Überblick aktuelle Class-D-Endstufen

Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Sebabe hat geschrieben: 24.10.2022, 22:53Woran liegt es, dass man in den Class D Endstufen deutlich weniger große Elkes sieht als in den Class A oder AB?.
Liegt das einfach an der höheren Effizienz?
Hallo Sebastian,
wohl eher an ihrer hochfrequenten Taktung und der entsprechend schnellen Gegenkopplung, damit wird eine hohe PSSR (PowerSupplyRejectionRatio) erzeugt.
Die Frage verlagert sich auf die Elkogröße des Netzteils. Wenn dieses als Schaltnetzteil aber nahe 100kHz (also weit über dem Audiobereich) getaktet ist, ebenfalls mit Gegenkopplung, kann auch dieses durch Regelung weitgehend stabil gehalten werden, selbst mit vergleichsweise kleinen Kondensatoren, die primär per Brückengleichrichter aus dem Lichtnetz mit nur 100Hz geladen werden.
Das hochgetaktete Schaltnetzteil macht den großen Unterschied.
Grüße
Hans-Martin
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo Hans- Martin, oh je - mir fehlen hier Grundkenntnisse um deine Ausführungen zu verstehen.

Den Zusammenhang mit der schnellen Taktung verstehe ich nicht.
Meine wahrscheinlich falsche Vorstellung bisher: Ein großer Elko (oder viele kleine) war bisher dafür da, die Spitzen des Strombedarfs abzufangen, wenn also mehr Strom gefordert wird als das Netzteil zu diesem Zeitpunkt liefern kann. So eine Art Energiepuffer.
Mein Verdacht war nun, dass so ein Ringkerntrafo zwar sehr sauberen Gleichstrom liefert, aber auch eine hohe Impedanz hat und daher zu Träge ist, um schnell mehr Strom liefern zu können.
Das Schaltnetzteil hat dieses Problem nicht, weil er sich quasi direkt aus dem Lichtnetz bedient. Daher ist es schneller und flexibler.
Ganz falsch?

VG
Sebastian
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SolidCore
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Class-D

Beitrag von SolidCore »

Hallo Sebastian

Das wäre die eine Aufgabe von Kondis in Analognetzteilen. Impulse puffern.
Die Hauptaufgabe ist eine andere. Ein normaler Gleichrichter hinterm Trafo
erzeugt eine Sägezahnspannung, man könnte auch Ripple sagen, die Kondis dahinter glätten diese.
Deren Größe ist Stromabhängig zu bestimmen.

Ein Problem sehe ich auch im Hypex Netzteil. So gibt es auch dafür einen kompatiblen Ersatz:
https://micro-audio.com/store/
Da gibts auch eine zusätzliche Kondensatorplatine, zum erhöhen der verbauten Größe.
Da ich dies alles nicht selbst hier ausprobiert habe, kann ich jedoch nur den Tip geben, ohne Gewähr.

Hinzu, das Hypex grade neue Module und ebenso ein neues Netzteil herausbringt, nach ihren Angaben
doppelt so gut wie die Vorgänger.
https://www.hypex.nl/


Gruß
Stephan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Sebabe hat geschrieben: 25.10.2022, 00:12Den Zusammenhang mit der schnellen Taktung verstehe ich nicht.
Meine wahrscheinlich falsche Vorstellung bisher: Ein großer Elko (oder viele kleine) war bisher dafür da, die Spitzen des Strombedarfs abzufangen, wenn also mehr Strom gefordert wird als das Netzteil zu diesem Zeitpunkt liefern kann. So eine Art Energiepuffer.
Hallo Sebastian,
die Netzspannung "pendelt" zwischen positivem und negativem Scheitelwert. Die Spannungs-/Strom-Änderung erlauft den Einsatz von Transformatoren, die ein festes Übersetzungs-/Windungszahl-Verhältnis haben. Das System ist starr.
Mein Verdacht war nun, dass so ein Ringkerntrafo zwar sehr sauberen Gleichstrom liefert, aber auch eine hohe Impedanz hat und daher zu Träge ist, um schnell mehr Strom liefern zu können.
Er liefert Wechselstrom (mit der Frequenz wie am Eingang), der erst noch gleichgerichtet werden muss. Die Gleichrichter schalten, sobald die Spannung vom Trafo die noch gespeicherte Spannung am Siebelko übersteigt. Sie sperren, sobald der Elko etwa den Scheitelwert der Netztrafo-Ausgangsspannung erreicht hat. Dazwischen liegt immer noch die Vorwärtsspannung der Gleichrichterstrecken (zwischen zweimal 0,5-0,7V). Die Ladezeiten sind typisch bei 1/10 der Halbwellenlänge, danach steht nur die aufgenommene Ladung des Elkos zur Versorgung der Schaltung zur Verfügung, welche den Elko stetig entlädt. Bis der nächste Ladepuls vom Trafo den Elko wieder auflädt. Ein fetter Elko mit hoher Kapazität hilft hier, die Spannung nicht zu sehr abstürzen zu lassen. Die Betriebsspannung ist also nicht stabil, weshalb man Spannungsregler nachschaltet.
[/quote]Das Schaltnetzteil hat dieses Problem nicht, weil er sich quasi direkt aus dem Lichtnetz bedient. Daher ist es schneller und flexibler.
Ganz falsch?[/quote]
Auch hier ist ein zentraler Elko von derselben Problematik betroffen, 100 Ladepulse /sec. Allerdings entnimmt das Schaltnetzteil schnell getaktet dem Elko Strom durch einen Transistor, hier folgt ein Trafo mit festem Übersetzungsverhältnis, aber der große Unterschied liegt in dem Regelkreis, der nach dem Trafo/Gleichrichter die Spannung stabil hält, indem der den Transistor so steuert, dass am Ende die Spannung am Elko stabil ist.
SNTs in Geräten erkennt man außen am großen angegebenen Spannungsbereich, z.B. 90-260V~, oder innen am besonders kleinen Trafo.
Mit 90V läuft das Netzteil ohne Umstellung automatisch auf die angegeben Ausgangsspannung, wie auch bei 260V.
Ich habe mal ein YoutubeVideo gesehen, wo jemand einen Fernseher mit einer 1,5V Batterie betrieben haben will, ich hielt das für ein Fake, aber prinzipiell kann das SNT noch bei recht kleinen Spannungen effektiv liefern. Allerdings sind die netzseitigen Sicherungen dann nicht mehr hinreichend, um bei hohen Spannungen den gebührenden Schutz zu gewährleisten.

Bei den ungeregelten Analognetzteilen hat man nur die Elkos, die man so dimensioniert, dass hinreichend geringe Spannungsdifferenz zwischen aufgeladen und teilentladen (unmittelbar vor dem nächsten Ladepuls). Diese Spannungsdifferenz nennt man Ripple. Er nimmt durch Alterung der Elkos im Laufe der Jahre zu. Dann muss man sie tauschen, z.B., wenn der Ripple bei 50W Ausgangsleistung 100mV übersteigt. Dann wird der Klang matschig. Auch wenn die gemessene Kapazität des Elkos noch dem Neuzustand entspricht, aber weniger Elektrolyt (das inzwischen ausgegast ist) hat einen höheren Innenwiderstand, der beim Be-/EntLaden hinderlich ist.
Grüße
Hans- Martin
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo Hans-Martin, vielen Dank!
Ich wollte das schon immer mal alles verstehen – ich denke ich habe das mit deiner Hilfe und etwas Sekundärliteratur nun endlich mal in Angriff genommen. Ständig lese ich hier was von Netzteilen, ohne genau zu verstehen um was es geht.
Ganz am Schluss, bei der größe der nötigen Elkos auf der Primärseite hänge ich aber nich.
Lass mich kurz rekapitulieren:

Linearnetzteil:
1) Trafo = Spannungstransformation / festes Verhältnis
2) Gleichrichter (sekundärseitig) wandeln Sinus aus positiver und negativer Halbwelle in „positive Halbwellen“ > Modulation dann
2x50Hz ? 100Hz. Alle 10ms beginnt eine neue Halbwelle.

(Wie du sagst, die Gleichrichter schalten nur in der Zeitperiode, in dem die Spannung der Sekundärseite die Spannung am Kondensator
übersteigt, bis zum Scheitelpunkt der Sekundärspannung selbst. Durch das Schalten und Sperren und den Ausgleich der Spannung am
Kondensator entstehen hier kurze Stromspitzen.)

3) Siebkondensatoren glätten nun diese Welligkeit.
4) Spannungsregler – hier wird der entstandene Sägezahn in der Spannung reduziert.

Warum fetter Elko? Er muss den Strom konstant liefern können, den ihm die nachfolgende Schaltung innerhalb von eine Ladezyklus abverlangt.


Schaltnetzteil
1) Gleichrichter (primärseitig)
(In der Regel hier auch ein PFC um den Eingangsstrom sauber zu halten)
2) Siebkondensator zur Glättung (durch das periodische Nachladen entstehen Verzerrungen, die ins Netz gelangen)
3) Der Gleichspannung wird nun mit einem Schalttransistor zerhackt, um Wechselspannung mit sehr hoher Frequenz zu generieren.
Vorteil: Je höher die Frequenz, desto kleiner kann das Magnetkernvolumen gewählt werden, um die gleiche Leistung mit einem Trafo
zu übertragen. Daher sind Schaltnetzteile klein und leicht.
4) Spannungstransformation
5) Gleichrichtung
6) Siebung (und EMV Filter)

7) Regelung: Der Eingang des Sekundärkreislauf (der Schalttransistor) wird mit dem Ausgang gegengekoppelt. Dadurch kann die Spannung am Ausgang sehr konstant gehalten werden und es wird am Eingang die Leistung abgerufen, die am Ausgang gebraucht wird.
Wie wird das gemacht?
Der Schalttransistor kann über seine Schaltfrequenz und die Länge der Schaltimpulse (PWM) gesteuert werden. Dadurch immer soviel Strom liefern wie benötigt. Die Siebelkos am Ausgang können extrem schnell geladen werden, dafür sind sie klein und haben einen niedrigen ESR.
Daher braucht es hier keinen "fetten Elko".

Aber: Es kann ja auch nur soviel Strom geliefert werden, wie der Elko am Eingang liefern kann. Warum kann der das nun besser?
Ist hier der Vorteil, dass dieser Elko bei deutlich höherer Spannung arbeitet? 325V statt den 12V ( oder ähnliches) beim Linarnetzteil?

Viele Grüße
Sebastian
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Sebabe
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BoXem

Beitrag von Sebabe »

Hallo,

seit 4 Tagen spielt bei mir so ein Boxem Amp mit Purifi Eigentakt Modul.
Das Gerät ist schon beeindruckend gut, wenn mir auch am Ende eine Kleinigkeit fehlt. Der Sound ist unglaublich sauber und der Hintergrund ist wirklich tiefschwarz. Von "tiefschwarzem" Hintergrund hatte ich bisher oft nur gelesen, konnte mir vorstellen was gemeint ist, bei diesem Verstärker kommt mir das Wort zum ersten mal selbst in den Sinn. Die LSP spielen deutlich kontrollierter und tonal unglaublich ausbalanciert, wenn auch insgesamt eher warm abgestimmt. Auch bei lauten Passagen bleibt es saftig und rund. Das ist wirklich schön. Ich denke der Amp überflügelt meine Linn Endstufe mit links. Die Bühne ist breit und tief, und ich habe oft das Gefühl, etwas mehr vom Hall zu hören, als bisher.

Es gibt aber auch ein ABER.
Ich habe ein wenig das Gefühl, dass der Klang irgendwie schöngezeichnet ist. Hin und wieder wünsche ich mir etwas mehr Ecken und Kanten um näher an ein "Live-Erlebnis" zu kommen. Manche Transienten könnten einfach noch ein wenig zupackender klingen.
Es klingt aber auch gleichzeitig alles sehr natürlich, daher hadere ich ein wenig damit - was ist denn nun richtig?
Vielleicht ist es hier genau der Eingangspuffer, der etwas schönzeichnet und vielleicht etwas in Richtung Wärme abgestimmt ist.
Gleichzeitig gehe ich zum erstem mal aus meinem G-ADS3 symmetrisch raus - ich frage mich ob da vielleicht auch so ein Unterschied herkommen könnte.
Die Endstufe klingt auf jeden Fall so gut, das ich damit lange leben könnte. Aber ich würde mir eben auch gerne noch ein paar Alternativen anhören. Class D hat auf jeden Fall einen großen Reiz.

Viele Grüße
Sebastian
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Sebastian,
als ich meinen ersten Class-D-Verstärker hörte, war ich von der räumlichen Tiefe und der Ruhe im Hintergrund fasziniert. Ohne Ausgangsfilter geht es aber nicht. Das Filter nimmt mit einem gewissen Abstand zum Audiobereich alles weg, was Verzerrungen, Rauschen, Artefakte etc betrifft, außerdem hat es einen Durchgangswiderstand, der in einer Diskussion über Dämpfungsfaktor Sinn und Unsinn enden könnte.
Röhrenverstärker haben den Ausgangsübertrager als Filter und einen recht hohen Ausgangswiderstand, Transistorverstärker mit negativer Gegenkopplung sind da ganz das Gegenteil.
Wenn du etwas mehr Transienten zur Annäherung an das Live-Erlebnis haben möchtest, würde ich als erstes fragen, wieviel davon in einem lahmen Wirkungsgrad der LS auf der Strecke bleibt.
Anders gefragt, wie kann ein 25mm Hochtöner die Energie eines 30cm Beckens (hart vom Stick angeschlagen) glaubwürdig in den eigenen Hörraum transportieren?
Noch ne Frage wäre, was wir über das Hören von Ultraschall wissen, wenn es als Obertonspektrum zu noch hörbaren Tönen (als Klirr) hinzukommt. Möglicherweise bewahrt uns das Filter davor.
Es gibt Analog-Verstärker mit Bandbreite bis 1MHz (Spectral), die unglaublich schnell sind und ebenso schnell abrauchen, wenn man ihnen mit dem falschen Eingangssignal kommt. Da muss das Filter vor den Eingang...
Meine Class-D-Verstärker sind so ruhig, dass man das Ohr direkt auf einen 90dB Kalottenhochtöner legen muss, um ein schwaches Rauschen zu hören. Meine sind allerdings gegenkopplungsfrei und werden digital angesteuert.
Bei Modulen mit Analogansteuerung ist das stark vom Vorverstärker abhängig.
Eine symmetrische Ansteuerung mit mehr Wärme in Verbindung zu bringen, käme mir nicht in den Sinn, eher das Gegenteil.
Bei Analogendstufen fand ich den Unterschied hörbar nachvollziehbar, ob 80, 120 oder 200kHz Bandbreite.
Der UKW-Rundfunk hat 15 kHz Bandbreite, CD hat 20kHz, Vinyl liefert mit RIAA oberhalb 20kHz eigentlich auch nur stark abgeschwächte Signale. Und schaut man sich die DACs an, die 192kHz Abtastrate umsetzen, wird nur im Ausnahmefall vom Hersteller 90kHz als obere Grenzfrequenz angegeben, obwohl theoretisch zu erwarten. Und Mikrofone mit mehr als 20kHz sind nicht die Regel, eher die Ausnahme. Was also ist bei traditioneller Betrachtung an Pegeln jenseits 20kHz auf Aufnahmen zu erwarten?
Was also bekommen wir jenseits 20kHz zu hören, wenn nicht Artefakte, Klirr etc.?
Dann dürfte auch ein 80kHz-LC-Filter als akzeptabel eingestuft werden.
Ich denke, darum dreht sich vieles bei Class-D.
Grüße
Hans-Martin
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo Hans-Martin,

danke. Viele interessante Punkte, die du ansprichst.
Das führte auch zu meinem hadern, was nun eigentlich richtig ist. Die Transienten, die ich gerne hören möchte, kenne ich zB. tatsächlich von der Linn Endstufe. Das ist der kleine Bereich in dem sie irgendwie doch noch im Vergleich punkten kann. Ich denke da zB. an gute Streicher Pizzicato Partien, verteilt über die gesamte Stereobreite, das ist ein Klang, bei dem ich immer wieder Gänsehut bekomme, besonders wenn jeden "Zupfer" mühelos "körperlich" gespürt und lokalisiert werden kann. Es ist einfach lecker für die Ohren. Das passiert bei der boXem Endstufe irgendwie nicht in diesem Maße. (Natürlich sind diese Klänge auch gar nicht so breitbandig wie dein erwähntes Becken).
ABER: Dieses "leckere" könnte etwas künstliches unnatürliches sein, im Konzertsaal spüre ich das nämlich auch nicht. Es ist ein reines "Hifi Erlebnis". (Du sagtest ja irgendwo mal, im Konzertsaal hört sich ein Orchester nicht nach Hifi an.. )
Das ist das schwierige, die boXem klingt irgendwie deutlich mehr nach echtem Orchester, generiert aber weniger Hifi-Gänsehaut.
Dennoch, das Ding wächst mir leider trotzdem ans Herz, es ist schon eine Ohrenweide, was da rauskommt.

Die Linn hat wohl eine Bandbreite von 41kHz, das Purifi Modul 60kHz, das erklärt es hier also nicht. Vielleicht aber die höheren Verzerrungen der Linn?

Viele Grüße
Sebastian
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Sebastian,
wenn man im Netzteil eines Analogverstärkers einen Bypass-Kondensator wie 1uF MKT zu den Netzteilelkos parallelschaltet, ändert sich der Klangeindruck in den Höhen, obwohl wegen der Gegenkopplung eine hohe PSRR (PowerSupplyRejectionRatio) dieses nicht zulassen sollte. So zumindest die Erwartung. Aber der Innenwiderstand des Netzteils ändert sich damit frequenzabhängig, und schließlich, besser gesagt, ursprünglich kommt hier der Strom her, der die LS treibt, moduliert vom Signal der Endstufe dazwischen.
Das leite ich aus Beobachtungen her.
Es ergibt sich für meine Ohren eine Unausgewogenheit im Klang, ein Preis, den man zahlt zugunsten eines vielleicht spektakulären Effekt (Hochtonauflösung , auch mehr Hochtonakzentuierung). Not my cup of tea...
Die Auswahl der Netzteil-Elkos spielt eine Schlüsselrolle.
Ich habe ein Experiment gemacht: Elkos mit 3mm Bitumenpads beklebt, die nachfolgenden Spannungsregler konnten den Klangeinfluss nicht kompensieren.
Die Diskussion ist nicht einfach, weil etablierte Zusammenhänge und genauere Beobachtung nach weiterer Untersuchung verlangen.
Grüße
Hans-Martin
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Sebabe
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Holzbläser

Beitrag von Sebabe »

Hallo,
also die Holzblasfraktion hat heute doch die Entscheidung gebracht. Die boXem klingt an sich wunderbar - aber mir fehlt da doch was.
Neben meinen derzeit sehr geliebten Blockflötenaufnahmen war eine CD von Marius Neset - A New Dawn ausschlaggebend.

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Der Unterschied von Linn zur boXem kann man mit Vokabeln aus der Bildverarbeitung gut beschreiben. Eine Mischung aus Weichzeichnung und gleichzeitig erhöhter Kantenschärfe. Das Bild sieht dann gleich aufgeräumter aus, weil alle Flachen etwas ausgeputzt wurden, durch die Kanten gibt es Struktur, im ersten Moment schmeichelt es dem Auge, es ist aber dann doch auch ein wenig steriler und erst bei genauerer Betrachtung bemerkt man etwas Künstlichkeit.
So ist es hier der Fall. Mit der Boxem klingt das Solosaxofon als wäre es irgendwie aufpoliert worden, brilliant, breitbandig und smooth. Edel, gleichzeitig aber nicht so richtig anfassbar, ohne wirklichen "Grip".
Mit der Linn klingt es einfach viel schnoddriger, Blas und Nebengeräuschee fallen mehr auf, es klingt deutlich direkter anpackender und eben irgendwie livehaftiger. Das Sax steht bei mir im Raum und zieht mich in seinen Bann. Vielleicht ist Fein- oder Microdynamik das beste Wort für diesen Effekt - oder eben Mikrodetails. Das erklärt für mich auch eine tiefere Raumabbildung bei der Linn.
Es war auf jeden Fall ein spannendes Experiment und ich bin gespannt ob es nicht doch noch einen Amp gibt, der beides kann.
Die Souveränität und Vollmundigkeit der Boxem und die Feindynamik der Linn. Vielleicht doch eine Class A? Es muss noch viel gehört werden. Eine Plinius 103 steht zumindest auf meiner Wunschliste, vielleicht aber auch nochmal eine andere Class D. So eine Mola Mola wäre sicher auch spannend. Mal sehen was mir als nächstes über den Weg läuft.
VG
Sebastian
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Horse Tea
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Beitrag von Horse Tea »

Hallo Sebastian,

bei dieser Überschrift regt sich meine Neugier: Wie klingt ein Fagott mit beiden Endstufen? Das Instrument deckt ja mehr Oktaven als eine Blockflöte ab.

Viele Grüße
Horst-Dieter
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo Horst-Dieter, mist wäre natürlich interessant gewesen :-)
Ich vermute aber, dass der Unterschied sehr ähnlich wie beim Saxophon ist. Es ist auch das gleich bei einem Cello.
Bei der Linn höre ich, dass die Anregung des Tons durch den Bogen ein Sägezahn ist. Das gibt dem Klang eine sehr kernige Seele. Gleichzeitig geben die Nebengeräusche des Bogenhaars auf der Seite noch etwas mehr Materialcharakter. So wird es ein vielschichtiger characktervoller Klang.
Beim Fagott kann ich mir vorstellen das man im ersten Moment staunt, was das für ein tadelloses Instrument ist.
Hört man dann mehrere Fagotte - ähneln die sich plötzlich alle mehr als gewohnt. Dinge wie den Klangcharakter des Rohrblatts wird man vermissen. Mutmaßlich.

Viele Grüße
Sebastian

PS: Im übrigen höre ich hier ja Blockflöten Ensembles.. die decken auch einige Oktaven ab. Auch hier ist der Unterschied im Tonansatz besonders gut zu hören. Hier ist die Linn einfach auch perkussiver.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Sebastian,
die Details, auf die du achtest, wecken bei mir die Frage, ob eventuell deine Kette das Signal invertiert, oder das Signal vom Tonträger bereits invertiert kommt. Stichworte wie Sägezahn, das Label act, aber auch eine Aussage von Robert E. Green (spielt Violine, schreibt für the absolute sound), dass upbow sich von downbow bei Streichern (Aufstrich gegen Abstrich) sich ähnlich verhält wie korrekte Polarität gegen invertierte Polarität, wie man letztere bei ca. 90% der Klassikaufnahmen vorfindet, von etablierten Plattenlabels bis heute geliefert (auch meine act CDs). Ich vermute, das Invertieren ist ein Relikt aus der Mono-Ära. Für jemand, der genau hinhört, ist es nicht unwichtig, DACs der 1990er Jahre hatten eine Korrekturtaste, manche CD-Player auf der Fernbedienung eine Taste Φ (Phi für Phase).
Grüße
Hans-Martin

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Devialet

Beitrag von Sebabe »

Hallo,

wo stehen denn eigentlich die Devialet Geräte innerhalb der Class D Welt?
Schön sehen sie zumindest aus. Mich stört ein wenig, das sie scheinbar nicht ohne interne digitale Signalverarbeitung zu betreiben sind.
Da habe ich Angst ein wenig vom Zauber den G-ADS3 zu verlieren.
Aber wo stehen diese Geräte klanglich?
VG
Sebastian
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Lauthörer
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Beitrag von Lauthörer »

Hallo zusammen,

ich zitiere einmal Roman Groß sinngemäß von vor ein paar Jahren. Ich kenne ihn noch von früher aus seiner Eifeler Röhrenmanufaktur.

"Seit ich Class D Endstufen kenne, kann ich keine Röhren mehr hören"

Ganz so schlimm finde ich den Unterschied nicht, aber auch bei mir hat Class D die Röhre meilenweit hinter sich gelassen. Frühere Probleme mit Class D, wie Rauschen, Härte im HT, sind Schnee von gestern. Geblieben sind Kraft, Präzision und Kontrolle.

Es muss nicht immer Hypex sein. Ich halte Pascal mit den dazugehörigen Netzteilkomponenten für sehr gut, selbst an meinen TAD-Hörnern nahezu rauschfrei. Wer Fertiggeräte sucht, wird auch beim amerikanischen Hersteller Crown fündig, auch in Mehrkanal, allerdings mit aktiver Kühlung, die man ohne Musik hört.

VG Andreas
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