Einstiegshilfen in die klassische Musik

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
JoDeKo
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Beitrag von JoDeKo »

Donny hat geschrieben: 20.02.2021, 20:18...
Ich habe bei Jazz immer das Gefühl, dass die Musiker hier ihre Gefühlswelt voll ausleben, diese aber seltenst mit meiner in Einklang ist. In mir werden dann eher negative Emotionen hervorrufen. Das Gefühl, dass sich mir die Fußnägel hochrollen. Ich empfinde diese Musikart als sehr innervierend. Aber vielleicht habe ich da bisher auch immer den falschen Einstieg gewählt. Will jetzt hier nicht weiter auf Jazz eingehen, aber vielleicht wäre ein Threat "Einstiegshilfe in den Jazz" auch mal ein Thema. ...
Ja, wäre wohl einen Thread wert.

Was Du mit innervierend meinst, verstehe ich. Das tritt dann auf, wenn man den "falschen" Jazz hört bzw. mit ihm einsteigt. Genau das ist mit ja auch passiert.

Bei Klassik ist es aber - jedenfalls für mich - nicht anders. Habe ich keinen Zugang, dann nervt es...
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo, liebe Jazzfreunde

die Idee eines weiteren "Einstiegsthreads" - dann mit den Thema Jazz - finde ich ausgesprochen gut und reizvoll.
Hier fühle ich mich allerdings nicht genügend sattelfest. Wenn sich jemand dazu berufen fühlt und die Zeit dafür investieren mag, unterstütze ich sehr gerne. Freiwillige vor!

Gespannt abwartende Grüße
Jörg
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Melomane hat geschrieben: 18.02.2021, 19:26 ich würde mich freuen, wenn hier auch Rückmeldungen gegeben werden nach dem Motto:
"Ich habe mich probeweise auf die Klassik eingelassen, konnte aber
- wie bisher keinen Zugang finden,
- war richtig erstaunt und möchte mehr kennenlernen."
Und warum.
Guten Morgen, liebe Klassiksuchende

diesen Gedanken von Jochen möchte ich hier noch einmal aufgreifen. Denn die meisten Beiträge zu diesem Thema kommen ja von Hörern, die längst diesen Zugang gefunden haben. Vielleicht sind unsere Vorschläge und Ideen ja völlig daneben, da wir das selbst nicht mehr überprüfen können.
Eure Erfahrungen (auch negative!) halte ich für extrem wichtig, da nur so dieser Thread noch besser werden kann. Sonst ist es eher ein Ideen-Friedhof als eine echte Anregung ... Also nur zu und mutig Erfahrungen berichten.

PS: ist auch bestimmt leichter als beim feinsicherungsgetauschten handgeklöppelten mikrophoniebehafteten Kabelhören ;-)

Beste Grüße
Jörg
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Donny
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Beitrag von Donny »

JoDeKo hat geschrieben: 21.02.2021, 09:21 .....
Was Du mit innervierend meinst, verstehe ich. Das tritt dann auf, wenn man den "falschen" Jazz hört bzw. mit ihm einsteigt. Genau das ist mit ja auch passiert.

Bei Klassik ist es aber - jedenfalls für mich - nicht anders. Habe ich keinen Zugang, dann nervt es...
Hallo,

ja da hast Du wohl Recht. Das gibt es natürlich auch bei "Klassik" und ist auch stark von Personen und dem Geschmack abhängig.


Ich erinnere mich mit Grausen an einen Konzertbesuch. Luigi Nono "Prometheus II" https://www.youtube.com/watch?v=5n-JuMnzVgA. Ich glaube da waren auch Stücke von Schönberg dabei. Ich saß leider in der Mitte und hatte keine Chance zu fliehen.
Fühlte mich ein wenig wie Prometheus zur Fressenszeit. Wäre das mein Einstieg in die Klassik gewesen, so hätte es sich wohl nachhaltig und für immer erledigt gehabt. Noch heute ca. 30 Jahre später bekomme ich Gänsehaut, wenn ich daran denke. Für mich war das ein traumatisches Erlebnis. Auf jeden Fall hat es einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Es gibt bestimmt Leute, die das super finden. Ich empfehle es nicht als Einstieg.

Ansonsten würde ich mich auch freuen hier von Leuten zu lesen, die sich an die Klassik "herangewagt" haben und ihre Erfahrung.

Viele Grüße
Dietmar
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Bajano
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Beitrag von Bajano »

alcedo hat geschrieben: 21.02.2021, 10:48 PS: ist auch bestimmt leichter als beim feinsicherungsgetauschten handgeklöppelten mikrophoniebehafteten Kabelhören ;-)

Beste Grüße
Jörg
Hallo Jörg,

da muss ich Dir leider widersprechen, denn bei meinen Hörtests weiß ich ja mittlerweile ganz genau worauf ich bei welchen Songs achten muss und deshalb nehmen sie nicht mehr besonders viel Zeit in Anspruch. Entweder ich höre sofort einen signifikanten Unterschied, oder nicht ... Ohrenbrechen war gestern :cheers:.

Bei mir und Klassik verhält es sich ein wenig kompliziert. Zunächst muss ich in der Stimmung sein, um Klassik hören zu wollen (mir gelingt das oft nur am Sonntag) und dann muss mich die Musik emotional erreichen. Genau das ist mein wunder Punkt ... bei allen anderen Genres (selbst Techno) kann ich sofort nach den ersten Takten sagen, ob mir die Musik gefällt. Bei einem Klassik-Album muss ich länger dran bleiben um diese Entscheidung treffen zu können und diese Zeit möchte ich nicht immer investieren (warum auch immer).

Eure Empfehlungen finde ich persönlich bereichernd und ich höre mir auch fast alles zumindest auszugsweise über Tidal (sofern verfügbar) an. Leider trifft es aber zu ca. 90% (vielleicht noch) nicht meinen Geschmack, die restlichen 10% höre ich mir dann irgendwann nochmal an. Allerdings ist Eure Taktrate für mich einfach zu hoch, denn mehr als ein bis zwei Klassik-Alben in der Woche schaffen meine Ohren nicht :wink:.

Ich persönlich höre Musik grundsätzlich nicht "intellektuell", sondern nur nach Gefühl und deshalb kann ich mir nur schlecht vorstellen, mich an ein bestimmtes Genre heranzutasten. Vielleicht bin ich aber auch noch nicht "reif genug" für Klassik.

Nun habe ich doch deutlich mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte. Der nächste Test mit Feinsicherungen steht an und deshalb verabschiede ich mich ganz schnell :mrgreen:.

Einen schönen Sonntag & viele Grüße,
Oliver
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Thomas86
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Beitrag von Thomas86 »

Hallo Oliver,

ich finde du sprichst hier ein paar sehr gute und zutreffende Punkte an.
Erstmal herzlichen Dank für das Feedback.

Ich finde die Idee von Jörg sehr gut, „Klassik-Interessierte-Neulinge“ an die Thematik heranzuführen.

Was haltet ihr davon, konkret über ein Werk zu sprechen, was vorgeschlagen wurde?
und zwar nicht (hauptsächlich) intellektuell, sondern wie Oliver schrieb, „nach Gefühl“.
Soll heißen: Was macht die Musik mit euch, was gefällt euch (was gefällt euch nicht), etc.

Ich denke so können beide Seiten sich sehr gut einen Annäherungsversuch starten.
Gerne mache ich mit einem kleinen Werk, (was n.m.M. gut hörbar ist und einen relativ leichten Zugang ermöglicht) den Anfang

Eine Nacht auf dem kahlen Berge von Modest Mussorgsky #Programmmusik

„Mussorgski beschreibt den Tanz der Hexen in der Johannisnacht (vom 23. auf den 24. Juni) auf dem Lyssaja gora („kahlen Berg“), einem Ort der slawischen Mythologie, der ähnlich dem Blocksberg als Versammlungsort der Hexen gilt.“
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Eine_Na ... hlen_Berge

Ich finde dieses ca. 11 minütige Werk äußert mitreißend, energiegeladen, ja gerade zu ekstatisch.
Die Violinen peitschen ihre Skalen quasi durch das ganze Orchester und das Blech „schmettert“ heroisch, bösartig im hinteren Vordergrund. ;)
Quasi betörend ist der langsame Schlußteil, wehklagend die Geigen und die Flöten zusammen mit der Harfe fast schon „versöhnend“.

Hier der öffentiche Link zur Musik:
https://youtu.be/AEm8VJAEnPA

Wenn sich hier einer denkt: „hmm, hab ich doch schonmal wo gehört“, könnte sein, dass ihr den Film Natural Born Killers gesehen habt.

viele Grüße
Thomas
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Guten Abend zusammen,

im Internet auf der Suche nach Informationen zu einem ganz anderen Thema, stieß ich zufällig auf einen wunderbaren Film über die Symphonien von Johannes Brahms mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter Järvi: Der Brahms Code - Paavo Järvi und Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen https://www.dw.com/de/der-brahms-code- ... v-50888381

Der Link ist vermutlich nur vorübergehend erreichbar, ermöglicht aber eine sehr gute Einführung in die Symphonien 3 und 4 von Brahms. Dirigent und einzelne Musiker erklären (und spielen) die wichtigsten Motive, erläutern Hintergründe und sinnieren über ihre eigenen Interpretationsansätze. Schön fand ich auch die Stelle, an der einige Musiker erklären, was für sie immer noch das Besondenre ist, wenn sie etwas aufführen, das sie doch schon dutzende Male gespielt haben.

Das ist eine Einführung für Neugierige mit dem Vergrößerungsglas!

Viele Grüße
Jörg
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Donny
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Beitrag von Donny »

Hallo Jörg,

danke für den Tip. :cheers:

Sehr schön anzuschauen/hören




Viele Grüße
Dietmar
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Donny
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Brahms Code Paavo Järvi

Beitrag von Donny »

Hallo,

hier noch der Link zu Teil 1.

https://www.dw.com/de/der-brahms-code-t ... v-50794330

Ich habe mir beide mit großem Interesse und Spaß daran angeschaut. Ich kann es nur nochmal empfehlen. Eine wirklich kurzweilige "Einstiegshilfe" und mehr um in die wunderbare Musik "reinzuschnuppern".

Da Herr Paavo Järvi dabei so sympathisch und fröhlich auftritt und ich das mal am Stück von Ihm hören will, habe ich mir direkt die CDs (Vinyl habe ich leider nicht gefunden) bestellt und freue mich richtig drauf. Werde auf einige Passagen nun besonders achten. Ich denke es erschließt einem nochmal einen weiteren Zugang zur Musik und Interpretation, wenn man sich mit den Hintergründen stärker beschäftigt. Fügt dem Hören eine weitere Dimension hinzu.


Viel Spaß dabei

Dietmar
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Mega-Lupe
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Beitrag von Mega-Lupe »

Hallo zusammen!
Ich bin definitiv kein Auskenner aber vllt. kann ich euch berichten was mir sehr gut hilft.
Ich höre sehr gerne, nahezu zu jeder Tageszeit WDR3. Deren politisch-gesellschaftlicher Erziehungsauftrag hat sich seit 2015 auch erheblich gesteigert aber der Progarmmkern ist zu guten Teilen erhalten geblieben.
Ich sags mal so: Ist wie der DJ im Club. Der Selecta. Hörenwertes wird zusammengetragen, aufbereitet, thematisch sortiert - und von Kennern kommentiert.
Es ist für mich Nicht-Musiker sehr lehrreich auf bestimmte Passagen, Inszenierungen oder Hintergründe hingewiesen zu werden, die ich dann tatsächlich hören kann.
Bspw. bei CD-Vorstellungen fällt mir das stark auf: werden sie vorgestellt oder besprochen gelingt es mir viel besser mich in die Musik hineinzuversenken als wenn ich mir die entsprechende CD besorge und sie auf mich allein gestellt höre.
Ich nenne einfach mal die Sendung Tonart - deren beiträge sind sogar per Podcast nachhör- oder downloadbar:
https://www1.wdr.de/radio/wdr3/programm ... index.html

Und die Konzert die dort gepsielt werden gefallen mir meist auch sehr gut.

Viele Grüße
Ralf
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Horse Tea
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Beitrag von Horse Tea »

Werte Klassikeinsteiger und werte Mozartliebhaber,

hier eine Anregung und einmalige Gelegenheit sich angeleitet einem der ungewöhnlichsten Werke der klassischen Musik für Bläser nähern zu können.

https://youtu.be/GCi6fuFkiDM

Viele Grüße
Horst-Dieter
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Horst-Dieter,

schöner Link, hat mir sehr gut gefallen. François-Xavier Roth ist schon ein Charmeur - und besitzt viel Witz :wink:

Gestern bekam ich eine weitere Empfehlung von einem Freund: was ganz "altes" (gemeint waren Aufnahmen aus den 50er Jahren).

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(Quelle Qobuz)

Neugierig habe ich direkt in die ersten Aufnahmen reingehört und bei Haydns 45. Symphonie (die ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr gehört habe) geschah etwas Unfassbares: mitten im letzten Satz redet doch ein Musiker laut und deutlich "Auf Wiedersehen" - und der Dirigent antwortet wie selbstverständlich und ruhig ebenfalls "Auf Wiedersehen". Unglaublich! Als dann gegen Ende des Satzes immer öfter einer nach dem anderen das Podium verlässt, dämmerte es mir. Die Symphonie heißt "farewell", also "Abschied" ...

Hier nachzuhören auf CD4:
https://www.qobuz.com/de-de/album/westm ... 2894792506

Aber warum dieses komische "Auf Wiedersehen? Auf keiner meiner anderen Aufnahmen ist das enthalten (habs überprüft ;-)) Ich fand diesen Satz früher auch immer recht mühsam, weil er irgendwie "langweilig" klang. Also habe ich bei wikipedia nachgelesen:

Oft wird zu diesem Adagio berichtet, dass die Musiker die Anweisungen hätten, in der o. g. Reihenfolge das Orchester zu verlassen. Diese Hypothese beruht auf folgender Überlieferung:

Es existierte eine Verordnung, die den Musikern der Kapelle auftrug, ohne ihre Frauen und Kinder im Schlosse Esterházy zu erscheinen, sobald dort die Sommersaison begann. Den ganzen Sommer hindurch hatten die Musiker somit keinen Kontakt zu ihren Familien; davon ausgenommen waren nur zwei Sänger, der Geiger Tomasini und Haydn. Als Grund wurde angegeben, dass für so viele Leute kein Platz sei. Als die Musiker sich beschwerten, weil sie zwei Haushalte zu führen und Heimweh hätten, zahlte der Fürst, ohne zu zögern, eine Zulage. Die Hauptsache schien ihm, die Frauen und Kinder seiner Leute nicht sehen zu müssen. Der Musiksommer 1772 zog sich jedoch in die Länge, und die Musiker bestürmten Haydn, sich beim Fürsten für sie einzusetzen. Die Aufführung stellt Heinrich Eduard Jacob so dar:

„Nach nicht mehr als 100 Takten machten alle Instrumente auf der Dominante von Fis plötzlich halt: völlig unerwartet begannen vier Violinen ein Thema zu spielen, das man bisher nicht gehört hatte, zu schleppen und auseinander zu fallen. Etwas Unerhörtes geschah am Pult des zweiten Hornbläsers: er und der erste Oboist standen mitten im Spielen auf, packten die Instrumente ein und verließen das Podium. Elf Takte weiter ergreift der bisher unbeschäftigte Fagottist sein Instrument, doch nur um kurz, unisono mit der zweiten Geige den Anfang des ersten Motivs zu blasen; dann löscht er das Licht aus und geht gleichfalls ab. Nach sieben Takten folgen ihm der erste Hornist und die zweite Oboe. Jetzt löst sich das Cello, das bisher mit der Bassgeige gemeinsame Wege gegangen ist, von ihr los: bei einer Wendung – unvermutet setzt Cis als Dominante ein – steht die Bassgeige auf und geht davon. Immer schmalbrüstiger wird die Musik, immer dünner. Haydn am Klavier dirigiert weiter, als bemerke er nichts. Ein paar Adagio-Takte in A-Dur. Doch während sie erklingen, verschwinden nach und nach der Cellist, der dritte und vierte Violinist und der Bratschist.

Es ist fast finster im Orchester. Nur an einem Pult brennen noch zwei Kerzen: hier sitzen Luigi Tomasini und ein zweiter Violinist, denen das letzte Wort zufiel. Leise, durch Sordinen gedämpft, erklingt der Wechselgesang ihrer Geigen, in Terzen und Sexten sich verschlingend und dann wie im leisesten Hauch ersterbend. Jetzt sind die letzten Lichter erloschen, die letzten Geiger aufgestanden und wie Schatten an der Wand verschwunden: ein Atem herbstlicher Einsamkeit weht in den Zuhörerraum hinüber. Wie Haydn auf Zehenspitzen abgehen will, tritt der Fürst heran und legt ihm leise die Hand auf die Schulter: „Mein lieber Haydn! Ich habe verstanden. Die Musiker sehnen sich nach Hause… Gut denn! Morgen packen wir ein…“

Im Vorsaal harrte die Kapelle in banger Erwartung ihres Meisters. War ihm der liebende Streich gelungen? Aber da war er schon unter ihnen, mehr als Worte verriet sein Blick ihnen den glücklichen Ausgang der Sache. Mit Umarmungen zogen sie ihn fort.“



Der Dirigent Hermann Scherchen hat also in seiner Aufnahme dieses Sich-Entfernen der Musiker akustisch eingefangen :cheers:

Wer jetzt Lust bekommen hat, sich diese Symphonie anzuhören, dem sei neben der sehr guten obigen Aufnahme aus dem Jahre 1958 auch eine neuere aus dem Jahre 2007 empfohlen: Liebreich und das Münchner Kammerorchester mit einem tollen Klangbild:

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Viele Grüße
Jörg
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Jörg,

die Geschichte mit der Familienzusammenführung war mir neu. "Meine" Version war immer die, dass die Musiker Urlaub hätten haben wollen. Dass da mehr mit verbunden war als bloßer Urlaub in unserem heutigen Sinn, war mir nicht bekannt. :cheers: Sei's drum, es hat ja der Überlieferung zufolge geklappt mit dem "Urlaub".

Viele Grüße

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Jochen,

es gibt ja noch weitere Erklärungen bzw. Entstehungstheorien (der Titel "Abschiedssinfonie" entstand wie so oft nachträglich und steht nicht auf dem Autograph drauf) - keine davon ist allerdings verbürgt:

+ Ökonomische Gründe sollen den Fürsten veranlasst haben, seine Kapelle aufzulösen.
+ Haydn wollte mit dem Spielabbruch einzelne Spieler, die ihm zu aufsässig waren, foppen.
+ Haydn habe ein Gegenstück zu dieser Sinfonie geschrieben, wo die beiden Violinen den Anfang machen und die übrigen Musiker nach und nach erscheinen.

Beste Grüße
Jörg
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Jörg,

ich habe mir gerade den 4. Satz der Abschiedssinfonie angehört. Wirklich schön inszeniert. Ich glaube allerdings nicht, dass der Dirigent antwortet. Vielmehr verabschiedet sich ein Musiker nach dem anderen - und man hört ihn dann die Bühne verlassen. Interessantes Zeitdokument zudem: Man hört keine Musikerin und keinen ausländischen Akzent. Außer dem österreichischen "natürlich" - es spielte ja das Orchester der Wiener Staatsoper.

Viele Grüße

Jochen
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