Flamenco (Latin/World)

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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Franz
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Flamenco (Latin/World)

Beitrag von Franz »

Flamenco

Flamenco ist mehr als nur eine Musik-Flamenco ist ein Lebensgefühl! Er vereinigt unzählige Stilrichtungen und es gibt ebenso viele Möglichkeiten der Beschreibung, wie der Interpretation. Doch bleiben alle Versuche der Darstellung nur wage Andeutungen dieser faszinierenden Kunst!

Die Wurzeln des Flamencos sind auf der iberischen Halbinsel zu finden. Durch die bewegte Geschichte Spaniens wurde diese Musik zum Schmelztiegel der Kulturen. Indische, arabische und iberische Einflüsse vermischen sich und lassen eine einmalige Kunstform entstehen. Klassische Melodien von Generation zu Generation weiter gegeben und nur selten in Noten oder Partituren gefasst, lassen diese Musik heute als bedeutendes "Weltkulturerbe" erscheinen.

Weltweit findet sich eine stetig wachsende Anhängerschaft, ähnlich wie beim Jazz oder Blues. Konzerte und Festivals auf allen Kontinenten belegen, dass sich der Flamenco, ähnlich seinem Wesen, überall erzeugen und leben lässt!

Geschichte des Flamenco

Drehen wir das Rad der Geschichte um einige Jahrhunderte zurück und begeben uns in das von den Mauren beherrschte Spanien. Immerhin waren die Araber fast 800 Jahre in Andalusien ansässig. Noch heute spürt man den imensen kulturellen Einfluß der arabischen Welt im Flamenco und in der andalusischen Gesellschaft.

Die im Flamencogesang typischen Modulationen auch´melismas´genannt könnten von den religiösen islamischen Gesängen stammen. Das berühmte "ole",z.B., leitet sich vermutlich aus dem Wort "Allah"(Gott) ab

Das Saiteninstrument (heute und hier Gitarre genannt) kommt ebenfalls aus Arabien.

Eine andere Theorie schreibt die Wurzeln dieser Musik eher den Zigeunern zu. Nach Europa kamen sie Anfang des 15. Jh auf der Suche nach neuen Lebensräumen . Ihren Ursprung vermutet man in Indien. Es gibt bis heute große Ähnlichkeiten zwischen indischer Folklore und Flamenco.

Dieses musikalische Vermächtnis der andalusischen Mischbevölkerung , Psalmengesang, die ionischen und phrygischen Tonarten wirkten inspirierend.Zweifelsfrei hat der Flamenco aber auch starke andalusisch folkloristische Wurzeln.

Zusammengefasst kann man sagen, dass der Flamenco in der friedlichen Koexistenz vieler Kulturen entstand. Diese liberale Grundeinstellung ist bis heute in dieser Musik spürbar.

Plattenempfehlungen:

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Gruß
Franz
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Dr. Holger Kaletha
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Beitrag von Dr. Holger Kaletha »

Hallo Franz,

der Flamenco finde ich, ist eine faszinierende Erscheinung, nicht nur Musik, sondern eine ganze Musikkultur, die wirklich im Leben verankert ist der ganz >normalen< Menschen auf der iberischen Halbinsel, die ihn genauso zum Leben brauchen wie Essen oder Trinken! Die Entstehungebedingungen reichen zurück in die Epoche, wo dort der Islam herrschte. Heute angesichts von Al Quaida-Terror ist ja völlig vergessen, daß der Islam in Spanien im Mittelalter Europa weit berühmt war für seine Toleranz! Juden, Christen und Moslems lebten dort friedlich zusammen - u.a. der große jüdische Philosoph Moses Maimonides. Wer in Europa verfolgt wurde, der flüchtete zu den toleranten Mauren. Im Jahr 1492, der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, wurden dann die letzten Mauren von den Christen aus Spanien vertrieben und die Ahambra von Granada erobert. In diesem denkwürdigen Jahr gab es dann die ersten Pogrome und Judenvertreibungen durch die Christen (!) - so etwas hat es zuvor unter dem Islam nie gegeben! Deshalb mag ich ja diese Heuchelei von Christen nicht, immer mit dem moralischen Zeigefinger auf den bösen Islam zu zeigen! Der Flamenco ist vielleicht die Frucht dieser maurischen Toleranz - ein wahrer Kulturmix mit Erfahrungsreichtum, Tiefgang und einem sehr archaischen, zeremoniellen Zug!

Die schöne Platte der Romeros gibt es doch auf CD? Ich habe ja keinen Plattenspieler! Wenn es sie gibt, werde ich sie mir besorgen! :D

Beste Grüße
Holger
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Höhlenmaler
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Beitrag von Höhlenmaler »

Hier ein wenig mehr zu den ---> Romeros
allerdings auch auf Schallplatte.

Portrait Pepe Romero
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Franz
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Beitrag von Franz »

Hallo Holger,

mit deinen Äußerungen über den Islam in Spanien hast du vollkommen Recht. Im Flamenco spiegeln sich islamische Wurzeln. Das zeigt auch, wie sehr das Lebensgefühl der Iberer islamisch geprägt war.
Ich will ja keine Religionskritik starten, aber meine Meinung dazu ist ganz einfach: Alle -ismen sind fatal, weil sie eine übersteigerte Form darstellen. Da ist die Toleranz dann auch weg. Und über´s Christentum reden wir lieber erst gar nicht. Sonst fang ich mit den Kreuzzügen an und höre nicht mehr auf. :mrgreen:

Ich glaub, die Romeros gibt es nur auf Platten, schau aber mal nach.
Die ist wirklich phantastisch. Da wird erzählt, gesungen, die Gitarren schwirren im Raum, Kastagnetten rasseln, es wird auf den Boden gestampft - kurz: das pralle andulusische Leben. Einfach herrlich!

Gruß
Franz
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Ralph
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Beitrag von Ralph »

Flamenco!

Großartig! Ich bekenne mich als absoluter Andalusienliebhaber.
Zahlreiche Reisen haben mich dorthin geführt und Land, Leute, Küche und Lebensgefühl kennen und schätzen zu lernen.
Ich habe einige Flamenco-Veranstaltungen gesehen:
Es gab tourismusorientierte auf Hotelterassen und ürsprüngliche in Flamencoschulen. Allen gemeinsam ist unglaubliche Ausstrahlung der Tänzer(innen).
Ich liebe diesen Tanz und bin dankbar für die genannte Musikbeispiele.
... Das kommt auf die Liste :)

Gruß aus Köln,

Ralph
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Franz
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Beitrag von Franz »

Hier ein weiterer Tipp in dieser Rubrik von mir:

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Das zweite bei FIM erschienene K2 HD Album ist ein Re-Mastering einer im Dezember 1987 in Utrecht/Holland aufgenommenen Flamenco-Session der Spitzenklasse. Dies war die Aufnahme, die selbst den Bewohnern Hong Kongs die fremde Musik nahe brachte.
Die neue FIM-Version ist nach Aussage von Winston MA die beste Flamenco-Platte die er jemals gehört hat. Ultradynamisch und fetzig, dabei zugleich warm und einfühlsam. Die Saiten der Gitarre flirren in warmem Abendlicht und plötzlich wirbelt Staub von den brutal getretenen Bodendielen auf. Klanglich selbst den bekannten Direktschnitten der 80er Jahre überlegen. Aber Achtung - wenn Ihre Anlage nur leise gut klingt, dann werden Sie sich ärgern.
Mit einer englischsprachigen Einleitung von Pepe Romero über das Wesen des Flamenco und Kommentaren zu jedem Track..

Titel
1. Farrucas 6:15
2. Zapateado 6:12
3. Aquellos duros antiguos 3:25
4. Soleras 5:36
5. Ha Entrao una fragata 4:44
6. Bulerias 4:39
7. De mi vera te fuistes 11:20
8. Alegrias 5:11
9. Sera el quererte 2:45
10. Mama yo quiero un lucero 3:39
11. Fu, porque non me dio`ganas 5:39
12. Y sino, me daba doble 5:42
13. Que se ven desde el Conquero 3:10

Gruß
Franz
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martino
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Carlos Heredia - Gypsy Flamenco

Beitrag von martino »

Gerade diesen alten Thread wieder ausgegraben. Nette Empfehlungen, werde ich mir anhören! Selber sehr empfehlen kann ich das hier. Läuft gerade, ayyyyyyy, die leiden immer so dramatisch die Iberer. :-)

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Carlos Heredia - Gypsy Flamenco

Wieder mal eine Einpunkt-Chesky-Aufnahme aus St. Peter's Episcopal Church in NYC. Virtuose Gitarre, Gesang, Palmas, Cajon, bei einigen Stücken auch Bass. Ein rohes und äusserst intensives Musikerlebnis, bin begeistert.

Highlights zum Reinhören:

#1 "No Quiero verte" und #7 "Cruzando Fronteras": Beide mit voller Besetzung und Dynamik.
#3 "Raices - Tarantos": Ruhige, unglaublich intensive Sologitarre.

Bei Amazon.de habe ich diesen Review aus der Stereoplay gefunden. Ottmar Liebert (wurde ja weiter oben empfohlen) scheinen sie allerdings nicht zu mögen, naja...
Stereoplay hat geschrieben: Der Titel mag ein wenig reißerisch sein. Doch dies ist auch schon das einzige Zugeständnis an den amerikanischen Markt. Dort haben musikalische Dialekte, die außerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten gedeihen, nur dann eine kommerzielle Chance, wenn sie mundgerecht weichgekocht und nur mit einer Prise exotischen Pfeffers bestreut werden. Flamenco - bei diesem Wort denken die meisten Amerikaner an das seichte Gitarrengeplätscher des aus Köln stammenden Ottmar Liebert. Carlos Heredia nun ist ein reinblütiger "Gypsy". Seine Heimatstadt: das romantische Triana, das mit seinen Pflastersteinsträßchen und weißgewaschenen Steinhäusern nicht weit von der Flamenco-Kapitale Sevilla entfernt liegt. Der Geist der althergebrachten Tradition jedoch lebt heute in Sevillas Außenbezirken, und so mußte sich Produzent Arturo Martinez auch dorthin, in die Gypsy-Gemeinde Thres Mil Vivendas, begeben, um das junge andalusische Talent Heredia zu finden. Bei den New Yorker Brüdern David und Norman Chesky fand Martinez begeisterte Unterstützung. Das Feuer und das Natürlich-Impulsive des Flamenco, der hohe emotionale Gehalt der Gesänge und Instrumentalweisen, der Drive und die Dynamik der Rhythmen - all dies kam den audiophilen Chesky-Ambitionen in hohem Maße entgegen. Zudem gehört Heredia zu jenen Vertretern seiner Zunft, die nicht nur den arabisch-maurischen Wurzeln ihrer Musik nachspüren. Er schlägt behutsam eine Brücke zu den urbanen Kulturen der Latinos und Afroamerikaner in den US-Großstädten. So tönt "Gypsy Flamenco" mit seinen virtuosen Gitarren-Exkursionen und kehligen Gesangseinlagen traditionell und zeitgemäß zugleich. In seinen Bulerias und Alegrias, Tangos, Fandangos und Tarantos zeichnet Heredia ein faszinierendes Gypsy-Porträt, von Cheskys Hausingenieur Bob Katz brillant durchsichtig eingefangen. Hier triumphiert Dynamik ohne vordergründige Showeffekte. ** Klang.: 09-10
Hörbeispiele und Download hier. Ist sogar gerade im Angebot für umgerechnet 10,50 EUR!!!

Martin
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Vielleicht nicht unbedingt authentischer Flamenco. Aber sehr gut gespielt (und aufgenommen). Es hat auch ein traditionelles Stück auf der CD, welches solo auf der Gitarre gespielt wird. Der Rest ist irgendwo zwichen Flamenco und Latin Jazz anzusiedeln zum Teil auch ein Bisschen poppig.

Habe ich übrigens heute abend live gehört und gesehen. Das Konzert war extrem gut und die anmutige Tänzerin ist eine Augenweide.

http://www.nickperrin.ch/

Gruss

Charles
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