Clocks in Netzwerk-Komponenten

zonga
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Beitrag von zonga »

Hallo,
Ich werfe mal wieder etwas Homöopathie in die Diskussion. Leute wie Ingo Hansen von Phonosphie und der Herr Maurer vom Vortex Audio argumentieren, dass sich HF Strahlung auf das menschliche Gehör negativ auswirkt. Daher empfehlen Sie, alles, was strahlt, möglichst auszuschalten, oder zu entfernen. Oder aber Ihre Produkte zu kaufen, die die Strahlung eliminieren sollen. :D
Bitte keine Prügel in meine Richtung. Der beschriebene Plattenspielertest könnte als Zeichen dienen, dass da was dran ist. Dass das persönliche Hörempfinden von unseren unterschiedlichen Stimmungslagen abhängt, wird hier auch keiner abstreiten.
Soviel von mir als Nichttechniker, jedoch interessierter Mitforist. Interessante Themen :cheers:

Grüsse
Roman
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jherbert
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Beitrag von jherbert »

zonga hat geschrieben: 03.04.2020, 16:57 Der beschriebene Plattenspielertest könnte als Zeichen dienen, dass da was dran ist.
Ich konnte mit dem einen oder anderen meiner Plattenspieler ganz prima Mittelwelle hören. Ok, unteres Ende von HF. Kombination aus (unter EMI-Aspekten) nachlässig konstruierter Phonostufe und als Antenne wirkendem Kabel. Die Phonostufe hat das AM-Signal sauber demoduliert. Wurde ganz generell besser mit schärferen Anforderungen für die Störfestigkeit von Komponenten, damals von vielen bejammert wegen der damit verbundenen klanglichen Einbußen.

Und nochmal: Digitale Übetragungsstrecken haben dieses Problem nicht, sind sehr viel robuster. Die funktionieren, solange sie die Nullen und Einsen eindeutig unterscheiden können. Entweder es funktioniert, oder eben nicht. Es gibt keinen so breiten Grenzbereich wie im Analogen (von ganz gut bis richtig sch....e.). Also, ganz gut gemessen an den Möglichkeiten der Digitaltechnik. Für Freunde der analogen Technik wäre das besser geht's nicht.

Mein aktuelles analoges Setup ist ein TD524 mit einem TMC63 an einer AQVOX-Phonostufe. Ich habe dazu also durchaus noch einen Bezug.
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Ralf Koschnicke
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Beitrag von Ralf Koschnicke »

jherbert hat geschrieben: 03.04.2020, 17:24 Und nochmal: Digitale Übetragungsstrecken haben dieses Problem nicht, sind sehr viel robuster. Die funktionieren, solange sie die Nullen und Einsen eindeutig unterscheiden können. Entweder es funktioniert, oder eben nicht. Es gibt keinen so breiten Grenzbereich wie im Analogen (von ganz gut bis richtig sch....e.). Also, ganz gut gemessen an den Möglichkeiten der Digitaltechnik. Für Freunde der analogen Technik wäre das besser geht's nicht.
Das hat man Anfang der 80er Jahre mal gedacht. Nur leider laufen keine kleine Männeken mit Eimern voller Nullen und Einsen durch die Digitalkabel und Gerätschaften. Die digitalen Datenströme werden durch ganz analoge Spannungen und Ströme übermittelt. Überall wo dann der Takt eine Rolle spielt, hat man den ganzen "analogen Ärger" wieder mit drin. Nur eigentlich noch viel schlimmer. Natürlich, solange die Störungen nicht so schlimm sind, dass sie die Grenze zwischen Eins und Null verschwimmen lassen, gibt es keinen formalen Datenverlust. Mittelwelle oder Brummen auf dem Phono hört man jedoch direkt. Oder wenn so leise, dass man´s nicht hört, ist es vermutlich auch zu vernachlässigen. Die gleichen Störungen auf einem Digitalkabel zum DAC führen per Jitter aber möglicherweise zu weitaus kompexeren Artefakten die mitunter gar nicht so deutlich als solche zu erkennen sind. An der Stelle ist Digitaltechnik viel hinterhältiger und damit auch anspruchsvoller als Analogtechnik.

Grüße
Ralf
Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

jherbert hat geschrieben: 03.04.2020, 17:24Und nochmal: Digitale Übetragungsstrecken haben dieses Problem nicht, sind sehr viel robuster. Die funktionieren, solange sie die Nullen und Einsen eindeutig unterscheiden können. Entweder es funktioniert, oder eben nicht.
Hallo,
man muss nicht alles glauben, was die Werbung verspricht.
Wir haben nun schon über 40 Jahre Digitalisierung von Audiosignalen.
Es gibt keinen so breiten Grenzbereich wie im Analogen (von ganz gut bis richtig sch....e.). Also, ganz gut gemessen an den Möglichkeiten der Digitaltechnik. Für Freunde der analogen Technik wäre das besser geht's nicht.
Zugegebenermaßen gibt es bei Vinyl viel mehr Stellschrauben.
Wenn es die ebenso einfach erschließbar auch im Digitalen gäbe, würden unsere Bemühungen auf fruchtbareren Boden fallen, um das Digitale den positiven Aspekten der Analogtechnik anzunähern.
Stattdessen fallen die Vorstöße häufig auf furchtbaren Boden, als da wären Unverständnis, Halbwissen, Vereinfachung, Idealisierung.

Die Netzwerkübertragung ist ein eigenes Kapitel, fernab der Analog-Digital-Wandlung. Vielleicht aber doch näher an den Problemen, die von der SPDIF-Übertragung später bekannt wurden.

Zu Günter Pauler kam ein Kunde in sein Ladengeschäft (bevor er im Gewölbe von St.Blasien/Northeim sein Stockfisch-Studio einrichtete) und fragte im Gespräch nach dem Vorteil der neuen Digitaltechnik (bei UKW-Tuner). G.P. antworte: Digital heißt Reduktion auf Ja-Nein, also Musiksignal ja, Rauschen nein (sinngemäß wiedergegeben nach Erzählung von 2 Elektrotechnikstudenten, die damals bei G.P. gejobbt haben, beide wussten, das G.P. mehr davon verstand, aber diese Anekdote zeigt, wie genial manche Leute formulieren können, damit die anderen nicht weiter fragen...).

Netzwerkkabel bringen Klangunterschiede? Jede Netzwerkkomponente hat Pufferspeicher, um die Zuteilung vom Switch oder vorgeordneten Netzwerkknoten zwischenzuspeichern. Womit lässt sich diese Beobachtung erklären(?):
Fujak hat geschrieben: 20.03.2018, 19:47Hans-Martin schrieb unlängst im AoIP-Thread, man könnte angesichts der festgestellten klanglichen Überlegenheit von UTP vs. S/FTP (siehe dieser Beitrag und folgende) auf die Idee kommen, das Ethernetkabel aller überflüssigen Kabelbestandteile entledigen (siehe dieser Beitrag). Inspiriert davon machte ich heute Abend den Versuch mit einem Cat6-Kabel U/UTP gem. Spezifikation EIA/TIA 568B (1:1 Belegung) mit AWG24.
...
Es ist tatsächlich ein Unterschied zu hören: Der Drahtverhau macht das Klangbild ruhiger, offener, luftiger, im Hochtonbereich weiter ausgeleuchtet, im Bass strukturierter und in der Raumabbildung geordneter. Das reguläre Cat6-Kabel hingegen klingt kompakter, aufgeblähter im Bassbereich, mit einer leichten Schärfe im Mittenbereich, insgesamt unruhiger, und mit geringerer Räumlichkeit. Das war schon überzeugend zugunsten des Drahtverhaus und wiedereinmal erstaunlich, wie man erst durch den Vergleich mit dem besseren entdeckt, was vorher suboptimal war.
...
Fazit: Empfehlenswert. Let's rip and strip for better sound!
Vielleicht ist das, was im Netzwerk geschieht, doch ähnlicher zu dem, was wir bei SPDIF kennenlernen mussten:
Fujak hat geschrieben: 21.09.2019, 07:54Insgesamt sollte man sich davor hüten, im Reclocking das Ende aller Jitter-Sorgen zu sehen. Es handelt sich immer nur um eine Reduktion in einer bestimmten Größenordnunug, an der auch die Qualität der Kabel in den digitalen Ein- und Ausgängen einen deutlichen Anteil haben.
Julian Dunns Veröffentlichungen zum Thema Jitter sind auch schon 30 Jahre her, Paulers oben zitierte Verballhornung über 45.
Analogtechnik hat Frequenzgangprobleme und ihre Zeitprobleme sind vorwiegend niederfrequent, bandgeschwindigkeitsabhängige Tonkopfspiegelresonanz und Modulationsrauschen, Rauschkomponenten in Abhängigkeit der Magnetitpartikelgröße oder vom Vinyl-Granulat.
Die Halbleitertechnologie ist ja mittlerweise weiter in Richtung Rauscharmut.
Wer ein Tonbandgerät in 1/4-Spur Stereo mit 19cm/sec betrieb, hatte Anlass, sich über zeitweise unerträgliches Übersprechen im Grundtonbereich, besonders Bass von der Nachbarspur zu beschweren. Das Kanalübersprechen bei Vinyl wird als große Bühne uminterpretiert, nur weil es überwiegend gegenphasig erfolgt. Wer sich mit den Hintergründen beschäftigt, könnte (in aller Vorsicht formuliert) verstehen, dass es nichts als ein billiger Nebeneffekt von einer Unzulänglichkeit des Systems ist.
Man muss nicht alles glauben, was die Werbung verspricht.

Ich halte Digital für überwiegend ehrlich, die Fehler für gering, aber keineswegs für nebensächlich. Unter dem Strich aber für fehlerärmer als das, was als analoge Quelle /Tonträger (mir) bekannt ist.
Grüße
Hans-Martin
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jherbert
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Beitrag von jherbert »

Lieber Hans-Martin, lieber Ralf.

Ich habe die bessere Hälfte meines Berufslebenslebens in der IT verbracht: Als Netzwerk-Pionier zunächst, später dann mit der Verantwortung für große Netze und Internet-Angebote. Ganz früh in meinem Leben wurde ich vom Audio-Virus infiziert, und wie das mit solchen Infektionen ist: Erst wüten Sie, und dann bilden sich irgendwann Antikörper und Immunreaktionen. Wobei in diesem Fall die meisten Menschen ohnehin immun sind.

Für ein oder zwei Apartments in München hätte es schon gereicht, wenn ich über die Jahre in Immobilien investiert hätte statt in Audio-Equipment.

Meine Beobachtung in der IT: Die Systeme arbeiten entweder korrekt, oder eben nicht. Natürlich gibt es intermittierende Fehler. Die lassen sich aber schnell einkreisen und auf fehlerhafte Komponenten reduzieren. Was die nullen und einsen können und mit welcher Zuverlässigkeit, das sieht man jeden Tag, wenn man sein Handy oder seinen PC benutzt, den Kontostand abfragt etc. Wenn da etwas nicht passt, hat es klar nachvollziehbare Ursachen: Fehlerhafte Software, schlecht gekühlte Hardware, was auch immer.

Wer mag, kann seinen PC enmal einem "Stresstest" unterziehen, in dem alle Komponenten für eine frei wählbare Zweitspanne mit hoher Last belegt werden, um ihre einwandfreie Funktion zu prüfen. Etwa diesen hier: https://www.passmark.com/products/burnintest/. In allen einzelnen Teilen dieser Testsuite geht es nur um eines: Sicher zu stellen, dass nullen und einsen zuverlässig als nullen und einsen geschrieben und gelesen werden.

Ich habe diese Tests unlängst auf den Highend-Rechner eines Freundes losgelassen, der ausgesprochen aufwändige Bildbearbeitung betreibt und über Probleme mit seiner Bildverwaltungssoftware (Adobe Lightroom) klagte. Nach zwölf Stunden Laufzeit zeigte das System keinen einzigen Fehler, kein einziges gekipptes Bit im 64 Gigabyte großen Arbeitsspeicher, keine Fehler beim Festplatten I/O etc. (Fehlerquelle war am Ende eine schlechte Internet-Verbindung, die zu einem von der Software nicht abgefangenen Timeout führte.)

Die genannten Tests beanspruchen ein Vielfaches der Bandbreite, die Audiodaten auch in höchster Auflösung erfordern. Was ich sagen will: Man kann davon ausgehen, dass die Nullen und Einsen und deren Erkennung das Problem nicht sind. Es gibt absolut keinen Grund anzunehmen, dass es da im Jahre 2020 ungeklärte Fragen gibt.

Es gibt auch keinen Grund anzunehmen, dass Audiodaten eine besondere Art von nullen und einsen wären. Die Digitalisierung (und das ist das Grundprinzip) nimmt ihnen diesen Charakter völlig bis zu ihrer Wiederherstellung. Alle am digitalen Prozess beteiligten Komponenten unterscheiden nicht zwischen Buchhaltung, Porno-Website und Norma Winstone. Für uns sind Unterschiede erst wieder erkenbnbar nach der DA-Wandlung. Solange null und eins im digitalen Prozess einwandfrei gesendet und empfangen werden, gibt es da kein Problem. Wenn es Probleme gibt, greift die Fehlerkorrektur, die ja in den meisten Protokollen vorgesehen ist. Und wenn die überfordert wird, dann gibt es eine Fehlermeldung, bei kritischen Fehlern wird das System angehalten (mein Rechner hängt).

Entscheidend ist, wie aus einer analogen Information (egal ob Audio, Bewegtbild, Text, Sprache) das digitale Abbild erzeugt und am Ende der Strecke wieder in die analoge Form zurück verwandelt wird. Darauf sollte man sich konzentrieren, nicht auf die Übertragungsstrecke, denn die funktioniert - insbesondere gemessen an analogen Verfahren - perfekt.

Was den Jitter angeht: Den hat man mittlerweile so gut im Griff, dass er messtechnisch vernachlässigbar und im Audiosignal nur noch in homöopathischen Dosen nachweisbar ist. Wenn man professionell konstruiertes Equipment verwendet, zumindest. Da hat sich durch die asynchrone Anbindung von DACs via USB dramatisch viel getan gegenüber SP/DIF. Und selbst diese Art der Übertragung profitiert natürlich von hochgenauen Clocks und dem Reclocking der Eingangssignale. Ich zweifle, dass Kaskadierung nach dem alten Prinzip: "Viel hilft viel" da irgendetwas bringt, auch wenn fujak das ganz deutlich hört. Ich nicht. (Immun gegen das HiFi-Virus, siehe oben).

Liebe Grüße
Joachim
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Joachim,

ich glaube, dass es wenig zielführend ist, wieder einmal eine Diskussionsrichtung einzuschlagen, die daran krankt, dass theoretische Erwägungen dem Gehörten entgegengestellt werden. Vor einigen Jahren hatte diese Art der Diskussion ihre Hoch-Zeit ("Es kann nicht hörbar sein, weil..." versus "Ich höre es aber..."), in manchen Foren existiert sie unglückseligerweise bis heute. Auch die Übertragung von Erfahrungen eines Bereiches in einen anderen (IT-Bereich in Audio-Bereich) hinkt, weil die Gemeinsamkeiten schnell enden, wo es konkreter wird.

Für die Zeit nach Corona-Ausgangsbeschränkungen: Wenn ich Deinen angegebenen Wohnort richtig deute, befindest Du Dich in einem Einzugsgebiet, in welchem Du viele Forumsteilnehmer ansprechen könntest (u.a. auch mich), um Dich vor Ort an deren Setup selbst davon zu überzeugen, wie groß gehörte Unterschiede sein können, obwohl Nullen und Einsen entsprechend der Spezifikationen hinreichend korrekt übertragen werden. Zudem gibt es im Münchner Raum neben dem AH-Stammtisch auch den sog. Micro-Stammtisch, wo wir uns reihum bei Mitgliedern treffen und genau diese Dinge ausprobieren, sodass Fleisch an den Knochen trockener Theorie kommt. Auch dazu bist Du eingeladen.

Um wieder auf den Topic dieses Threads zurückzukommen: Es scheint ansonsten ja bereits ein Konsens darüber zu herrschen, dass Modifikationen/Optimierungen in einer gegebenen Netzwerkstrecke zu klanglichen Veränderungen/Verbesserungen führen. Die Uneinigkeit besteht lediglich in der zugrunde liegenden Ursache für die gemachten Erfahrungen.

Grüße
Fujak
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo, ich stimme da Fujak und Ralf zu. Die Diskussion um korrekt übertragene 0 und 1 ist hier eigentlich nicht das Thema. Ich denke da widerspricht niemand. Natürlich kann man die richtig übertragen.
Da man aber dennoch klar Unterschiede hört (wer sie nicht gemacht hat sollte sie eben mal machen), muss es noch andere Dinge geben. Und das ist gar keine esoterische Annahme - letztendlich geht es auch in der digitalen Übertragung letztendlich um analoge Spannungen (siehe Ralfs gutem letzen Beitrag). Da kann einiges passieren und der Ausgang des DACs ist nicht mehr so perfekt wie theoretisch angenommen - obwohl alle digitalen Daten richtig empfangen wurden.
Ich glaube das ist, wenn man mal einen Schritt zur Seite geht und überlegt was mit den Nullen und Einsen passiert, nicht verwunderlich.
Insofern spielen alle Einstreuungen am Ende eine Rolle, auch aus dem Netzwerk. Am Ende muss man sich das digitale System auch als Analog-System vorstellen. Das hilft mir zumindest und macht klar, dass es auch hier typische analoge Probleme gibt, die sich aber natürlich in anderer Komplexität auswirken. Wenn man die gleichen Messkriterien nimmt wie vor 40 Jahren (SNR zB.) dann kommt man hier nicht weiter. Daher wundere ich mich immer, dass es scheinbar so wenig moderne Methoden gibt, ein analoges Signal messtechnisch zu bewerten, um typische Fehler eines DACs aufzudecken.

Nachtrag: Anstatt zu diskutieren ob 0 und 1 angekommen sind, müsste man diskutieren ob die resultierenden Spannungen auch geliefert wurden. Da sähe das Bild dann wahrscheinlich anders aus.

Viele Grüße
Sebastian
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Sebabe hat geschrieben: 05.04.2020, 10:53 Nachtrag: Anstatt zu diskutieren ob 0 und 1 angekommen sind, müsste man diskutieren ob die resultierenden Spannungen auch geliefert wurden. Da sähe das Bild dann wahrscheinlich anders aus.
Nehmen wir doch einfach mal an, dass 0 und 1 ankommen. Und gestehen dabei auch zu, dass sie verjittert ankommen. Dann geht es durch einen DA-Wandler und der macht sein Ding damit. Heraus kommen analoge Signale. Im idealsten Fall genau das, was die 0 und 1 codieren.

Der Rest sind Abweichungen vom Ideal. Nichts als Abweichungen.

Ursachen für Abweichungen:
- Nichtlinearität des DACs
- Rauschen
- Intermodulation
- additive Komponenten wie HF-Müll, Einstreuungen etc.
- Amplituden-, Frequenzmodulation
- Phasenabweichungen

Die Wirkung der unerwünschten Anteile scheinen bei einem hochwertigen System Verdeckungseffekte zu sein. Alle Bemühungen, es besser zu machen, münden doch in einer besseren Durchhörbarkeit, Auflösung, Schwärze, Körperhaftigkeit, Feinzeichnung, Räumlichkeit und sonstige audiophile Entropie-Begriffe. Dabei werden also Verdeckungen rausgenommen.

Das Basisproblem: das Messen der feinen Signale benötigt Messgeräte. Leider ist es so dass die verfügbaren Messgeräte ihrerseits das Signal beeinflussen. Wenn, dann muss man sich auch trickreich überlegen, wie man einen bestimmten Messwert optimal erfasst. Frequenzgangvergleiche sind z.B. absoluter Nonsens wenn es um zeitliche Abfolgen geht.

Nun lässt sich doch mit den Möglichkeiten der digitalen Bearbeitung spielen. Man kann Verzerrungen hinzuaddieren. Es ist doch eigentlich kein Problem sich Störsignale welcher Art auch immer auszudenken und auf ein Musiksignal zu addieren. Das könnte doch zumindest die Frage beantworten, in welcher Größenordnung eine Abweichung vorliegen muss, damit der Verdeckungseffekt entsteht.
Ein simples Beispiel: man nehme ein Musikstück wie Misa Criolla oder Sani und addiere dazu ein beliebiges zweites Musikstück. Wobei das zweite abgeschwächt wird, Faktor 1/1000 = -60 dB oder auch 1/10000 = -80 dB. Mit der Wahl des zweiten Musikstücks lassen sich auch Korrelationen bzw. Nicht-Korrelationen erzeugen. Da man sich noch auf der digitalen Ebene befindet lassen sich eindeutig Unterschiede nachweisen.
Die große Frage ist dann eben: ab wann gehen positive Eigenschaften der Wiedergabe des originalen Musikstücks (siehe Auflistung oben) verloren?

Es ist seltsam. Ich kenne keine Untersuchung zu diesem Thema. Allenfalls mal so etwas wie Hörbarkeit von Klirr.

Um dem Thread-Thema gerecht zu werden: was passiert, wenn man einmal anstelle der super-duper-präzisen Ultra-Clock gezielt eine "schlechteste" Clock in einen Switch einbaut, ein Billigquarz mit versauter Versorgungsspannung (Gert, kannst Du das nicht?) ? Wie schlecht kann die Clock werden (ohne dass die 0 und 1 falsch rüberkommen)? Was ist das Hörergebnis bzw. Ergebnis von Messversuchen?

Grüsse
Uli
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Ralf Koschnicke
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Beitrag von Ralf Koschnicke »

Hallo zusammen,
in den obigen Beiträgen wurde viel gesagt das ich unterschreiben kann.

@Herbert:
Es ist doch schön, einen Netzwerkspezialisten hier zu haben. Kannst Du denn eine Aussage treffen, ob Du es für möglich hältst, dass die Taktpräzision mit der das die Datenpakete tragende Signal in einem Netzwerkeingang ankommt, irgendwelche Rückwirkungen auf die Sekundärseite des Empfängers hat. Mit Sekundärseite meine ich: wie die Daten weitergeschickt werden, d.h. das Ausgangssignal. Man muss aber auch Rückwirkungen auf die Versorgungsspannung im Blick haben. Eigentlich ist das ja eine bidirektionale Kommunikation. Der Transmitter auf der einen Seite läuft auf seinem Takt, der auf der anderen Seite auch auf seinem. Aber irgendwie müssen ja beide Seiten zusammen passen. Einfach nur FIFO-Puffer?

Mal eine kleine Geschichte: Auf den GISO bin ich damals ja auch nur mit Hilfe von etwas Zufall gekommen. Grund für das Kästchen war Abhilfe zu schaffen gegen sporadische Klicks auf meiner 12 Meter langen 32-Kanal-AES/EBU Strecke zur Pyramix DAW. Damals waren solch leistungsfähige Maschinen (massenhaft Festplatten und 4 DSP-Karten) noch groß, laut und haben viel Wärme produziert. Deshalb musste das Ding in einen klimatisierten Maschinenraum.
Ich hatte mir wirklich ein halbes Jahr einen Wolf gesucht, weil die Klicks wirklich sehr selten waren. Dann kam ich drauf, dass Merging auf seinen nun wirklich genügend teuren AES-Daughtercards es nicht für nötig gehalten hat, die von der AES empfohlenen und von der EBU sogar zwingend vorgeschriebenen Übertrager einzubauen. Das habe ich mit externen Einheiten – dem späteren GISO – nachgeholt. Die Klicks waren weg und es klang auch noch deutlich besser. Damals gab es noch 32-Kanal DACs und gemischt wurde auf Analogpult. Es klang besser, obwohl die DACs auf eigener Clock liefen und die DAW nur Clock-Slave war. Konnte also schon an dieser Stelle eigentlich nur HF sein, von dem diese „fette Rechenmaschine“ sicher reichhaltig produzierte.
Diese externen Einheiten hatte ich gleich mit RJ45-Buchsen aufgebaut und mich bei der Belegung an den Netzwerkstandards orientiert. XLR und Sub-D ist m.E. ohnehin keine Steckverbindung für Digitalaudio. Als dann der Linn kam, habe ich mich an die Klangverbesserung erinnert und gedacht, nun, einfach mal ausprobieren kann man´s ja. Gerechnet habe ich aber eher mit wenig, weil ich ja weiß, dass der Zusammenhang zwischen HF und Audio ein anderer sein muss als bei einer AES/EBU-Strecke in einen DAC. Ich habe dann aber sehen müssen, dass es offenbar eine Frage des Systemdesigns ist. Der Linn klang mit GISO deutlich besser. Meine Erklärung: die HF-Störungen die über die Netzwerkschnittstelle reinkommen, stören die ja örtlich eng angrenzenden Digital- wie Analogsektionen. Das ist inzwischen hier aber alles ein alter Hut. Das ist nur eben ein sehr schönes konkretes Beispiel, wie die Nullen und Einsen kein so hundertprozentiger Schutz sind. Und deshalb hatte ich oben auch gefragt, ob es die Verbesserungen mit Glasfaser nur beim Linn gibt oder auch andere Erfahrungen. Danke, Jürgen, für die Antwort.

In dem parallelen Thread zu Afis/Afi habe ich gestern mal skizziert, wie mein aktueller Stand der Technik ist, um diese Probleme umfassend anzugehen.

Und auf übliche Audiomesstechnik kann man meiner Erfahrung nach gar nichts geben. Die für Musik wirklich relevanten Dinge misst keiner. Über den Denkansatz von Uli freue ich mich daher sehr. Muss ich mal sacken lassen. Im Kern bin ich ja genug Wissenschaftler und Techniker, dass ich prinzipiell daran glaube, dass man alles was man hören kann auch messen müssen kann. Nur gehe ich genauso davon aus, dass dies ultra-komplex ist und ganz anders ablaufen muss als die heute gebräuchlichen Verfahren. Und bevor ich dann Zeit in das Entwickeln solch komplexer Messverfahren stecke, entwickle ich lieber Audiogeräte und benutze das vorhandene Messsystem – die Ohren ;-)

Viele Grüße
Ralf
jherbert
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Beitrag von jherbert »

Fujak et al,

da objektive Ansätze ausdrücklich unerwünscht sind, bin ich hier raus. Also aus dieser Diskussion, weil mein Interesse an einem Austausch zu aktiven Systemen natürlich weiter besteht.

Liebe Grüße
Joachim
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Amati
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Beitrag von Amati »

Dass objektive Ansätze hier unerwünscht sind, kann ich hier nicht erkennen. Vielmehr sind subjektive zugelassen.

Peter
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Amati hat geschrieben: 05.04.2020, 14:17 Dass objektive Ansätze hier unerwünscht sind, kann ich hier nicht erkennen. Vielmehr sind subjektive zugelassen.
Man könnte sagen, empirisch haben wir festgestellt, dass die Erde keine Scheibe sein kann - aber es fehlt uns noch ein objektives Werkzeug das zu belegen. Würde man nun sagen die Erde muss also dann eine Scheibe sein... wohl nicht. Nein ein objektives Argument ist sogar sehr erwünscht! Das ist für mich der Reiz hier zu sein.

Sebastian
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo Uli,

deinen Ansatz finde ich gut - aber erklärt immer noch andere Dinge. Zumal er mich an die Untersuchungen von Audio Crosstalk erinnert - da ist ja einiges gemacht worden denke ich. Vielleicht sollte man erstmal das ursprüngliche Audiosignal selbst unangetastet lassen. Schon wäre doch vielleicht in einem idealen Setup zusätzlich HF Komponenten in das Netzwerk einzuschleusen und zu messen wie und ab wann sich das am Ausgang des DAC bemerkbar macht. Würde es sich auch nur kleinste Veränderungen ergeben wäre zumindest schonmal bewiesen das es einen Zusammenhang gibt.
Oder man nähme mal Gerts Setup mit den tollen Rechtecken und filtert das Signal mit einem variablen Tiefpass. Hier wäre doch spannend zu sehen bis wann 0 und 1 richtig ankommen und ob es auf dem Weg zu den Grenzen klangliche Änderungen gibt. (Ich gehe davon aus, dass das technisch machbar wäre - kenne mich in dem Frequenzbereich aber nicht so gut aus).

Viele Grüße
Sebastian
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Sebastian,

ich habe tatsächlich zwei Herangehensweisen beschrieben.
1. gezieltes Herabsetzen der Clock-Qualität. Wenn es damit hörbar schlechter wird, weiss man dass man nicht nur Zufälligkeiten hinterherrennt. Damit wäre dann ja gezielt eine schlechte und eine bessere (muss immer noch nicht optimal sein) Lösung darstellbar. Dann kann man sich auf die Suche nach Unterschieden im analogen Signal machen. Generell ist das Prinzip auch für andere Fragestellungen z.B. gutes/schlechtes Kabel gültig.
2. gezieltes Herabsetzen der Musikqualität auf digitaler Ebene. Mit dem Ziel: ab wann erkennt man, dass die möglichst gute (nicht notwendigerweise optimale) Wiedergabe schlechter wird. Im Sinne von JND - just noticable difference. Dabei geht es aber z.B. nicht darum, den Effekt, z.B. nun höre ich den Klirr oder Jitter, wahrzunehmen, sondern eben: Verlust an Schwärze, Durchzeichnung, Auflösung, Räumlichkeit, 3D ...
Man weiss bei dem Ansatz eben genau, was verändert wurde.

Grüsse
Uli
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Hifidistel
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Beitrag von Hifidistel »

Man könnte auch das Setup gezielt mit HF verseuchen und dann hören und messen, was geschieht. Da ich wirklich von Technik wenig Ahnung habe aber deutlich höre, wenn mein uraltes DECT - Telefon sich im Hörraum befindet, fände ich objektivierbare Ergebnisse sehr spannend.
Lg
Sascha
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