Ketil Bjørnstad - A Passion for John Donne u.a.

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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Amati
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Ketil Bjørnstad - A Passion for John Donne u.a.

Beitrag von Amati »

Guten Abend.

Karl Valentin hat einmal gesagt. „Wenn die stille Zeit vorüber ist, wird es auch wieder ruhiger“ und meinte die Vorweihnachtszeit. Dass das selten so erlebt wird, kennen wir wohl alle.
Tatsächlich erlebe ich persönlich (subjektiv) aber gerade die Zeit dieser Pandemie als so eine „stille Zeit“.
Genau die Zeit zuhause Dinge tun zu können, zu denen man im Alltag sonst nicht kommt, wünschte ich mir manchmal vor Weihnachten.
Platten zu hören, die schon länger hier liegen.
Eine dieser Platten möchte ich Euch heute ans Herz legen, wobei ich nicht weiß, ob diese Platte hier schon mal vorgestellt wurde. Gefunden habe ich sie jedenfalls nicht, aber schon einige Platten von Ketil Bjørnstad. Hier also jetzt:

Ketil Bjørnstad - A Passion for John Donne (2014) (hier in 24/96)
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Quelle: JPC

Für diejenigen, die mit den Namen nichts anfangen können. Wikipedia gibt dazu folgende Info:
Ketil Bjørnstad (* 25. April 1952 in Oslo) ist ein norwegischer Schriftsteller, Lyriker, Komponist und Pianist, der offenbar eine Leidenschaft für John Donne hat. „John Donne (* 22. Januar 1572 in London; † 31. März 1631 ebenda), war ein englischer Schriftsteller und der bedeutendste der metaphysischen Dichter. Sein Werk umfasst Predigten, religiöse Gedichte, Übersetzungen aus dem Lateinischen, Epigramme, Elegien, Lieder und Sonette.

Aufgenommen im März 2012 in der Sofienberg Kirke in Oslo, spielen hier ein Klavier, ein Tenorsaxophon, eine Flöte und Percussions. Dazu singt der Oslo Chamber Choir. Hier ein Bild von der Aufnahmesituation.
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Quelle ist das booklet der CD

Herausgreifen möchte ich den Titel: "A Valediction: Forbidding Mourning"

"A Valediction: Forbidding Mourning" ist ein metaphysisches Gedicht von John Donne. "A Valediction" wurde 1611 oder 1612 für seine Frau Anne geschrieben, bevor er nach Kontinentaleuropa reiste. Es handelt sich um ein 36-zeiliges Liebesgedicht, das zwei Jahre nach Donnes Tod erstmals in der Sammlung Songs and Sonnets von 1633 veröffentlicht wurde. Basierend auf dem Thema zweier Liebender, die sich für längere Zeit trennen wollen, zeichnet sich das Gedicht durch die Verwendung von Einbildungen und genialen Analogien zur Beschreibung der Beziehung des Paares aus. (aus dem englischen Wikipedia übersetzt.)

Beginnend mit dem Anblasen des Saxophons folgen 8 Minuten und 20 Sekunden in denen man sich in der Kirche samt ihrem Nachhall wähnt.
Neben absoluten Ohrwurmqualitäten sind sowohl Solisten, als auch der Chor und die Instrumente ein Genuß. Der Text des Poems von John Donne ist hier vertont.
Das Urteil „Geht so“ ist bei mir normalerweise die höchste Form der Anerkennung. Aber hier ist mein Urteil kurz und Knapp: WOW. 10 Punkte
Insgesamt 15 Titel umfasst die Scheibe.
Eine absolute Empfehlung. Die anderen 14 Stücke sind allesamt richtig gut und ich wünsche viel Spaß bei diesem außergewöhnlichen Konzert.
Vielleicht kann man hier mehr von den vielen Einspielungen, die Ketil gemacht hat vorstellen.
Langsam beginne ich eine Leidenschaft für skandinavische Pianisten zu entwickeln. Erst kürzlich durfte ich hier im Bremer Konzerthaus "Die Glocke" den finnischen Pianisten Ivo Rantala hören, der klassisch ausgebildet in Jazz Gefilden wildert und das sehr erfolgreich und gut.

Und hier noch der Original Text von "A Valediction: Forbidding Mourning" zum mitsingen... :D

As virtuous men passe mildly away,
And whisper to their soules, to goe,
Whilst some of their sad friends doe say,
The breath goes now, and some say, no:

So let us melt, and make no noise,
No teare-floods, nor sigh-tempests move,
T'were prophanation of our joyes
To tell the layetie our love.

Moving of th'earth brings harmes and fears,
Men reckon what it did and meant,
But trepidation of the spheares,
Though greater farre, is innocent.

Dull sublunary lovers love
(Whose soul is sense) cannot admit
Absence, because it doth remove
Those things which elemented it.

But we by a love, so much refin'd,
That our selves know not what it is,
Inter-assured of the mind,
Care lesse, eyes, lips and hands to misse.

Our two soules therefore, which are one,
Though I must goe, endure not yet
A breach, but an expansion,
Like gold to ayery thinnesse beate

If they be two, they are two so
As stiffe twin compasses are two,
Thy soule the fixt foot, makes no show
To move, but doth, if th'other doe.

And though it in the center sit,
Yet, when the other far doth rome,
It leanes, and hearkens after it,
And grows erect, as that comes home.

Such wilt thou be to mee, who must
Like th'other foot, obliquely runne;
Thy firmnes makes my circle just,
And makes me end, where I begunne.

Amati


Edith sagt:

JPC schreibt dazu:
Zitat:
Ketil Bjornstads Passion für die metaphysische Dichtung des englischen Poeten John Donne (1572 - 1631) ist eine lebenslange Angelegenheit. Seine Vertonungen von Donnes Versen haben zu Aufnahmen wie The Shadow, Grace und dem ECM-Album The Light geführt.

»Auch nach mehr als zwanzig Jahren der Arbeit mit Texten von John Donne finde ich immer noch neue Zugänge zum Verständnis seiner Schriften, und ich finde darin überall Musik. Sie steckt in der Sprache, im Rhythmus, in der Stille zwischen den Sätzen - eine leidenschaftliche Suche nach Sinn und Versöhnung. Donnes dramatisches Leben ist in den Texten reflektiert, und man wird überall in ihnen die Leidenschaft, die Melodien und Klänge finden.«

Bjornstad schrieb »A passion for John Donne« im Winter 2011 / 2012 für das Oslo International Church Festival und die - hier dokumentierte - Premiere fand im März 2012 in der Sofienberg-Kirche in Oslo statt.

Der Oslo Chamber Choir wird sensibel von Hakon Daniel Nystedt dirigiert; die einzigartige Darbietung von Hakon Kornstad, der hier sowohl als Tenorsaxophonist wie als Sänger sein ECM-Debüt hat, ist die personifizierte Passion

Zitat Ende
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Sire
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Beitrag von Sire »

Hallo Amati,

wenn es die stille Zeit noch zulässt: Ketil Bjørnstad ist auch ein guter Schriftsteller. Seine Trilogie um den jungen Pianisten Aksel Vinding beginnt mit dem Roman "Vindings Spiel". Eine Inhaltsangabe, die oft im Netz zu finden ist, behauptet

"Norwegen in den Sechzigern: Das Leben des fünfzehnjährigen Aksel Vinding gerät aus den Fugen, als seine Mutter bei einem Badeausflug vor seinen Augen ertrinkt. In Erinnerung an sie, die ihm die Liebe zur Musik vermittelte, beschließt er, die Schule abzubrechen und sich ganz dem Klavierspiel zu verschreiben. Er taucht in ein ehrgeiziges Milieu junger Künstler ein und verliebt sich in die sensible und hochbegabte Anja Skoog.
Einfühlsam und mit wunderbar sinnlicher Sprache zeichnet Ketil Bjørnstad das Porträt eines jungen Pianisten, der einen Halt im Leben sucht, erzählt von seinen musikalischen und erotischen Obsessionen. Ein Roman über die Schwierigkeiten, erwachsen zu werden – und eine Liebeserklärung an die Musik."

Dem würde ich soweit zustimmen und den Roman zur Lektüre empfehlen. Bei Gefallen gibt es dann als Fortsetzung noch "Der Fluß" und "Die Frau im Tal", welche aber nicht ganz an den ersten Teil herankommen.

Gruß Klaus
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Luukku
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Beitrag von Luukku »

Ergänzend zur Feststellung, dass KB ein hervorragender Schriftsteller ist, möchte ich Euch die folgende Serie von ihm ans Herz legen:

Die Welt, die meine war
Roman, Osburg Verlag

Gelesen habe ich bereits den Teil "Die Sechziger Jahre". Nun liegt die Fortsetzung "Die Siebziger Jahre" vor mir. Beide Bände haben jeweils etwa 800 Seiten, also reichlich Lesestoff.
KB verbindet wieder autobiographisches mit weltweitem Zeitgeschehen.

LG Haiko
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Amati
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Beitrag von Amati »

Hallo Klaus,

vielen Dank für den Tipp, das musikalische Werk von KB habe ich bereits weitgehend erkundet, das literarische Werk steht in der Tat aus, insofern vielen herzlichen Dank für die Empfehlung.
Gerade höre ich Vinding's Music, sozusagen als Einstimmung darauf.
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Quelle: JPC

Das Buch habe ich für kleines Geld als gebundene Ausgabe geordert.
Ohne zu hoffen, dass diese Zwangsauszeit für uns alle länger dauert, hoffe ich als Kind der 60 er Vertrautes wiederzufinden und ich Gelegenheit habe diese Zeit dafür nutzen zu können.

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Quelle: Amazon

Peter (aka Amati)
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