Multibit vs. Delta/Sigma

MacDilbert
Aktiver Hörer
Beiträge: 116
Registriert: 30.04.2012, 14:14
Wohnort: KH@RLP

Beitrag von MacDilbert »

Hallo Horst,

den folgenden Abschnitt in Deinem Post habe ich leider nicht verstanden:
Trinnov hat geschrieben: 27.09.2021, 07:31 Ein DAC muss eine perfekte Rechteckwiedergabe beherrschen, um Transienten richtig abbilden zu können.
Sobald ein DAC Pre-Ringing produziert, ist es damit vorbei.
Wir sind von Natur aus Transientenhörer.
Hier noch zwei sehr interessante Links zum Thema:
https://6moons.com/audioreviews2/metrum/1.html Insbesondere Seite 2 und 3
https://sw1xad.co.uk/technology_post/de ... c-designs/
Wieso muss ein DAC die Rechteckwiedergabe beherrschen? Der DAC-Input ist bandbreitenbegrenzt, also steht die Wiedergabe von Rechtecken gar nicht im Pflichtenheft.

Ich habe auch den Artikel auf sw1xad.co.uk gelesen, der mich noch viel mehr verwirrt hat. Dort verstehe ich beispielsweise diese Textstelle überhaupt nicht:
In theory and in practice, digital conversion can only approximate analogue sine waves with stated theoretical accuracies.
Hat der Autor Nyquist-Shannon nicht gelesen (oder gelesen und nicht verstanden)? Und dann das zugehörige Sinus-Diagramm mit den lustigen Treppenstufen, die als "Output" bezeichnet werden - das ist doch eher "Output before reconstruction filter". Oder wurde das Rekonstruktions-Filter bewusst weggelassen? Wenn ja: warum? Ist schließlich Teil eines korrekten Designs.

Andererseits - und nur so wird ein Schuh draus: Lässt Du das Rekon-Filter weg, kriegst Du den schönsten Rechteck aller Zeiten (den es wg. Bandbreitenbegrenzung aber gar nicht geben kann). Dafür sieht ein normaler Sinus aus wie durch den Fleischwolf gedreht. Du treibst praktisch den nicht existierenden Teufel mit einem realen Beelzebub aus.

Fragen über Fragen: Hast Du Antworten?

Viele Grüße
Karl-Heinz
Bild
Trinnov
Aktiver Hörer
Beiträge: 971
Registriert: 13.11.2009, 19:02

Beitrag von Trinnov »

Hallo Karl-Heinz,

du hast schon richtig gelesen. Die lassen das Rekonstruktionsfilter weg oder entschärfen es zumindest deutlich.
Ein steiler Digitalfilter ist aus klanglichen Gründen gar nicht zugelassen.

Wie wir wissen gibt es bei einer 44.1K Sample Rate nicht viele Samples bei hohen Frequenzen (also Schwingungen mit kurzer Periodendauer 1/f).
Man kann sich das ja ganz einfach ausrechnen. Bei der Wiedergabe eines 20 KHz Sinus kommt dann eine Impulsform raus die der Sinusform nicht mehr sehr ähnlich schaut. Trotzdem gibt es einige Anhänger der NOS DACs.
Die Samples die beim Oversampling durch Interpolation hinzugefügt werden, sind doch gar nicht im Original enthalten. Man betreibt doch hier nur eine Glättung der ursprünglichen Signalform. Mehr Auflösung bekommt man damit nicht. Es macht sich aber gut im Datenblatt.
Anscheinend entstehen beim Oversampling aber neue Fehler die für das Hören, also die Klangempfindung gravierender sind als die Treppenstufen des NOS Wandlers.

Irgendetwas muss ja dran sein wenn dieser NOS Klang von diversen Leuten als angenehmer, richtiger, analoger empfunden wird.
Als Tiefpassfilter dient in diesem Fall das Ohr genauer gesagt die Basiliarmembran.
Ich werde jetzt keine Abhandlung über die Basiliarmembran und ihrer ERB Frequenzgruppen schreiben, weil das nur ein Halbwissen wäre.
Niemand hat den Prozess des Hörens bisher vollumfänglich verstanden. Daher sollten wir auch nicht von Datenblattwerten auf Klangqualität schließen.

Viele Grüße,
Horst
Dipolaktiv
Aktiver Hörer
Beiträge: 571
Registriert: 24.11.2019, 11:48
Wohnort: Zürich

Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo Horst

Oversampling dient dazu um simplere Analogfilter danach verwenden zu können mit weniger Steilheit (12dB/Oct z.B.). Interpolation und Decimation sind Standardverfahren der digitalen Signalverarbeitung. Auch bei Hinzufügen von Samples (Interpolation muss vorher steil gefiltert werden wegen den Spiegelfrequenzen. Da gibt es keinen Weg drumherum.
NOS-DAC verwenden per Definition kein solches Filter oder nur schwaches, ergo erzeugen NOS-DAC einen bunten Strauss an allen möglichen Produkten der Eingangsfrequenz (der Musik). Dass das "schön" klingen kann wird ja hier beschrieben, ist aber nicht mehr wie das Original. Die Musik wird sozusagen angereichert mit im DAC erzeugten Mischprodukten.
Eine Messung mit zwei oder mehr Sinustönen zeigt das anschaulich. Man wundert sich was dann rauskommt. Ja und der Unterschied ist hörbar

Gruss

Peter
Bild
MacDilbert
Aktiver Hörer
Beiträge: 116
Registriert: 30.04.2012, 14:14
Wohnort: KH@RLP

Beitrag von MacDilbert »

Hallo Horst,

wie man das Problem mit dem zu steilen Filter lösen kann, hat Peter (Dipolaktiv) sehr knapp und gut erklärt.

Ich habe noch zwei Anmerkungen zu Deinem Post:
Wie wir wissen gibt es bei einer 44.1K Sample Rate nicht viele Samples bei hohen Frequenzen (...) Bei der Wiedergabe eines 20 KHz Sinus kommt dann eine Impulsform raus die der Sinusform nicht mehr sehr ähnlich schaut.
Das ist überhaupt kein Problem. Laut Nyquist reichen "2 + epsilon" Samples, um einen Sinus exakt zu kodieren. Voraussetzung ist, dass das Signal bei der halben Samplingfrequenz in seiner Bandbreite begrenzt ist.

Dem Nichtmathematiker fällt die Vorstellung vielleicht schwer, wie man aus nur zwei eckigen Samples einen komplett runden Sinus rekonstruieren kann. Aber man wird in der einschlägigen (Marketing-)Literatur auch schnell hinter die Fichte geführt - Diagramme mit Sinus und Treppenstufen gehören auf jeden Fall dazu! Wie ich bereits in meinem letzten Post erwähnt habe: da hat einer das Rekonstruktionsfilter vergessen und deklariert das Ergebnis als "Output". :shock:

Ich empfehle dagegen Fachliteratur aus dem Gebiet der (digitalen) Signatheorie - Stichworte wären Nyquist-Shannon, Fourier etc.
Als Tiefpassfilter dient in diesem Fall das Ohr genauer gesagt die Basiliarmembran.
Sorry - aber das klappt nicht. Du würdest auch nicht sagen "Als Abgaspartikelfilter meines Autos dienen in diesem Fall die Atemwege, konkret die Lunge."

Wenn der Schrott im DAC erstmal erzeugt ist, geht er durch Kabel, Elektronik, Lautsprecher und Luft. Und welche nichtlinearen Effekte dieser Schrott dort erzeugt, will ich gar nicht wissen. Aber dazu hat auch Peter schon was geschrieben. Und eine Fledermaus als Haustier darfst Du Dir dann auch nicht halten.

Wie gesagt: Kann trotzdem gut klingen, vereinzelt sogar besser - dann aber nicht mehr Original nennen.

Viele Grüße
Karl-Heinz
Bild
Fujak
Moderator
Beiträge: 5752
Registriert: 05.05.2009, 21:00
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Fujak »

Hallo Karl-Heinz,
Wie gesagt: Kann trotzdem gut klingen, vereinzelt sogar besser - dann aber nicht mehr Original nennen.
Ich glaube, hier liegt der entscheidende Irrtum vor. Denn man kann weder das Analogsignal, gewonnen aus einem Multibit-NOS-DAC, noch das aus einem Delta-Sigma-DAC mit Oversampling "Original" nennen. Beide Verfahren produzieren mehr weniger deutlich hörbare Zeitfehler (Jitter/Phasenrauschen) bzw. Rekonstruktionsartefakte, die im Originalsignal nicht vorhanden sind (Horst hat in dem Zusammenhang bereits das Preringing angesprochen).

Beide Verfahren streben nach der bestmöglichen Annäherung an das, was messtechnisch und vom Hörempfinden dem Original entspricht. Beide Verfahren machen dabei konstruktionsbedingt andere Fehler - die sich je nach qualitativer Umsetzung mehr oder weniger deutlich in den Messungen aber auch in der Klangsignatur auswirken. So wird ein Delta-Sigma-Wandler Sinuskurven ähnliche Klanggebilde originalgetreuer hinbekommen, ein NOS-DAC hingegen bekommt jene Klanggebilde besser hin, in denen besagten Rechteckkurven einen größeren Anteil haben (z.B. in impulsbetonter Musik - z.B. perkussive Instrumente). Wenn man allerdings für Messungen nur Sinuskurven zugrunde legt, dann schneiden Delta-Sigma-Wandler mit Rekonstruktionsfilter besser ab. Bei Messungen mit Rechteckkurven hingegen punkten die NOS-DACs.

Ideal wäre natürlich ein DAC, der beides gleich gut kann. Solange das nicht in ausreichendem Maße der Fall ist, wird es immer Audiophile geben, die DS-Oversampling-DACs klanglich bevorzugen und andere, die einen NOS-DAC bevorzugen. Z.t. hat diese Hörpräferenz mit der Differenzierung in Grundton- und Obertonhörern zu tun (siehe dieser Thread: viewtopic.php?f=18&t=1652&p=23206).

Anstatt eine Diskussion darüber zu führen, welches Verfahren angeblich das bessere sei, wäre es aus meiner Sicht daher viel zielführender, darüber zu sprechen, welches Verfahren der eigenen Hörpräferenz entspricht. Dazu ist es allerdings notwendig, sich zunächst einmal verschiedene DAC-Typen in ähnlich qualitativ hochwertiger Ausführung im Direktvergleich anzuhören. Ich bin mir sicher, dass sich dann einige Aussagen deutlich relativieren werden. Das ist zumindest meine Erfahrung der letzten 15 Jahre mit sehr vielen DACs unterschiedlicher "Gattungen" (Delta-Sigma, Multibit-NOS, Multibit-R2R-NOS und Multibit-OS).

Grüße
Fujak
Bild
SolidCore
Aktiver Hersteller
Beiträge: 1863
Registriert: 12.12.2014, 10:38
Wohnort: NRW / Moers

DA-Wandler

Beitrag von SolidCore »

Hallo zusammen

Ich glaube aber ebenso, das der Wandlerchip sehr stark von der gesamten Umsetzung eines DAC´s abhängt,
und deshalb sehr schwer alleine zu beurteilen ist.
Ein RME DAC hat AKM Wandlerchips, ein Linn Katalyst ebenfalls. Dennoch "klingen" sie weitaus verschiedener als
so mancher DAC-Chip Vergleich.
Ich war nie ein Freund von Sabre-DACs, dennoch findet sich immer wieder mal ein Gerät, in dem er doch gefällt.
Hörte ich viele Jahre sehr zufrieden mit einem Delta Sigma DAC (Monrio mit einigen Mods), liegt ein Meitner tonal nicht so weit weg.
Zu viele Faktoren mischen sich da mit ein. Und im gleichem Gerät kann man den Wandler-chip alleine schlecht austauschen.
Dennoch, man mag mich dafür verurteilen, würde ich keinen Sabre mehr haben wollen. Alternativen gibts ja zur Genüge.

Gruß
Stephan
Bild
MacDilbert
Aktiver Hörer
Beiträge: 116
Registriert: 30.04.2012, 14:14
Wohnort: KH@RLP

Beitrag von MacDilbert »

Hallo Fujak,

ich ersetzte gerne "Original" durch "möglichst nah am Original". Damit berücksichtige ich die aus Gründen der Vereinfachung zunächst unterschlagene Tatsache, dass auch ein korrekt gesampeltes und gefiltertes Signal fehlerbehaftet ist - allerdings wesentlich weniger, als ein ungefiltertes NOS-Signal, selbst wenn dieses hinter dem einen oder anderen Ohr besser klingen sollte.

Ich sehe hier einen kleinen Denkfehler in Deiner Ausführung:
So wird ein Delta-Sigma-Wandler Sinuskurven ähnliche Klanggebilde originalgetreuer hinbekommen, ein NOS-DAC hingegen bekommt jene Klanggebilde besser hin, in denen besagten Rechteckkurven einen größeren Anteil haben (z.B. in impulsbetonter Musik - z.B. perkussive Instrumente).
Wir gehen doch beide davon aus, dass sich ein (infinites) Rechtecksignal per Fourier durch eine (infinite) Summe von ebensolchen Sinüssen darstellen lässt? Das machen wir selbstverständlich nur in Gedanken, um verstehen zu können, wie und wo sich die die Bandbreitenbegrenzung eines Rechtecks, was für Nyquist essentiell ist - auswirkt. Die Betrachtung finiter Wellen wäre mathematisch aufwändiger, brächte aber keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn. Wichtig: das Prinzip bleibt auch in der realen Akustikwelt gültig, insb. in den Regionen, in denen wir Musik hören.

Die 1A-Rechtecke, welche die NOS-Wandler (ohne Filter) so toll beherrschen, kommen unter den Nyquist-Randbedingungen einfach nicht vor - sie sind rein akademisch. Auch ein ultraschneller Rimshot auf die Snare ist noch lange kein Dirac-Puls, so lange wir davon ausgehen, dass uns die Aufnahmetechnik bei 20kHz den Hahn zudreht.

In der Theorie, also allein mit Mathematik, sehen wir bei bandbreitenbegrenzten Rechtecksignalen ein Pre-, Post- oder - je nach Filter - anderes Ringing. Und das hat jetzt nix mit dem Wandlertyp zu tun, sondern ist reine Signaltheorie; ihr ist es egal, in welcher Technik gewandelt wird. Selbst im theoretischen Optimum haben wir bereits das, was uns die Messtechniker immer auf ihren Oszillographen oder AudioPrecision-Analyzern so gerne zeigen. Leider, leider: die perfekten Rechtecke, die uns bei den NOS-DACs so gerne präsentiert werden, gibt es bei korrekt bandbreitenbegrenztem Input schlichtweg nicht.

Mit anderen Worten: die "Probleme" der Non-NOS-DACs sind keine Artefakte der Technik, sondern Bestandteil der Theorie. Sie zeigen einfach, wie nahe die heutige Technik am theoretischen Optimum arbeitet.

Viele Grüße
Karl-Heinz
Bild
Trinnov
Aktiver Hörer
Beiträge: 971
Registriert: 13.11.2009, 19:02

Beitrag von Trinnov »

Hallo zusammen,

wer sich etwas in die Therorie einlesen will, findet hier eine sehr interessante Beitragsserie.

Teil 1 (4 Seiten):
https://www.avguide.ch/blog/ein-deep-di ... iy-projekt

Teil 2:
https://www.avguide.ch/blog/digitale-au ... ive-teil-2

Teil 3 (4 Seiten):
https://www.avguide.ch/blog/da-wandler- ... ive-teil-3

Therorie hin oder her. Entscheidend ist neben den Messergebnissen insbesondere der Hörvergleich.
Ich habe bisher in Laufe von mehreren Jahren einen einzigen Delta-Sigma-DAC zusammen mit ein paar Forumskollegen gehört, der mir bzw. uns allen klanglich gut gefallen hat.
Dieser ist aber technisch extrem aufwändig gemacht. Quasi ein Kleinstseriengerät.
Es gibt hier sicherlich ein paar Leute die wissen welchen DAC ich meine.
Allerdings haben mir schon mehrere Multibit DACs auch NOS Varianten ausgesprochen gut gefallen.
Dazu gehört zum Beispiel Metrum Adagio (NOS), Audio Note 5.1 Signature Professional Edition (NOS) und verschiedene ältere Wadia DACs (Multibit Oversampling).
Natürlich messe ich jeden DAC den ich in die Finger bekomme in diversen Parametern, aber das ist wie schon gesagt nur die halbe Wahrheit.
Warum sollte ich mir einen DAC kaufen der gute "herausgeputzte" Messwerte aufgrund von Filterschaltung und Oversampling hat, aber mit dem ich klanglich gar nicht zurecht komme?


Viele Grüße,
Horst
Trinnov
Aktiver Hörer
Beiträge: 971
Registriert: 13.11.2009, 19:02

Beitrag von Trinnov »

MacDilbert hat geschrieben: 28.09.2021, 21:36 Leider, leider: die perfekten Rechtecke, die uns bei den NOS-DACs so gerne präsentiert werden, gibt es bei korrekt bandbreitenbegrenztem Input schlichtweg nicht.

Viele Grüße
Karl-Heinz
Hallo Karl-Heinz,

kannst du dazu noch ein paar Worte sagen?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich deinen Satz richtig interpretiere.

Viele Grüße,
Horst
MacDilbert
Aktiver Hörer
Beiträge: 116
Registriert: 30.04.2012, 14:14
Wohnort: KH@RLP

Beitrag von MacDilbert »

Hallo Stephan,

die Welt ist wirlich klein...
SolidCore hat geschrieben: 28.09.2021, 21:20 Hörte ich viele Jahre sehr zufrieden mit einem Delta Sigma DAC (Monrio mit einigen Mods), liegt ein Meitner tonal nicht so weit weg.
Mit meinem alten Vertriebschef hatte ich in den 90ern Monrio nach Deutschland geholt und kenne den Gründer Giovanni Gazzola von daher persönlich. Vermutlich könnten alle Monrio-Kunden in Deutschland zusammen einen mittelgroßen Chor gründen. War damals eine kleine, aber superfeine Firma! Die Vor- und Endstufen waren erste Sahne, Wandler etc. gab es noch nicht im Programm.

Aktive Grüße
Karl-Heinz
Bild
MacDilbert
Aktiver Hörer
Beiträge: 116
Registriert: 30.04.2012, 14:14
Wohnort: KH@RLP

Beitrag von MacDilbert »

Hallo Horst,

zu Deiner Frage...
Trinnov hat geschrieben: 28.09.2021, 22:37 kannst du dazu noch ein paar Worte sagen?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich deinen Satz richtig interpretiere.
...gebe ich Dir gerne eine Antwort:

Wenn wir irgendwo einen technischen Frequenzgang angeben wollen (z. B. 10Hz .. 20kHz), müssen wir auch festlegen, auf was sich diese Angabe bezieht. Die Techniker haben sich deshalb irgendwann mal auf Sinuswellen als Referenz geeinigt. Auf irgendwas muss man sich ja einigen, und da sind Sinuswellen sehr sinnvoll - Fourier hat eine passende Erklärung dafür:

Andere Wellenformen (Rechteck, Sägezahn, Dreieck, irgendwas anderes periodisches) kann man nämlich mathematisch immer als Superposition von Sinus-/Cosinus-Wellen darstellen - wie schon kurz erwähnt: Fourier. Der Sinus ist praktisch eine Art Basiswelle, mit der man alle anderen Wellenformen zusammensetzen kann.

Eine Rechteckwelle mit einer bestimmten Frequenz hat - in Sinuswellen zerlegt - unendlich viele Frequenzbestandteile oberhalb dieser Frequenz. Wenn Du beispielsweise einen Rechteck von 10kHz in der Bandbreite ab 20kHz nach oben begrenzt, dann schneidest Du (virtuell) sehr viele hochfrequente Sinus-Anteile ab, und es bleibt nur noch ein stark abgerundeter Rechteck mit hässlichen Ein- und Ausschwingern an den Kanten übrig.

Jetzt ist die Frage: Warum soll man denn dieses schöne Rechtecksignal hart bei 20kHz abschneiden und in seiner schönen, eckigen Form zu einem Softie mit Überschwingern degradieren? Das ist eine Bedingung von Nyquist-Shannon, sonst klappt die DA/AD-Wandlung nicht - Stichwort "Eindeutigkeit der Zuordnung".

Das ist aber alles halb so schlimm, denn perfekte Rechtecksignale kann unser Ohr gar nicht hören - auch bei unserem Frequenzgang beziehen wir uns (bzw. unsere Ohrenärzte) auf den Sinus als Basis. Mit anderen Worten: ein Rechteck mit 20kHz klingt für unser Ohr genau wie ein Sinus mit 20kHz - falls wir überhaupt so hohe Frequenzen noch hören. In meinem Alter ist vermutlich schon weit vor 15kHz Schicht im Schacht. Und trotzdem kann ich eine Geige von einer Trompete unterscheiden - OK, wegen der Transienten :lol:

Viele Grüße
Karl-Heinz
Bild
Dipolaktiv
Aktiver Hörer
Beiträge: 571
Registriert: 24.11.2019, 11:48
Wohnort: Zürich

Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo allerseits
wir können das perfekte Rechteck haben wenn wir eine unendliche Samplingfrequenz voraussetzen. Technisch ist dies aber nicht machbar.
Wie Karl-Heinz geschrieben hat ist es nur eine Frage bis zu welcher Frequnez wir denn bei der Aufnahme Frequenzen haben wollen. Dies bestimmt dann auch schon die Form des sogenannten Rechtecks das eben kein Rechteck mehr ist weil frequenzlimitiert.

Man kann es drehen wie man will, die Mathematik und Physik konnte noch niemand überlisten auch wenn es 1001 Patente dazu gibt.
Ein Vergleich: Man muss sehr schnell springen will man über den eigenen Schatten springen, also schneller als die Lichtgeschwindigkeit...nun mal los...

Zur praktischen Frage: die Konserve ist zu 99.9% CD, 44.1kHz/16Bit. Da ist das Signal schon begrenzt und das Rechteck schon gar nicht möglich. 20kHz ist zu unendlicher Frequenz ja doch schon seeeeehr weit weg.

Nun gilt es dieses recht limitierte Signal zu wandeln. Mehr als im Original drin ist lässt sich nicht rausholen.
Heutige Sigma-Delta Wandler schaffen locker wesentlich mehr Präzision als im Original drin steckt. Ergo ist der Fehler hochqualitativer DAC's heute kein Problem mehr. Auch sind hochqualitative DAC's heute zu recht günstigen Preisen erhältlich.

Probleme sind heute vor allem Lautsprecher, Kopfhörer, Raum nich taber DAC.

Peter
Bild
Franz
inaktiv
Beiträge: 4422
Registriert: 24.12.2007, 17:07
Wohnort: 53340 Meckenheim

Beitrag von Franz »

Jetzt mal ehrlich: Was sind denn Messwertunterschiede - ja, die gibt es natürlich zwischen Delta-Sigma-Wandlern und NOS-Wandlern - wirklich wert bzw. wie relevant sind sie für das Hören von Musik, wenn sie sowieso meist sehr weit unter den menschlichen Wahrnehmungsgrenzen liegen. Ich kann am Ende nur sagen: Mit meinem präferierten NOS-Wandler höre ich viel lieber Musik als mit anderen, weil ich damit wesentlich entspannter und vor allem viel mehr in die Musik quasi eintauchen kann, also viel mehr diese emotional erlebe. Das ist mit Schallplatte gegen CD auch schon so gewesen. Es hat sehr lange gedauert, bis ich mit der digitalen Wiedergabe wirklich versöhnt war.

Für mich bleibt es also dabei: Am Markt gibt es alles. Man kann suchen und finden, wohin es einen zieht und was einen anspricht. Das gilt grundsätzlich für alles.

Gruß
Franz
Bild
Dipolaktiv
Aktiver Hörer
Beiträge: 571
Registriert: 24.11.2019, 11:48
Wohnort: Zürich

Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo Franz

es ist nicht so so sehr die Frage Multi-Bit oder Sigma-Delta.
Die prinzipiellen Probleme sind besonders dem nicht vorhandenen oder schwach vorhandenem Rekonstruktionsfilter geschuldet.

Und ja, dies äussert sich äusserst deutlich in den Messungen und ist auch deutlich hörbar.

Wenns gefällt ist ja gut für den HiFi-Hörer wie immer es sich auch misst.
Eine andere Liga sind professionelle Studios (Recording). Da wird Neutralität der ADC und DAC verlangt.

Gruss

Peter
Bild
Franz
inaktiv
Beiträge: 4422
Registriert: 24.12.2007, 17:07
Wohnort: 53340 Meckenheim

Beitrag von Franz »

Dipolaktiv hat geschrieben: 29.09.2021, 10:06 Hallo Franz

es ist nicht so so sehr die Frage Multi-Bit oder Sigma-Delta.
Die prinzipiellen Probleme sind besonders dem nicht vorhandenen oder schwach vorhandenem Rekonstruktionsfilter geschuldet.

Hallo Peter,

es gibt ja auch NOS-DACs mit Rekonstruktionsfiltern. Meiner hat so etwas z.B. Hab die dazugehörige Technik in einem vorigen Beitrag schon verlinkt, kann man mal nachschauen.
Ich sehe eigentlich nur ein einziges "Problem" bzw Frage: Möchte ich damit Musik hören oder nicht? Man kann und sollte aber durchaus unterschiedlich konstruierte Wandler mal ausgiebig an seiner eigenen Anlage verglichen haben. Mir jedenfalls genügt ein Studium von Messdaten nicht zu der Beantwortung der Frage, ob ich damit Musik hören möchte. Ich möchte mit Gerätschaften nur Musik hören, dazu sind sie da. Dazu muß ich sie ausgiebig gehört haben. Ich kann also auch ganz frei von technischen Sachverstand für mich bewerten, ob etwas meinen Ansprüchen an eine Musikwiedergabe entspricht bzw. nahe kommt oder nicht.

Gruß
Franz
Bild
Antworten