Der Chassis-Regelung auf den Zahn gefühlt

druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Liebe Mitstreiter,

Ganz am Anfang noch eine kurze Anmerkung zum „Edit“ meines letzten Beitrages.

Hatte Romans Beitrag offenbar zu flüchtig gelesen. Es ging dir ja um das Eindrücken und schlagartige entlasten der geregelten Membran um evtl. Schweinereien des Regelkreises erkennen zu können. Habe ich gleich mal nachempfunden und mir das resultierende Verstärkersignal (elektrisch!) auf dem Oszi angesehen. War absolut sauber, ohne jegliches sichtbares Nachschwingen. Scheint zu passen.

Hallo Hans-Martin:

Kann dein Ansinnen gut verstehen, habe aber offenbar ein kleines Verständnisproblem. Du schreibst: „Am Lautsprecher wird der Sollpegel überschritten, die Regelung greift ein und passt den Istpegel an.“ Ich kann dir versichern, dass der Pegel am Lsp. nicht mal messtechnisch (mit meinen Mitteln!) eine Änderung erfährt, daher bleibt der Regelkreis quasi unberührt. Die Raumresonanzen mit ihren z.T. großen Pegelüberhöhungen haben keine Chance den Pegel am Geber signifikant zu beeinflussen (Oszi und Pegelmesser machen`s möglich). Der Schalldruck des Lsp. ist durch den geringen Abstand zur Membran um einige Zehnerpotenzen höher als der „von außen“ auf den Geber einwirkende und geht praktisch unter. Es wird auf diese Weise kein dich befriedigendes Ergebnis erreichbar sein, noch dazu ist die Geberanordnung bewusst so gewählt, dass äußere Schallereignisse möglichst wenig Einfluss ausüben.

Zum 2. Teil deines Beitrages will ich noch einmal ganz, ganz deutlich unterstreichen: nur mit relativer Phasengleichheit ist die Regelung überhaupt erst möglich, alles andere ist kontraproduktiv. Im Extremfall könnte eine solche „Regelung“ auch mit einer um eine ganze Periode (360grd) verzögerten (durch Reflektion z.B.) Schwingung in einem begrenzten Frequenzbereich stabil arbeiten, du regelst dann allerdings das Verstärkersignal mit der vorangegangenen Periode. Jetzt ist aber von Echtzeitregelung gar nichts mehr übrig!

Daher wird es so nicht funktionieren. Theoretisch wäre ein schneller Regelverstärker, welcher dir den gewünschten Frequenzbereich (also den unerwünschten) bei zu hohen, dich störenden Pegeln, absenkt, denkbar, oder einfach ein Stellglied in irgendeiner Form. Das hat aber mit der hier betrachten Regelung rein gar nichts zu tun.

Hallo Winfried:

Sehr interessante Konstruktion. Werde mal aus meiner Sicht versuchen, ein paar „klärende“ Worte niederzuschreiben und bitte auch die versierteren Mitstreiter evtl. zu einem kleinen Statement hierzu.

Hab mich entschlossen, bevor ich wieder anfange groß über Pegelunterschiede und Phasenverhalten zu lamentieren, einfach mal kurz eine Messung sprechen zu lassen.

Messbedingungen:

- f=70Hz, hier trat das Übersprechen am deutlichsten zu tage
- Brüllwürfel mit separatem Amp. einmal in ca. 15 cm Abstand zum Geber (Mitte Chassis) und einmal in ca. 30 cm.
- Regelamp offen, also nur Gebergesteuert
- Messsignale: elektr. Ausgangspegel an den Lsp. (akustische Sinusform noch o.k.)
- Spannungsteiler am Brüllwürfelamp.: 1/100
- Spannungsteiler am Regelamp.: 1/10 (bitte bei der Darstellung beachten!!)

70Hz; 15cm Abstand

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70Hz; 30cm Abstand

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Bitte einmal selber Überschlagsberechnungen (die Ausgangsspannung am Brüllwürfelamp beträgt etwa 30Vss) anstellen. Zeit wird knapp.


Mit freundlichen Grüßen Hannes
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meroVinger-audio
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Beitrag von meroVinger-audio »

@Hans-Martin,

was Dir vorschwebt wäre ja quasi eine Echtzeit-Raummoden-Entzerrung.

Da aber im Prinzip nichts anderes passiert als dass die Mode durch Pegelrücknahme im entsprechenden Anregungsbereich vom Schalldruck her abgeflacht wird, kann man das auch einfach über eine Messung und einen EQ selbst realisieren. Wenn so etwas funktioniert, dann würde ich da einen Vorteil darin sehen, dass das Mikrofon mit der Echtzeit-Regelung im Vergleich zur Vorabentzerrung per DSP oder EQ nicht so stark auf kurze Impulse reagiert, die u.U. unter der Einschwingzeit des Raumes liegen. Es würde also das Dröhnen bei längeren Impulsen zurückgenommen (wobei die erste Welle, sofern die Regelung dann nicht gegenfeuert wie bei einem DBA, lustig vor sich hinläuft, da erst nach Passieren des Mirkofons der Pegel runtergefahren wird.), bei kurzen u.U. nicht so stark.

Insgesamt würde ich aber schätzen dass so eine Resonanzregelung durch die Laufzeit zwischen Lautsprecher und Mikrofon zu einem seltsamen Pumpeffekt führt, ähnlich wie bei einem Audiokompressor wie in Radiostationen verwendet. Ich denke man würde hören, dass der Pegel im entsprechenden Frequenzbereich plötzlich zurückgenommen wird, wenn die Messelektronik die Überhöhung mitbekommt.

Viele Grüße!

Peter
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

hallo hannes,

vielen dank, dass du so bereitwillig auskunft gibst ... das ist wirklich nicht selbstverständlich. ;)

eine frage zur mikrofon-positionierung: aus welchem grund hast du das mikrofon nicht wie ansonsten üblich direkt auf die membrane geklebt? macht sich die laufzeit nicht evtl. doch negativ auf die regelung bemerkbar?

viele grüsse

christian
druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Hallo Christian,

Anfänglich hatte die einfache Positionierung des Mikros rein mechanische Gründe - Zuleitung unabhängig vom Chassis – und ich wollte mir Arbeit sparen. Evtl. Gewichtszunahme und ähnliche Überlegungen hatte ich nicht im Sinn, das sollte die Regelung wegbügeln.

Habe es natürlich auch ausprobiert (provisorisch) und Messungen, in der einfachen Art wie hier schon dargeboten, zeigten erhebliche, wahrscheinlich auf mechanische Erscheinungen zurück zu führende, resonanzähnliche Überhöhungen mit Vielfachen der „Normalamplitude“ und fatalen Phasenfehlern, welche sich auch mit steilen frequenzbeschneidenden Maßnahmen nicht wirklich in den Griff bekommen ließen (übrigens noch deutlicher mit Piezogebern eigener „Produktion“). Bin deshalb immer wieder auf die von der Membran getrennte Befestigung zurückgegangen, da hierbei diese Erscheinungen nur eine untergeordnete Rolle spielen und gut zu beherrschen sind.

Folgendes zur Laufzeit: diese ist ganz zweifelsfrei vorhanden und setzt einer sinnvollen Regelung (Phase!!) auch Grenzen zu höheren Frequenzen. Vielleicht kann ein simples Rechenbeispiel die Sache etwas veranschaulichen.

f= 340Hz, was in etwa der oberen Regelgrenze entspricht (aber hörphysiologisch doch immerhin einem guten Drittel des wahrnehmbare Spektrums) und den Überschlag vereinfacht

Wellenlänge somit etwa 1m

Mikrofonabstand ca. 2cm

Somit also 2% der Wellenlänge und damit etwa 7 Grad Phasenunterschied

Das ist aus praktischer Sicht noch zu verkraften und sollte aus diesem Sichtwinkel noch nicht ganz das Ende der Fahnenstange darstellen. Ein Tongenerator und ein passender 2-Strahloszi lassen dies beim Bewegen des Mikros auch recht gut erkennen.


Mit freundlichen Grüßen Hannes
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meroVinger-audio
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Beitrag von meroVinger-audio »

Hallo zusammen,

an dieser Stelle möchte ich kurz darauf hinweisen, dass eine "provisorische" Befestigung der Mikrofone in der Tat sehr problematisch sein kann.

Eine saubere, stabile und vor allem solide Befestigung auf der Membran ist Grundvoraussetzung. Derartige Effekte treten alsdann nicht auf und müssen auch nicht regelungsseitig kompensiert oder befiltert werden.
Auch ist es nicht ganz trivial die Zuleitung zu den Mikrofonen so zu gestalten, dass es hier nicht auch zu entsprechenden Effekten durch das "Mitrattern" der Litzen bei starken Hüben kommt.

Dass die Mikrofonkapsel quer zur Bewegungsrichtung montiert sein muss, versteht sich von selbst, nehme ich an.

Viele Grüße!

Peter
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druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Hallo Peter,

mit der provisorischen Befestigung des Gebers meinte ich natürlich nicht, dass ich den Geber nur mal so eben mit dem Finger raufgedrückt habe – Geber und Zuleitung waren schon vernünftig verklebt, zu provisorisch darf`s natürlich auch nicht sein, ganz so sollte es auch nicht verstanden werden, es war nur zu Messzwecken, welche mich halt nicht so ganz befriedigt haben. Ein Grund für die nicht so saubere Messung an meinen Gebern könnte auch die Tatsache sein, dass die TMT nicht über Filter nach oben hin abgetrennt werden, sonder bis an die Übertragungsgrenze betrieben werden und somit die höherfrequenten Membranbewgungen ihren Teil dazu beigetragen haben. Bei frequenzmäßiger Abkopplung des geregelten Chassis wird`s günstiger sein.

Im Übrigen sind meine Mikrofone direkt auf die Membran gerichtet und ich habe bislang keine negativen Erfahrungen sammeln können – viele Wege führen ja bekanntlich nach Rom und die Akustik scheint keine Ausnahme zu bilden.

Mit freundlichen Grüßen Hannes
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druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Hallo,

kleiner Nachtrag um keine Missverständnisse auftreten zu lassen. Den letzten Satz:

"Im Übrigen sind meine Mikrofone direkt auf die Membran gerichtet und ich habe bislang keine negativen Erfahrungen sammeln können – viele Wege führen ja bekanntlich nach Rom und die Akustik scheint keine Ausnahme zu bilden."

bitte ich wie folgt zu lesen:

Bei einer starren Verbindung mit der Membran leuchtet die senkrechte Befestigung schon ein ("windgeräuschähnliche" Erscheinungen durch die Beschleunigung), habe ich in dem Zusammenhang auch mit ausprobiert. Im Übrigen sind meine Mikrofone direkt auf die Membran gerichtet (werden ja auch nicht den Beschleunigungen der Membran ausgesetzt) und ich habe bislang keine negativen Erfahrungen sammeln können – viele Wege führen ja bekanntlich nach Rom und die Akustik scheint keine Ausnahme zu bilden.


Hannes
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Frederik
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Beitrag von Frederik »

Hi Hannes,
druesel1 hat geschrieben:... viele Wege führen ja bekanntlich nach Rom und die Akustik scheint keine Ausnahme zu bilden.
Es gibt genau einen Weg, der nach Rom führt. Eine AFB-Regelung führt einen aber immerhin schon mal in einen Vorort von Rom. :D :P

Magst Du auch berichten, was sich für dich klanglich mit aktivierter Mikrofongegenkopplung verbessert?

Hast Du deine geregelten Lautsprecher schon mal mit "Fremdfabrikaten" verglichen, oder planst Du einen Vergleich vorzunehmen?

Grüße,
Frederik
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druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Hallo Frederik,

danke zunächst für dein Interesse. Ganz kurz zu der Frage ob ich schon einmal mit Fremdfabrikaten verglichen habe. Leider nur mit einem, einer neueren BM Prime 6 in einem Privathaushalt. Konnte auch keinen Direktvergleich durchführen, „Hörprobe“ ergab sich durch Zufall. Zu qualitativen Äußerungen in Form von Weinverkostungsergüssen wird mich keiner bewegen können. Nur so viel: sie brachte vom Empfinden schon etwas mehr Schalldruck. Viel mehr nicht. Vor den nackten Daten würde ich keinesfalls zurückschrecken. Auch vor einem Direktvergleich wäre mir nicht bange. Da das Auge natürlich mithört, wären die Chancen allerdings etwas ungleich verteilt.

Deine erste Frage zielt ja in die gleiche Richtung und ich kann nur meine Bemerkung von oben unterstreichen, dass mir derlei Ergüsse viel zu subjektiv und unseriös erscheinen. Vielleicht eine relativ unverfängliche Feststellung: bislang waren alle zufälligen Hörer mehr stark als weniger stark beeindruckt, wie sich ihnen bestens bekannte Musikstücke, auch anhören können. Die Unterschiede sind nicht marginal, sondern schon von jedem, auch ungeschultem Ohr, deutlich wahrzunehmen.

Man möge mir die ans arrogante grenzende Darstellungsweise nachsehen – wird bestimmt nicht wieder geschehen. Von Fragen wie den deinen hoffte ich verschont zu bleiben.

Mit freundlichen Grüßen Hannes
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druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Liebe Aktivhörer und HiFi-Enthusiasten,

da das Interesse merklich nachlässt, möchte ich für mich abschließend noch ein paar Bemerkungen loswerden, welche sich hier noch mit einfügen sollten.
Leser, welche ihr akustisches Weltbild unangetastet sehen wollen, sollten nicht weiterlesen!
Ich bitte auch in`s leicht sarkastische gehende Bemerkungen als solche zu deuten und zu sehen. Betonen möchte ich auch ausdrücklich, dass es sich um ganz persönliche Ansichten Handelt und nicht unbedingt hochwissenschaftlich erfassbar sind oder nachweisen lassen – eben rein praktische Erwägungen.

1. Der immer wieder ins Spiel gebrachte Doppler-Effekt:

Wollte eigentlich selber ein simples Rechenbeispiel einstellen, habe aber beim Rumstöberen einen kleinen Beitrag entdeckt, der sich genau hiermit auseinandersetzt. Soll jeder selbst entscheiden wie viel Marketing hinter der immer wieder gern bemühten Behauptung einer signifikanten Beeinträchtigung des Wiedergabeverhaltens steckt (im Beitrag sicherlich auch, er ist aber gut nachvollziehbar).

http://www.voicepoint.de/doppler-Effekt

2. Höchst- und Tieftonwiedergabe:

Immer wieder und immer häufiger wird auf die exakte Wiedergabe von Frequenzen weit über 10kHz verwiesen. Da liest man nicht selten von 3dB-Abfällen erst ab 27,4kHz und stell dies als ganz besonderes Qualitätsmerkmal heraus. Hier könne die 4. Oberwelle einer kleinen Triangel besonders gut ihre brilliante Wirkung entfalten. Wenn man bedenkt, dass wir Menschlein ab 60 durchschnittlich kaum noch 10kHz hören (ab 30 sind im Normalfall auch keine 15kHz mehr möglich), könnte man trefflich über solche Aussagen diskutieren. Sollte jetzt jemand auf die Idee kommen, dass probier ich schnell mal aus, dem sei empfohlen, keinesfalls mit üblichen, digital aufbereiteten Sinussignalen in diesem Bereich zu arbeiten.
Das kaum zu vermeidende Gezwitscher beim hochfahren hat rein gar nichts mit dem Originalton zu tun.
Wenn klangliche Unterschiede im Höchsttonbereich deutlich wahrgenommen werden, haben fast ausschließlich, durch Nichtlinearitäten irgendwo in der Übertragungskette entstehende, Intermodulationseffekte die Finger im Spiel, welche ein anderes, aber meist nicht absichtlich herbei gewünschtes Klangbild ergeben – kann aber von verschiedenen Hörern durchaus als angenehm empfunden werden, hat jedoch weniger mit der Realität zu tun.
Nun lassen sich Frequenzen in diesem Bereich problemlos mit entsprechenden Wandlern und evtl. noch als Stromquelle arbeitenden Amp. reproduzieren – ist ja oft und lang diskutiert – und werden daher gern zu Marketingzwecken missbraucht – was über unserem persönlich wahrnehmbaren Frequenzspektrum liegt und als brillante Wiedergabe verkauft wird, kann nur durch „Dreckeffekte“ entstehen und ist nach meiner Auffassung eher auf Unzulänglichkeiten irgendwo im Übertragungsweg zurück zu führen.

Soviel zu der einen Oktave von 10 – 20kHz, welche nur z.T. wahrnehmbar ist, um welche aber viel Wirbel gemacht wird.

Über die jedoch eigentlich von jedem hörbaren 2 Oktaven, sagen wir, bis 70Hz wird wesentlich weniger Rummel gemacht, trotz des hohen Energiegehaltes. Aussagen wie: tritt ja bei bestimmten Musikrichtungen fast nicht auf, oder dröhnt ja eh nur vor sich hin, sind ja hinreichend bekannt. Hier haben die Marketingabteilungen jener Hersteller, welche das Problem offenbar nicht recht in den Griff bekommen, schon gute Arbeit geleistet.

In diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung zur Verwendung von Subwoofern. Diese erfreuen sich ja steigender Beliebtheit. Der Anwender scheint aber oftmals nicht wahr haben zu wollen, was er seinem HiFi-Klangempfinden damit antut, wenn er sich nur einen hiervon in seinen Hörraum stellt. All die wundervollen Aufwendungen um eine möglichst totale Kanaltrennung zu erreichen, ich erinnere lediglich an Einzelnetzteile für jeden Kanal mit Siebungsbatterien, welche das halbe Volumen des Verstärkerplatzes beanspruchen, werden mit einem totalen Kurzschluss beider Kanäle gerade in jenem Frequenzbereich belohnt, in welchem die Siebmittel ein wenig Sinn ergeben würden. Das könnte man als Vergewaltigung des TT-Bereiches ansehen und sollte zumindest mit Strafhören geahndet werden. Die allgemein in Umlauf befindlichen Aussagen, dass „da unten“ eh nix mehr zu orten ist sollte man sehr relativieren (Ortbarkeit und ein Räumlichkeitsgefühl sind zwei paar Schuhe). Der Raum schrumpft auf ein Nichts – alles eingerissen, was wir so mühsam aufgebaut haben.

Ein kurzes Wiki-Zitat zum Thema:
Bei tiefen Frequenzen unterhalb 800 Hz sind die Abmessungen des Kopfes mit einer Wegstrecke d = 21,5 cm von Ohr zu Ohr, entsprechend einer Laufzeitdifferenz von 632 µs, kleiner als die halbe Wellenlänge des Schalls. Die Pegelunterschiede sind hierbei so gering, dass sie keine genaue Auswertung gestatten. Frequenzen unterhalb von 80 Hz sind nicht mehr in ihrer Richtung zu lokalisieren. Daraus zu schließen, dass man deshalb für die Stereo- oder Surroundwiedergabe nur noch einen Lautsprecher braucht, ist unrichtig, denn man benötigt für die Wiedergabe der tiefen Frequenzen, die für das Räumlichkeitsgefühl und die Umhüllung zuständig sind, mindestens zwei Lautsprecher. Richtungslokalisation und Räumlichkeitsgefühl sind nicht gleichzusetzen.
Deshalb auch außer der Einpegelung ein wenig acht geben was man hier Veranstaltet.

Mein Wunsch an alle Hörer: vernachlässigt eher etwas die ganz hohen Höhen und konzentriert euch mehr auf den subsonischen Bereich, sonst ist das voluminöse einer Darbietung im Eimer und der schöne Klang erlebt Einbußen die keiner wollte.


In diesem Sinne bis demnächst

Hannes
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Hannes,

auch ich bin ein Befürworter strikt kanalgetrennter Bässe, Griesinger hat das untersucht und sein Stichwort lautet Envelopment.

Seit Paul W. Klipsch für Mehrwegesysteme argumentiert hat mit seinen Untersuchungen zur Intermodulation, gab es einige Artikel dazu, hier aus dem Glossar von Neumann mit Diagrammen: http://www.neumann-kh-line.com/neumann- ... n&term=TIM

Aber bevor die Zeit in diesem Thread abläuft will ich noch schnell dies loswerden:
meroVinger-audio hat geschrieben:was Dir vorschwebt wäre ja quasi eine Echtzeit-Raummoden-Entzerrung.
damit kein falscher Eindruck entsteht: ich suche sie nicht, ich wollte nur wissen, ob sie als Nebeneffekt dabei mit abfällt. Ich habe mit Messmikrofon am Sitzplatz gemessen und auch unmittelbar vor der Bassmembran, dann beide Messungen korrigiert und am Sitzplatz beide Korrekturen verglichen, es war kein wesentlicher Unterschied.

Betrachtet man den zeitlichen Aufbau und das Abklingen bei den unschönen Raumresonanzen, wird dieser sich -nach meiner Vorstellung- überall auf der Mittelachse verzögert mit Abstand/Schallgeschwindigkeit ähnlich verhalten. Abgesehen von den Knotenpunkten, wird das Amplitudenverhalten bei den Modenfrequenzen sich lokal äquivalent verhalten, zeitlich prozentual ähnlich aufbauen, natürlich bei der Mode einen größeren Pegel haben als nahe dem Knoten.
Insgesamt würde ich aber schätzen dass so eine Resonanzregelung durch die Laufzeit zwischen Lautsprecher und Mikrofon zu einem seltsamen Pumpeffekt führt, ähnlich wie bei einem Audiokompressor wie in Radiostationen verwendet. Ich denke man würde hören, dass der Pegel im entsprechenden Frequenzbereich plötzlich zurückgenommen wird, wenn die Messelektronik die Überhöhung mitbekommt
Die Überhöhung kommt nicht plötzlich, bei einem Raum mit 4 m Länge und 1. Mode @43Hz braucht der Schall für einen vollen Durchlauf zur gegenüberliegenden Wand, zurück zur Wand hinter dem LS und wieder bis zum LS 8m/(344m/s) =0,02326 s. Die Wellenlänge von 43Hz beträgt 0,02326 s - ebenfalls diese Zahl. Merkwürdig?

Bei der Resonanzfrequenz (1.Mode) des Raums erscheint also der Raumhall phasengleich mit 360° Versatz beim anregenden LS, egal, wo man den platziert. Da passiert nichts plötzlich, der befürchtete Pumpeffekt ist nur eine Periode der Schwingung versetzt, so, wie sich auch die Resonanz aufbaut. Die 2.Mode hat nur die halbe Wellenlänge, iher Verzögerungszeit ist beim Durchlaufen des Raums genausogroß, also sind es 720°, bei der 3. Mode 1080°... stoppt mich, wenn ich hier falsch liege. Da die Anregung der Moden vom Lautsprecher ausgeht, sind die Modenfrequenzen immer phasengleich mit dem LS. Daneben liegende Frequenzen werden nicht mehr so stark angeregt, ihre Phase dreht lokal gegenüber der LS-Anregung.

Grüße
Hans-Martin
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Hannes,

ganz so leicht lasse ich Dich hier dann doch nicht vom Zügel, denn meine Frage wurde mMn leider noch nicht befriedigend erörtert.
wgh52 hat geschrieben:... Was passiert eigentlich mit der AFB Regelung, wenn ich einen mit Weiche getrennten Subwoofer einsetze (der seinerseits aber keine akustische Gegenkopplung hat)? Das AFB Mikro nimmt ja dann einen (kleinen) Teil des tieffrequenten Subwooferschalls auf, hat aber (in erster Näherung :wink: ) kein Sollsignal, weil die Weiche ja dämpft, und müsste deswegen doch versuchen den vom Mikro aufgenommenen Schall wegzuregeln, würde den Tiefbas also (etwas) dämpfen. Diese Sache würde ich im Sinne von "auf den Zahn fühlen" gerne verstehen...
Ich komme nochmals darauf zurück weil ich ein Paar B&M Omega am Start habe (die bekanntlich von ~ 30 Hz bis ~ 180 Hz Mikrofongegenkopplung einsetzen) und verstehen möchte was passiert wenn ich jetzt z.B. min. zwei potente Subwoofer, sagen wir unterhalb von 80 Hz, einsetzen will? Die Mikros nehem diesen Schall ja (gedämpft) auf, die Regelung stuft dieses Signal aber doch als Störsignal ein, weil es im elektronischen Sollsignal nicht enthalten ist... Stimmt diese Einschätzung? Was kann man tun (vielleicht einen 80 Hz Hochpass in Rückkopplungszweig einbauen :shock: )?

Hier würde ich doch gerne noch Erkenntnisse mitnehmen.

Danke und Gruß,
Winfried

3630
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

hallo Winfried,

so als halber laie oder einäugiger unter den blinden ...

klar, wird das mikro den schall von den hauptlautsprechern auch aufnhemen ... aber im pegel auf grund der extrem unterschiedlichen entfernung so viel schwächer, dass ich vermute, dass es sich nicht so stark auf die regelung auswirkt.

@Hannes:
auch ich bin ein freund von 2 Subwoofern (mehr habe ich noch nicht probiert). ich habe es ja mal probiert und zwei subwoofer mit einer übergangsfrequenz von unter 80hz/24db zusammen in eine raumecke gestellt. von wegen nicht ortbar. ;) jetzt stehen sie links und rechts fast neben mir. ;)

viele grüsse

christian
Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Hannes
druesel1 hat geschrieben: Mein Wunsch an alle Hörer: vernachlässigt eher etwas die ganz hohen Höhen und konzentriert euch mehr auf den subsonischen Bereich, sonst ist das voluminöse einer Darbietung im Eimer und der schöne Klang erlebt Einbußen die keiner wollte.
Du sprichst grosse Worte gelassen aus ... und mir aus dem Herzen.

Zur Wirkung von tiefen Frequenzen, einmal anders, s. auch ...

https://opus4.kobv.de/opus4-tuberlin/fi ... tthias.pdf

... Seiten 10 bis 19.

Ich hatte 2011 mal die Idee einer Sound-Installation zum 10. Jahrestag von 9/11: Zwei Türme mit je 9, resp. 11 Subwoofern. Der 11-er Turm wird mit einem 9-Hz-Signal angesteuert, der 9-er Turm wird mit 11 Hz angesteuert. Und sonst gar nichts im Raum. Intention der Installation: Jedem wird kotzübel, wer sich längere Zeit im Raum aufhält. Ich habs nicht gemacht, weil ich keine 20 JBL 518S "mal so" vermag.

Hannes, Du hast recht. Bass matters ...

Subsonische Grüsse
Simon
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Simon,
Daihedz hat geschrieben:Ich hatte 2011 mal die Idee einer Sound-Installation zum 10. Jahrestag von 9/11: Zwei Türme mit je 9, resp. 11 Subwoofern. Der 11-er Turm wird mit einem 9-Hz-Signal angesteuert, der 9-er Turm wird mit 11 Hz angesteuert. Und sonst gar nichts im Raum. Intention der Installation: Jedem wird kotzübel, wer sich längere Zeit im Raum aufhält. Ich habs nicht gemacht, weil ich keine 20 JBL 518S "mal so" vermag.
Um Bass ranken sich ja leider so einige Mythen. Ich kann hier 10 Hz (sogar 5 Hz) mit hohem Pegel (ca. 120 dB) wiedergeben. Mir wurde bisher nie übel, nicht mal ansatzweise. Man hört es zwar irgendwie, aber es ist eben sehr, sehr leise.

Spüren tut man da auch rein gar nichts mehr. Das Spürbare lässt unterhalb von 30 Hz rapide nach. Das liegt auch an unserer Empfindung für Vibrationen, die linear bzw. quadratisch mit der Frequenz steigt. Um im Bereich <20 Hz wirklich was zu spüren, müssen schon Pegel aufgefahren werden, die jenseits von Gut und Böse sind. 120 dB reichen da bei weitem nicht. Bei 30 Hz flattert dafür schön die Hose. ;)

Das soll nicht heißen, dass man auf 20 Hz getrost verzichten kann. Zumindest bei Heimkino kommt dann doch des Öfteren solcher Tiefbass vor und teilweise auch alleine. Aber der Bereich darunter wird teilweise gnadenlos überschätzt. Wenn man einen Sinus schon kaum wahrnimmt, wie sollte man diese Frequenzen erst in einem komplexen Signal hören? Ich kann mein SBA bis 5 Hz "offen" lassen oder einen Hochpass bei 15 Hz setzen. Es ist kein Unterschied zu hören/spüren. ;)

Ja, Bass matters. Auch Tiefbass matters. Subsonischer Bereich? Meiner Erfahrung nach nicht.

Gruß
Nils
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