J.S. Bach - Suiten für Violoncello

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
frankl
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Beitrag von frankl »

Hallo Forenten,

seit ich vor vielen Jahren mal an einem schönen (und langen) Konzertabend alle 6 Cello-Suiten von Mstislav Rostropovich spielen gehört habe, haben sich auch so einige Aufnahmen davon bei mir angesammelt (die wurden wohl alle weiter oben irgendwo erwähnt). Da fand ich es erstaunlich, dass bei so vielen großartigen Aufnahmen mich eine ganz neue Aufnahme vom ersten Ton an so in ihren Bann ziehen konnte. Deswegen möchte ich in diesem Thread unbedingt die neue Aufnahme von Kim Kashkashian erwähnen, die nicht auf dem Cello, sondern auf der Bratsche gespielt wurde:
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Neben der fesselnden Musik ist auch die audiophile Aufnahmequalität mehr als überzeugend (Polarität korrekt).

Interessant ist es auch, wie anders der Sound der 6. Suite ist, die auf einem anderen (5-saitigen) Instrument gespielt wurde.

Viele Grüße,
Frank
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Guenni
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Beitrag von Guenni »

Spielt Yo-Yo Ma eigentlich immer noch mit dem (2. Cello - Dawidow-Stradivari) Cello von Jacqueline du Pré? Das soll ja recht schwer zu spielen sein - jedenfalls ist das auf Äußerungen von du Pré so hervorgegangen. Die denke ich wäre eine Bereicherung meiner Sammlung. In meinem Streaming Sortiment finden sich momentan :

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Auf CD sind es auch nochmal 2-3 Gesamt Einspielungen.

Sehr schön hat mir letztens die von Demenga gefallen. - Da ich ein Verfechter der These bin, dass es keine absolute Richtigkeit in Musikinterpretationen gibt finde ich auch ungewöhnliche Interpretationen zunächst nicht ablehnenswert. Sehr ohrenscheinlich ist das in einer Interpretation der Goldberg Variationen letztens erst mir wieder bewusst geworden. Seit Tureck und Gould hört man die mehr oder weniger sehr ähnlich gewichtet und unter besonderer Betonung auch des "architektonischen" Gefüges.

Mir ist jetzt eine Einspielung von Kempff in die Hände gefallen - wenn man da gleich die Aria hört ist man zunächst überrascht was da einem zu Ohren kommt. Die Frage ist - ist es falsch? Geradezu sangbare Melodien werden da herausgearbeitet. Finde ich bei Tureck auch wunderschön, die quasi beides versucht umzusetzen.

So ähnlich ging es mir mit der Demenga Einspielung - man glaub teilweise andere Stücke zu hören. Eventuell ist eine kompositorische Grundausbildung und Beschäftigung hilfreich bei der Freimachung von tradierten Interpretationen mal neue Wege zu suchen. Akzente, Artikulation und Rubati sowie Phrasierungen sind hier schon besonders.

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Starker hat auch eine besondere Interpretation zu Wege gebracht, mir gefällt leider der hallige Ton der Aufnahme nicht so.

Was mich bei Bach immerwieder staunen läßt, ist das seine Musik fast ohne Inhaltliche Verluste auf andere Instrumente transponiert werden kann. Z.B. gibt es (ich kenne die aber leider nicht) das ganze auf Tuba von einem koreanischen Künstler. ;)

Nochmal offtopic: Hört euch mal von Helmut Walche das Wohltemperierte Klavier zB: BWV 855 Prelude an. (Cembalo) 1959 mit perfektem Klang!
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music is my escape
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Beitrag von music is my escape »

frankl hat geschrieben:Hallo Forenten,

seit ich vor vielen Jahren mal an einem schönen (und langen) Konzertabend alle 6 Cello-Suiten von Mstislav Rostropovich spielen gehört habe, haben sich auch so einige Aufnahmen davon bei mir angesammelt (die wurden wohl alle weiter oben irgendwo erwähnt). Da fand ich es erstaunlich, dass bei so vielen großartigen Aufnahmen mich eine ganz neue Aufnahme vom ersten Ton an so in ihren Bann ziehen konnte. Deswegen möchte ich in diesem Thread unbedingt die neue Aufnahme von Kim Kashkashian erwähnen, die nicht auf dem Cello, sondern auf der Bratsche gespielt wurde:
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Neben der fesselnden Musik ist auch die audiophile Aufnahmequalität mehr als überzeugend (Polarität korrekt).

Interessant ist es auch, wie anders der Sound der 6. Suite ist, die auf einem anderen (5-saitigen) Instrument gespielt wurde.

Viele Grüße,
Frank

Hallo Frank,

Vielen Dank für die Erwähnung dieser großartigen Einspielung! Sie rotiert seit einiger Zeit auch bei mir und obwohl ich im Gegensatz zu Dir erst einmal etwas Zeit benötigte, um damit warm zu werden, gefällt sie mir mittlerweile ausgezeichnet. Wie man auch im Thread hier nachlesen kann, gibt es wohl einige Experten, welche der Ansicht sind, dass Bach besagten Suiten ursprünglich sogar für die Bratsche geschrieben hat und tatsächlich gibt es einige Einspielungen damit; Kashkashian setzt in meinen Ohren aber einen neuen Höhepunkt.

Viele Grüße,
Thomas

:cheers:
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Guenni
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Beitrag von Guenni »

Fortepianus hat geschrieben:Mit keinem Wort versucht er entgegen seiner ständigen Beteuerung, wie nahe ihm die Musik geht, sich dieser verbal zu nähern, er reiht statt dessen aneinander, wer diese Musik schon alles gespielt hat und wie bedeutend sie doch sei. Warum
Ich habe damals mit großer Freude Joachim Kaisers Buch: Beethovens 32 Klaviersonaten und ihre Interpreten gelesen. Ich kenne das oben besprochene Buch nicht - aber ein Buch welches sich dem Werk eines Komponisten über dessen Interpreten und deren Interpretationen nähert fand ich damals äußerst interessant. Es war aber auch sehr fundiert und mit kleine Anekdoten und persönlichen Kontakten angereichert eine kurzweilige Lektüre. Ohne dieses Buch wäre ich wohl nie in den Besitz der Gesamteinspielung von Arthur Schnabel gekommen oder hätte mir die Interpretationen von Solomon Cuttner besorgt. Die Leidenschaft die aber aus den Beschreibungsversuchen Kaisers herrührte ließ mich auch sehr betagte Aufnahmen anhören.
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Hallo liebe Bach Fans - schönes Thema - ich liebe die Bach Suiten. Wegen Ihnen habe ich mal angefangen Cello zu lernen - bin aber nur bis zum berühmten G-Dur Präludium der ersten Suite gekommen. Auf der Gitarre beschäftigen mich die Suiten (deren Pendant) nun schon Jahrzehnte :-)

Zwei Einspielungen möchte ich euch noch ans Herz legen:
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Paolo Beschi - Cellist von Giardino Armonico - ein ausgewiesener Experte für alte Musik.
Seine Einspielung begleitet mich nun schon seit Jahren. Ich mag sie einfach, klar gibts auch andere schöne.

Eine besondere Entdeckung war für mich die folgende ungewöhnliche Einspielung auf einer Gambe.
Das ist nicht gerade mein Lieblingsinstrument - hier entsteht aber doch ein gewisser Zauber (wenn man sich darauf einlässt). Anfangs mag es etwas irritierend klingen. Wenn auch plötzlich andere Stücke die Favoriten werden.. Paolo Pandolfo ist einer DER Gambisten in der Alte Musik Szene.

Viel Vergnügen
Sebabe

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luebeck
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Beitrag von luebeck »

Hallo Freunde der klassischen Musik,
meine Lieblingsaufnahme dieser Suiten ist weiterhin die von Lynn Harrell:
https://www.discogs.com/de/J-S-Bach-Lyn ... er/1368878
Dieses ursprünglich digital aufgenommene LP-Album scheint es auch auf CD zu geben.
Allerdings listet Discogs.com diese Version nicht in Zusammenhang mit obigem Master-Release:
https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail ... um/3441817
Schöne Grüße
Günter
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Sebabe
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Beitrag von Sebabe »

Die Arenas Aufnahme ist ja wirklich eine tolle Entdeckung! Danke Jochen!

Ich würde sagen hier spielt schon jemand der sich über die historische Aufführungspraxis sehr bewusst ist.
Arenas spielt nutzt die Dynamik seines Instruments vielleicht weniger aus als zB. Beschi. Ich habe das Gefühl hier spielt jemand der sich einfach "der Schönheit" verschieben hat. Dabei verliert er aber nicht den tänzerischen Charakter der einzelnen Sätze - sogar im Gegenteil. Es federt alles nicht einer ungewöhnlichen Leichtigkeit. Die Aufnahme, der Klang des Cellos und des Raums sind auch in meinen Ohren excellent.
Er tanzt und erzählt und ist dabei herausragend elegant. Unter den guten Interpretationen würde ich sagen er ist "der Ästhet". Kommt bei mir in die Sammlung der Favoriten.

Noch eine Version die hier nicht unerwähnt bleiben sollte, ist die von Heinrich Schiff:
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Den ersten Satz fand ich lange nicht so richtig mein Fall - daher habe ich sie lange links liegen gelassen.
Das war aber ein Fehler. Schiff spielt sehr leidenschaftlich und kraftvoll. Er spannt tolle Bögen und alles hat zu jederzeit eine Spannung. Hört man sich ihn länger an, passt auch der erste Satz ins Bild.
Auf jeden Fall interpretatorisch ein Kontrast zu Arena - beide haben aber Ihre Berechtigung.

Durch den Vergleich verschiedener Interpretationen kommt man der Musik immer nochmal ein Stück näher. Da ist die Möglichkeit, die wir nun durch Dienste wie Qobuz haben schon ein Genuss.
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B. Albert
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Beitrag von B. Albert »

Tach,

es gibt eine neue Aufnahme der Suiten von Yo Yo Ma:

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https://www.amazon.de/Six-Evolutions-Ba ... ellosuiten

Von seinen insgesamt bis jetzt drei Einspielungen scheint sie mir die beste zu sein. Abgeklärt, virtuos, einfach schön (sorry, bin nicht so der Schreiber).

Die Aufnahme von Kashkashian ist hammermäßig gut. Ich behaupte ja, Bach habe die Suiten für ein bratschenähnliches Instrument komponiert. Immerhin soll er selbst ein guter Bratschist gewesen sein.

VG Bernd

P.S.: Vllt holt er ja noch Janos Starker ein; von dem habe ich fünf verschiedene Aufnahmen in meiner Sammlung.
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music is my escape
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Beitrag von music is my escape »

Hallo an alle,

es gibt Neues:

Recomposed by Peter Gregson: Bach - Cello Suites

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Im dazugehörigen Klappentext heißt es:

Die Cello Suiten von Bach Recomposed, modern und grandiose. Auf Recomposed by Peter Gregson: Bach - The Cello Suites spielt nicht ein einziger Solist, es spielen sechs Cellisten, darunter Gregson selbst, die Stücke, die er in ein subtiles elektronisches Klangbett gelegt hat. Er habe sich Bachs Kompositionen nicht als Bild gedacht, also zweidimensional, sondern als Skulptur, beschreibt Gregson. Auch wenn das Objekt gleich bleibe, könne man es drehen und wenden, es aus wechselnden Perspektiven betrachten, das Licht darauf richten und unterschiedliche Schattenformen sehen, verschiedene Gefüge erkennen.

Man darf gespannt sein. Als großer Freund aller bisherigen Teile von DGs ReComposed-Reihe, allen voran Max Richters furiosen Vier Jahreszeiten, erwarte ich einiges - wäre aber auch nicht allzusehr verwundert, läge hier die erste Enttäuschung vor, liest sich das alles doch etwas sehr bemüht.

Grüße,
Thomas
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Thomas,
music is my escape hat geschrieben:Man darf gespannt sein. Als großer Freund aller bisherigen Teile von DGs ReComposed-Reihe, allen voran Max Richters furiosen Vier Jahreszeiten, erwarte ich einiges - wäre aber auch nicht allzusehr verwundert, läge hier die erste Enttäuschung vor, liest sich das alles doch etwas sehr bemüht.
Korrekt vermutet! Im Vergleich zur wirklich herausragenden Neueinspielung von Yo-Yo Ma ist diese Interpretation/Rekomposition der Cello-Suiten belanglos langweilig. Bestenfalls tauglich als Versuch, eine jüngere Generation an dieses einmalige Werk heranzuführen. Man sagt ja, Bachs Werke seien im Gegensatz zu Werken anderer Komponisten selbst durch eine noch so schlechte Interpretation nicht zu verunstalten. Es sein denn, man hat sie "recomposed" ... :mrgreen:

Viele Grüße
Rudolf
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B. Albert
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Beitrag von B. Albert »

Tach,

ich habe den Gregson via Spotify gehört und muss gestehen: ich hatte Schlimmeres erwartet. Wie Rudolf zu Recht sagt, mag sie für "Klassiknovizen" einen netten Einstieg bieten. Mehr ist es aber nicht.

VG Bernd
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