Entzerrung (Korrektur) des Frequenzganges

Zek
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Entzerrung (Korrektur) des Frequenzganges

Beitrag von Zek »

Hallo Zusammen,

ich hätte da ein Thema zu dem mich einfach mal die Ansichten der verschiedenen Mitglieder interessiert. Am Besten die Betrachtungsweise ggf mit Begründung.

Es geht hierbei nur um die Korrektur des Frequenzganges und nicht der Phase oder des Impulses. Bzw geht es eher um die Betrachtung in einem wenig bis garnicht akustisch behandelten Raumes.

Wie seht ihr das? Wenn ihr den Frequenzgang (vorrangig gerade sogar eher Mittel und Hochton) korrigiert, bezieht ihr da alle Raumnformationen mit ein oder fenstert ihr eher um die Rauminformationen weitestgehend auszublenden?

Bin schon sehr gespannt auf die Betrachtungsweisen🙂

Wünsche einen angenehmes Wochenende
Zek
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Zek,
gehst du von deinen Bohne Audio BB-8 aus, oder allgemein von der idealen Punktschallquelle mit zunehmend bündelndem Abstrahlverhalten?
Im unbehandelten Raum sind die ersten Moden besonders korrekturbedürftig weil sie Deteils im Mittel-Hochton zudecken.
Omni-Bass und Dipol-Hochton sind ohne Fingerspitzengefühl nicht zu korrigieren. Enge Fensterung macht eine Korrektur des LS wie im RAR möglich, aber der rückwärtig abgestrahlte verzögerte Schall ändert die wahrgenommene Klangbalance durch mehr Gesamt-Hochtonenergie im Raum.

Da bei der Korrektur die Zielkurve von bedeutender Wichtigkeit ist, steht man auf dem Schlauch, wenn es um lange Fensterung geht. Wer hat eine erfolgversprechende Zielkurvenvorstellung?
Ich habe auf den Norddt. HiFi Tagen erlebt, wie der Hersteller mit der Trinnov-Korrektur eine suboptimale Performance demonstrierte (langes Bändchen mit ausgeprägter vertikaler Bündelung). Der hats selba auch nich hingekricht.
Grüße
Hans-Martin
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planetti
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Beitrag von planetti »

Hallo Zek,

Bestätigung von Hans-Martin: die von Dir angefragte Korrektur scheint PEQs (als IIR-Filter) zu betreffen. Für Raummoden sehr nützlich, nur für breite Frequenzkorrekturen im Hoch- oder Mittelton verwendbar, für Raumreflektionen schwer umsetzbar.

Kurz und schmerzlos
Uli
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Zek
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Beitrag von Zek »

Hi Hans-Martin und Uli,

ich präzisiere meine Frage mal etwas.

Die Frage ist nicht auf meine Lautsprecher bezogen, sondern ganz allgemein.
Dass gerade im Bassbereich die Raumeinflüsse mit korrigiert werden, ist klar.
Im Speziellen war es wirklich auf den Mittel/Hochton bezogen. Hierbei auch eigentlich insgesamt eher die Anwendung von mixed Filter, wobei die IIR im Bassbereich uns FIR im Mittel/Hochton. Nur war der Gedanke mal nicht bezogen auf die Phase, sondern eher auf den Frequenzgang, wobei ja hier auch egal wäre, ob IIR oder oder FIR. Da wäre ja nur interessant, wie man die anwendet um Phasenverschiebungen minimal zu halten bzw eher zu verhindern, dass beide Lautsprecher unterschiedliche haben, aber das ist ja weniger das Thema gerade 😜
Also mich würde einfach nur mal eure Ansicht interessieren, ob ihr bei der Korrektur im Mittel/Hochton (Amplitude) diesen auch fenstert oder die Einflüsse entstehen durch den Raum mit korrigiert, also nur bezogen auf Tonalität, Phase ist außen vor. Hoffe ich konnte jetzt etwas deutlicher klar machen, was ich meine 🙂

Viele Grüße
Zek
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Zek,

sich auf den "Frequenzgang" (welcher ist gemeint und wie gemessen?) zu konzentrieren greift mbMn zu kurz, speziell wenn man den Raumeinfluß auf die Wiedergabe mit Lautsprechern "behandeln" will. Raummoden und -resonanzen, Nachhallzeit und Reflektionen haben großen Einfluß auf die Widergabequalität, der Diffusschall beeinflußt die (subjektiv wahrgenommene) Klangfärbung am Hörplatz (durch die Mischung von direktem und indirektem Schall). Neben der Aufstellung von LS und Hörplatz müßte man sich also mit Messungen von Moden, Reflektionen und Nachhall befassen, diese (durch mechanische Raumakustikmaßnahmen) optimieren und dann kann man sich an die Feinabstimmung der Tonalität (aka Frequenzgang) am Hörplatz machen. Inwieweit dafür Messungen hilfreich sind kann man diskutieren, ich mache das (mit B&K Wohnraumzielkurve als Startpunkt, allerdings nach vor der 1. Reflektion gefensterten LS-FIR-Linearisierierung) nach meinem Gehör also als "Geschmacksabstimmung".

just my 2cents worth...

Grüße,
Winfried

PS: Reflektionen oder Nachhall mit Frequenzgangkorrektur behandeln zu wollen halte ich für aussichtslos...

5132
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Zek
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Beitrag von Zek »

Hi Winfried,

das Nachhall und Reflektionen mit einem DSP in dem Sinne nicht beeinflussbar sind, ist klar.
Ich sehe es auch wie du, erst die Aufstellung, dann raumakustische Maßnahmen und dann Korrektur per DSP.

Gemessen meine ich am die Lautsprecher am Hörplatz.
Ausgehend von einem Raum, in dem aber akustisch nicht viel gemacht werden konnte. Wenn der Raum sehr gut behandelt ist, ist ja auch eine Fensterung garnicht mehr soo kritisch und fällt ja vergleichsweise nicht so stark auf, wie bei einer Messung in einem unbehandelten Raum.

Es geht hierbei wirklich nur um die Korrektur der Tonalität. Der Raum gibt ja nun mal auch sein bestes dazu, dennoch gibt es ja hier verschiedene Ansätze und mich würde einfach der Standpunkt der Mitglieder hier mit im besten Fall einer nachvollziehbaren Begründung interessieren.
Also ob bei der Korrektur bzw Einstellung der Tonalität im Raum am Sitzplatz die Informationen vom Raum mit berücksichtigt, da dieser sich ja auch, wie man anhand der Messungen sehen kann mit auswirkt oder ob man soweit Fenster und diese Einflüsse größtenteils ausblenden bei der Korrektur.

Viele Grüße
Zek
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Die Messung am Hörplatz umfasst den Lautsprecher (Zeitverhalten, Frequenzgang, Verhalten der Weichen, vorlaute Chassis ...) als auch den Raum (Reflexionen Wände, Tisch, Couch, Raumform, Nachhall ...). Es gelingt nur eine unvollständige Trennung der Einflüsse. Eine feste Fensterung ist suboptimal, besser ist eine frequenzabhängige Fensterung. Ziel ist der Ausschluss von späten reaktiven Einflüssen (Reflexion, Nachhall). Sinn macht hier auch eine Berücksichtigung psychoakustischer Wirkungen. Eine Überkorrektur (vor allem von Frequenzganglöchern) ist zu vermeiden.
Also alles in allem ein Balanceakt.
Dennoch: die Mühe lohnt sich.

Grüsse
Uli
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Zek,
als erstes stellt sich die Frage, wie gut man das Messergebnis interpretieren kann, in Abhängigkeit vom Frequenzgang des Mikrofon auf Achse und unter 90°, auch unter 30°, wie die Lautsprecher zum Hörplatz stehen. Dann kommt noch die Frage nach den Glättungsalgorithmen und ihren Auswirkungen. Schließlich wird einem bewusst, dass man 2 Ohren hat, aber nur einen Mikrofonstandort, idR dort platziert, wo die Kopfmitte gewesen wäre.
Eine punktuelle Korrektur, die räumlich von beiden Ohrpositionen abweicht, verlangt einige Überlegungen, um Sinnhaftigkeit gegen Unsinn abzugrenzen.

Unwillkürlich bewegt man seinen Kopf, eine starre Position hält man nicht lange aus. Bei höheren Frequenzen mit kürzeren Wellenlängen findet man im Raum bei Festfrequenzen die Interferenzmuster, die bei Stereo -Musik praktisch nicht bemerkt werden, weil das Gehör den Direktschall und den Nachhall davon auszuwerten kann, wichtig für den Entfernungs-/Raumeindruck. Die auf sich bezogen unsymmetrische Ohrmuschel unterstützt die Ortung. Das Mikrofon ist da völlig unfähig.

Bei Koaxialsystemen geht es noch einfach, die Nahbereichs-Auf-Achse-Messung als Grundlage für eine Linearisierung des Bereichs oberhalb 1kHz heranzuziehen (kurze Fensterung), am Hörplatz mit langem Fenster den Raum messen und den Bereich unter 1kHz korrigieren. Da merkt man, wie wichtig ein L-R symmetrischer Hörraum ist, und entsprechend auch die Symmetrie der LS-Aufstellung darin. Peaks kann man ja korrigieren, Dips (Auslöschungen) nicht, deshalb ist im Interesse eines guten IACC wichtig, dass die Dips L wie R zu liegen kommen.
Ärgerlich, dass jede Auslöschung durch eine Reflexion-Verzögerung mit einer Phasendrehung im Summensignal einhergeht. Auch nicht erfreulich, wenn Glättungsalgorithmen über die Tiefe des Einschnitts hinwegtäuschen.

Und jegliche FG-Beeinflussung des Signals sorgt für Auswirkungen auf die Erste Wellenfront, gefolgt von dem Raumhall, der aber auch vom Polardiagramm /Bündelungsverhalten des LS einhergeht (frühe Reflexionen).
Das Ohr orientiert sich aber besonders am Direktschall (s.a. Franssen-Effekt, sowie Proximity-Effekt)

Viele, viele Baustellen...
Grüße
Hans-Martin
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Zek
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Beitrag von Zek »

Hi Uli,

wenn ich jetzt die selbe Messung nehme, einmal gefenstert z.B. mit 4cycles und einmal ungefenstert,dann würde diese ja auch für unterschiedliche Filter sorgen, wenn man für beide die selbe Zielkurve vorgibt, da sich die Amplitude ja auch durch die Fensterung verändert. Diese Einflüsse vom Raum sind ja im Prinzip da und werden ja auch wahrgenommen. Klar ausgehend davon,dass unser Gehör ja bis zu einem gewissen Grad das Ganze trennen kann bzw es irgendwann nur noch diffuser Nachhall ist, ist ja trotzdem der Einfluss vom Raum in der Tonalität vorhanden. Also stellt sich halt hier die Frage, ob man diese mit einbezieht oder dennoch ausblendet, z.B. eine Überhöhung bei ca 4kHz, die aber nur bei der ungefensterten Messung zu sehen ist, da diese scheinbar durch den Raum entsteht.

Viele Grüße
Zek
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hi Zek,

dass Überhöhungen, also Peaks im FG, durch eine Fensterung wegfallen ist eher ungewöhnlich. Die Messung würde mich interessieren. Du kannst sie mir gern mal schicken.

Grüsse
Uli
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Zek
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Beitrag von Zek »

Hi Hans-Martin,

ich persönlich teile auch eher die Ansicht, dass zumindest bei der Korrektur der Amplitude mehrere Punkte im Bereich der Sitzposition berücksichtigt werden sollte, da wir ja, wie du bereits erwähnt hast, nicht wie festgenagelt sitzen. Das Zuhören soll ja spaß machen und nicht zur Qual werden :lol:

Jedoch geht es auch hier bisschen mehr um die Tatsache, wie in meinem Kommentar an Uli, was ist denn zum Beispiel, wenn Überhöhungen im ungefensterten Frequenzgang sind und diese aber widerum nicht im gefensteren Frequenzgangmessung im Raum? Beispielsweise kann eine solche Überhöhung ja auch nervig werden, jenachdem wo die ggf im Bereich des Hochtons ist.

VG
Zek
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Zek,
ich habe vor vielen Jahren Messungen mit einem Paar KEF Uni-Q Chassis gemacht, das Messmikro direkt vor dem HT im Zentrum des BMT, eine am Hörplatz und 2 Messungen an Ohrpositionen.
Das war mit TacT, lange vor Ulis Acourate.
Wesentliche Erkenntnisse:
Auch unmittelbar vor dem Chassis sind die Raumresonanzen kaum anders (Ergebnis) erfassbar als am Hörplatz. Dafür gibt es eine Erklärung.
Falsch ist die Annahme, die Lautstärke des LS dominiere dort den Höreindruck vor dem Raumeinfluss.

Im Hochton (über 1kHz) nähern sich die gemessenen FG erstaunlicherweise an, auch wenn LS L und R unterschiedlich positioniert sind. Kann man das erwarten, wo die Wellenlängen dort doch kürzer werden? Auch dafür gibt es eine Erklärung.

Eine Ohrposition-bezogene Doppelmessung, automatisiert korrigiert nach derselben Zielkurve, führte beim Hören zu einem unangenehmen Effekt: Bewegung erzeugte auf beiden Ohren gegenläufige Intensitäten bei bestimmten Frequenzen. Auch dafür wird es eine Erklärung geben.
Am Hörplatz konnte ich alle 3 Korrekturen abrufen, die erstgenannte war für diesen Platz zwar nicht gerechnet, funktionierte aber auch sehr gut.
Uli hat Recht, wenn er eine frequenzabhängige Fensterung praktiziert, ich habe das vielfach bestätigt bekommen.

Den alten Messtechnikerspruch: "Wer viel misst, misst auch viel Mist" sollte man im Hinterkopf
behalten, wenn es um Korrekturen geht, die sich auf eine solche Messung berufen.
Im Grundtonbereich ist das noch überschaubar.
Grüße
Hans-Martin
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Zek
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Beitrag von Zek »

Hallo Hans-Martin,

also würdest du eher eine frequenzbezogene Fensterung bevorzugen, statt den Frequenzgang ungefenstert und nur mit beispielsweise mit einer Glättung zu korrigieren? Wie würde denn diese frequenzbezogene Fensterung für dich aussehen?

Wenn ich deiner Aussage folge und du selbst sagst, dass man da kaum Unterschiede feststellen konnte bei der Messung unmittelbar am LS und dann am Hörplatz und ausgehend davon, dass die Annahme falsch ist, dass die Lautstärke des LS den Höreindruck vor dem Raumeinfluss dominiere, dann würde man ja eher ungefenstert korrigieren oder mit weniger engen Fensterungen. Oder habe ich deine Ansicht fehlinterpretiert?

Grüße
Zek
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Zek

Ich habe mir heute nen Muskelkater gewedelt ;)

Bevor man da auf falsche Gedanken kommt: ich habe heute Filter mit der Wedelmessung (oder moving microphone) erstellt. Das scheint mir im Raum gemessen aussagekräftiger, als eine Einzelmessung nur am Hörplatz.

Das kann man natürlich nur für IIR Filter nutzen, aber das war ja Dein Anliegen ;)

Ich habe das Mikro dabei nicht sonderlich viel bewegt... etwa ein Radius von 20cm um den Hörplatz. Das Mikrofon dabei mit entsprechender Kalibrierung zur Decke gerichtet.

Ich bin... zumindest stand heute... sehr zufrieden mit dem Ergebnis!

Viele Grüße

Christian
Zek
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Beitrag von Zek »

Hi Christian,

ich habe auch nie zwangsläufig von einer 1. Punkt Messung gesprochen 😜

Es ging eigentlich eher darum, wie die Mitglieder dieses Szenario handhaben und nein, nicht unbedingt mit IIR.

Auch bei FIR wird ja die Amplitude genau so korrigiert. Die Vorgehensweise für die Phasenkorrektur bleibt mal außen vor. Und genau deswegen meine Frage hier in die Runde, ob ihr den Frequenzgang fenstert oder ungefenstert sondern nur geglättet betrachtet und korrigiert.

Viele Grüße
Zek
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