Einstiegshilfen in die klassische Musik

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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alcedo
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Einstiegshilfen in die klassische Musik

Beitrag von alcedo »

Guten Abend,

Jochens Bemerkung
Melomane hat geschrieben: 18.12.2020, 13:54 ... weil sie neulich in einem Interpretationsvergleich dieses Werks, gesendet von BR-Klassik, erwähnt wurde als gelungene Ausgabe ...
brachte mich zu der Überlegung, ob es nicht eine gute Idee sein könnte, hier in einem eigenen Faden Vorschläge und Empfehlungen zu sammeln, wie alternativ Zugänge zur klassischen Musik gefunden werden können.

Ich bin das schon häufiger gefragt worden und habe da nur wenige Antworten parat. Sicherlich habe ihr noch viel mehr Ideen und Tipps, die wir hier für Interessierte zugänglich machen können.

Meine Vorschläge sind:

a) Musiksendungen wie die oben erwähnte von BR-Klassik "Interpretationen im Vergleich" https://www.br-klassik.de/programm/send ... h-100.html
Ist meist sehr kurzweilig und man kann recht schnell die Unterschiede der verschiedenen Interpretationen nachvollziehen. Eine Einführung in das jeweilige Werk ist es jedoch nicht.

b) Als Einstieg (und stellenweise auch später zum Nachschlagen) eignet sich recht gut das leicht lesbare und sehr gut ausgestattete Buch "Das Cambridge Buch der Musik" von Stanley Sadie & Alison Latham. Gibt es gebraucht für unter 10 EUR (hat früher mal um die 40 gekostet).

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Viele Grüße und in der Hoffnung, dass hier noch viel mehr Empfehlungen hinzukommen werden
Jörg
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Gut sind auch Biographien - idealerweise via Hörbüchern in Kombination mit passenden Musikbeispielen.
Hier fällt vor allem die sehr gut editierte und aufgemachte Reihe von BR Klassik ins Auge, hrsg. von Jörg Handstein.
Beispielsweise diese hier

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Oder die meines Wissens auf 10 CDs erhältliche Reihe von Stefan Schaub, die man sich u.a. auch in Qobuz anhören kann:
https://www.qobuz.com/de-de/album/faszi ... 0099123921

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Viele Grüße
Jörg
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Thomas86
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Beitrag von Thomas86 »

Lieber Jörg,

könntest du in diesem Kontext den Begriff "Einstieg" noch genauer fassen?

Einstieg zum Hören, quasi eher "leichte Muse", oder Infos zu den Stücken?

viele Grüße
Thomas
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Thomas,

ich würde es eher "Hinführung" nennen. Freunde - auch hier im Forum - erzählen immer wieder, dass sie gerne Klassik hören würden, aber noch keinen Zugang zu dieser Musik gefunden haben. Offenbar gelingt es einfacher, den Zugang zu Pop oder Jazz zu finden (um das mal ganz grob zu umreißen)
Nicht immer wohnt aber ein guter Freund um die Ecke und erklärt das ein oder andere.

Ich meine nicht, welche Musikstücke zum Einstieg gut geeignet sind. Da habe ich auch schon oft daneben gelegen :mrgreen:
Mir selbst wurde vor ca. 45 Jahren Mozart empfohlen - und ich konnte nichts damit anfangen. Bei Wagner hat es dann geklappt - aber ich habe auch als Jugendlicher griechische Sagen, die Edda, das Nibelungenlied usw. verschlungen ;-)

Viele Grüße
Jörg
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Thomas86
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Beitrag von Thomas86 »

Hallo Jörg,

ich hoffe ich habe dich richtig verstanden.

Dann empfehle ich folgende Produktion:

Mozart – Messe in c-Moll, KV 427 (mit Werkeinführung)

Mozarts unvollendete Messe in c-Moll von 1782 gilt als eine der herausragenden Messvertonungen der Musikgeschichte. Die CD präsentiert die Ersteinspielung einer neu herausgegebenen Rekonstruktion. Eine CD mit Werkeinführung aus der Reihe BR-KLASSIK WISSEN – Wege zur Musik. rbb kulturradio: „Großartig. Eine absolute Empfehlung!“ concerti.de: Vier Sterne. „... klangfarbenfreudig interpretiert von einem bestens disponierten Ensemble.“ Die vorliegende CD präsentiert die Ersteinspielung der in der Fachwelt gelobten Rekonstruktion. Zusammen mit der Werkeinführung wird eine Auseinandersetzung mit dem Meisterwerk unter neuen Blickwinkeln ermöglicht.

https://www.br-chor.de/cd-dvd/mozart-me ... nfuehrung/

https://open.spotify.com/track/5hiDo1An ... 95dz4vxWAA

Gerne würde ich ein Bild einfügen, doch das stößt bei mir immer noch auf Unkenntnis.

viele Grüße
Thomas
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Jörg und hallo die anderen zum thread Beitragenden,

ich scheue mich, konkrete Bücher etc. zu empfehlen. Jeder, der sich der Klassik nähern möchte, will woanders abgeholt werden. Deswegen steuert all eure Empfehlungen bei! Den einen oder anderen wird man so erreichen. Mit möglichst vielen unterschiedlichen Empfehlungen. :cheers:

Grundsätzlich meine ich: Das ganz Entscheidende ist, dass man bereit ist, über den gewohnten Tellerrand zu schauen - besser: zu hören. Und nicht gleich zu sagen: Das gefällt mir nicht! Kann mir auch gar nicht gefallen! Sondern zu versuchen zu beschreiben, was nicht gefällt. Und andererseits, wenn die Neugier gesiegt hat, zu erfassen, was denn jetzt mich angesprochen hat. Und wenn es meinetwegen "der Drive, der Groove" ist, weil man den kennt, dann ist das schon genial gut: Man hat den Zugang gefunden über die Analogie zum Bekannten. Und bitte keine Angst vor der Klassik! Die beißt nicht! Und man braucht kein abgeschlossenes Musikstudium, um sie zu mögen. Und wie immer: Man höre nicht nur auf sein Umfeld. Ein eigenes Urteil ist, was zählt.

Und deswegen ist meine Empfehlung: Falls jemand eine Klassikproduktion hier erwähnt, nicht einfach weiterklicken, sondern mal reinhören. Und deswegen ist es auch wertvoll, wenn der den Beitrag Schreibende noch den einen oder anderen Hinweis gibt, worauf zu achten sich lohnt. Und nicht einfach nur einen link zum Gehörten postet. Und wenn dann der Hörer nichts mit der genannten Produktion anfangen kann, dann bedeutet das nicht, dass Klassik generell nichts ist. Versuche man lieber, den nächsten Vorschlag zu konsumieren. Und wenn nie und nimmer Freude/Interesse geweckt wird, dann gilt: Nicht jeder muss erreicht werden. Es gibt so viel schöne Musik. Nicht nur klassische.

Sie hörten das Wort zum Sonnabend. Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit. :D

Viele Grüße

Jochen
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Liebe Klassikfreunde und solche, die es noch werden wollen,

Im Programm von BR Klassik findet sich eine sehr interessante Box mit den Oratorien von Bach mit Werkeinführungen:

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Die Weihnachtszeit bietet den idealen Zeitpunkt zum Einstieg in die faszinierende Welt von Bachs Chormusik.

Viele Grüße
Rudolf
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo,
mein "Einstieg" war Walter Carlos Switched On Bach, deren Transkription auf Moog Synthesizer mich beeindruckte, gefolgt von The Nice Brandenburger, Emerson, Lake & Palmer, Ekseption, Deodato, Jacques Lousier Play Bach...
Die Melodien fraßen sich in mein Gedächtnis, machten neugierig, die Suche nach den Originalen folgte.
So hat sicherlich jeder seinen eigenen individuellen Weg, von der Musik davongetragen zu werden, eigene innere Motivation, sich mit den Originalen zu béschäftigen.
Ich habe damals Tschaikowskis Sinfonie Nr. 6 „Pathétique“ dirigiert von Lorin Mazel auf LP gekauft, Label Europa für 5 Mark. Der Funke sprang nicht über, törnte mich ab. Heute höre ich sie mit Mravinsky, welch ein Unterschied!
Für Rossini "Ouvertüren" empfehle ich einen italienischen Dirigenten wie Claudio Abbado, für Dvorak "Aus der neuen Welt" einen Tschechen wie Libor Pesek. Das ließe sich fortsetzen.
Ein Freund von mir spielte Orgel, ich habe registriert. Er hat mir Sachen gezeigt. So fand ich meinen Einstieg.
Irgendwie will man abgeholt werden...
Grüße
Hans-Martin
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo zusammen,

dein Plädoyer hätte am Anfang dieses Threads stehen sollen, lieber Jochen. Schön auf den Punkt gebracht.
Genau darum geht es mir!

Und das Problem dabei:
Melomane hat geschrieben: 18.12.2020, 21:07 Jeder, der sich der Klassik nähern möchte, will woanders abgeholt werden.
Hans-Martin hat geschrieben: 18.12.2020, 22:19 Irgendwie will man abgeholt werden...
Eine hervorragende Möglichkeit, um "abgeholt" zu werden und in die Klassik hineinzufinden, bietet sich oft bei Konzerten in großen Häusern.
Hier in der Kölner Philharmonie beispielweise gibt es häufig 1 Stunde vor dem Konzert eine 30minütige Einführung in das jeweilige Programm, moderiert von dem bekannten Musikkritiker Christoph Vratz. Fast immer ist einer der später auftretenden Künstler dabei und/oder über CDs wird auf verschiedene Aspekte des Programms hingewiesen. Kostenfrei und sehr empfehlenswert.

VG,
Jörg
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hkampen
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Beitrag von hkampen »

Hi,

es kommt natürlich immer drauf an, was die Einsteigerin oder der Einsteiger sonst gerne hört. Mit Bach z.B. kann ich nicht viel anfangen und ich würde nie auf die Idee kommen, ihn für Einsteiger zu empfehlen. Mozart oder Beethoven auch nur begrenzt, das ist, bis auf ein paar "Hits" eher Level 2. Anfangen würde ich mit Vivaldis Vier Jahreszeiten, aber keine von den Easy Listening Versionen, und so einiges von Tschaikowsky. Letzterer ist, meine ich, der Musik am nächsten, die fast jeder kennt: Filmmusik.

Grüße
Harald
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Hironimus_23
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Beitrag von Hironimus_23 »

Hallo Zusammen,

ich hatte meinen Einstieg über die folgenden 4 CD, die ichauf längeren Autofahrten immer gerne gehört habe. Es werde verschiedene Klassikstile, Komponisten und auch die (teils historischen) Instrumente vorgestellt und zusätzlich von einem Sprecher kommentiert. Dadurch konnte ich recht schnell einen Überblick über klassische Musik bekommen und auch meine persönlichen Präferenzen entdecken.
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Viele Grüße,
Hironimus
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo nochmal,

man sollte sich auch eines klar machen: Die Klassik war die Pop-Musik ihrer Zeit. Vielleicht hilft auch das, nicht in Ehrfurcht zu erstarren, sondern die eigenen Ohren zu öffnen. ;)

Viele Grüße

Jochen
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Horse Tea
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Beitrag von Horse Tea »

Hallo zusammen,

Wir haben dies gerade diskutiert, sind aber unschlüssig, ob hier ausgewiesene Klassikhörer gute Ratgeber sind.

Ein Weg könnte über Ohrwürmer gehen. Vivaldi "Die vier Jahreszeiten" wurden bereits genannt, Tschaikowski ebenfalls, hier z.B. das Violinkonzert. Aber schon Haralds Einwand gegen Mozart, z.B. die Klavierkonzerte, macht uns stutzig. Bach auch nicht, trotz des "Weihnachtsoratoriums"? Mussorgski "Bilder einer Austellung" und natürlich Ravels Bolero fallen mir spontan noch ein. Und wer da Gefallen daran gefunden hat, kann sich mit dem Komponisten weiter beschäftigen.

Ein anderer Weg könnte über ein Instrument gehen, dass man früher oder in einem anderen Genre mal gespielt hat und das man hören mag, etwa Gitarre, Flöte, Gesang oder Schlagzeug usw.

Ich kenne den klassischen Musikgeschmack einiger Foristen und da werde ich wieder stutzig. Eine der beliebtesten Komponisten, zumindest, was die Zahl der Alben angeht, ist Shostakovitch, Kammermusik kommt praktisch gar nicht vor, wenn man von Klaviersonaten absieht. Ich finde sehr verwunderlich, dass solch hoch komplexe und durch Krieg und Diktatur wesentlich beeinflusste, also sehr schwermütige, Musik dominiert. Relativ transparente oder melodische Musik ist eher selten. Kein Wunder, dass man das nicht täglich hören will. Macht es sich der gelegentliche Klassikhörer selbst schwer? Wo kommen die Anregungen dazu her?

Last but not least, ergreift mich Livemusik mehr als die Konserve. Das Lifekonzert hat mich für klassische Musik sozialisiert. Das ist momentan natürlich sehr schwer. Ich habe aber noch vor einer Woche ein als Gottesdienst getarntes Konzert gehört: Weihnachtslieder auf klassischen Blasinstrumenten sehr variabel verziert, jazzig, klassisch und kindergerecht interpretiert.

Meine Frau mag kaum noch Musik ohne Bild hören. Da gibt es heute wunderbare Möglichkeiten mit YouTube, aber auch arte concert und BR Klassik usw.

Also ran an den Speck!

Viele Grüße
Horst-Dieter
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hkampen
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Beitrag von hkampen »

Hi,

ein schönes Konzert in einer Philharmonie mit eingängiger klassischer Musik kann den Funken überspringen lassen und den Eindruck verdrängen, dass es sich um eine spießige Veranstaltung handelt - was ja durchaus noch bei Rockfans meiner Generation eine verbreitete Meinung ist. Musik mit Gesangssolisten würde ich erstmal rauslassen, mit Chor geht. Gerade bei Gesang haben sich die Hörgewohnheiten am stärksten verändert.

Als Pop aus vergangenen Zeiten würde ich klassikische Musik allgemein allerdings nicht bezeichnen. Sie findet in der Gegenwart eher ihre Entsprechung beim Progressive Rock und "Art Jazz". Der Pop war Tanzmusik, erst regionale Gruppen für Volkstanz, Walzer, mit dem Aufkommen von Schallplatte, Radio und Tonfilm dann Tänze wie Swing, Foxtrott oder Tango - Walzer begann etwas früher. Außerdem gab es Lieder, die von fahrenden Musikern verbreitet wurden, zum Teil auch vereinfachte Varianten von klassischen Kompositionen. Operette würde ich jetzt auch nicht unbedingt zur Klassik rechne.

Grüße
Harald
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Melomane hat geschrieben: 18.12.2020, 23:42Die Klassik war die Pop-Musik ihrer Zeit.
Hallo,
führt man Pop auf populus (lat."Volk") zurück, wird sie (Pop-Musik ihrer Zeit) vielleicht der Sache nicht ganz gerecht, denn Kompositionen wurden zumeist von Herrschenden bezahlt, um bei Hofe Unterhaltung zu haben.
Das Volk durfte selbst singen, hörte Musik in der Kirche, oder wenn die Soldaten in den Krieg zogen.

Kantabilität ist für mich ein wichtiges Merkmal, schafft langfristige Merkfähigkeit.
Die Bachsche Bauernkantate war gewissermaßen der deutsche Schlager zu seiner Zeit (Gassenhauer)
Grüße
Hans-Martin
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