Cameron Carpenter in der Kölner Philharmonie
Verfasst: 23.12.2016, 10:57
Liebe Orgelfreunde,
ich hatte Cameron Carpenter bislang in die Ecke des "Orgelpunkers" gerückt - ohne ihn jemals live gehört zu haben. Aber dann hat mich diese CD aufhorchen lassen, zumal er dort meinen Lieblingskomponisten JS Bach interpretiert:
Gestern war nun Carpenter-Showtime in der Kölner Philharmonie. Schon im Foyer spürte man, dass heute Abend einiges anders sein würde als sonst. Schillernd gekleidete Damen und Herren mischten sich unter das ansonsten durchweg ältere Publikum. Orgelspiel scheint wohl eher etwas für Freaks und Senioren zu sein (wegen der beginnenden Schwerhörigkeit?). Immerhin hatte ich zur Herabsetzung des Altersdurchschnitts meinen Sohn mitgenommen, einen bekennenden Carpenter-Fan.
Im Konzertsaal wurde dann kein Zweifel mehr daran gelassen, dass uns hier ein besonderes Ereignis erwarten würde. Obwohl die Kölner Philharmonie über eine durchsetzungsstarke "Hausorgel" verfügt, hatte Carpenter seine futuristische "Touring Organ" mitgebracht. Sie gibt Carpenter die Möglichkeit, Bach sowohl in der historischen Orgelstimmung seiner Zeit als auch im Sound der Wurlitzer-Orgel erklingen zu lassen. Die zur Orgel gehörenden Lautsprecher mögen unseren DIY-Aktivisten als Inspirationen für Eigenkreationen dienen:
Dann kam der Maestro. Behenden Schritts, aber durchweg unpräteniös, eilte er hinauf zum Spieltisch der Kölner Orgel. Und lies beim Vortrag von Bachs 6 Orgelsonaten BWV 525-530 keinen Zweifel daran, dass er es mit jedem klassischen Organisten aufnehmen kann. Damit hatte er schon mal ein Statement gesetzt, bevor er sich dann an seine Touring Organ setzte.
Was folgte war ein extrem kontrastreicher Vortrag, in dem Carpenter wahrhaftig alle Register zog. Den Höhepunkt bildeten Passacaglia und Fuge c-moll für Orgel BWV 582, an deren Ende uns, in Reihe 5 sitzend, fast die Haare geföhnt wurden. Carpenter selbst bezeichnet seine Spielweise zutreffenderweise als "Bach in Technicolor".
Faszinierend dabei zuzuschauen, wie seine paillettenbestickten Absätze über die Pedale fliegen. Das war's dann aber schon an Show, denn Carpenter trat, wie schon gesagt, extrem bescheiden auf. Meine (ältere) Sitznachbarin lobte ihn über die Maßen: "Was für ein netter junger Mann, kann gar nicht verstehen, weshalb er so negative Schlagzeilen bekommen hat". Dem kann ich mich nur anschließen, mein Voruteil (s. o.) ist jedenfalls vollständig revidiert. Es war ein tolles Konzert, das ich so schnell nicht vergessen werde. Mein Sohn war übrigens gleicher Meinung und stand anschließend für ein Autogramm an:
Also, wenn Cameron Carpenter in eurer Nähe sein sollte, unbedingt hingehen!
Viele Grüße
Rudolf
PS: Es ist eine Unsitte geworden, dass insbesondere ältere Konzertbesucher unmittelbar nach Ende eines Konzertes fluchtartig den Saal verlassen, um als erste das Parkhaus zu erreichen. Ich empfinde dies als Respektlosigkeit dem Künstler und auch den anderen Besuchern gegenüber. Ob wir auch mal so egoistisch werden?
ich hatte Cameron Carpenter bislang in die Ecke des "Orgelpunkers" gerückt - ohne ihn jemals live gehört zu haben. Aber dann hat mich diese CD aufhorchen lassen, zumal er dort meinen Lieblingskomponisten JS Bach interpretiert:
Gestern war nun Carpenter-Showtime in der Kölner Philharmonie. Schon im Foyer spürte man, dass heute Abend einiges anders sein würde als sonst. Schillernd gekleidete Damen und Herren mischten sich unter das ansonsten durchweg ältere Publikum. Orgelspiel scheint wohl eher etwas für Freaks und Senioren zu sein (wegen der beginnenden Schwerhörigkeit?). Immerhin hatte ich zur Herabsetzung des Altersdurchschnitts meinen Sohn mitgenommen, einen bekennenden Carpenter-Fan.
Im Konzertsaal wurde dann kein Zweifel mehr daran gelassen, dass uns hier ein besonderes Ereignis erwarten würde. Obwohl die Kölner Philharmonie über eine durchsetzungsstarke "Hausorgel" verfügt, hatte Carpenter seine futuristische "Touring Organ" mitgebracht. Sie gibt Carpenter die Möglichkeit, Bach sowohl in der historischen Orgelstimmung seiner Zeit als auch im Sound der Wurlitzer-Orgel erklingen zu lassen. Die zur Orgel gehörenden Lautsprecher mögen unseren DIY-Aktivisten als Inspirationen für Eigenkreationen dienen:
Dann kam der Maestro. Behenden Schritts, aber durchweg unpräteniös, eilte er hinauf zum Spieltisch der Kölner Orgel. Und lies beim Vortrag von Bachs 6 Orgelsonaten BWV 525-530 keinen Zweifel daran, dass er es mit jedem klassischen Organisten aufnehmen kann. Damit hatte er schon mal ein Statement gesetzt, bevor er sich dann an seine Touring Organ setzte.
Was folgte war ein extrem kontrastreicher Vortrag, in dem Carpenter wahrhaftig alle Register zog. Den Höhepunkt bildeten Passacaglia und Fuge c-moll für Orgel BWV 582, an deren Ende uns, in Reihe 5 sitzend, fast die Haare geföhnt wurden. Carpenter selbst bezeichnet seine Spielweise zutreffenderweise als "Bach in Technicolor".
Faszinierend dabei zuzuschauen, wie seine paillettenbestickten Absätze über die Pedale fliegen. Das war's dann aber schon an Show, denn Carpenter trat, wie schon gesagt, extrem bescheiden auf. Meine (ältere) Sitznachbarin lobte ihn über die Maßen: "Was für ein netter junger Mann, kann gar nicht verstehen, weshalb er so negative Schlagzeilen bekommen hat". Dem kann ich mich nur anschließen, mein Voruteil (s. o.) ist jedenfalls vollständig revidiert. Es war ein tolles Konzert, das ich so schnell nicht vergessen werde. Mein Sohn war übrigens gleicher Meinung und stand anschließend für ein Autogramm an:
Also, wenn Cameron Carpenter in eurer Nähe sein sollte, unbedingt hingehen!
Viele Grüße
Rudolf
PS: Es ist eine Unsitte geworden, dass insbesondere ältere Konzertbesucher unmittelbar nach Ende eines Konzertes fluchtartig den Saal verlassen, um als erste das Parkhaus zu erreichen. Ich empfinde dies als Respektlosigkeit dem Künstler und auch den anderen Besuchern gegenüber. Ob wir auch mal so egoistisch werden?