Verstärkerklang

spendormania
Aktiver Hörer
Beiträge: 149
Registriert: 30.11.2016, 14:48

Beitrag von spendormania »

Hallo zusammen,

zum Thema „Verstärkerklang“ kann ich eine unfassbare Episode beitragen, die ich vor ein paar Wochen erlebt habe. Die Ausgangslage war wie folgt: nach einigen Jahren Nutzung klang eine 4-Kanalendstufe (Apart Champ 4) nicht mehr wie gewohnt. Es verzerrte nur so, dass es eine Plage war. Natürlich habe ich alles ausprobiert, Vorverstärker und Lautsprecher gewechselt etc. pp. Ohne Erfolg, es war einfach nicht weg zu diskutieren.

Also habe ich Kontakt zum Vertrieb aufgenommen, um den Amp reparieren zu lassen. Nach einigem Hin und her inklusive Telefongesprächen erhielt ich nach Einsendung der Endstufe dann einen Anruf des zuständigen Servicetechnikers. Die Endstufe sei absolut in Ordnung, es läge kein Defekt vor. Im Hintergrund dudelte Sades „Smooth Operator“ über irgendeine Breitbandgurke (laut Techniker mit „16 Ohm Impedanz“). Selbst am Telefon klang das so bescheiden, dass ich nachgefragt habe, ob man mich auf den Arm nehmen wolle. Nein, alles sei bestens. Er habe den Amp direkt am CD-Player Ausgang, so solle ich das im übrigen auch testen. Da habe ich dann an die versteckte Kamera geglaubt, der meinte das ernst. Jedenfalls habe ich mir die Endstufe dann zurück senden lassen und an einem Lautsprecher mit dem Vifa Koax von Gerd Lommersum nachgemessen. Das Gif, das Ihr hier seht, zeigt den direkten Vergleich mit einer Zweikanalendstufe desselben Herstellers (ausgepegelt natürlich).

https://abload.de/image.php?img=21c5c9f ... 89hjbt.gif

Massiver K3 über einen weiten Frequenzbereich auf drei Kanälen, die niedrige Kurve ist der Zweikanalamp, der den Klirrverlauf des Lautsprechers zeigt. Ich habe mich dann an den Hersteller gewendet und folgende bemerkenswerte Antwort erhalten: Klirrmessungen würden nicht durchgeführt, da das nicht von Belang sei für die Anwender. Solange eine Endstufe innerhalb der Spezifikation arbeite, sei alles paletti (in dem Fall also: geht an und macht Geräusche).

Also gab es schriftlich, dass die Endstufe keinen Defekt habe und perfekt funktioniert. Und die Moral von der Geschichte? Nicht alles klingt gleich. Und wer nicht selbst irgendwie messen kann, ist absolut verloren, wenn er irgendeinem Hersteller etwas nachweisen will. Mir hat man den KVA erlassen. Und vielleicht haben teurere Geräte jenseits der Überlegung „Bei Zimmerlautstärke klingt es alles gleich“ doch eine gewisse Berechtigung - ungeachtet der Tatsache, dass es auch hervorragend klingende preiswerte Amps gibt.

VG
Ludger
Bild
Dipolaktiv
Aktiver Hörer
Beiträge: 571
Registriert: 24.11.2019, 11:48
Wohnort: Zürich

Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo

die PA-Fritzen sind da offenbar nicht kritisch. solange es aus dem Lautsprecher laut krächzt ist gut.

Jedenfalls die Aussage dass alles in den Specs liegt ist ja wohl nicht wahr gemäss dem Bild und den Specs hier für diesen Amp.

Spezifikationen

Lüfterloser 4x 125W Leistungsverstärker
APC Leistungsregulierung
Umfangreiche Schutzschaltung
Brücken-, Stereo- und Dual-Mono Betrieb
Schaltbarer Hoch- und Tiefpassfilter für Subwoofer/Satellitenlautsprecher
Nur 1 HE
Leistung (Musik): Brückenbetrieb (8 Ohm) 230 W, 4-Kanal (4 Ohm) 4 x 125 W
Eingangsimpedanz: 10 kOhm
Frequenzgang: 20 Hz - 40 kHz, (0, -0,5 dB)
Verzerrung: < 0,1 %
Rauschabstand: > 100 dBA
Verstärkung: 26 dB (32 dB gebrückt)
Schutzschaltung: DC, HF, Übersteuerung, Kurzschluss, 2-stufige Temperatursicherung
Kühlung: Konvektionskühlung, kein Lüfter
Filter (Kanal 1/2): Tiefpassfilter 100Hz/12dB/oct, APart spezifisch - schaltbar
Filter (Kanal 3/4): Hochpassfilter 100Hz/12dB/oct - schaltbar
Leistungsaufnahme: 26VA Leerlauf, 400VA Vollast
Spannungsversorgung: 230 VAC, 50Hz
Abmessungen (B x H x T): 48,3 x 4,4 x 36 cm
Gewicht: 7,5 kg

Ja, heutzutage ist reparieren lassen eine Qual. Nur noch Wegwerfgesellschaft!

Gruss

Peter
Bild
chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

die PA-Fritzen sind da offenbar nicht kritisch.
Wie gut. das wir von Euch Hobby Heinis aufgeklärt werden :cheers:

Vielleicht schaust Du mal, was vernünftige PA so kostet, leistet und wie sie klingen kann, wenn von einem guten PA Fritzen eingerichtet ist.
Ja, heutzutage ist reparieren lassen eine Qual. Nur noch Wegwerfgesellschaft!
Kauf Dir vernünftige Geräte und keinen Billigschrott, dann lohnt sich meistens auch eine Reparatur.

Aber was will man an einer Endstufe für 300,- noch reparieren lassen? Manual bestellen, Aufschrauben, reinschauen, ein paar Messungen und schon ist man 100.- los... und dann ist noch nix repariert.

Grüße

Christian
Horse Tea
Aktiver Hörer
Beiträge: 1723
Registriert: 19.03.2016, 20:22
Wohnort: Unterfranken

Beitrag von Horse Tea »

chriss0212 hat geschrieben: 17.09.2020, 20:01 Aber was will man an einer Endstufe für 300,- noch reparieren lassen? Manual bestellen, Aufschrauben, reinschauen, ein paar Messungen und schon ist man 100.- los... und dann ist noch nix repariert.5
:D :cheers: :D
Bild
chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Wenn Du von dieser Endstufe sprichst:

https://www.deejayladen.de/de/apart-au ... 4/pd/38030

Sowas wirst Du auf keinem TecRider einer hochwertigen Veranstaltung finden.

Grüße

Christian
spendormania
Aktiver Hörer
Beiträge: 149
Registriert: 30.11.2016, 14:48

Beitrag von spendormania »

Hallo Christian,

kann ja sein, dass das Teil unbrauchbar für die Bühne ist. Aber dafür ist es ja auch nicht gedacht. Aber wenn ich mich an einen Vertrieb wende und was reparieren lassen möchte, verdienen die ja auch Geld damit. Ist doch meine Entscheidung, oder? Mein 20 Jahre altes Auto wurde auch erst letzte Woche geschweißt.

Daher sehe ich es so wie Peter: dieses immer wieder wegwerfen ist einfach unerträglich.

Aber erst recht das Gebaren des Vertriebs, den offenbar nur interessiert, seien neuen Geräte zu verscherbeln. Und da hört dann der Spaß zumindest für mich auf.

VG
Ludger
Bild
h0e
Administrator
Beiträge: 3864
Registriert: 11.11.2013, 09:40
Wohnort: München

Beitrag von h0e »

Hallo Ludger,

nix für ungut, aber an Reparaturen sind Service und kein Businesscase zum Geldverdienen. Da macht man kein Gewinn mit.
Die 4 Kanalendstufe für 700 Euro Verkaufspreis kostet wenn man alle Steuern und den Handel abzieht vermutlich zwischen 130 und 200 Euro.
Wie Christian schrieb ist da aus SIcht des Herstelles nicht wirtschaftlich, dafür eine Serviceleistung anzubieten.
Ich kann zwar Deinen Unmut verstehen, aber vermutlich gehst Du besser in ein Repaircafe, da wird Dir evtl. geholfen und
Du musst nicht wegwerfen. Mich ärgert dieses Wegwerferei auch, aber in manchen Bereichen ist da leider kein Kraut gewachsen,
zumal der Verbraucher an der Kasse abstimmt und nur BilligBilligBillig kauft.
Sicher nicht, was Du hören wolltest. :cry:

Grüsse Jürgen
Bild
spendormania
Aktiver Hörer
Beiträge: 149
Registriert: 30.11.2016, 14:48

Beitrag von spendormania »

Hallo Jürgen,

alles gut. Wenn man nur genehmes hören will, darf man keine Diskussion anfangen. :wink:

Aber dann hätten sie einfach sagen sollen „schmeiß das Ding weg“, lohnt sich für uns nicht. Anstatt mir zu erzählen, dass alles in Ordnung ist, obwohl das Teil klirrt wie Omas Kaffeegedeck am Sonntag Mittag...

VG
Ludger
Bild
h0e
Administrator
Beiträge: 3864
Registriert: 11.11.2013, 09:40
Wohnort: München

Beitrag von h0e »

Hallo Ludger,

ja Kommunikation des Herstellers ist wohl "unglücklich".
Da wäre ich auch sauer. Ich stimme da dann aber auch an der Kasse ab,
bei solchen Läden kaufe ich nie wieder.
Da gibt es bereits eine Handvoll, die mit mir keinen Umsatz mehr machen.
Und ich erzähle es auch weiter...

Grüsse Jürgen
Bild
Dipolaktiv
Aktiver Hörer
Beiträge: 571
Registriert: 24.11.2019, 11:48
Wohnort: Zürich

Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo

ja man kann auch sehr teure Geräte kaufen die der Service (autorisierter Service, Spezialist für Lexicon...) nicht mal für viel Geld reparieren will. Sorry wir bekommen keine Schaltbilder :( wir können da gar nicht machen....

so geschehen mit Lexicon CP3, US Produkt. Lexicon ist inzwischen weg vom Fenster, gehört jetzt Samsung.

Na dann halt mal kurz geflucht, Schraubenzieher ausgepackt, Voltmeter angestöpselt, Lötkolben angeworfen Elkokiste hervorgenommen und siehe, einige Elkos getasucht (waren ja einfach sind ausgelaufen), zugeschraubt und fertig war die Übung.

Lehre daraus: Teuer muss nicht gute Qualität sein. Service für terue Geräte muss nicht unbedingt was taugen. Unterlagen kriegste selten bis nie . Ist ja Betriebsgeheimnis (nach 20-30 Jahren, da lach ich mich tot).

Aber meine Yamaha Endstufen von 1990 spielen immer noch laut und deutlich :), na dann ein Stossgebet dass es noch lange so bleibt.

Gruss

Peter
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

spendormania hat geschrieben: 16.09.2020, 23:30Die Ausgangslage war wie folgt: nach einigen Jahren Nutzung klang eine 4-Kanalendstufe (Apart Champ 4) nicht mehr wie gewohnt. Es verzerrte nur so, dass es eine Plage war. Natürlich habe ich alles ausprobiert, Vorverstärker und Lautsprecher gewechselt etc. pp. Ohne Erfolg, es war einfach nicht weg zu diskutieren.
Hallo Ludger,
war 1 Kanal betroffen oder alle 4?
Wenn alle Kanäle betroffen waren, hätte ich das Netzteil im Verdacht. Das wird ja vermutlich ein Schaltnetzteil sein, denn ein 4x125Watt Endstufenpaket (mit 400VA Maximalaufnahme) wiegt mit ordentlichem Trafo normalerweise mehr als 7kg, und die geringe Bauhöhe des Gehäuses lässt nur sehr spezielle Ringkerntrafos zu (Standard 400VA RKT wiegt >3,5kg).

Wenn nur 1 Kanal betroffen war... aber das hattest du nicht konkretisiert.
Vertragswerkstätten bekommen vom Hersteller meist nur knapp kalkulierte Fallpauschalen, aber wenn die Garantiezeit abgelaufen ist, wird ja der Verbraucher zur Kasse gebeten, um den Betrieb wirtschaftlich fortführen zu können. Wie ich zwischen den Zeilen gelesen habe, hat man von dieser Möglichkeit in deinem Fall keinen Gebrauch gemacht.
Grüße
Hans-Martin
Bild
chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

Hallo Ludger

Wie Jürgen schon schrieb: das Verhalten der Vertragswerkstatt ging gar nicht.

Meine Antwort zielte nur auf Peter ab. PA Fritzen... was soll denn sowas. Ich bin in der Welt der professionellen Veranstaltungstechnik zu Hause... das nehme ich natürlich persönlich.

Leider gibt es in jeder Branche schwarze Schafe... aber sowas zu pauschalisieren geht aus meiner Sicht jedoch nicht.

Ich hoffe, es kommt noch irgendwie zu einem guten Ende.

Viele Grüße

Christian
spendormania
Aktiver Hörer
Beiträge: 149
Registriert: 30.11.2016, 14:48

Beitrag von spendormania »

Hallo Hans-Martin,

tatsächlich waren alle vier Kanäle betroffen, um GIF habe ich mir den vierten deshalb auch geschenkt.

Einen schönen Trafo hat der Amp, hier ist noch ein Bild vom Innenleben:

https://medias.audiofanzine.com/images/ ... 672214.jpg

Die Garantie war in der Tat abgelaufen, aber der Vertrieb hatte offensichtlich keine Lust auf eine Reparatur.

VG
Ludger
Bild
Audiophon
Aktiver Hörer
Beiträge: 835
Registriert: 29.01.2020, 16:50
Wohnort: Frankfurt a.M.

Beitrag von Audiophon »

Hallo Hans-Martin,

es scheint ja einen direkten Zusammenhang zwischen (Über-Alles-)Gegenkopplung und dem Dämpfungsfaktor zu geben. Ich schreibe das mal so vorsichtig, da ich als Betriebswirt zwar technisch sehr interessiert, aber doch ziemlich unbeleckt bin.

Zu Deiner Aussage oben:
Hans-Martin hat geschrieben: 16.09.2020, 21:56 ...
Ich habe bei einem Röhrenverstärker (mit überschaubarer Leerlaufverstärkung) diese Gegenkopplung per Poti variabel gemacht, den resultierenden Unterschied in der Spannungsverstärkung entsprechend am Eingangs-Lautstärkepoti ausgeglichen. Bei minimaler Gegenkopplung war die Plastizität und Feinzeichnung für damalige Verhältnisse umwerfend, die Kontrolle über den Bass allerdings sehr unbefriedigend. Bei gleichem Ruhestrom im Class-AB-Betrieb und unberührtem Ausgangsübertrager hatte allein die Gegenkopplung bereits radikale Unterschiede zur Folge.
...
Ich habe bezüglich der idealen Verstärkerkombination für meine Lautsprecher vor Jahren erkannt, dass mir Verstärker ohne (Über-Alles-)Gegenkopplung deutlich besser gefallen, da ihr musikalischer Fluss (sorry für die schwurbelige Umschreibung) einfach natürlicher wirkte. Ganz deutlich wurde dies bei der Anbindung des Bassbereiches an den restlichen Frequenzbereich.

Nun zu meiner eigentlichen Frage an Dich als Experten/Techniker: hast Du Dir schon einmal das technische Konzept der Grandinote Verstärker angesehen? Diese sind als reine Class A Vertärker ohne Gegenkopplung aufgebaut und haben trotzdem einen relativ hohen Dämpfungsfaktor von >230.

Was hälst Du vom Konzept?

Viele Grüße
Martin
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Martin,
das Prinzip von PPP-Verstärkern mit Röhren könnte bei Grandinote auf Halbleiter mit Class-A umgesetzt worden sein.
Allerdings hätte diese Schaltung (nach meiner Spekulation) mit Autotrafo auch eine Gegenkopplung in der letzten (End-)Stufe ohne die negative Gegenkopplung vom Ausgang zum Eingangsbereich des Verstärkers, wie sonst üblich.

Aus der Definition des Dämpfungsfaktors (= LS-Impedanz geteilt durch Ausgangsimpedanz des Verstärkers) müsste bei D=200 @8Ω sich ein Ausgangswiderstand von 40mΩ realisieren.
Angesichts solcher Größenordnung bei den unumgänglichen Netzteilelkos, denen die mehr oder weniger durchgesteuerten Endstufentransistoren noch folgen, bevor das Signal die Ausgangsklemmen erreicht, ist ein solcher Dämpfungsfaktor kaum erreichbar, es sei denn, es gibt eine Gegenkopplung, die man als solche nicht deklariert, weil sie nicht über alles wirkt.

Bei Röhrenendstufen haben Audio Research und McIntosh Wicklungen ihrer Übertrager zwischen Signalmasse und Kathode der Endröhren (bzw Wicklungen eigens für die Treiberröhren) geschaltet, um hier das LS-Signal so unmittelbar wie möglich gegen das treibende Signal einzusetzen. Die übliche Überalles-Gegenkopplung gibt es dort allerdings zusätzlich.
Grüße
Hans-Martin
Bild
Antworten