Masterworks Heritage - 28 CD aus dem CBS-Klassikfundus

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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Melomane
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Masterworks Heritage - 28 CD aus dem CBS-Klassikfundus

Beitrag von Melomane »

Hallo,

für Klassikinteressierte, die Musikliebhaber:

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https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail ... um/1534248

Voller Begeisterung höre ich mich schon durch CD 4. Bislang nichts von Stereo, teils gruselig verrauscht (Ysaye aus akustischen Aufnahmetagen), aber was für Musik! Unglaublich, was etwa der knapp 14jährige Michael Rabin da auf der Violine hinlegt...
Mir erscheinen die Aufnahmen vorzüglich restauriert und - soweit aus der "Nachtrichterzeit" stammend - zumindest für meine Ohren sehr gut anhörbar.

Gruß

Jochen

Nachtrag: Wie es bei Wiederveröffentlichungen in der Natur der Sache liegt, hat der Musikliebhaber vermutlich die meisten Aufnahmen schon, sei es als LP oder CD. Es handelt sich um eine der derzeit auf den Markt geworfenen Sammelboxen, CBS fehlte halt noch unter den üblichen Verdächtigen. Und soweit bislang gehört handelt es sich auch nicht um ein neues Mastering, sondern um solche aus den 90er Jahren.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Jochen
Das auffällige Rauschen im Hintergrund wird zwar unseren heutigen Ansprüchen nicht gerecht, aber es deutet darauf hin, dass man noch darauf verzichtet hat, das Musikmaterial durch Dynamikkompression vom Grundrauschen des Bandes im Anstand zu "verbessern".
Dolby begann 1968 mit seinen Rauschunterdrückungssystemen, und aus eigener leidvoller Erfahrung leitete ich die Regel ab: kaufe keine CBS Klavierschallplatten, die vor 1972 aufgenommen wurden. Danach wurde es zwar besser, aber ich war nicht mehr motiviert, dort mein Geld zu versenken, trotz guter Interpreten.
Bei den Klavieranschlägen schwoll das Rauschen mit an. Damit wirkte der Ton / das Instrument wie in Watte gepackt. Für mich ließ das nur die Interpretation zu, dass bereits die Bandaufzeichung ein ausgeprägtes Modulationsrauschen erzeugte, also eine Frequenzmodulation, ein Seitenspektrum um die Originaltonhöhe.

Was letztlich zählt, ist die Musik und ihre Interpreten, und da hatte CBS (Columbia Broadcasting System) große Namen unter Vertrag.
Heute haben wir Möglichkeiten, durch angemessene geringe Kompression das Ergebnis zu "verbessern", aber gegen Modulationsrauschen hilft das mMn nicht. Da hätte es eines längsschwingungsfreien Bandtransports bedurft.Telefunken hatte eine Bandberuhigungsrolle beim Aufnahmekopf patentiert, schon im M15 zu sehen. Wenn die Weichmacher raus sind, quietschen (Cassetten-) Bander und das schlägt im Extremfall sogar als Ton auf den Lautsprecher durch.
Heute benutzen wir den Begriff Jitter, haben mit der Spektralanalyse ein Tool zur Erkenntnis, wissen, dass hohe Töne besonders gefährdet sind, und dummerweise noch keiner ein Mittel gefunden hat, den Jitter in der Aufnahme mit nachträglichen Maßnahmen zu entfernen.

Bringt man die Mikrofone sehr nah an das Instrument, erfasst man das Obertonspektrum überdeutlich (deutlicher als der Hörer aus der üblichen Distanz bei einem Konzert wahrnehmen kann). Die Brillanz des Signals ist besonders mit der Hörbarkeit /Modulationsrauschproblematik verknüpft.
Viele Aufnahmen vertragen es gut, wenn man die Höhen etwas herunterzieht, etwa 2-5dB bei 10kHz.
Am Beispiel eines Neumann U47 kann man schon sehen, dass der Frequenzgang nicht gradlinig verläuft.
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Wohl dem, der Klangregler hat - bei Klassikaufnahmen hatte ich den Hochtonknopf oft zwischen 10-11Uhr Position, dabei die Bässe leicht angehoben, so bei 1-2Uhr. Quad hatte eine Tilt-Funktion, die es ermöglichte, den Klang in Richtung Konzertsaal anzupassen.
Wir haben uns an zu helle Wiedergabe mit übertriebenen Details so gewöhnt, dass ein Schritt zum natürlichen Klang kaum möglich scheint, eher als Rückschritt aufgefasst wird.
Wenn die Aufnahme offenbar nur ein Monosignal enthält, kann diese deutlich besser klingen, wenn sie nicht zwischen 2 Lautsprechern zerrissen wird. Dazu hat man einen Balanceregler oder zieht den Netzstecker einer Box. Mit Lautstärkeausgleich natürlich, dann fällt auf, dass das Obertonspektrum eine andere Ausprägung hat, es weniger wird.
Damals, zur Mono-Ära hat man so abgemischt, dass der Klang über einen Lautsprecher befriedigend kommt (der zumeist ein Vollbereichschassis mit leichter Hochtonschwäche war).
Und der Trend zu mehr Höhen ist unübersehbar, er wird meist bevorzugt. Wer kennt nicht den Schalter Dolby Off am Tapedeck, der den Klang transparenter erscheinen lies - auf die vergleichende Gegenprobe mit der Originalaufnahme wurde meist verzichtet, sie wäre sehr ernüchternd ausgefallen, denn beim ordentlich eingemessenen Tapedeck sollte das eingeschaltete Dolby eine vollständige Klangfarbenübereinstimmung mit dem Original bringen.
Genauso ernüchternd fällt der Vergleich Tonträgerwiedergabe gegen Konzertsaal-Originalklang aus.
Es gibt kaum Aufnahmen, die so klingen wie an einem Platz in der 7.Reihe, Authentizität Mangelware
Ich empfehle, alle CBS Klassik-Aufnahmen auf absolute Polarität zu überprüfen, ich erinnere mich an keine CBS-Aufnahme, die positiv geliefert wurde, alle mir bekannten sind invers. Korrigiert wird die Abbildung weniger diffus, prägnanter und tonal stimmiger.
Nächster Schritt: FLOW ausprobieren, damit Grund und Obertöne in der Ortung zusammenspielen.
Alte Aufnahmen wurde unter Erfahrungswerten mit Vinyl abgemischt (irgendwo habe ich gelesen, dass sogar versucht wurde, die Abtastschwäche der damaligen Tonabnehmer in den Höhen vorauszuentzerren).
Das zieht den nächsten Schritt nach sich, Equalizer nach Gusto einzusetzen. Freestyle - alles was Spaß macht, ist erlaubt. In der Frühzeit des Stereo gab es noch ein Vakuum an Normen und verbindlichen neutralen Frequenzgängen, mit denen man im Studio arbeiten konnte oder sollte - bei der BBC hat man deshalb eigene Lautsprecher zum Abhören entwickelt und Abhörräume mit Akustikmaßnahmen entwickelt.

Meine Prognose: am Ende wird der beste, authentische, gut fokussierte und durchhörbare Klang deutlich dunkler ausfallen als der ursprünglich gelieferte (auch das an den Ursprungston gekoppelte Modulationsrauschen wird in gleichem Maße reduziert). Ich rippe und bearbeite meine Lieblingsaufnahmen so, dass mir am besten gefallen. Das gibt vielen Künstlern der Nachkriegszeit eine besser akzeptierbare Klangqualität, denn an musikalischem Ausdruck fehlte es nach Kriegsende nicht.
Grüße Hans-Martin
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Ich möchte diese Box wieder in Erinnerung rufen und auf eines meiner Highlights hinweisen:

Der Gesamteinspielung der Beethoven'schen Streichquartette mit dem Budapester Streichquartett.

Man mag es kaum glauben, dass diese Aufnahmen aus der ersten Hälfte der 40er Jahre stammen, so schön klingen die Streicher (für diese Zeit). Und man mag Menuhins Äußerung nachvollziehen, wonach die neue Technik mit ihrer Fähigkeit zur Höhenabbildung eigentlich nur nerve, zumal die Süße der alten Aufnahmen dadurch verloren gehe. Natürlich sind diese Streichquartetteinspielungen klanglich nicht so "gehaltvoll" wie moderne Produktionen, aber sie sind offenbar vorzüglich restauriert. Das sage ich unter Vorbehalt, weil ich keine Originalausgaben davon habe. Aber gerade auch die Störgeräuschfreiheit ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass das Ausgangsmaterial ja noch kein Bandmaterial gewesen sein kann. Und das offenbar ohne Einbußen auf klanglicher Ebene.

Gruß

Jochen
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