Fortepianus hat geschrieben:Liebe Linn- und G-Linn-Fans,
danke für Eure netten Reaktionen. Das macht ja richtig Spaß - Ihr glaubt kaum, welche Flut von PNs und Mails mich zum Thema erreicht haben, u. a. mit allerlei Mutmaßungen, woran's denn liegen möge. Und die erste Blindbestellung kam auch schon
.
Ich möchte vielleicht noch erwähnen, dass es mir nicht darum geht, wer da gewinnt. Die Linn und erst recht die G-Linn machen auch jetzt schon schön Musik. Aber wir wollen uns doch alle in unserem Hobby und dem Verständnis der dahinter stehenden Technik weiterentwickeln, soweit sitzen wir doch alle im gleichen Boot. Deshalb betrachte ich das vielmehr als einen Akt der Befruchtung, wenn verdiente Foristen sagen, das geht noch besser und wir haben das alle so gehört. Bisher dachte ich eben, ein Linn ist das Maß der Dinge im Digitalbereich, und seine Schwächen im Analogteil bügle ich gerne aus. Das ist doch wie bei Lautsprechern auch: Hast du mal bessere gehört als du selbst hast, gibst du solange keine Ruhe, bis deine eigenen mindestens so gut sind. Aber du musst erst mal wissen, dass es überhaupt besser geht.
Bernd Peter hat geschrieben:Und ich dachte, so ein DAC ist eine relativ dumme Zustandsmaschine...
Ja, so ist es. Wie so ein DA-Wandler prinzipiell funktioniert, habe ich
hier schon einmal versucht grob zu erklären. Schauen wir uns das Ende der Zustandsmaschine an, den Ausgang. Da kommt Strom raus, der den digitalen Zahlenwert repräsentiert. Diesen Strom muss man irgendwie in eine Spannung umwandeln, um das Signal sinnvoll weiterverarbeiten zu können (Filter, Ausgangsstufe). Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Für diese sog. I/U-(deutsch) oder I/V-(englisch)Wandlung gibt's diverse Möglichkeiten. Ich will mal die vier gängigsten rausgreifen:
1. Die Standardmethode, die meist verwendet wird, ist die sog. Stromsumpfschaltung eines OPs. +Eingang an Masse, R vom Ausgang zum -Eingang und dort auch den Strom reinschicken. Die Ausgangsspannung ist dann -R*I. Hat den enormen Charme, dass der DAC-Ausgang immer Null Volt am Stromausgang sieht, was er sehr gerne hat für beste Performance. All die tollen Messwerte der gängigen Spitzenwandler sind mit solchen Schaltungen an den Ausgängen und nachfolgenden Tiefpass-Filtern (auch mit OPs) ermittelt. Hier ein Bild aus dem Datenblatt des BurrBrown PCM1794A:
Man erkennt gut die vier Stromausgänge aus dem DAC, die an die vier OPs in Stromsumpfschaltung gehen.
2. Ein einfacher Widerstand. Das ohmsche Gesetz sorgt dafür, dass an ihm eine Spannung abfällt, wenn man Strom durchschickt. Das ist eine der beiden passiven I/V-Lösungen.
3. Eine diskrete Lösung. Ganz hervorragende Lösungen gibt's von Altmeister Nelson Pass. Beispielhaft für die Flut an Schaltungsvorschlägen, die es zum Thema gibt, will ich die hier zeigen:
Man nehme zwei komplementäre gepaarte FETs und schalte die in sogenannter Gateschaltung zusammen. Hat nur die Verstärkung 1, aber transformiert einen hohen Widerstand am Drain (R3, R4) mit der Steilheit des FETs nach vorne an den Source-Anschluss, an dem der DAC-Ausgang hängt (IN).
4. Ein Transformator wird mit dem Strom des DAC gefüttert und transformiert den Widerstand an der Sekundärseite mit dem Quadrat des Übersetzungsverhältnisses an die Primärseite zum DAC. Das ist die zweite passive Methode. Zum Verständnis ein Bild von der Homepage der Firma Sowter, die solche Übertrager herstellen:
Schauen wir uns mal die Vor- und Nachteile dieser Methoden an.
ad 1. Für fast alle auf dem Markt befindlichen Spitzenwandler wird im hinteren Teil des Datenblattes eine solche Schaltung abgedruckt, mit der auch die Messwerte ermittelt wurden. Der Entwickler eines DACs ist in der Regel dankbar dafür und übernimmt diese Schaltung 1:1 in sein Layout. Aus klanglicher Sicht ist das aber eigentlich nicht besonders gut. Warum denn, es machen doch fast alle so? Weil ein OP an dieser Stelle so betrieben wird, wie es ihm gar nicht schmeckt. Jeder, der schon mal selbst Schaltungen zusammengelötet hat, weiß, dass es grauenvoll klingt, wenn ein OP schwingt. Warum eigentlich? Die gleichzeitig produzierte HF müsste sich ja eigentlich perfekt überlagern mit dem Nutzsignal, wenn der OP schnell genug ist und solange die Aussteuerungsgrenzen nicht erreicht sind. Irgendwo wird die HF dann wieder ausgefiltert, sei es am Endverstärker oder spätestens am Lautsprecher, dessen Mechanik der hohen Frequenz nicht folgen kann und so nur noch das Nutzsignal wiedergibt. Aber der OP selbst degradiert wie auch eine diskrete Elektronik in seiner Performance, wenn er Hochfrequentes (HF) und Niederfrequentes (NF) gleichzeitig übertragen soll. Die Probleme hängen im Wesentlichen mit der starken notwendigen Gegenkopplung zusammen. Nelson Pass hat dazu in der Vergangenheit ein paar prominente Versuche gemacht. Er wollte die Übernahmeverzerrungen von ClassB-Endstufen verkleinern, indem er ein hochfrequentes Rauschsignal dem Nutzsignal überlagerte (eine Art analoges Dithering). Er berichtete exzellente Messwerte, aber verheerend schlechten Klang, weshalb er sich dann doch wieder auf seine ClassA-Endstufentechnik verlegte. Nun, und genau so ist es hier am DAC-Ausgang. Das Nutzsignal ist mit einer Menge HF verseucht, es kommt ja gequantelt in Treppenstüfchen raus. Den I/V-Wandler-OP durchläuft beides, das niederfrequente Nutzsignal und die Quantisierungs-HF. Hinzu kommt, dass eine Stromquelle idealerweise einen unendlich hohen Innenwiderstand hat. Und eine hohe Quellimpedanz mag ein OP schon gar nicht. Fazit: An dieser Stelle wird ein OP gequält wie sonst eigentlich nirgends in der Audiotechnik, und das ist der Grund, warum dies auch die klangsensibelste Stelle ist, wenn man Versuche mit verschiedenen OPs macht. Kein Wunder, dass sich die besten OPs am Markt wie OPA627 oder LME49710 hier am besten schlagen. Noch besser ist es aber, hier gar keinen OP zu verwenden. Und nun das Problem des Wolfson-DACs WM8741 im Linn: Er hat diese OPs für seine vier Stromausgänge schon integriert! Er lässt dem Entwickler also gar nicht die Wahl, einen anderen I/V-Weg einzuschlagen. Die meisten Entwickler sind dankbar dafür, dass sie sich die Bauteile für die I/V-Wandlung sparen können und das Signal gleich in das nachfolgende Filter schicken können.
ad 2. Ist absolut simpel, hat aber den Nachteil gegenüber 1., dass mit dem Strom der Ausgang des DACs eine sich ändernde Spannung sieht. Die darf, abhängig vom verwendeten Chip, nur kleine Modulationen haben. Also muss der Widerstand klein sein und liefert damit nur wenig Ausgangsspannung. Die muss man dann entsprechend hochverstärken und handelt sich dabei dann einen verschlechterten Signal-Rauschabstand ein.
ad 3. Die FET-Lösung von Pass ist deshalb recht unempfindlich gegen die HF-Degradierung, weil sie keinerlei über-alles-Gegenkopplung hat. Nachteil: Die FETs müssen aufwändig selektiert werden, was mich jetzt nicht wirklich stören würde. Aber ein wirklicher Nachteil ist, dass die Ausgangsspannung einen hohen Gleichspannungsoffset hat, weshalb man Koppel-Kondensatoren braucht. Da geht dann die Diskussion los, welchen C man nehmen soll. Der beste Kondensator im Signalweg ist nämlich kein Kondensator. Aber es gibt auch aufwändigere diskrete Lösungen, die den Offset wieder korrigieren. Eine solche diskrete Lösung ist nach meiner Einschätzung von den drei bisher genannten Varianten diejenige mit dem größten Potenzial, weshalb sie in sehr guten DA-Wandlern hin und wieder verwendet wird. In einem evtl. entscheidenden Punkt ist aber die nächste Lösung noch besser.
ad 4. Übertrager im Signalweg waren mir schon immer suspekt. Die Nichtlinearitäten durch Hystere und Verluste im Kern waren mir immer ein Dorn im Auge. Außerdem haben die meisten Übertrager einen eher bescheidenen Frequenz- und Phasengang. Andererseits gibt es kaum eine Stelle in der Audiotechnik, wo ein Übertrager sinnvoller wäre als hier. Nehmen wir mal an, wir hätten einen Übertrager, der so gut ist, dass man die gerade aufgeführten Nachteile vergessen kann. Dann könnte er die Aufgabe der I/V-Wandlung nahezu ideal erfüllen: Bei passend gewähltem Übersetzungsverhältnis liefert er an der Sekundärseite eine ordentliche Ausgangsspannung, dabei aber einen sehr kleinen Widerstand an der Primärseite für den DAC, was wünschenswert ist. Alles ganz nett, aber jetzt kommt der entscheidende Punkt: Man kann bei geeignetem Schaltungsdesign die digitale Welt von der analogen komplett trennen, keine gemeinsame Masse, kein Übersprechen all der digitalen Störsinale in die analoge Welt - die HF lässt er prinzipbedingt nicht durch. Das ist eine ideale Bremse für den "Digital noise floor", lieber Herbert. Und damit sind wir zugleich auch beim dritten Vorteil - er ist ganz nebenbei gleich noch das Antialiasing-Filter für die Rekonstruktion des Analogsignals, ohne jedes elektronische Filter.
Vieles spricht also für einen Übertrager, aber sein Einsatz hängt natürlich davon ab, ob es Übertrager mit den hier geforderten Eigenschaften, also Linearität und Frequenzgang, überhaupt gibt.
Bevor ich aber mit irgendeiner anderen I/V-Wandlung experimentieren konnte, brauchte ich neue DACs im Linn - die WM8741 bringen ja wie gesagt die I/V-Wandlung schon mit. Und bei der Implementierung neuer DACs in den Akurate lauern Hürden, die ich nächstes Mal erzählen will.
Quelle:
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 059#p54059