Das vernachlässigte Bass-Fundament

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Michael
Aktiver Hörer
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Das vernachlässigte Bass-Fundament

Beitrag von Michael »

oder: Ist eine zu tiefen Frequenzen ansteigende Nachhallzeit wirklich so sinnvoll?

Und wenn dem tatsächlich nicht so sein sollte, was bedeutet das für (unsere) Hörräume und wie liesse sich dies realisieren?

Ideale Nachhallzeiten von Hörräumen aufgrund instrumententypischen begleitenden Erzeugung auch von tiefen Frequenzen analog zu den uns wohl allen geläufigen Obertönen bei vielen (fast allen?) Instrumenten, auch an die wir in diesem Zusammenhang nun gar nicht denken würden.

http://www.sengpielaudio.com/DasVernach ... dament.pdf

Schöne Grüße
Michael (aus Bonn)
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Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Michael,
die auf S.5 zitierte 400000-Regel wird in diesem Artikel nicht gerade positiv dargestellt, sie wurde hier bei uns auch schon diskutiert: http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=18&t=6622
Die mittlere Spalte der S. 5 finde ich besonders lesenswert, und vielleicht gelingt es mir, mit dem dort zitierten Jürgen Meyer (ex PTB) zu telefonieren, den ich schon mehrfach erlebt habe, immer waren seine Vorträge von einer hohen Informationsdichte geprägt.
Interessant wäre, zu erfahren, wie Musiker das Verhalten einer im Grundton schnell abklingenden Nachhallzeit erleben, ich kenne allerdings bisher nur positive Äußerungen zugunsten der längeren Nachhallzeit, mit einer Ausnahme eines nordischen Konzertsaals, wo ein großes Volumen oberhalb der Bühne allerdings in Form eines Schenkels eines liegenden "V" angekoppelt ist.

Yasuhisa Toyota kreierte die Akustik der Disney Hall in Los Angeles, ebenso die der Elbphilharmonie. Die Durchhörbarkeit von Details ist bei der Elphi unbestritten. Musiker sind nicht glücklich, müssen sich umstellen. Der Wiener Musikvereinssaal gilt unter Normengebenden als Vorbild, ebenso Concertgebouw.
Der Konzertsaal Luzern hat eine in der Nachhallzeit auf die Art der Darbietung anpassbare Mechanik (drehbare Wandsegmente). Für Sprachdarbietungen ist die kurze Nachhallzeit besonders wichtig, die lange wird bei sinfonischer Musik bevorzugt.

Inwieweit der Fortschritt und die Anpassung an den Zeitgeist noch erlauben, den Geist der Zeit der Komponisten noch zuzulassen, vermag ich nicht zu beurteilen, bezweifle jedoch, dass Werke der Romantik wie Smetanas Moldau in modernen Konzerthäusern überzeugen. Da scheint doch mehr im Vordergrund zu stehen, dass man sich gegenseitig sehen kann, und die Menge der Hörer ist für die Kasse wichtig, die großartige Orchester finanzierbar macht.
Wenn man bei einer öffentliche Probe im Saal von hinten nach vorn durchgeht, erlebt man die Verschiedenartigkeit der Klangbalance. Den Detailreichtum der ersten Reihen finde ich nicht mehr erstrebenswert, das bassbetonte eher dunkle Erlebnis der letzten Reihe mag ich aber auch nicht.
Grüße
Hans-Martin
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