Komponistinnen klassischer Musik

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
alcedo
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Komponistinnen klassischer Musik

Beitrag von alcedo »

Hallo zusammen,

nachdem wir andernorts schon öfter über Dirigentinnen, die neben ihren Kollegen langsam aber stetig die Konzertsäle erobern. und vergessene Komponisten diskutiert haben, möchte ich hier nun eine neue Rubrik über "vergessene Komponistinnen" eröffnen. Nicht, dass für mich das Geschlecht an sich irgendeine Rolle spielen würde. Ich finde es nur schade, dass ich (euch geht es vielleicht ganz anders) so wenig gute von Frauen komponierte Musik kenne. Meist fallen mir nur die Namen Clara Schumann und Fanny Hensel-Mendelssohn ein.

Durch bestimmte Umstände hatte ich nun ein paar Tage Gelegenheit, bis zu 8 Stunden Musik täglich genießen zu können. Was ich reichlich nutzte, um Rezensionen, Hörbücher und neue Musik zu hören. Und dabei stieß ich auch auf eine Besprechung über die Symphonien 1 und 3 von Louise Farrenc, aufgenommen von der französischen Dirigentin Laurence Equilbey und ihrem Insula Orchestra.

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Die Französin Farrenc war zu ihrer Zeit (1804-1875) sowohl als Komponistin, Interpretin, Lehrerin, Verlegerin und Musikwissenschaftlerin berühmt und als zweite Frau überhaupt in der Geschichte des erzkonservativen Pariser Konservatoriums als Klavierlehrerin angestellt. Für mein Empfinden komponiert sie sehr feingliedrig, mit vielen wunderbaren Melodien und finessenreicher Virtuosität (im sehr lesenswerten Booklet mit "... niemand versteht es so gut wie sie, bewegtere Passagen mit poetischeren Momenten in Kontrast zu stellen" umschrieben). Besonders schön: die ausgesprochen filigranen, teilweise kammermusikalischen Holzbläserpartien, die nicht im Violinenbrei untergehen.

PS: wer mag, kann sich alles auch auf Youtube anschauen:
https://www.arte.tv/de/videos/102491-00 ... e-farrenc/

Eine dicke Empfehlung für alle, die sich ihre Neugier auf (Wieder-)Entdeckungen in der Klassik bewahrt haben.

Viele Grüße
Jörg
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

alcedo hat geschrieben: 13.08.2021, 10:44 Ich finde es nur schade, dass ich (euch geht es vielleicht ganz anders) so wenig gute von Frauen komponierte Musik kenne. Meist fallen mir nur die Namen Clara Schumann und Fanny Hensel-Mendelssohn ein.
Hallo Jörg,

da bin ich doch gespannt. Auch wie der thread weitergeht. Wenn du/wir so wenig Musik dieser Provenienz kennen, liegt das vermutlich auch daran, dass es so wenig gibt. Wie die Dirigentinnen haben auch die Komponistinnen erst in unserer Zeit größere Chancen und Möglichkeiten, sich in dem Metier zu betätigen und Anerkennung zu bekommen. Neben den von dir genannten beiden Komponistinnen fiele mir spontan nur noch Sofia Gubaidulina ein. Einen Moment später noch Lena Auerbach. Aber dann müsste ich meine Gehirnzellen schon quälen, um noch mehr Namen von Komponistinnen hervorzukramen.

Und deswegen danke für den Hinweis auf Louise Farrenc.

Viele Grüße

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Kurze Ergänzung für Interessierte - auf wikipedia findet sich eine nette Übersicht "berühmter Komponistinnen":
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von ... 9Cbersicht

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Grüße
Jörg
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Jörg,

ich bin erstaunt, wie viele Namen da auftauchen. Nun ja, ich kenne auch längst nicht alle Namen männlicher Vertreter des Fachs. Allerdings verstehe ich den Ausdruck in der Wikipedia: "bekannte Komponistinnen" nicht im Sinne von berühmt, sondern eher im Sinne von: sie sind in den Quellen belegt, ihre Namen sind bekannt als die von Komponistinnen.

Viele Grüße

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Jochen,

du hast recht. Ich habe aus "bekannten" (wie es so auch in wikipedia steht) fälschlicherweise "berühmte" gemacht. Sorry ...
Aber wer weiß: vielleicht werden sie ja jetzt berühmt?
:cheers:

Viele Grüße
Jörg
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Franz
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Beitrag von Franz »

In diese Rubrik fällt wahrscheinlich auch Eleni Koraindrou:

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Eleni Karaindrou wurde in einem griechischen Bergdorf namens Teichio geboren. Sie studierte Klavier und Musiktheorie am Hellenischen Konservatorium in Athen, Geschichte und Archäologie an der Universität von Athen sowie „Ethnomusicology“ und Orchestrierung an der Sorbonne und an der Scuola Cantorum in Paris.
Seit 1975 komponierte Eleni Karaindrou Werke für mehr als 20 Spielfilme, etwa 40 Theaterstücke sowie für zahlreiche Fernsehproduktionen. Meistens arbeitete sie mit griechischen Regisseuren zusammen; vor allem mit Theo Angelopoulos, mit dem sie seit 1983 eine regelmäßige kreative Zusammenarbeit verbindet. Weitere Projekte führten sie mit Harold Pinter, Chris Marker, Jules Dassin, Margarethe von Trotta u.a. zusammen.
Karaindrou gewann zahlreiche Preise und Auszeichnungen, unter anderem den State Music Award von Griechenland für ihre Komposition zu “Eternity and a Day”, den Dmitris Mitropoulos Award für ihre Theatermusik (1994–96) und den Fellini Award von Europa Cinema, Italien.
Im Jahr 2002 erhielt sie das Goldene Ehrenkreuz vom griechischen Präsidenten für ihr Lebenswerk. 2004 wurde ihre Musik zu “The Weeping Meadow” für den Europäischen Filmpreis nominiert.
Eleni Karaindrou nimmt seit 1991 für ECM auf. In enger Zusammenarbeit mit dem Produzenten Manfred Eicher arrangiert und überarbeitet sie ihre Bühnen- und TV-Kompositionen für die Veröffentlichung auf CD. Ihre bisher bei ECM erschienen Alben sind “Music for Films”, “The Suspended Step of the Stork”, “Ulysses’ Gaze”, “Eternity and a Day”, “Trojan Women”, “The Weeping Meadow”, “Elegy of the Uprooting” und !"Dust of Time".
Quelle: https://www.klassikakzente.de/eleni-kar ... /biografie

Obige Aufnahme entstand im Jahr 2010 mit den Stargästen Kim Kashkashian, Jan Garbarek, Vangelis Christopoulos und dem Camerata Orchester in die Athener Megaron Konzerthalle, die Aufführung war ein grandioser Erfolg, der auf der ECM CD aus dem Jahre 2013 nachvollziehbar ist.

Gruß
Franz
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rpaul
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Beitrag von rpaul »

Guten Morgen,

dann möchte ich hier noch auf das Sophie Drinker Institut und besonders auf Marie Jaëll aufmerksam machen.

Durch einen Beitrag im DLF bin ich auf beides aufmerksam geworden.

M. b. M. n. ist das dort zu findende Instrumentalistinnen-Lexikon das umfangreichste im deutschsprachigen Raum.

viele Grüße
Robert
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo, zusammen,

heute abend gab es mal wieder Musik von einer mir bis dato unbekannten Komponistin: Florence Price.
Qobuz hat kürzlich das neue Album mit den Smyphonien 1 + 3 unter dem Dirigat von Yannick Nézet-Séguin und dem Philadelphia Orchestra herausgebracht.

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Wikipedia: Price (1887 - 1953) war die erste Afroamerikanerin, die in den USA als Komponistin klassischer Musik bekannt wurde.
Und weiter: Die Sinfonie in e-Moll, mit der sie 1932 den Wanamaker Prize gewann, wurde zur Weltausstellung 1933 vom Chicago Symphony Orchestra unter Leitung von Frederick Stock aufgeführt.

Hier findet sich eine nette Vorstellung der Komponistin: https://www.swr.de/swr2/musik-klassik/i ... e-100.html

Die 1. Symphonie ist sehr eingängig, bietet leichten Zugang und erinnert in vielen Passagen an eine Mischung aus Dvoraks 9. Symphonie und negro-amerikanischen Spirituals sowie (im Scherzo) Tänzen.
[edit] im Internet habe ich den Hinweis gefunden, dass es sich bei den 3. Sätzen in ihren Symphonien um sog. "Juba Dance" (einem afroamerikanischen Plantagen-Tanz, der von Sklaven aus dem Kongo stammen soll)

Auch die 3. Symphonie aus dem Jahre 1940 bereitet keinerlei Probleme und ist ähnlich lyrisch-tänzerisch wie die 1. Symphonie.

Viel Spaß beim Reinhören ... es gibt noch viel zu entdecken.

Beste Grüße
Jörg
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grobian.gans
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Beitrag von grobian.gans »

Hallo, allerseits,

ich schicke an dieser Stelle mal Cécile Chaminade ins „Rennen“. Mit einer sehr ansprechenden Aufnahme aus der Steinway Edition.

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Grüße

Hartmut
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Hartmut

auf der Suche in Qobuz nach deiner Empfehlung bin ich noch auf 2 interessante Alben gestoßen, die offenbar einen sehr schönen Überblick über das Schaffen einiger Komponistinnen geben:

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sowie

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Kommen auf meine Urlaubsliste - bin schon gespannt, wie sich das anhört 8)

Beste Grüße
Jörg
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Urs
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Martha von Castelberg (1892–1971)

Beitrag von Urs »

Eine eher unbekannte Schweizer Komponistin ist
Martha von Castelberg
https://www.mvc-stiftung.ch/

Einige Musikbeispiele wären hier:
https://www.mvc-stiftung.ch/leben/person/#

Gruss
Urs
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo,

ich bin in einer der Gazetten auf eine Empfehlung für diese Produktion gestoßen:

It's a Girl! - Klaviertrios von Komponistinnen

Ich finde die bei schneller Suche nur bei jpc:

https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail ... m/10498220

Ob die Produktion das hält, was die Rezension verspricht, kann ich nicht sagen. Denn ich habe die SACD nicht. Wenn es Vinyl gäbe, hätte ich schon zugeschlagen. ;)

Viele Grüße

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Guten Abend,

in meinem Urlaub hatte ich genügend Zeit, um die weiter oben erwähnte Box mit Werken von Komponistinnen
(viewtopic.php?f=17&t=12932&p=209372&hil ... en#p209372) ausgiebig über Qobuz hören zu können. Damit gelingt einem sicher schnell der Einstieg/ Zugang zu den Werken von Seeger, Tailleferre, Gubaidolina, Clarke, Boulanger usw.

Was mich in dieser Edition allerdings stört, ist das Fehlen eines Booklets (zumindest bei Qobuz) und dass einige Werke nur in Auszügen vorhanden sind. Schade ...

Dennoch haben mich die Werke von 2 Komponistinnen nachhaltig beeindruckt: Crawford Seeger und Cécile Chaminade. Zu letzterer hat ja Hartmut weiter oben schon eine exzellente Aufnahme - u.a. mit einer herrlichen, an Schumann erinnernden Klaviersonate - empfohlen (ich höre sie gerade ein 2. Mal ;-)) .

Zu Crawford Seeger werde ich mir sicher auch noch einige weitere Alben anhören.

Beste Grüße
Jörg
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Jörg und Interessenten,

gibt es die Produktion auf haptisch erfahrbaren Medien? Ich finde nichts mit meiner Suchmaschine des geringsten Misstrauens. Und Qobuz hat die nur zum Streaming, aber nicht zum Download.

Viele Grüße

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Jochen

das ging mir auch so :cheers:
Habe deshalb das gesamte Album zum offline-hören runtergeladen und in meinem Urlaub dann durchgehört. Meines Erachtens lohnt es als Einstieg. Danach sollte man sich eher auf die einem interessant erscheinenden Stücke und Komponistinnen konzentrieren und dediziert nach entsprechenden Alben zum Vertiefen suchen. So mache ich es zumindest.

Viele Grüße
Jörg
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