Moin Forenten,
um diesen Strang mal wieder etwas zu beleben, berichte ich von meiner späten Entdeckung der Harenberg-Führer.
Früher habe ich über sie nur die Nase gerümpft, denn sie richteten sich an den Laien und wer möchte schon mit solchen verglichen, gar verwechselt werden. Inzwischen habe ich den unbestechlichen Vorteil dieser Eigenschaft entdeckt, denn er ermöglicht es einem, den Blick zu weiten: wenn ich erst hochtrabende Literatur zu einem Musikstück studieren will, bevor ich sie höre, entgeht mir manches. Das muss nicht sein. Jedenfalls nicht, wenn ich nicht will.
Und irgendwann wollte ich nicht mehr. So habe ich also mein Herz über die Hürde geworfen und mir die Führer gekauft. Als Einstieg halte ich sie inzwischen und noch immer für das -- wirklich DAS -- Mittel der Wahl. Sie schließen nahtlos an meine Magazin-Lese-Karriere an, die sich in drei Phasen gliederte,
- 1. Testberichte und technische Artikel
2. Kleinanzeigen
3. Rezensionen
die interessanterweise dem Aufbau aller derartiger Magazine entspricht. So ab 2004 lese ich überhaupt keine Magazine mehr, von gelegentlichen Sonderheften einmal abgesehen, aber auch das nur noch selten. Was mich wirklich interessiert, finde ich hier und was ich hier nicht finde, ist sowieso uninteressant. Quatsch, aber ich darf Euch doch mal ein bisschen loben, oder?
Als ich es also vollbracht hatte, meinen bourgeoisen Bildungs-Dünkel abzulegen, in einer Buchhandlung also einmal einen solchen Führer "für Angeber" in die Hand zu nehmen, war ich sofort sehr angetan, denn der Herr Harenberg hatte es geschafft, die richtigen Leute zusammenzubringen. Denn das ist der Trick dieser Führer: in ihnen sind zwar nicht die Rezensionen, wohl aber die CD-Tipps der einschlägigen Magazine vertreten. Sehr gut möglich, dass die Aufsätze in den Büchern Teile der Rezensionen enthalten oder auch nur bloße Kopien sind, aber das würde sie in meinen Augen nicht schlechter machen.
Im Internet gibt es alles ja auch gebraucht, und so ist es nicht so schlimm, dass Herr Harenberg seinen Verlag dann an Meyers/Brockhaus Lexikonverlag verkauft hat. Der Verkauf könnte noch egal sein, aber die Folgen waren bedauerlich: um die Werke in das bei Meyers/Brockhaus übliche Format -- sprich:
rund 800 Seiten -- zu bringen, wurden die Führer überarbeitet, was in erster Linie bedeutet: gekürzt. Dabei sind als erstes die CD-Tipps -- häufig mehrere mit kleinen Cover-Fotos -- über die Klinge gesprungen und zu bloßen Einspielungserwähnungen -- immer nur einer -- verkommen. Ich empfehle daher, die alten, gebrauchten Werke ernsthaft zu prüfen. Man erkennt sie am Umfang von
über 1000 Seiten und am Aussehen.
Dass bisweilen bei den alten Führern unten schon
Meyers draufsteht, braucht nicht weiter zu irritieren. Die alten Werke sind zunächst unter neuem Label weitergefertigt und erst Schritt für Schritt redaktionell überarbeitet worden. Entscheidend ist immer der große Umfang (falls man im Internet ohne Foto kauft) und das Einbanddesign.
Damit auch Sigi zu seinem Recht kommt, hier also jede Menge Bilder zu den Führern, damit nicht noch jemand auf die Idee kommt, mein Aussehen sei gemeint. Auf geht's, schön nach aufsteigender Instrumentierung sortiert (und Gesangwerke am Schluss).
KLAVIERMUSIK -- RICHTIG
... mit CD-Tipps von FonoForum und einem Geleitwort von Martha Agerich
KLAVIERMUSIK -- FALSCH
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... mit CD-Tipps von Gramophone und einem Geleitwort von Lord Yehudi Menuhin
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CHORMUSIK
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Fingerzeig für Verrückte: 60% der Führer beginnen mit K. Kann das Zufall sein?
Herzliche Grüße
PETER