Silbersand FM 3 "Delphi"

dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo miteinander,

weitere Recherche deutet darauf hin, dass das genannte Patent kurz nach der Erteilung wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr verfiel, das war 1989. Sonst wäre es wohl 2008 verfallen. Umso interessanter ist die Doppler-Korrektur damit für DSP-Boxen, denn der Algorithmus ist ein 50-Zeiler und kostet kaum Rechenleistung. Lohnt sich natürlich nur als i-Tüpfelchen auf ein System, was auch sonst alles richtig macht.

Das Thema würde ich in Relation zu den Diskussionen über Jitter sehen, wo hier im Forum ja bisweilen Anforderungen im Picosekunden-Bereich diskutiert wurden. Der Dopplereffekt kann anscheinend Phasenverschiebungen bis zu 60 usec liefern, also das 60 000-fache. Da kann man schon mal genauer hinsehen.

Grüße,
Dieter T.
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dietert
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Beitrag von dietert »

Auf Rückfrage von Noel:

Das Patent heißt "Schaltung zur Verringerung von Intermodulationen bei Lautsprechern
DE 3625569 A1". Unter "DE 3625569 C2" findet man die Angaben zum vorzeitigen Verfall des Patents.

Die vorgeschlagene Dopplerkorrektur verändert das Timing des Audiosignals abhängig von der aktuellen Position der Membran gerade so, dass die Schwankungen der Distanz zwischen Schallentstehungsort und Hörort (bzw. Mikrofonposition) kompensiert werden. Der Algorithmus braucht dafür ein kleines Delay von z.B. 12 Samples bei 192 KHz und eine Methode, um die aktuelle Membranposition zu ermitteln, z.B. anhand eines Sensorsignals. Anhand von Membranposition und gepufferten Audiosamples wird ein vorkorrigiertes Audiosignal durch Interpolation ermittelt.

1987 hatte Herr Müller dafür eine Analogschaltung, DSPs für Lautsprecher gab es damals noch nicht. Im Booklet zur Silbersand Delphi heißt es, alles sei analog implementiert, darauf legt man anscheinend Wert.

Grüße,
Dieter T.
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NNEU
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Beitrag von NNEU »

Hallo Dieter,

Danke!

Ich frage mich, in wiefern die Regelung für diese Methode tatsächlich benötigt wird, bzw. mit was für einem Ergebnis zu rechnen ist, wenn man davon ausgeht dass die "Ist" Membranposition stets dem "Soll" entspricht.

Soweit ich das verstehe, ist hier die Rede vom Doppler-Effekt Innerhalb eines Chassis/Weges. Dem Gespräch mit Ralph Gottlob auf der Abacon, meinte ich jedoch entnehmen zu können dass sich die Delphi auch damit beschäftigt, wie ein tiefer Ton (Tieftöner) einen hohen Ton (Hochtöner) moduliert.


VG
Noel
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Tinitus
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Beitrag von Tinitus »

Hallo Noel,

wenn ich Rudolfs Beschreibung weiter vorne im Thread richtig verstanden habe, so bewirkt die Wiedergabe einer tiefen Frequenz die Modulation einer höheren Frequenz, wenn beide von der gleichen Membran abgestrahlt werden. Nur so wird auch ein Schuh mit dem, was ich über den Dopplereffekt in der Schule gelernt habe draus. Wenn sich die Membran aufgrund der Abstrahlung niedriger Frequenz nach vorne auf den Hörer zu bewegt, liegt die gleichzeitig abgestrahlte höhere Frequenz x dann bei x+delta, bewegt sich die Membran aufgrund der Abstrahlung niedriger Frequenz nach hinten vom Hörer weg, liegt die gleichzeitig abgestrahlte höhere Frequenz x dann bei x-delta. Das liegt wahrscheinlich daran, dass bei den höheren Frequenzen der Membranhub näher an der Wellenlänge des Tones liegt, der Effekt bei hohen Frequenzen also größer ist. Ist wie wenn ein Wagen mit Sirene vorbeifährt, nähert er sich, klingt die Sirene heller (Frequenzerhöhung) entfernt er sich klingt die Sirene dunkler (Frequenzerniedrigung).

Gruß

Uwe
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Noel,

ja, wer keinen Sensor hat, kann ersatzweise die Membranposition aus dem Audiosignal berechnen bzw. schätzen.

Zum Dopplereffekt: Bitte keine Mysterien, ich habe es genauso verstanden wie Uwe. Bei der Delphi haben die Tief-Mitteltöner wohl eine Regelung und erzeugen Tiefbass aus kleinen Chassis mit großen Membranhüben. Die Tief-Mittelton-Membran strahlt also einen Ton von z. B. 1 KHz von veränderlichen Positionen ab, wodurch daraus - überspitzt formuliert - eine Art Sirene wird (Phasenmodulation). Für eine richtige Frequenzmodulation ist der Effekt aber viel zu klein. Die Phasenfehler kann man mit einem "agilen" Delay vorauskorrigieren.

Grüße,
Dieter T.
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blueolymp
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Beitrag von blueolymp »

Hallo zusammen,

ich bin noch damit beschäftigt, die Korrektur des Dopplereffektes zu verstehen:
1. Positve Halbwelle der tiefen Frequenz
Die Membran ist deutlich nach vorne ausgelenkt.
Die hohe Frequenz wird verzögert mit einem Delay losgeschickt, das sich aus Schallgeschwindigkeit und eben dieser Auslenkung berechnen lässt.
2. Negative Halbwelle der tiefen Frequenz
Die Membran ist jetzt deutlich nach hinten ausgelenkt.
Aber nun hätte die hohe Frequenz ja eigentlich schon losgeschickt sein müssen, da sie ja in diesem Fall einen längeren Weg zurück legen muss.
Es gibt aber kein negatives Delay. Also müsste eigentlich die tiefe Frequenz zurückgehalten werden, damit die hohe zuerst abgestrahlt werden kann. Das würde aber bedeuten, das ständig die Phase der tiefen Frequenz verändert wird, was ja bestimmt nicht der Fall ist. Selbst wenn man das gesammte Signal mit einem Delay zurück hält, um dann mal die tiefe und mal die hohe Frequenz zuerst abzustrahlen, kann ich mir nicht vorstellen, wie das Phasenrichtig geschehen soll. Ein ständig veränderter Abstrahlzeitpunkt zerstört doch die Schwingung.

Was verstehe ich hier falsch?

Und dann noch die Frage, für welche (tiefe) Frequenz die Regelung ausgelegt ist?
Oder geht das dynamisch für alle Frequenzen von z.B. 30Hz bis 150Hz?
Oder ist das egal, weil man ja die Membranposition misst oder vorausberechnet...?

Danke und Gruß
Schorse
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Schorse,

ja, man braucht eine Delayreserve sozusagen, das sind z.B. 12 Samples bei 192 KHz. Damit deckt man den Zeitraum von etwa 60 usec ab, der einer Wegdifferenz von 2 cm entspricht, diese Beispielzahlen sind aus Herrn Müllers Patentschrift (2 cm / 343 m/sec = etwa 60 usec) D.h. in Nullstellung der Membran verzögert man das Audiosignal um 6 Samples, wenn die Membran 1 cm raussteht, um 12 Samples und wenn sie 1 cm eingezogen ist, um 0 Samples. Die Verzögerung gilt für das gesamte Audiosignalgemisch für den Tiefmitteltöner.

Die 2 cm sind natürlich viel kürzer als die Wellenlänge eines 1 KHz-Tons von 34 cm, d.h. der Dopplereffekt hat in diesem Fall den Charakter eines Jitters. Zu meinem Beitrag weiter oben: 60 usec sind 60 000 nsec,
aber 60 000 000 psec.

Grüße,
Dieter T.
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blueolymp
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Beitrag von blueolymp »

Hallo Dieter,

Danke. Habe ich verstanden.
dietert hat geschrieben:Die Verzögerung gilt für das gesamte Audiosignalgemisch für den Tiefmitteltöner.
Dann ist es tatsächlich wohl so, das sich durch das dynamische Delay ständig ein wenig die Phasen verschieben. Bei tiefen Frequenzen weniger und zu hohen hin mehr. Und gegenüber der Wellenlänge wohl akzeptabel.
Also wird ein natürlicher größerer Fehler (Dopplereffekt durch Membranauslenkung) durch Einsatz eines synthetischen kleineren Fehlers (Korrektur des Dopplereffektes durch ein Delay auf dem gesammten Signal) behoben.

Interessanter Ansatz.

Gruß
Schorse
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musikgeniesser
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L'art pour l'art

Beitrag von musikgeniesser »

Lieber Schorse,
liebe Forenten,
blueolymp hat geschrieben: Interessanter Ansatz.
oder technischer Overkill? Auch ich habe noch nicht durchdrungen, wie die gegenseitigen Abhängigkeiten von Phasenlage, Frequenzen und Verzögerungsmaß sind. Wenn aber die technische Umsetzung so einfach ist, wäre ein Hörvergleich mit/ohne interessant. Kommt im Ergebnis eine Verbesserung heraus? Ich bin mir nicht sicher, ob diese Frage überhaupt schon beantwortet worden ist, auch von Herrn Müller nicht. Auf deutsch: klingt die Delphi so überzeugend, weil sie oder obwohl sie diese Schaltung hat oder ist jene -- ehrlich gesagt -- kaum der Rede Wert, also l'art pour l'art, weil Herr Müller es eben kann? Ich weiß es nicht. Ihr?

Möge es nützen

Peter
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Peter,

mit den Hörtests ist das so eine Sache. Möglicherweise wird so eine Korrektur überhaupt nur wahrnehmbar sein in einem Stereo-Setup und mit Boxen, die Transienten korrekt wiedergeben, z.B. mit Differenzweiche oder mit acourate kompensiert. Bei konventionellen Passivboxen, die voller anderer Problemchen sind, kann man wahrscheinlich lange testen, und das Ergebnis wird zufällig sein. Eine Frage des Anspruchs, wie beim Schachspiel: Je höher das Niveau, desto peinlicher ein kleiner Fehler, der alles ruiniert.

Angesichts der schieren Größenordnung des Doppler-Effekts im Verhältnis zu den Jitter-Problemen, über die hier gelegentlich diskutiert wurde, finde ich das hochinteressant und würde es sogar bei Mitteltönern von Dreiwegeboxen testen.

Grüße,
Dieter T.
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Zum Thema Doppler ist vielleicht ein alter Artikel in der Stereophile interessant.

Grüsse
Uli
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Lieber Dieter,
liebe Forenten,
dietert hat geschrieben: mit den Hörtests ist das so eine Sache. Möglicherweise wird so eine Korrektur überhaupt nur wahrnehmbar sein in einem Stereo-Setup und mit Boxen, die Transienten korrekt wiedergeben, z.B. mit Differenzweiche oder mit acourate kompensiert. Bei konventionellen Passivboxen, die voller anderer Problemchen sind, kann man wahrscheinlich lange testen, und das Ergebnis wird zufällig sein. Eine Frage des Anspruchs, wie beim Schachspiel: Je höher das Niveau, desto peinlicher ein kleiner Fehler, der alles ruiniert.
oh bitte, ich möchte nicht absichtlich falsch verstanden werden: es geht mir nicht darum, mich über Herrn Müllers Idee lustig zu machen. Insofern würde ich von einem solchen Hörtest die selbe Sorgfalt erwarten, wie wir sie von den Boxen von Herrn Müller kennen, um einmal ein Beispiel zu nennen. Der Umstand, dass jeder Test, so auch Hörtests, mit irdischen Begrenzungen zu kämpfen hat, spricht nicht gegen sie. Genauer: spricht genauso gegen Hörtests wie gegen das Hören von Musik über Lautsprecher. Ich höre sehr gerne Musik über Lautsprecher und habe daher nichts gegen Hörtests einzuwenden.

Aber darum ging es mir gar nicht. Mir ging es darum, mich der Idee überhaupt erstmal zu nähern. Die Frage spukt schon seit längerem in meinem Kopf umher, ohne, dass ich ein Gefühl dafür hätte, ob sie überhaupt von Bedeutung ist. So bin ich bisher noch auf einer rein abstrakten Ebene unterwegs.

Wie funktioniert das?
  • abhängig von
    • Lautstärke
    • Signal (also Frequenzkonglomerat) und
    • Membranfläche
  • lässt sich für jeden Zeitpunkt
  • der Ort der Membran ermitteln
  • jedem Ort wohnt eine
    • positive oder negative Zeitverzögerung
    • gemäß der Schallgeschwindigkeit inne
    • um welche das gesamte Signal für diese Membran zu beschleunigen ist
  • womit der Dopplereffekt kompensiert ist
Oder nicht?
dietert hat geschrieben: Angesichts der schieren Größenordnung des Doppler-Effekts im Verhältnis zu den Jitter-Problemen, über die hier gelegentlich diskutiert wurde, finde ich das hochinteressant und würde es sogar bei Mitteltönern von Dreiwegeboxen testen.
Spricht das nun mehr für eine Diskussion dieser Dopplerproblematik oder gegen eine intensive solche der Jitter-Probleme? Weiter um Orientierung verlegen weiß ich es nicht.

Möge es nützen

Peter
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cinematic
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Beitrag von cinematic »

Bei meinem kurzen Erstkontakt mit den Delphi bekam ich mit, dass Herr Müller wohl auch die Regelung nochmals verfeinert hat neben der technischen Minderung des Doppler Effekts. Es scheint beides, abseits von aller Theorie, dem Klang richtig gut zu tun, darauf kommt es doch an. :D

Grüße
tom
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Lefreck
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Beitrag von Lefreck »

Hallo Peter,

Vielleicht würde es Dir nützen den kommenden Workshop Anfang nächsten Jahres in Zweibrücken zu besuchen um Antworten auf einen Teil(*) deiner Fragen zu erhalten. :cheers:

Vorausschicken möchte ich dass ich von dieser ganzen Technik keine Ahnung habe & mein Gehör gehört auch nicht zu den Geschultesten: Wenn ich diesen Thread durchlese und das Geschriebene versuche zu verstehen, dann ist wohl theoretisch die Kompensation des Dopplereffekts keine große Sache, vor allem wenn man sich dem Allheilmittel der letzten Jahre, dem DSP, bedient. Da frage ich mich als Laie natürlich, wieso ein Mann wie Herr Müller Jahre (geschätzte 3-5) brauchte um sein vor schon 20 Jahren "erdachtes" Konzept praktisch umzusetzen.

(*): Teil deshalb weil es wohl kaum eine Delphi ohne Regelung/Steuerung dort zu hören gibt.

freundliche Grüße
Thierry
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NNEU
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Beitrag von NNEU »

dann ist wohl theoretisch die Kompensation des Dopplereffekts keine große Sache, vor allem wenn man sich dem Allheilmittel der letzten Jahre, dem DSP, bedient.
So wie Dieter es oben beschrieben hatte, ist die Umsetzung nicht möglich.

Das ist nicht meine persönliche Aussage, sondern die von versierteren Leuten.

Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, wozu Dieter seinen simplen "50-Zeiler" veröffentlichen müsste, was natürlich nicht geschehen wird.
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