger Störeinflüsse, desto besser das Er(g)(l)ebnis. Wie das erreicht wird, ist zweitrangig.

Nicht selten erlangt man Zufriedenheit mittels etwas, von dem man es zuvor nie gedacht hätte.

MfG,
Thomas
:cheers:
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Dipolaktiv
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Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo

ich habe die Erfahrung gemacht dass Dipollautsprecher ein ausgeprägtes Raumgefühl ergeben sofern die Quelle eben auch Rauminformation enthält.

Dies ist bei akustischen Aufnahmen mit hoher Qualität der Fall.

Elektronische Musik enthält keine natürliche Rauminformation und ist somit nicht wirklich räumlich erfahrbar.

Gruss

Peter
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo,
wir alle laufen einer Illusion hinterher. Anders als im Live-Konzert wo wir die Musiker sehen und sie akustisch nicht so genau orten können wie gesehen, könnte man unverstärkte Klassik von Pop/Jazz mit üblicher PA-Unterstützung unterscheiden. Auch, wenn es bei allen darum geht, den Saal mit Klang zu füllen, spielt die Mikrofonplatzierung eine große Rolle. Bei Pop/Jazz werden nahbereichplatzierte Solistenmikrofone Pickups gleichgestellt und am Mixer gepannt, bei Klassik werden die Mikrofone sorgfältig über dem Orchester so platziert, dass alle Instrumente direkt erfasst werden können, ohne von anderen Spielern verdeckt zu werden. Das geschieht in der Regel von oben herab, wo eindeutig kein Publikum sitzt.
Es liegt an der Tontechnik, einen tonal ausgewogenen Klang abzuliefern, der zugleich den fehlenden visuellen Eindruck ersetzen kann, dass der Hörer ein hohes Maß an Authentizität erlebt - welche es aus gegebenen Umständen heraus eigentlich nicht geben kann, da er bestenfalls im Auditorium einen guten Platz hätte einnehmen können, fernab der Mikrofone.

Ich bin froh, kein Mastering-Ing zu sein, der soll etwas abliefern, was über Kopfhörer, das Küchenradio, im Auto, über Yamaha NS10 (für mich der Inbegriff eines schrecklich klingenden Lautsprechers) bis hin zu suboptimal aufgestellten Studiomonitoren akzeptabel klingen soll, und - on top- nicht nur am Sweet Spot, sondern auch für eine ganze Sofa-Breite, abgesehen von der nicht bekannten Raumgröße des Hörers.

Mastering soll es möglichst allen Recht machen, und das, obwohl wohl die verantwortliche Person nur im sehr seltenen Ausnahmefall Zeuge der Live-Darbietung war. Konkret: den authentischen Klang gar nicht kannte.

Wir laufen einem Phantom hinterher: dem, wie es unserer Einschätzung nach gewesen sein könnte.
Wir basteln solange an unserer Kette herum, bis wir uns zufrieden zurücklehnen können, weil die Illusion gelungen scheint.

Ich entschied mich für ein 2.2 System mit Eckwoofern und Koaxialchassis, den Rest erledigen bei mir digitale Raum- und Zeitkorrektur, FLOW und ggf. Korrektur der absoluten Polarität.
Letztlich sollte man mMn auch nicht davor zurückschrecken, manche Aufnahme nach Gusto zurechtzubiegen, bis die Zufriedenheit einsetzt.

Was ist besser: der omnidirektionale LS, der mit zunehmender Frequenz stärker bündelt, oder der Flächenstrahler-Dipol, der 2 Raumachsen quasi von Reflexionen befreit und mit seiner Zylinderwelle einen geringeren Pegelverlust über den Abstand erfährt?
Alle 3 Konzepte (es gibt gewiss noch mehr) haben ihre überzeugten Anhänger, nicht unbegründet.
Grüße
Hans-Martin
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Salvador
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Beitrag von Salvador »

Hallo Peter,

dann ist elektronische Musik mit subjektiv sehr hohem Genuss eben unnatürlich räumlich erfahrbar.
Oder sogar doch sehr hochwertig natürlich räumlich erfahrbar, wenn wie oft auch Samples oder gar komplette Tonspuren von natürlichen Klangereignissen verwendet werden.

Grüße,
Andi
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Ich meine die Diskussion driftet von der Ausgangsfrage weg, denn es geht nach meinem Verständnis um die Fähigkeit eines Lautsprechers ggf. in Aufnahmen vorhandene räumliche Klanginformationen möglichst authentisch wiederzugeben, also z.B. eine (z.B. Aufnahme-)Raumillusion oder auch eine akustische Instrumentenlokalisierbarkeit zu erzeugen.

In diesem Sinne: Ob räumliche Klanginformation nun aufgenommen oder elektronisch hinzugefügt ist oder ob die Musik selbst elektronisch erzeugt und mit Rauminformation ausgestattet wurde, empfinde ich für die Fragestellung ob es LS gibt, die das besser als andere können (also die Ausgangsfrage), höchstens als Nebenaspekt wenn nicht gar als irrelevant.

Grüße,
Winfried

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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo,
ein Orchester hat eine gewisse Anzahl Musiker,die in einem begrenzten Raum aufgestellt sind, der umgebende Raum ist natürlich größer, vor allem in der Achse des Auditoriums.
Gäbe es ein verbindliches wiederkehrendes Mikrofon-Aufstellungsparadigma mit definierter Richtcharakteristik der Mikros, hätte man eine verlässliche Grundlage, nach der man die LS hinsichtlich ihres Abstrahlverhaltens (Bündelung) optimieren könnte.
Aber unterschiedliche Wiedergabe-LS in verschiedenen Hörräumen und schwer zu mittelnde Höreransprüche machen die Sache nicht leichter.

Es fängt dort an, wo die Aufnahme gemacht wird. Enthält sie die nötigen Informationen für ein besonders räumliches Klangbild? Wenn nein, gerät die Suche nach besonders räumlichen LS auf ein Abgleis mit Artefakten.
Sheffield und opus3 benutzten Blumlein AKG-C24 (XY, Koinzidenz, Intensitätsstereofonie), Telarc bevorzugte Schoeps Colette in AB, um mal krass unterschiedliche Konzepte zu nennen. Decca-Tree und ORTF liegen dazwischen.
Gepannte Aufnahmen sind dagegen reine Kunstprodukte
Diese Aufnahmen liefern recht unterschiedliche Grundlagen hinsichtlich Intensitäts- und Phasenunterschieden.

Wir sollten damit anfangen, welcher Lautsprecher zu welchen Aufnahmeprinzipien besser passt, unter welchem Winkel betrieben, und warum besser. Unter "Räumlichkeit" gibt es schließlich verschiedene Auslegungen des Begriffs.
Weder der Ursprung (wie aufnehmen?) noch das Ziel (wie wiedergeben*?) sind hinreichend definiert.
* Hörplatzkoordinaten in einem Einheitsraum
Fakt ist: nur im seltenen Ausnahmefall erfährt der Hörer, wie die Aufnahme zustande gekommen ist.
Deshalb benutze ich Formulierungen wie: sich einer Illusion hingeben, oder einem Phantom hinterherjagen.

Grüße
Hans-Martin
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atmos
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Diffuse Schallabstrahlung

Beitrag von atmos »

wgh52 hat geschrieben: 24.02.2022, 23:44 Ich meine die Diskussion driftet von der Ausgangsfrage weg, denn es geht nach meinem Verständnis um die Fähigkeit eines Lautsprechers ggf. in Aufnahmen vorhandene räumliche Klanginformationen möglichst authentisch wiederzugeben, also z.B. eine (z.B. Aufnahme-)Raumillusion oder auch eine akustische Instrumentenlokalisierbarkeit zu erzeugen.
Hi,
in einer Surroundanlage ist es üblich, die Rears als Dipole zu betreiben. Vorteil des Dipols: Er strahlt den Schall diffus ab, der LS ist nicht ortbar und es klingt räumlicher.

Beim immersiven Sound sollen Dipole nicht installiert werden. Sie zerstören das Klangbild hinsichtlich der Ortbarkeit. Und die ist außerordentlich wichtig bei 3-D-Audio.

Gruß
Günther
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SRLIOF
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Beitrag von SRLIOF »

Moin,

Kent ihr diese CD?
https://www.nativedsd.com/product/2xhdf ... ker-setup/

Damit könnt ihr sehr genau schauen was bei euch zuhause in Sachen Räumlichkeit möglich ist.

Dazu gibt es ein Booklet das könnt ihr euch Downloaden und durchlesen.
Viel Spass
Stefan
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atmos
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Lautsprecher egal

Beitrag von atmos »

Hans-Martin hat geschrieben: 25.02.2022, 00:50 Wir sollten damit anfangen, welcher Lautsprecher zu welchen Aufnahmeprinzipien besser passt, unter welchem Winkel betrieben, und warum besser.
Hallo, Hans-Martin,

einem Lautsprecher ist bei der Wiedergabe das Aufnahmeprinzip völlig egal.
Er muss nur auf den Wiedergaberraum abgestimmt sein.
Und ob ich als Hörer im Hallradius sitze oder 5 m entfernt; denn je weiter entfernt ich sitze, desto mehr kommen die Reflexionen des Raumes zum Tragen.

Gruß
Günther
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Jens
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Beitrag von Jens »

>>Dass es hier große Unterschiede geben soll, das hört und liest man ja immer wieder. Welch‘ ein Unsinn!

Aha... also wieviel Lautsprecher hast du denn schon gebaut/ vermessen usw. um sowas zu schreiben? Also nicht "blabla ich höre gern musik und war auf 100 Messen" sondern "Ich habe gebaut, konstruiert, simuliert..." also richtig am Objekt gearbeitet.... Die Frage darf man stellen wenn plakativ mit "Unsinn" vorangeprescht wird.

>>Tatsächlich ist es nämlich so, dass ein Einzellautsprecher darauf keinerlei Einfluss nehmen kann.

Naja ... Mono und räumlich ist ja auch schwer. Was aber der einzelner LS schon hat sind konstruktive Details (Chassisanordnung, Trennfrequenzen... Schallwand...). Etliche Dinge die später im Duett bzw. Trio mit dem Raum sehr wichtig werden.

>>Räumliche Wiedergabe entsteht – abgesehen von diesbezüglich guten Aufnahmen – erst durch die Anwendung zweier gleicher Lautsprecher und bei absoluter Symmetrie in jeder Hinsicht.

Ja siehe "mono" auch oben... aber vereinfacht das Problem auf sträfliche Art und Weise.

>>Begünstigt wird die räumliche Wiedergabe bestenfalls durch eine möglichst punktförmige Schallabstrahlung, aber auch diese sollte man nicht überbewerten, weil die räumliche Wiedergabe vor allem im Mitteltonbereich entsteht und gute Lautsprecher diesen Frequenzbereich meist sowieso ziemlich punktförmig abstrahlen.

Nur kurz- schonmal was von Blauertschen Bändern gehört? Es ist nicht nur 200-3khz

Empfehlung- also jemand der viele LS gebaut hat- bitte Floyd Toole lesen und verstehen. Dann wiederkommen und den eigenen Beitrag überarbeiten...

LG
Jens
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