Nicht geschirmte, symmetrische Kabel

lustigerlurch
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Beitrag von lustigerlurch »

SolidCore hat geschrieben:Es gibt ein Koaxkabel, welches die Seele mit kleinen Stützen immer mittig hält, außenrum ist Luft. Die Bezeichnung fällt mir grade nicht ein.
Hallo Stephan,

meinst die Bauart wie z. B. beim Aircom Plus?

Gruß, Christoph
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Das Aircom fiel mir auch ein, ebenso das CT-125 Low Loss Satellite Cable, welches es mit entsprechender Variation der Bezeichnung in verschiedeen Varianten (Querschnitten) gibt. Ich habe Meterabschnitte zu Kabeln aller Anwendungen versucht, das Aircom hat in keiner überzeugt. CT-100 gibt ein brauchbares Digitalkabel und bei den größeren Querschnitten fand ich die Anwendung als Netzkabel noch sehr überzeugend oder gut, jedoch völlig unzulässig nach VDE und ein weggebogener Innenleiter, der seinen Isolator mechanisch nach außen in Richtung Schirm verlassen hatte, war dann doch grauslich, wenn man sich die Folgen ausmalt - ein 16A Leitungsschutzschalter wäre womöglich nicht ausgelöst worden.

Versuche, den Innenleiter herauszuziehen, haben mich mehrere schweißtreibende Abende gekostet, neu eingezogene Innenleiter sollten vom Kupferfolien- und Geflechtschirm perfekt geschützt werden, aber die klanglichen Ergebisse waren nicht ermunternd, auf der Basis dieser Kabelfamilie weiterzumachen (alles single-ended, RCA/Cinch). Für mich eine Sackgasse.
Grüße Hans-Martin
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Kabelfreunde,

danke für die vielen Reaktionen und für Eure Tipps, das sollten wir alles in Ruhe diskutieren. Nur Deinen Tipp, lieber Uli, muss ich vorerst zurückweisen. :cry: Aber an sonsten freue mich da echt über jeden Beitrag, denn das, was jetzt kommt, braucht auch ein wenig Mut, um es im Forum zu veröffentlichen. :oops:

Ich habe eben halt bereits weitergebaut und getestet. Ich will Euch von zwei Kabeln berichten. Beide beinhalten das oben genannte Big Black 5 Solid Core und besitzen unterschiedliche Schirme. Zunächst das

5er Big Black Solid Core mit engem Schirm (Schirm-Durchmesser ca. 1,5 cm)
  • Aderleiter: Alpha Wire 2856/1 20AWG
  • Leiterquerschnitt je Ader: 0,52 mm²
  • Leitermaterial: Kupfer, solid core, silberplattiniert
  • Isolator: PTFE (Teflon)
  • Anzahl der Leiter für Hot (+, Pin 2) und Return (-, Pin 3) jeweils: 2
  • Anzahl der Leiter für die Signalmasse (Pin 1): 1
Das ist das eigentliche Kabel. Herstellung wie immer: Werden zwei Leiter pro Pin verwendet, wird die doppelte Länge genommen, der Leiter halbiert, in der Mitte abisoliert und gekrächt / zusammengebogen. Diese Stelle wird an den Stecker angelötet. Dann werden die doppelten Leiter für jeden Pin verdrillt, also für + und – jeweils ein 2er Drill. Und schließlich werden die drei resultierenden Stränge zum Zopf verflochten.

Nun kommt noch die Schirmung. Dazu habe ich das Kabel mit ungebleichtem Baumwoll-Molton umwickelt und außen mit dünnem Teflon-Klebeband umklebt, so dass eine glatte Oberfläche entstanden ist. Über das so entstandene Schlangengebilde habe ich anschließend einen Kabelschlauch aus verzinntem Kupfergeflecht gezogen und diesen Schirm über Drähte an den Lötfahnen der XLR Steckergehäuse befestigt.

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Was außen am Kabel ist, wird nicht weiter stören – ihr seht noch etwas Teflon-Gewebeband, um alles zusammenzuhalten.

Dieses geschirmte Kabel habe ich – wie immer – mit weißen Rauschen eingespielt und gegen das nicht geschirmte Big Black 5 Solid Core getestet. Puhh was für eine Enttäuschung. Mit Schirmung ein müder Abklatsch von dem was an Transparenz und Detailreichtum mit dem nicht geschirmten Big Black möglich ist. Mit Schirmung werden vor allem die Höhen dünner und undifferenzierter.

Na, so schnell gebe ich nicht auf. Es braucht halt mehr Platz zwischen Aderleiter und Schirm habe ich mir gedacht. Und dass ich mit solchen Überlegungen nicht allein bin, hat mich wirklich sehr gefreut.
Octagon hat geschrieben: Eine Idee ist die Führung je eines Kabels innerhalb eines Rohres. Die Rohrenden sollten jeweils auch die Steckverbindungen abdecken und an die Gehäuse heranreichen.
Ja so einen ähnlichen Weg bin ich gegangen, lieber Thomas. Man kennt ja diese flexiblen Lüftungsrohre aus Alu, die sich wie eine zylindersymmetrische Ziehharmonika zusammenschieben und auseinanderziehen lassen. Immer noch ein wenig flexibel, aber starr genug, um ein Kabel darin zu zentrieren. Mit einem Innendurchmesser von 6,3cm und einem Außendurchmesser von ca. 7cm habe ich solche ein Aluflexrohr besorgt. Das Baumwoll-Material um das Kabel habe ich wieder entfernt und lediglich alle 25cm eine 5,5-6cm dicken Baumwoll-Wickel mit einer Breite von 2cm angebracht, wiederum mit Teflonband fixiert. Dadurch wird das geflochtene Kabel ziemlich gut mittig in dem Rohr gehalten. Die XLR-Steckergehäuse habe ich wieder leitend mit dem Schirm verbunden und an den Enden das Ganze provisorisch mit Alufolie abgeschlossen. So sieht es also nun aus mein jüngstes Kabel, das 5er Big Black Solid Core mit weitem Schirm (Schirm-Durchmesser ca. 7 cm):

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Hörbericht folgt.

Viele Grüße
Harald
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Harald,
da bin ich aber gespannt, wie die Geschichte weitergeht.
Mich würde interessieren, wie du den Kontakt mot dem Steckergehäuse hinbekommen hast.
Da Aluminiumoxid transparent ist und nicht leitfähig, zerstört Luftsauerstoff an der Oberfläche langfristig den Kontakt. Mit einer gut vequetschten Verbindung wird das noch gehen, aber der Übergang von Fläche auf die ziehharmonikaähnliche Faltung erscheint mir schwierig. Kurzfristig für den Hörvergleich noch gut, wird es langfristig fraglich.
In den Baumärkten gibt es selbstklebendes Aluminiumband von der Rolle, so breit wie Tesapack oder Teppichverlegeband, ein Aufkleber weist darauf hin, dass das Kabel nicht für elektrische Zwecke eingesetzt werden soll. Ich klebe es über abgemantelte Kuperlitze, dabei gibt es einen elektrischen Kontakt, der durch den Kleber rundum versiegelt ist. Man könnte auch Löcher stechen, blanke Litze durchziehen und quasi vernähen, dann mit Kleber beidseitig versiegeln. Oder das Aluflexrohr direkt über den XLR Stecker geschoben und an das Gehäuse des Gerätes schrauben, dabei vielleicht ein Stück von der Spirale peripher eingeschnitten, abgeknickt zur Quetsch-/Schraubstelle, dann auch im Stecker oder über ein herausgeführtes Kabelende.
Bei den Parasound-Endstufen hatte man eine Aluminiumplatte als Masseverbindung im Netzteil mit den Elkos verschraubt. Nach gewisser Zeit muss man alle Schrauben (mit Sprengringen) nachziehen, um die Leitfähigkeit wieder zu verbessern, sonst brummen die Endstufen und die Trafos. Das als Beispiel für Aluminium in der Audiotechnik.

Gelochte Wellpappekreise sind schneller erstellt als Baumwollringe, von 3 Trinkhalmabschnitten jeweils auf Distanz gehalten, die mit in voller Kabellänge durch die Scheiben und Abschnitte gezogenen Zwirnsfäden am Verrutschen gehindert werden. Mein Teflonschlauch von der Rolle ist gekrümmt, Trinkhalme sind gerade. Vor dem Verlöten Tischtennisbälle aufzufädeln wäre ebenfalls eine Option, aber Pappscheiben kann man einfach schlitzen und das fertige Kabel einlegen. (Permittivität Papier: 1,2-4, Baumwollmehl:3,7)

Diese Konstruktion zentriert nicht nur das Kabel am flexiblen Rohr, sie ermöglicht auch, das Kabel ohne Aluflexrohr vom Fußboden fernzuhalten, denn es ist nicht immer möglich, Kabel ausschließlich durch die Luft zu spannen. Gelingt dies geradlinig, klingt es erfahrungsgemäß am besten.
Kabelüberschüsse aufwickeln ist kontraproduktiv, bei LS-Kabeln ganz besonders, aber auch bei Netzkabeln hörbar schlechter, ich habe symmetrische Kabel diesbezüglich nicht untersucht, kenne es nur von Single-ended RCA/Cinch Kabeln. Aber bei den zuletzt beschriebenen Kabeln wird man nicht in Versuchung kommen, scharfe Biegungen sind kaum möglich.
Der Abstand zu Wand und Boden, wo Netzkabel liegen, sollte wenigstens 1 cm Luft betragen (lose Netzkabel kann man anheben, in der Wand (oder Decke des darunterliegenden Geschoss) verlegte Kabel zu Steckdosen, Leuchten und Schaltern "verbrummen" die Wand. Nichtabgeschirmte Audioleitungen müssen dazu Abstand halten.

Auch wenn EMV-Lehrbücher empfehlen, Schirmungen beidseitig auf Erde zu legen, habe ich meine Meinung noch nicht geändert, den Schirm einseitig in Richtung Vorverstärker auf Masse zu legen. Ich habe überwiegend Quellgeräte mit schutzisoliertem Netztrafo oder Trenntrafos eingesetzt. Im Studio (oder bei Haralds M15 und Dolby-Geräten) ist Schutzerdung angesagt und man sollte davon ausgehen, dass nur minimale Potentialunterschiede sich über die Kabel ausgleichen.
Ein endloses Thema mit enormer Vielfalt und nicht immer allgemeiner Übertragbarkeit der Ergebnisse.
Grüße Hans-Martin
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo zusammen,

nun also zum Hörvergleich der beiden Big Black 5 Solid Core einmal nicht geschirmt und einmal mit dem weiten Schirm („das Rohr“). Da sich das nicht geschirmte Kabel mittlerweile als mein Standard-Lautsprecherkabel sehr bewährt hat, habe ich diesen Test zwischen Vorverstärker (G-HA1) und Lautsprechern (AGM 5.4) durchgeführt. Quelle war wieder meine Tonbandmaschine M15A.

Also was hätte ich jetzt erwartet? Eigentlich, dass es keinen Unterschied macht. Mit einem Abstand von durchschnittlich gut 3cm von den Aderleitern dürfte der Schirm keinen Einfluss mehr auf den Energiefluss haben. Die Baumwolle dürfte nicht viel ausmachen und das bisschen Teflon-Gewebeband, sollte den Klang auch nicht beeinflussen.

Um den Baumwoll-Effekt besser zu verstehen, habe ich mir das Kabel mit den Baumwoll-Distanzhaltern zunächst ohne den Schirm angehört. Da ist lediglich ein Hauch an Klangeinbuße gegenüber dem Kabel ohne Baumwolle. Dieser kleine Unterschied kann auch darin bestehen, dass das Vergleichskabel noch besser eingespielt ist.

Ergebnis: Nun also der Vergleich mit dem weit geschirmten Kabel. Und da wird es wieder schlechter. Vor allem geht die Körperhaftigkeit zurück, das Klangbild wird etwas analytischer und ich bilde mir ein, dass die Höhen einen Tick weniger differenziert sind als beim nicht geschirmten Kabel. Es ist nicht wirklich schlecht – bitte versteht es nicht falsch. Aber nach einer Weile mit dem geschirmten Kabel bekomme ich wieder Lust auf das nicht geschirmte. Und wenn ich das nicht geschirmte verwende, möchte ich eigentlich nichts mehr ändern. Als Lautsprecherkabel bei mir eignet sich „das Rohr“ nicht.


Signalmasseführung und die Verbindungsoptionen

Aber die Verbindung zwischen Vorverstärker und Lautsprecher ist ja nur eine von vielen möglichen. Vielleicht bewährt sich das geschirmte Kabel ja an anderer Stelle in der Kette? Der Charme dieser selbstgemachten Kabel besteht ja auch darin, dass man bei der Masseführung variieren kann. Dazu habe ich mir eine kleine Systematik überlegt und die will ich Euch vorstellen, bevor es mit den Tests weitergeht.

Lasst uns bei symmetrischen Verbindungen bleiben und diese mit und ohne Schirm betrachten. Klassischerweise gibt es unterschiedliche fertig konfektionierte Kabel und damit mehrere „Familien“ von Varianten. Für jede Familie habe ich mir eine kleine Farbkodierung überlegt, damit ich die Kabel schnell unterschieden kann, wenn ich mal mehrere habe. Dazu verwende ich farbige Spannhülsen an den Steckern. By the way: ich verwende gelbe Markierungsringe für den linken und rote für den rechten Kanal. Das sieht farblich in der Kombination manchmal schräg aus, aber es macht die Unterscheidung der verschiedenen Varianten leicht. Und für jede Steckerverbindung gilt: grundsätzlich die Signalmasse auf Pin 1 aufgelegt, es sei denn es ist anders beschrieben.


1. Kabelfamilie: Zweiadriges Kabel mit Schirmung („Standard-Mikrofonkabel“)
Beispiel: Sommer Cable SC-Symbiotic 2
Verwendung des Schirms als Signalmasse (Pin1 bei XLR)
Farbkodierung „unfarbig“,
  • schwarz (Standard): Keine Verbindung zwischen Signalmasse und Steckergehäuse
  • grau: keine Verbindung des Pin 1 im Stecker, Verbindung der Signalmasse mit Steckergehäuse, ggf. unter Verwendung des EMC-Steckers von Neutrik
  • weiß: Verbindung zwischen Signalmasse und Steckergehäuse
2. Kabelfamilie: nicht geschirmtes dreiadriges Kabel
Beispiel: Vovox Sonorus direct S
Verwendung des dritten Aderleiters als Signalmasse
Farbkodierung „blau – orange – violett“
  • blau: keine Verbindung zwischen Signalmasse und Steckergehäuse
  • braun: keine Verbindung des Pin 1 im Stecker, Verbindung der Signalmasse mit Steckergehäuse, ggf. unter Verwendung des EMC-Steckers von Neutrik
  • violett: Verbindung zwischen Masse und Steckergehäuse
3. Kabelfamilie: Dreiadriges Kabel mit Schirmung
Beispiel: Sommer Cable SC-Symbiotic 3
Verwendung der dritten Ader als Masse und separate Verwendung des Schirms
Farbkodierung: Ampelfarben
  • grün: Keine Verbindung zwischen Signalmasse und Steckergehäuse
  • gelb: keine Verbindung des Schirms mit dem Steckergehäuse
  • orange: keine Verbindung des Pin 1 im Stecker, Verbindung des Schirms mit Steckergehäuse, ggf. auch unter Verwendung des EMC-Steckers von Neutrik
  • rot: Verbindung zwischen Signalmasse und Steckergehäuse
Jetzt werdet Ihr vielleicht fragen, wozu das denn jetzt? Was sollen diese Farbspielereien? Der Hintergrund ist vielschichtig. Wir haben mehrere Threads in denen das Thema Schirmung, Signalmasse, Erdung, Masseführung innerhalb der Kette diskutiert wird. Beispiele: Schutzerde und Signalmasse, HF-Noise - ein Problem für jede Audioanlage. Aus solchen Diskussionen heraus habe ich beschlossen, ein paar Tests zu machen und dafür habe ich mir dieses Farbschema zurecht gelegt. Jedenfalls finde ich es hilfreich, wenn man schon anfängt, selbst etwas zu bauen, die verschiedensten Möglichkeiten ins Kalkül zu ziehen.

Vielleicht ein paar Beispiele zur Anwendung des Farbschemas. Die bisher hier gezeigten nicht geschirmten Kabel hatten blaue Stecker. Also Kabelfamilie 2 (nicht geschirmt, dreiadrig) und kein Kontakt der Signalmasse zum Steckergehäuse.

Auf dem Forumstreffen ...

Bild

... habe ich auch violette Stecker verwendet. Also ebenfalls nicht geschirmt, dreiadrig aber mit einer Verbindung zwischen Signalmasse und Steckergehäuse. Potentialausgleichströme zwischen den so verbundenen Gehäusen laufen dann zwar über die Signalmasse, werden aber nicht in das jeweilige Gehäuse transportiert, sondern laufen idealerweise über die Gehäuse und deren Schutzerde ab. Grundsätzlich verwende ich Geräte mit Schutzleiter, bei symmetrischen Verbindungen ist das i.a. auch gegeben.

Und als letztes Beispiel hatten wir Kabel mit grünen Steckern, nämlich die geschirmten. Also dreiadrig, wobei die Signalmasse auf Pin 1 aufgelegt wird. Und der Schirm kommt separat und wird auf die Gehäusemasse aufgelegt.

Nun steigen wieder all die Möglichkeiten, was man machen kann. Die Welt ist bunt und groß! Ich habe ganz konkrete Tests gemacht in meiner Kette, aber das bezieht sich sehr auf die spezifischen Gegebenheiten der Geräte, die ich miteinander verbinde, ob/wie diese ggf. ein grounding machen, die Stromversorgung etc. pp. Nichts, was sich leicht verallgemeinern lässt, aber ich werde berichten.

Viele Grüße
Harald
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Kabelfreunde,

nochmals ganz herzlichen Dank für die vielen Hinweise. Ich bin Euch noch ein paar Antworten / Kommentare schuldig.
SolidCore hat geschrieben:Die Grundidee, einen Geflechtschirm nur zu verwenden, wenn er räumlich und vom Dielektrikum weit ausserhalb der Signaladern liegt, ist grundsätzlich sehr gut. Schau mal bei audiophonics. Dort gibts reinen ungebleichten Baumwollschlauch, auch Dickwandig.
Für mich, lieber Stephan, war es erstaunlich festzustellen, dass das Material außerhalb der Signaladern einen solchen Einfluss haben kann. Mit Baumwollschlauch habe ich es zwar nicht versucht, aber eben mit dem locker verarbeiteten, ungebleichten Baumwoll-Molton. Und selbst das hat etwas verändert am Klang. Um allerdings dann auf einen Durchmesser von über 6 cm zu kommen mit dem Schirm, sehe ich keinen Alternative zu der Rohrkonstruktion, zumal ich diese eben im Inneren sehr luftig halten kann. Es braucht ja nur die Distanzhalter alle paar dm, damit das Kabel in der Mitte bleibt.



L_Hörer hat geschrieben:
nihil.sine.causa hat geschrieben: Potentialausgleichsströme, die auf dem Schirm dadurch fließen, gelangen nicht ins Innere und schützen die Aderleiter.
Ein bißchen gelangt leider doch in die Aderleiter, wenn Ströme über den Schirm fließen, und das auch noch frequenzabhängig. Stichwort Transferimpedanz, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Transferimpedanz.
nihil.sine.causa hat geschrieben: Andererseits haben meine Tests mit Schirmung nicht funktioniert.
Möglicherweise ist das ja der Grund dafür.
Stimmt, Heinz, bei hohen Frequenzen – typischerweise wohl oberhalb vom 100 kHz – wirkt der Schirm zunehmend schlechter. Aber hat das so großen Einfluss bei Analogverbindungen im Audiobereich?

Erste Tests mit Schirmung – das hatte ich nicht so genau beschrieben. Ich hatte eben die üblichen geschirmten Mikrofonkabel als Meterware mit zwei oder drei Innenleitern getestet. Und alle Versuche damit waren klanglich schlechter, als das Vovox Sonorus direct S XLR, das eben nicht geschirmt ist.



Hans-Martin hat geschrieben:Teflon ist besonders gut als Isolator, Luft ist unschlagbar, beides kombiniert gibt Gore-Tex. Aber auch Styropor enthält extrem viel Luft, kann aber Feuchtigkeit aufnehmen, dann kommt extrudierte Hartschaumplatte ins Spiel, Architekten bauen damit Modelle, bei meinem Haus umgibt es den Keller als wasserabweisende Perimeterdämmung, offenbar sind die Bläschen hinreichend geschlossen. Eine gewisse Festigkeit ist auch vorhanden. Und es gibt noch andere Materialien, aus denen man Luftschlösser bauen kann :cheers:
Luftschlösser oder armdicke Männerkabel, lieber Hans-Martin, ich komme langsam in einen Bereich, wo ich mich bisher nie gesehen habe. Dabei will ich nur ein möglichst gut klingendes Kabel haben.

Styropor wäre sicher gut zu verarbeiten. Aber wie steht es um seine Dielektrizitätszahl (wie ich sehe sagt man jetzt Permittivität dazu - oh je ich habe oben im Text von Dielektrizitätskonstante gesprochen)? Wenn ich das richtig sehe, liegt die bei lediglich (siehe hier nach Styropor suchen)? Das wäre dann ja eine echte Alternative zum Baumwoll-Gehampel. Einen solchen Zylinder könnte man in geeignete Scheiben schneinden, in der Mitte mit einem Loch versehen, das Kabel durchziehen und am Ende den Aluschlauch darüberziehen. Vielleicht wird dann das geschirmte Kabel auch klanglich wieder besser, weil es besser im Schirm zentriert ist.
Hans-Martin hat geschrieben:Wenn ein Kabel geschirmt wird, was spräche dagegen, einen außenliegenden Leiter mit großem Querschnitt (4qmm) parallel zu führen, um die Gehäuse zu verbinden, um in der Mitte den Schirm an einem Punkt anzuschließen, darin die Signalleiter geschützt.
[...]
Was man daraus noch alles an Experimenten ableiten kann...
Diese Vielfalt an Möglichkeiten hat mich ja gerade zu der Farbkodierung gebracht. Jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile. Theoretisch spricht vieles für die Variante grün mit einem weit entfernten großflächige und damit niederohmige Schirm. Es erübrigt sich eine weitere Funktionserde, die ihrerseits zusätzliche Masseschleifen erzeugen kann. Wenn einem das Steckergehäuse zu niederohmig angebunden ist, kann man weitere Verbindungspunkte zwischen dem Schirm und dem Gehäuse schaffen. Die Signalmasse sollte dabei über Pin 1 niederohmiger angebunden sein, so dass auch bei angeschlossenen Geräten mit grounding, Potentialausgleichsströme bevorzugt über den Schirm fließen.
Hans-Martin hat geschrieben:Mich würde interessieren, wie du den Kontakt mot dem Steckergehäuse hinbekommen hast.
Da Aluminiumoxid transparent ist und nicht leitfähig, zerstört Luftsauerstoff an der Oberfläche langfristig den Kontakt. Mit einer gut vequetschten Verbindung wird das noch gehen, aber der Übergang von Fläche auf die ziehharmonikaähnliche Faltung erscheint mir schwierig. Kurzfristig für den Hörvergleich noch gut, wird es langfristig fraglich.
Ich habe den Aluschlauch mit blankem Kupferdraht umwickelt und sichergestellt, dass alles gut leitend ist. Wie sich das langfristig darstellen wird, weiß ich noch nicht, dazu bin ich noch zu sehr in der Testphase.
Hans-Martin hat geschrieben:Gelochte Wellpappekreise sind schneller erstellt als Baumwollringe, von 3 Trinkhalmabschnitten jeweils auf Distanz gehalten, die mit in voller Kabellänge durch die Scheiben und Abschnitte gezogenen Zwirnsfäden am Verrutschen gehindert werden. Mein Teflonschlauch von der Rolle ist gekrümmt, Trinkhalme sind gerade. Vor dem Verlöten Tischtennisbälle aufzufädeln wäre ebenfalls eine Option, aber Pappscheiben kann man einfach schlitzen und das fertige Kabel einlegen. (Permittivität Papier: 1,2-4, Baumwollmehl:3,7)
Gelochte, geschlitzte Pappscheiben – noch eine gute Idee. Wenn die Permittivität von Styropor wirklich nur bei 1,03 liegt, würde ich allerdings eher zu Styropor tendieren. Die Styroporzylinder lassen sich ja mit ein wenig Teflon-Klebeband am Kabel fixieren. Oder mit Deinem Teflon-Schlauch ließen sich Konten in das Kabelgeflecht einbringen, so dass die Styroporzylinder nicht verrutschen können.
Hans-Martin hat geschrieben:Auch wenn EMV-Lehrbücher empfehlen, Schirmungen beidseitig auf Erde zu legen, habe ich meine Meinung noch nicht geändert, den Schirm einseitig in Richtung Vorverstärker auf Masse zu legen. Ich habe überwiegend Quellgeräte mit schutzisoliertem Netztrafo oder Trenntrafos eingesetzt. Im Studio (oder bei Haralds M15 und Dolby-Geräten) ist Schutzerdung angesagt und man sollte davon ausgehen, dass nur minimale Potentialunterschiede sich über die Kabel ausgleichen.
Richtig, alles schutzgeerdet und eben symmetrich verbunden. Ein- und Ausgänge der M15A sind trafosymmetriert. Und doch klingen die verschiedenen Varianten der Masseführung ganz unterschiedlich – ich werde noch berichten. Das schöne an der Farbkodierung ist, dass man Quelle und Senke entsprechend unterscheiden kann. Also z.B. blau → violett oder grün → rot, je nach Bauart von Quell- und Zielgerät. Es bleibt spannend. :D

Viele Grüße
Harald
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

nihil.sine.causa hat geschrieben:Gelochte, geschlitzte Pappscheiben – noch eine gute Idee. Wenn die Permittivität von Styropor wirklich nur bei 1,03 liegt, würde ich allerdings eher zu Styropor tendieren. Die Styroporzylinder lassen sich ja mit ein wenig Teflon-Klebeband am Kabel fixieren. Oder mit Deinem Teflon-Schlauch ließen sich Konten in das Kabelgeflecht einbringen, so dass die Styroporzylinder nicht verrutschen können.
Hallo Harald,
ich habe keinen Zweifel an der Permittivität 1,03 für Styropor (Polystyrol-Schaum), bedenkt man die eingeschlossene Luftmenge. Und wo das Material eine so geringe Kapazität bei gleichen Abmessungen ermöglicht, wird auch die dielektrische Absorption entsprechend gering ausfallen, sie ist schon bei Luft und Teflon als nicht messbar eingestuft.
Es gibt auch Polyethylen- geschäumte Schläuche, die man über Heizungsrohre als Isolation schiebt, manche sind längs geschlitzt, meist mausgrau, Preis um 0,50€/m im Baumarkt. Sehr handlich zudem, ich habe meine Netzkabel in sowas gebettet, um sie vom Boden wegzubekommen. Polyethylen hat hier sehr ähnliche Werte wie Polystyrol, ist aber als Schaum flexibler und eingnet sich vielleicht auch eher als Einlage für dein Aluminiumflexrohr. Es kann auch ungeschirmte Leitungen von anderer Materie fernhalten und unschöne Nebeneffekte reduzieren.
Grüße Hans-Martin
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Kawumm
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Beitrag von Kawumm »

Luft-Verpackungsfolie ist sehr flexibel
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SolidCore
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Beitrag von SolidCore »

Hallo Harald

Du bist auf dem richtigem Weg, versuchst aber es technisch anzugehen, ohne das Wissen darum.
Du schreibst, das geschirmte Kabel klingt bedeckter, im Vergleich zum ungeschirmten. Ist richtig.
Und dein Baumwollmantel verändert auch den Klang. Auch richtig. Ich versuchs mal zu Erklären, ohne Technik.
Dein ungeschirmtes war die Referenz, nennen wir es gleichschenkliges Dreieck.
Mit dem Verändern von 2 Paramtern kippst und verbiegst du das Dreieck. Du musst also die dritte Seite wieder
daran anpassen. In deinem Fall nimm AWG22, eventuell noch AWG24 (glaub ist schon zu dünn) des gleichen Drahtes, mit gleicher Flechtung. Damit kompensierst du die Höhendämpfung.
Was Hans-Martin beschrieb, wollte ich ebenfalls vorschlagen. Das Schirmgeflecht nur einseitig auflegen.

Gruss
Stephan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Stephan,
Kabel eine Stufe dünner, und der Klang wird brillanter und feiner aufgelöst -
Kabel eine Stufe dünner, und der Klang wird schlanker und substanzloser, was weniger lebendig wirkt.
Man müsste es schaffen, die gewünschte Klangrichtung einzuschlagen ohne sich negative Nebenwirkungen einzuhandeln.
Grüße Hans-Martin
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo,

jaaaaa, aber das ganze andere Geraffel, was der Musikwiedergabe dient, redet da ja auch noch mit. Und damit passt in der Praxis vielleicht, was in der Theorie gar nicht geht.

Bleibt also nur das eigene Hören und Urteilen. Ich glaube, die Erkenntnis ist so neu nicht. ;)

Gruß

Jochen
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Jochen,
bei ansonsten gleichen Rahmenbedingungen gibt es erkennbare Tendenzen, wenn man die Parameter variiert.
Was spricht dagegen, Kabel als Feintuningmaßnahme zu nehmen? In der Kette sind sie unverzichtbare Bindeglieder, auch wenn Wahl des Hörplatzes, Raumakustik, LS und natürlich die Aufnahme und das Abspielgerät eine größere Auswirkung haben.
Grüße Hans-Martin
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hans-Martin hat geschrieben:Hallo Jochen,
bei ansonsten gleichen Rahmenbedingungen gibt es erkennbare Tendenzen, wenn man die Parameter variiert.
Gewiss doch, nur die Rahmenbedingungen sind nicht überall die gleichen.

Was spricht dagegen, Kabel als Feintuningmaßnahme zu nehmen?
Nichts, mache ich ja auch. Aber letztlich eben mittels Gehör, nicht der reinen Theorie nach. Deswegen "musste" der Stephan mir auch schon unterschiedlich abgestimmte Kabel basteln. ;)

Gruß

Jochen
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SolidCore
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Beitrag von SolidCore »

Hallo nochmal
Ich such ja nur Lösungen. Natürlich klingt AWG22 dünner, oder heller. Damit die Dämpfung vom Schirmen wieder ausgewogen ist. Manche hochpreisige Kabelanbieter verwenden sogar nur AWG28, und biegen die Ausgewogenheit durch den Aufbau wieder grade. Gestern habe ich mir das Topkabel von Cardas angesehen, dort sind auch nur AWG25,5 verbaut.
Ich bleibe dabei. Die Klangabstimmung des Kabels wird bestimmt vom Draht, dem Dielektrikum und dem mechanischem Aufbau wie Flechtung, Schirmung, Abstände.
Ändert man einen Parameter davon, muss man den Rest anpassen, oder das Kabel klingt einfach anders.
Genau das tat Harald ja bereits, mit verschiedenen Drähten, Anordnung. Nun kommt der Schirm dazu und es passt nicht mehr.

Gruss
Stephan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Melomane hat geschrieben:
Was spricht dagegen, Kabel als Feintuningmaßnahme zu nehmen?
Nichts, mache ich ja auch. Aber letztlich eben mittels Gehör, nicht der reinen Theorie nach. Deswegen "musste" der Stephan mir auch schon unterschiedlich abgestimmte Kabel basteln. ;)
Hallo Jochen,
da Stephan nicht die Bedingungen wie bei dir hat, kann er dir kein Kabel konstruieren, welches bei dir so klingt, wie er es bei sich gehört hat?
Höchstvermutlich richtig.
Aber wenn du eines seiner Kabel hast und Wünsche äußerst, kann es ihm gelingen, aus Kenntnis dessen ein weiteres Kabel zu bauen, welches deinen geäußerten Bedürfnissen näher kommt.
Das ist aber nur möglich, weil es erkennbare Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung gibt, die Stephan als Kabeldesigner erkannt, gelernt und zur Anwendung gebracht hat.
Auch Harald ist systematisch und schrittweise an die Erforschung herangegangen.
Wenn man zuviele Parameter auf einmal ändert, weiß man hinterher nicht, auf welchen welche Klangänderung zurückzuführen ist.
Wer auf seine Ohren vertraut und eine ordentliche Löststelle hinbekommt, kann dieses Feld sich selbst erschließen, nur eine Frage von Zeit und Material.
Grüße Hans-Martin
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