Brahms Streichquartette

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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alcedo
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Brahms Streichquartette

Beitrag von alcedo »

Guten Abend, Kammermusikinteressierte

Ich hatte hier viewtopic.php?p=217738#p217738 ja schon mal über die neue Aufnahme mit den Streichsextetten von Brahms kurz berichtet. Diese Musik hat mir so gut gefallen, dass ich mir meine vorhandenen Interpretationen der 3 Brahms´schen Streichquartette ebenfalls vorgenommen habe. Doch diese Alben haben mich nicht mehr wirklich begeistern können – obgleich ich früher doch so gerne das Amadeus Quartett, das New Budapest Quartett oder das ABQ gehört hatte. Alles etwas zu dick und schwärmerisch im Ton (für mein Dafürhalten). Also habe ich mich in neuere Aufnahmen hineingehört - und wurde fündig.

Gleich 3 Quartette haben mich gefangen genommen und überzeugt:
Das Artemis-Quartett, das Belcea-Quartett (war nicht verwunderlich nach ihrer famosen Sextett-Einspielung) und das Cuarteto Casals (die ich noch nie gehört hatte – und muss zugeben: ich habe überhaupt noch nie ein spanisches Streichquartettensemble gehört).

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Vom Artemis-Quartett habe ich nur Nr. 1+3 gefunden, obwohl ich mir sicher bin, vor vielen Jahren auch schon einmal das 2. Streichquartett mit ihnen (müsste in der ursprünglichen Besetzung gewesen sein) gehört zu haben. Sie spielen recht analytisch, vielleicht sogar etwas kühl und arbeiten sehr schön die Struktur heraus. Der Brahms´sche Ton (dieses immer leicht melancholische in der Musik) wird für meinen Geschmack recht gut getroffen. Klangsatt und sinnlich zugleich. Man höre sich nur mal das 1. Streichquartett von ihnen an (z.B. den intimen langsamen Satz)!

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Das Belcea Quartett trifft diesen auch, ist aber noch etwas schlanker, romantisierender, körperlicher im Tonfall. Sie spielen sehr präzise, perfekt aufeinander eingestimmt und ausdrucksstark. Allein die hinreißende Interpretation des 3. Streichquartetts ist den Kauf der Aufnahmen wert.

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Die jungen Himmelsstürmer vom Cuarteto Casals (haben u.a. beim LaSalle Quartett und beim ABQ studiert) dagegen spielen frisch und unverkrampft. Sie wollen einen Brahms „ohne Bart“ zeigen, wie sie selbst sagen. Nicht dick, schwer und dunkel, sondern eher leichtfüßig, von Haydn her gesehen. Und das ist unglaublich spannend zu hören. Eine direkte, packende Aufnahmetechnik gibt’s (wie auch bei den anderen beiden Empfehlungen) obendrein. Anspieltipp: das Andante Moderato des 2. Streichquartetts habe ich noch nie so schlüssig und logisch empfunden wie hier.
Nicht umsonst haben sie 2002 beim Hamburger Brahms-Wettbewerb gewonnen.

Beste Grüße aus dem sonnigen Spanien
Jörg
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